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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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14.01.2008
 

Das Guru
Ringelnatz in neuer Rechtschreibung

Ich weiß nicht, ob wir schon einmal darüber nachgedacht haben, was aus dem Abendgebet einer erkälteten Negerin wird. Ringelnatz schließt ja bekanntlich so:

Drüben am Walde
Kängt ein Guruh – –
Warte nur balde
Kängurst auch du.

Nun sollen aber alle Tiernamen wie das Gnu und das Zebu auf einfaches -u enden (warum eigentlich, weiß niemand). Folglich muß ein Guru daraus werden. Als ich soweit war, beschloß ich, bei Google nachzusehen – und stieß neben anderen Gurus auf einen Buchtitel, der von Jokers vertrieben wird:

"Drüben am Walde kängt ein Guru"

Der Versandhandel meint dazu:
"Der humorvolle Dichter Ringelnatz hätte an diesem Geschenkbüchlein sicher selbst seine Freude gehabt."

Na, ich weiß nicht recht. Der Bezug zu Goethe wird ja deutlich geschwächt.

Ein richtiger Guru ist übrigens eigentlich ein "Schwerer" (an Gelehrsamkeit), und eine Gurvini bedeutet im Sanskrit eine Schwangere.



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Kommentare zu »Das Guru«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.01.2023 um 08.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#50172

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#11162

Abendgebet einer erkälteten *N-Wort:in
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.02.2017 um 16.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#34523

Schon der Wahlkampf für den Vorsitz der EU-Kommission war von Schmuhvorwürfen überschattet. (SPON 13.2.17)

Schmuh wie Kuh, Känguruh...
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.07.2015 um 05.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#29435

Wenn jemand in einem Kapitel über altindische Grammatiker von "der Veda" spricht und zu wissen behauptet, welches Ziel Panini mit seiner Grammatik verfolgte, habe ich schon auf der ersten Seite Zweifel, ob es nötig war, wieder mal aus zehn Büchern ein elftes zu machen. (Hilke Elsen: Linguistische Theorien)

Die Versuchung, den Stoff eines Einführungskurses, den man fünfmal gegeben hat, als Buch zu vermarkten, scheint unwiderstehlich zu sein. Ich hätte da auch einiges in der Schublade.
 
 

Kommentar von Gunther Chmela, verfaßt am 23.11.2014 um 16.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#27421

Im Bairischen gibt es sogar noch eine weitere Bedeutung von bald (hier allerdings gesprochen boi), nämlich wenn. Ein Beispielsatz: Boi der moing kimmd ... = Wenn der morgen kommt .... Ich vermute allerdings, daß es sich hier um eine verkürzte Form von sobald handelt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.11.2014 um 16.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#27419

Den Satz mit dem bald aufstehen habe ich vor ein paar Tagen wörtlich gehört von einem alten Erlanger, und hier in der Gegend ist es ganz normal. Es steht dem Sinne nach auch durchaus im Paul. Was auch fast überall steht, ist die Bedeutung "fast, beinahe". (fast hat sich ja ähnlich entwickelt.) Das gesamte Verwendungsspektrum des Wörtchens ist recht umfangreich und kaum noch auf einen Nenner zu bringen, es sind wie so oft mehrere historische Entwicklungsstufen beteiligt.
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 23.11.2014 um 13.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#27418

schlören steht allerdings nicht drin ...
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 23.11.2014 um 13.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#27417

In Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache. 4. Auflage, 2012, steht's drin.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 23.11.2014 um 13.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#27416

Dann ist es ja erstaunlich, daß diese Verwendung nicht verzeichnet ist, denn im allgemeinen borden die Wörterbücher ja über vor oberdeutschen Regionalismen, während der nord- und westdeutsche Sprachgebrauch eher vernachlässigt wird. In welchem Wörterbuch steht plästern?
 
 

Kommentar von Gunther Chmela, verfaßt am 23.11.2014 um 12.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#27415

Im Süden durchaus gebräuchlich: Ich muß morgen bald aufstehen. Aber daneben natürlich auch ich muß morgen recht früh aufstehen
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 23.11.2014 um 11.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#27414

Wo sagt man das?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.11.2014 um 09.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#27413

Das Adverb bald läßt in seiner verwirrend vielfältigen Verwendung noch die seltsame Wortgeschichte erkennen. In temporaler Bedeutung wird es einerseits relational verwendet, und zwar erstens im Sinne von "kurze Zeit danach" und zweitens deiktisch = "kurze Zeit nach jetzt" (wie in Goethes Gedicht: warte nur, balde. Die Wörterbücher könnten das klarer darstellen.
In den meisten Wörterbüchern nicht verzeichnet ist der regionale Gebrauch= "früh", also: Ich gehe bald ins Bett und stehe bald wieder auf.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.10.2014 um 09.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#27089

Zum Haupteintrag: Es ist also nicht richtig, wenn heute in der WamS eine Yoga-Lehrerin als "Guru" bezeichnet wird. Das altindische Wort ist übrigens, wie mancher gleich erkannt haben wird, dasselbe wie gr. barys und lat. gravis.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.08.2013 um 12.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#23843

Wie sonderbar, daß sich Verlage wie Marix oder Garant die Mühe machen, den ganzen Ringelnatz in irgendeine Version der Reformschreibung umzuarbeiten und das Ergebnis dann in sehr billigen Ausgaben auf den Markt zu bringen.
 
 

Kommentar von whoswho.de, verfaßt am 24.05.2010 um 04.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#16253

"Besonderen Einfluss auf Modigliani übten 1909 die Begegnung mit dem rumänisch-französischen Bildhauer Constantin Brancusi sowie seine Werke aus. [...]
Brancusi brachte ihn nicht nur zur Bildhauer-Kunst, sondern leitete ihn auch zu den afrikanischen Negerplastiken. An dieser außereuropäischen Stilrichtung entwickelten sich Modiglianis großflächige Formen der Porträts [...]. Er fand dazu seine eigene Ausdruckssprache."

So lautet die Stelle, nach der Herr Ludwig fragt, unverfälscht.
 
 

Kommentar von Galina Leljanowa, verfaßt am 24.05.2010 um 00.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#16250

An Herrn Horst Ludwig um 16.19 Uhr

Steht da wirklich gedruckt

"Ein starker Einfluss auf Modigliani übte 1909 der rumänisch-französische Bildhauer Brancusi aus"?

Aber natürlich! Zur Beruhigung: dieser Satz stammt von mir persönlich.

Amedeo Modigliani lernte durch Paul Alexandre den Bildhauer Constantin Brâncuşi kennen, unter dessen Einfluss er sich bis 1914 fast ausschliesslich mit der Bildhauerei beschäftigte. Eine enge Freundschaft verband Brâncuşi mit Modiliani und erst ab 1909 übte Constantin Brâncuşi einen besonderen Einfluss auf Modiglianis Schaffen.
 
 

Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 23.05.2010 um 22.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#16249

Freunde des absurden Theaters werden wieder einmal in der dt. Wikipedia fündig. Dort erdreistete sich jemand, das Pseudonym "Negerfreund" zu wählen. Ein klarer Sperrgrund, egal was er macht. Interessanterweise gibt es dort auch noch einen Aktivisten namens "Jesusfreund", der übrigens eine gewisse Rolle in der Riebe-Auseinandersetzung spielte.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 23.05.2010 um 16.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#16248

Zur Frage: Nichts. Aber Kleinbürgerliche sind nun mal glücklich, wenn sie anderen vorhalten können, nicht wie sie gruppenausgerichtet ihre Wortwahl zu treffen. — Zum Beginn des Zitats: Steht da wirklich gedruckt "Ein starker Einfluss auf Modigliani übte 1909 der rumänisch-französische Bildhauer Brancusi aus"?
 
 

Kommentar von Galina Leljanowa, verfaßt am 23.05.2010 um 13.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#16247

Amedeo Modigliani in der Sammlung Bührle im Kunsthaus Zürich

Ein starker Einfluss auf Modigliani übte 1909 der rumänisch-französische Bildhauer Brancusi aus. Dieser brachte Modigliani nicht nur zur Bildhauer-Kunst, sondern leitete ihn auch zu den afrikanischen Negerplastiken. Aus dieser Stilrichtung grossflächiger Formen und Portraits fand Modigliani so seine eigene Ausdruckssprache.

Noch einmal: Was an dem Wort Neger soll diskriminierend sein?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.04.2009 um 09.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#14240

Noch etwas zum Guru, weil es so hier schön "deplatziert" ist:
"In der Nirukta, im 5. oder 6. Jahrhundert v. Chr. geschrieben, definiert die Sanskrit Grammatik Yāska vier Wortarten."

Dieses Kauderwelsch bietet die Wikipedia unter „Wortart“. Wie es richtig wäre, sieht man unter dem Stichwort "Yaska":

"Yaska (Yāska; ca. 7. Jhd. v. Chr.) war ein Grammatiker des alten Indien. Das ihm zugeschriebene Werk ist das Nirukta, das ein Teil der Vedangas, einer Sammlung von Hilfswissenschaften zur Interpretation vedischer ritueller Texte, ist. Yaska beschäftigt sich in diesem Text hauptsächlich mit Fragen der Etymologie."

In der Süddeutschen Zeitung ist heute mehrmals von "den Inuits" die Rede. Hätte man doch einfach "Eskimos" geschrieben! ("Inuit" ist schon Plural.)
 
 

Kommentar von GL, verfaßt am 20.01.2008 um 14.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#11220

Zu Herrn Professor Schattes Beitrag 952#11218

Entschuldigen Sie bitte meine Unachtsamkeit bzw. Unwissenheit.
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 20.01.2008 um 11.38 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#11218

Galina Leljanowa teilt in 952#11192 mit:

"Bei der Suche auf NZZ Online unter „Maskulist“ habe ich kein Suchtreffer erzielen können."

Gur möglich, aber das Forum damit einen.
 
 

Kommentar von Sowas wird!, verfaßt am 16.01.2008 um 20.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#11193

Aha, da kommt mal wiedrr an Stadtmensch daher und stellt landvoigtmäßig Forumsregeln in die Wiese.

Der Mackensen ist nicht im Verlag der NZZ erschienen. Wahrscheinlich konnten Sie das deshalb nicht herausfinden, weil Frauen bekanntlich ein viel größeres Gehirn haben als Männer.
 
 

Kommentar von Galina Leljanowa, verfaßt am 16.01.2008 um 19.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#11192

Bei der Suche auf NZZ Online unter „Maskulist“ habe ich kein Suchtreffer erzielen können. Dieses Wort ist der NZZ ihren Lesern gegenüber somit ungebräuchlich, soweit zu „sowas wird…,“!

Ungeschickt war höchstens, zwei Titel nicht nur in Schweizerdeutsch, sondern auch im Dialekt zu gebrauchen, die selbst über die Kantonsgrenze hinaus nicht immer leicht zu verstehen sind. Der Hinweis zur Emanzipation hingegen kann ich nicht erkennen und gehört m.E. auch nicht in dieses Forum.
Wenn Sie jedoch meine Meinung hören wollen, äussere ich mich nur dahingehend, ohne jemals z.B. eine EMMA gelesen zu haben: die Emanzipation hat den Frauen ganz sicher nicht geschadet. Es kommt noch soweit, mit den Herren der Schöpfung Bedauern zu haben! Chrüützgopfertami!
 
 

Kommentar von Sowas wird..., verfaßt am 16.01.2008 um 08.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#11184

...im Mackensen stillschweigend vorausgesetzt. Während man in Wien gerade verweiblichte Baustellenschilder aufstellt ("Achtung, Trümmerfrau" oder so), obwohl es Bauarbeiterinnen nur in Osteuropa gibt.

Im selben Verlag wie der Mackensen gibt es übrigens ein sehr interessantes Buch zur Emanzipation, das vom Urheber der Seite www.maskulist.de verfaßt wurde.
 
 

Kommentar von GL, verfaßt am 15.01.2008 um 22.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#11179

Frau Elisabeth Pfluger, Volkskundlerin und Sagenerzählerin, beschreibt, wie ihr neues Buch 2007 (Verlag Textwerkstatt) zu seinem Titel „He nu so de“ kam. Nach dem lesen des Kapitels „Es ungattligs Muneli“ kann ich kaum noch verstehen, warum ich mich über Ku, Küe oder Kü-he aufregen sollte.

Hingegen interessiert mich, ob -kundlerin und -erzählerin üblich und korrekt ist. Diese konnte ich in meinem Wörterbuch (Mackensen – unreformiert, undeformiert) nicht finden.
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 15.01.2008 um 20.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#11178

Ich hätte ja nicht gedacht, daß meine Vermutung (http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=67#2728) so bald bestätigt werden würde.
 
 

Kommentar von b.eversberg, verfaßt am 15.01.2008 um 16.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#11177

War denn Augst deshalb auch gegen "rau"?
Ich meine, in der Mehrzahl werden die Küe doch genau so ausgesprochen und nicht Kü-he. Und darauf kommt's doch an – Trennung ist bei so kurzen Wörtern entbehrlich. Oder darf man "raue" irgendwie trennen?
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 15.01.2008 um 15.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#11176

Gerhard Augst hat bei seinen Vorschlägen durchaus auch das „silbentrennende h“ im Auge behalten, siehe seine Regeln zur deutschen Rechtschreibung vom 1. Januar 2001 (1985).
 
 

Kommentar von Und dann..., verfaßt am 15.01.2008 um 12.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#11175

Ich und Du
Müllers Ku
Müllers Esel
Der bist Du


Hmm, erinnert irgendwie an Q bei James Bond...
 
 

Kommentar von Peristaltik im DARMstädter Echo, verfaßt am 15.01.2008 um 12.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#11174

Echo-Eck

Es muss schmecke (Darmstädter Helot übt sich in Selbstkasteiung)

Es gibt einige wenige Leute, die sich immer noch über die deutsche Rechtschreibreform aufregen. Die haben natürlich recht: Musste das wirklich sein? Hatten Tausende von Lehrern in eindrucksvollen Demonstrationen vor ihren jeweiligen Landtagen von ihrem rechtschreibenden Sprachvolk tatsächlich diese epochale Reform gefordert? Oder nur einige wenige in der Sprache jene Systematik vermisst, die sie aus der Mathematik gewohnt sind?
Fehlerhaft wurde früher geschrieben, fehlerhaft wird heute geschrieben. Wer nimmt dies heute noch ernst? Nach all den Rechtschreibreformen, hin und zurück? Jeder kennt Leute, die sich immer noch darüber aufregen, dass auf den Speisekarten diverser Fleischer der Apostroph beim Plural völlig falsch eingesetzt wird: Steaks’s. Dieselben Leute haben auch etwas zum Mäkeln, wenn auf einer mit besonderer Liebe zubereiteten Schwarzwälder Kirschtorte, die einem Freund alles Süßen gewidmet ist, sorgfältig mit Schlagsahne aufgespritzt steht: „alles Süse“.

Nichts gegen die Macht der Orthographie, aber auch die Freunde rechter Rechtschreibung sollten doch die Kirche im Dorfe lassen: Für den Konsumenten zählt letztlich nicht, was auf der Ware geschrieben steht. Der Inhalt der Ware ist ausschlaggebend. Oder, wie der Baden-Württemberger sagt: Es muss schmecke. Das Steak wie auch die Schwarzwälder Kirschtorte. Ob mit Apostroph oder Eszett – oder ohne.

Jürgen Diesner
18.12.2007
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 14.01.2008 um 22.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#11166

Apropos Gnu & Cu., ist eigentlich bekannt, warum die Reformer davor zurückgeschreckt sind, die Kuh durch eine Ku zu ersetzen (ähnlich übrigens roh/ro)? Oder genauer: Kennt jemand eine öffentlich vorgetragene Begründung für diese Enthaltsamkeit? War es Respekt vor einer Art Mindestzeichenzahl, nämlich drei, für Inhaltswörter, oder fürchtete man für den Fall eines so radikalen Eingriffs in das vertraute Wortbild einen Bauernaufstand?
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 14.01.2008 um 19.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#11164

So ganz genau hat sich aber der Verlag den von ihm deformierten Ringelnatz wohl nicht angesehen. Denn in eben jenem Gedichtbuch "Die gebatikte Schusterpastete" (1921) steht exakt zwei Gedichte vor dem "Abendgebet einer erkälteten Negerin" folgendes:

Avant-Propos

Ich kann mein Buch doch nennen, wie ich will
Und orthographisch nach Belieben schreiben!
Wer mich nicht lesen mag, der laß es bleiben.
Ich darf den Sau, das Klops, das Krokodil
Und jeden andern Gegenstand bedichten,
Darf ich doch ungestört daheim
Auch mein Bedürfnis, wie mir's paßt, verrichten.
Was könnte mich zu Geist und reinem Reim,
Was zu Geschmack und zu Humor verpflichten? –
Bescheidenheit? – captatio – oho!
Und wer mich haßt, – – sie mögen mich nur hassen!
Ich darf mich gründlich an den Hintern fassen
Sowie an den avant-propos.

Aus: Joachim Ringelnatz: Das Gesamtwerk in sieben Bänden. Hrsg. von Walter Pape. Bd. 1: Gedichte 1. Zürich: Diogenes 1994, S. 119.

Es mag freilich auch sein, daß der Verlag der neuen Ausgabe das orthographisch nach Belieben schreiben falsch verstanden hat.
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 14.01.2008 um 18.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=952#11162

Das Gedicht muß nun sowieso umgeschrieben werden, da es – gerade in Wahlkampfzeiten in Niedersachsen und Hessen – politisch nicht mehr korrekt ist. Könnte man es nicht zunächst "Abendgebet einer erkälteten Schwarzafrikanerin" nennen? Aber vielleicht ist die Dame ja auch US-amerikanischer Herkunft. Dann wäre es das "Abendgebet einer erkälteten Afroamerikanerin".

Und dann gibt es bestimmt wieder Probleme mit allen potentiellen Wählern und Wählerinnen, die nicht christlichen Glaubens sind. Nun müßte auch noch das Abendgebet, die Vesper, durch die entsprechenden sprachlichen Formen der abendlichen Gebete der großen und kleinen außerchristlichen Religionen ergänzt werden. Ich bin da jetzt leider überfordert.

Danach könnte man auf ähnliche Weise mit dem Text fortfahren, denn das war ja bislang gerade mal der Gedichttitel.

Das verspricht eine Jahrhundertaufgabe zu werden, wenn man an all die anderen Texte denkt, die in vielerlei Hinsicht inkorrekt sind. Spontan fällt mir noch Carl Einsteins "Negerplastik" aus dem Jahr 1915 ein.
 
 

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