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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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30.10.2007
 

Stammprinzip
Sabine Hilliger weiß Rat

In der Frankfurter Rundschau empfiehlt sie:

"Wichtig ist, dass auf sinnvolle Trennungen und den richtigen Bezug der Wörter zueinander geachtet wird. Also nicht: Flussschiff-Fahrt (im Unterschied zur Hochseeschifffahrt), sondern Fluss-Schifffahrt, und auch nicht Ölmess-Stab, sondern Öl-Messstab, wem Ölmessstab nicht gefällt."

Aber wenn uns "Ölmessstab" nicht gefällt, dann doch wohl wegen sss, und dem ist mit der vorgeschlagenen Bindestrichsetzung nicht abgeholfen. Gegen die drei f in "Flussschifffahrt" wäre mit zwei Bindestrichen vorzugehen: "Fluss-Schiff-Fahrt". Warum sieht die Verfasserin das nicht?



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Kommentare zu »Stammprinzip«
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Kommentar von Sigmar Salzburg, verfaßt am 30.10.2007 um 06.57 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#10540

Hilligersche Heimsuchung nun auch bei der Frankfurter Rundschau?
Die Dame verschweigt, daß selbst der Duden unsinnige Bindestrichsetzungen vorschlägt: „Eisschnell-Lauf“.

 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 30.10.2007 um 09.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#10542

Bei Komposita aus mehr als zwei Substantiven kann die Regel, daß immer das vorhergehende Wort das folgende näher bestimmt, mit einem Erläuterungsbindestrich geändert werden, wenn das eine andere gewünschte Gesamtbedeutung ergibt: Bei normaler Folge von Bestimmungs- und Grundwort ist Flußschiffahrt die Schiffahrt auf dem Fluß, also Fluß-Schiffahrt, wenn aber die Fahrt eines Flußschiffes oder die Fahrt auf oder mit einem solchen gemeint ist, muß Flußschiff-Fahrt geschrieben werden. Fluß-Schiffahrt und Flußschiff-Fahrt sind zulässig, haben aber verschiedene Bedeutungen. (Beim Durchkopplungsbindestrich gilt wieder die allgemeine Regel von Bestimmungs- und Grundwort.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.10.2007 um 17.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#10547

Man kann sagen, daß hier zwei Aufgaben vermischt werden: die Verdeutlichung eines mehrgliedrigen Kompositums nach seinen primären Bestandteilen und die Entzerrung der infolge der Reform häufiger auftretenden dreifachen Konsonantenbuchstaben. Bei "Eisschnellauf" gab es im Sinne der ersten Aufgabe eigentlich nichts zu tun. Wendet man sich der zweiten zu, so muß man zu "Eisschnell-Lauf" gelangen; die Reform hat dazu von sich aus nichts zu sagen, auch keine warnenden Worte. Wenn der Rechtschreibrat sich (wie bei irreführenden Trennungen) zu irgendwelchen Ratschlägen aufraffen sollte, wäre das systemfremd und unverbindlich.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.10.2007 um 18.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#10548

Inzwischen hat die Künstlerin Hilliger in den Kieler Nachrichten wieder zugeschlagen:
"Im Deutschen kann man viele Verben stark in ihrer Bedeutung variieren, wenn man sie mit einem Wort verknüpft, das wie eine Präposition aussieht: angehen, abgehen, aufgehen, hingehen, vorgehen, rangehen, übergehen, zugehen usw."
Nanu? Wenigstens "hin" und "ran" sehen doch gar nicht wie Präpositionen aus.

"Ein wenig hilft uns hier die Aussprache weiter. Bei den „echten“ Adverbien liegt die Betonung sowohl auf dem Adverb als auch auf dem nachfolgenden Verb. Ein Beispiel mag das verdeutlichen: Wir haben uns mit diesem Problem genau auseinandergesetzt. Die beiden Tratschtanten hat der Lehrer auseinander gesetzt. Im ersten Beispiel liegt der Akzent nur auf dem Wort auseinander, während im zweiten Beispiel auch das Verb setzen mit betont ist."
Das stimmt nicht, die beiden Fügungen werden normalerweise gleich betont. Den Irrtum hat Frau Hilliger aber nicht erfunden, er ist lange Zeit vom Duden befördert worden.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 30.10.2007 um 19.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#10549

Die Fr. Hilliger bemüht sich redlich, die Zusammenhänge der GZS zu erklären.
http://www.kn-online.de/artikel/2244865/Die_lange_Liste__der_Verbpartikel.htm
Leider erwischt sie dabei ausgerechnet ein Beispiel, das nach 98 nur getrennt, ab 2006 aber ausschließlich zusammen geschrieben werden darf:

"Ein Beispiel mag das verdeutlichen: Wir haben uns mit diesem Problem genau auseinandergesetzt.
Die beiden Tratschtanten hat der Lehrer auseinander gesetzt."

Die Duden Sprachberatung meint dazu:

„Wir werden uns mit diesem Thema auseinandersetzen.“
„Die Lehrerin hat die beiden Schüler auseinandergesetzt.“

Fr. Hilliger erklärt also, wie es früher war, gibt aber vor, die neuen Regeln zu erklären?

Das zeigt sehr schön, daß die NRS schnell auch solche Leute überfordert, die recherchieren und von sich meinen, vom Thema etwas zu verstehen bzw. die Vorteile erklären zu können.
 
 

Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 30.10.2007 um 22.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#10550

Wie ist es nun eigentlich mit dem Dreifachstecker oder, etwa für Katalogschriften verkürzt, dem guten alten 3fachstecker? Ist der jetzt, analog zum 15-Jährigen, der 3-Fachstecker? Das wäre doch eine eigentümliche Gruppierung, oder würde man in Reformhausen heute konsequent 3-Fach-Stecker schreiben?
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 30.10.2007 um 23.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#10553

Daß Verben mit den von Frau Hilliger angeführten Partikeln Komposita mit Bedeutungswandel bilden können, ist überhaupt keine Spezialität der deutschen Sprache. Aber nur im Deutschen und im Niederländischen können Verben außerdem mit Substantiven, Adjektiven, Adverbien und – was die Reformer immer noch zu leugnen versuchen – anderen Verben Komposita bilden. Besonders stark ist das bei Partizipien ausgeprägt, die dann als Kompositum zu neuen Adjektiven werden. Gerade hier entstellt die gewaltsame Getrenntschreibung die deutsche Sprache.
 
 

Kommentar von rrbth, verfaßt am 31.10.2007 um 12.11 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#10554

Zum Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 30.10.2007 um 22.24 Uhr (#10550):

Bestimmt. Ähnlich ist:
http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=105#2456

(Hinweis: Hier können keine Links mittels [URL]-Markierungen gelegt werden, das geht nur im Diskussionsforum. Red.)
 
 

Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 31.10.2007 um 13.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#10555

Liebe(r) rrbth,

diese depperte Bindestrich-nach-Ziffer-außer-vor-er-Regel ist wirklich eine der größten Zumutungen überhaupt, sie schlägt sogar noch morgen Früh in ihrer Unerträglichkeit. Nach dem Willen der Spinner (keine Beleidigung beabsichtigt, eigentlich ist es nur ein Zitat eines anderen Teilnehmers hier, oder vielleicht doch, denn Idioten haben wir wahrlich genug) heißt es ja nicht mehr 5fach, sondern 5-fach. Das ist interessant, denn es wurde, wie so vieles, nicht zu Ende gedacht. Wie verhält es sich nun mit Aufschriften auf CD-ROM- und DVD-Laufwerken, die sich doch bis dato mit immer neuen Steigerungen von 1× (U+00D7), 2×, 4×, 5×, 8×, 16×, 32×, 64× – wie schnell ist man heute? ich hab irgendwann aufgehört, das weiter mitzuverfolgen – jedes Jahr aufs neue überboten haben? Was sagen die Mannheimer dazu? Bleibt es bei 4×, aber bei 4-fach? Oder wäre 4-× nunmehr das Ei des Kolumbus? Fragen über Fragen . . .
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 31.10.2007 um 16.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#10556

In Österreich gesehen: "Wald4tel", "Wein4tel", "Mühl4tel", Inn4tel" (natürlich ohne Bindestriche).
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 31.10.2007 um 17.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#10557

Professor Ickler hält Sabine Hilliger für eine Künstlerin. In Wirklichkeit ist sie aber eine Schäferhündin.

Weibchen mit Mantel: Sabine Hilliger

Sabine ist eine vergnügte Schäferhunddame, die fest auf allen vier Pfoten steht. Das drollige Weibchen erkämpft sich seinen Platz im Rudel und sorgt dort für Ruhe in der Rangfolge. Achtung: Ihr heller Deckmantel braucht viel Pflege. Die stolze Rute hält sie stimmungsabhängig in den Wind und der sportliche Aufbau des Tieres macht gestandene Wandersleute zu idealen Haltern. Ein vielseitiger Zuchterfolg mit viel Sachverstand und brillanten Textideen.


Die weitere Recherche ergibt, daß es sich bei dieser Schäferhündin wirklich um das Textgenie Sabine Hilliger aus Rostock handelt. Im Impressum wird als verantwortlich angegeben:

Qbus Agentur für Kommunikation und Werbung e.K.
Heiligengeisthof 42
18055 Rostock


www.blog-8.de/autoren
 
 

Kommentar von Arno Pielenz, verfaßt am 31.10.2007 um 18.23 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#10558

Die Bindestrich-nach-Ziffer-Regel ist wirklich 1-fältig. Ich lese da immer, daß eine -köpfige Kommission über einen -fachen Autodieb eine -stündige Verhandlung abhält und ihn zu einer -jährigen Stafe verurteilt. 1-fach doof.
Weil ich gerade dabei bin: "Papier kann beiderseitig bedruckt werden, wenn es Ihr Drucker zu lässt." Mache ich das Paket nun auf?
 
 

Kommentar von Philip Köster, verfaßt am 31.10.2007 um 22.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#10561

Gut, nun wurde ich hier getilgt, und ich danke der Red. dafür. Gut, ich weiß, meine Umgangsformen sind nicht immer die besten, obwohl ich auch bei Hofe weiß, welche Gabel für welchen Gang da ist (solange mir eine charmante Nachbarin hilft). Ich habe den einen Ausspruch Herrn Wrases nie vergessen: Ein leuchtenderes Beispiel als Freiherr von Knigge war für mich immer Jesus von Nazareth, und so könnte es sein, obwohl ich allem Glauben abgeschworen habe, daß ich doch im tiefsten Innern meines Herzens ein Christ bin.
 
 

Kommentar von jueboe, verfaßt am 01.11.2007 um 13.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#10563

Im Impressum wird als verantwortlich angegeben:
Qbus Agentur für Kommunikation und Werbung e.K.


Das ist interessant. Als die Dame noch für die Kieler Nachrichten schrieb, nannte sie sich "ductus communication" (unter identischer Adresse).
Mit diesen Frühstücksinstituten soll offenbar die Fernsteuerung aus Mannheim verschleiert werden.
 
 

Kommentar von jueboe, verfaßt am 01.11.2007 um 20.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#10567

Ein fiktives Telefonat zwischen dem Marketingchef eines deutschen Wörterbuchverlages und dem Chefredakteur einer deutschen Zeitung:

Marketingchef: "Wir können Ihnen eine komplette Serie zur neuen deutschen Rechtschreibung anbieten. Die Texte sind redaktionell wie neutrale Sachberichte aufbereitet und obendrein druckfertig."

Chefredakteur: "Was haben wir davon?"

Marketingchef: "Die Serie ist für Sie natürlich vollkommen kostenfrei und Sie sparen obendrein Personalkosten ein. Selbstverständlich hätten wir noch eine Golfausrüstung und eine zweiwöchige Schulung in neuer deutscher Rechtschreibung auf Gran Canaria für Sie und Ihre Familie."

Chefredakteur: "Das klingt gut."

Marketingchef: "Das höre ich gern."

Chefredakteur: "Haben Sie keine Befürchtungen, daß die Leute das als plumpe Schleichwerbung durchschauen?"

Marketingchef: "Keine Angst, wir haben da eine Tussi mit Doktortitel, die lassen wir als Autorin auftreten. Für die haben wir extra ein Institut mit einem wohlklingenden Namen gegründet. Die Leute sind doch so unterbelichtet, die schlucken das schon. Wenn die Doktor und Institut hören, schlucken die alles."

Chefredakteur: "Na gut, dann schicken Sie die Texte mal her."

Marketingchef: "Machen wir, schönen Tag noch."
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 02.11.2007 um 06.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#10568

Zur Ehrenrettung Mannheims muß hinzugefügt werden, daß Hündinnen von sich aus Autoritätsstrukturen suchen, die sie dann wie Automaten durchsetzen. Die Rechtschreibreform ist natürlich für solche Geschöpfe ein gefundenes Fressen, da muß nichts mehr ferngesteuert werden.
 
 

Kommentar von jueboe, verfaßt am 02.11.2007 um 09.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#10571

Als selbständiger Unternehmer gehe ich immer der Spur des Geldes hinterher und frage cui bono, wem nützt es?
Von einer plumpen Schleichwerbung für unsere Mannheimer Freunde profitieren eben nur diese und nicht Frau Doktor, ergo suche ich den Ursprung in Mannheim und eben nicht bei Frau Doktor.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 03.11.2007 um 16.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#10590

An anderer Stelle verlautet Fr. Hilliger zum Thema Kommasetzung: "Mit der Reform wurden die vielen Über- und Unterregeln gründlich auseinandergenommen. Aus vielen Dutzend Bestimmungen sind letztlich neun Grundregeln – Paragrafen – entstanden. Sie beschreiben ausreichend alle Fälle, in denen wir ein Komma setzen müssen oder können."

www.kn-online.de/artikel/2246338/Neun_Regeln__blieben_%FCbrig.htm

Das gaukelt Vereinfachungen vor, deren Vorhandensein Fr. Hillger aber schon im nächsten Absatz selbst in Abrede stellt: "Wer aber gehofft hatte, dass die Kommaregelungen im Zuge der Reform vereinfacht würden oder wenigstens etwas freier zu handhaben wären, sieht sich enttäuscht."

Also was jetzt? Trotz Verringerung von vielen Duzend Regeln auf neun ist keine Vereinfachung eingetreten?

Wer genauer hinblickt, stellt fest, daß die Reduktion auf neun nur ein Trick der Zählweise ist, es gibt nämlich jede Menge Unterregeln. Duden benötigt zur Darstellung der Kommaregeln 32 Paragraphen, im Regelwerk sind's über 40, wenn man alle Unterpunkte mitzählt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.01.2008 um 09.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#11145

In ihrer FR-Serie behauptet Sabine Hilliger zur reformierten s-Schreibung:

“Die neue ss/ß-Regelung ist eine der wenigen, bei der es tatsächlich keine Ausnahmen gibt. Deshalb muss auch das "daß" jetzt als dass geschrieben werden.”

Und das "das"?

Die sonderbare Behauptung erklärt sich vielleicht durch das Vorangehende: "Jedes Eszett muss danach geprüft werden, ob sich davor ein kurzer oder langer Vokal befindet. Nach kurzem Vokal wandelt sich das bisherige Eszett in Doppel-s, nach langem Vokal bleibt es auch in Zukunft erhalten." Man muß also den Text zuerst in nichtreformierter Rechtschreibung abfassen und dann die "ß" darauf hin untersuchen, ob sie mit der neuen Regelung übereinstimmen ... Daß es außerdem noch ein "s" gibt, bleibt außer Betracht. So gefaßt, ist die "ausnahmslose Regel" freilich gar keine Regel der Reformer und ihre Ausnahmslosigkeit ein schwacher Trost.
 
 

Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 14.01.2008 um 12.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#11148

Die "Ausnahmslosigkeit" der s-Regel wird nur im direkten Vergleich mit der herkömmlichen Regelung verständlich. Oder übersehe ich da etwas?
Der Mythos der Erleichterung wird sich mit der Zeit immer weniger halten können und vollständig verschwinden, wenn niemand mehr "alt" schreiben und Vergleiche ziehen kann.
Und dann, liebe Erleichterungspädagogen?
 
 

Kommentar von b.eversberg, verfaßt am 14.01.2008 um 12.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#11149

Schreiben Sie Leserbriefe an die FR gegen diese haarsträubend oberflächliche und offenkundig in keiner Weise recherchierte Serie, sie untergräbt die Glaubwürdigkeit der Zeitung. Habe selber schon geschrieben, jeder kann das bei denen sofort online tun, kostenlos.
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 14.01.2008 um 14.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#11154

In dieser neuen Folge der so unterhaltsamen Serie finden sich so viele wertvolle Informationen. Man muß Frau Hillinger für diese kontinuierliche Wissenserweiterung ehrlich dankbar sein.

Was heißt das in der Praxis? Die Masse - die Maße, er schoss - der Schoß, der Strass - die Straße: Durch die Schreibung mit Doppel-s oder Eszett wird eindeutig, wie der entsprechende Vokal auszusprechen ist, und damit auch, um welches Wort es sich handelt.

Viele Regionen in Deutschland – angeblich wird ja nur in der Gegend um Hannover reines Standardhochdeutsch gesprochen – haben bekanntlich unterschiedliche Aussprachen. Das betrifft auch die Länge und Kürze der Vokale. Ich werde mich als Kölner nun nicht mit baierischen oder sächsischen Federn schmücken. Aber in Köln hat man – nach Frau Hillinger – nun wohl "Spass". Naja es geht ja auf Karneval zu. Und da werden am Rosenmontag eben auch Blumen geworfen. Der hochdeutsche Strauß ist der kölsche "Struß", oder, weil der Kölner gerne alles verniedlicht, das "Strüßje", was nun wohl nach Frau Hillinger "Strüssje" heißt. Da wird das Lebensmotto der pragmatischen Kölner – auf hochdeutsch "Es hat noch immer gutgegangen", pardon "Es hat noch immer gut gegangen" – aber auf eine arge Probe gestellt.
Blödsinn ist übrigens auf kölsch "Stuß". Vielleicht sollte Frau Hillinger daher diesen "Stuss" lassen.

Die Schweiz und Liechtenstein kennen diese Unterscheidung schon seit den 30er Jahren nicht mehr. Dort kann es einem also passieren, dass das Betreten des Rasens mit Busse belegt oder man zum Essen in Massen aufgefordert wird.

Was für ein schönes Beispiel. Nun wissen wir endlich, daß es vor 1996 eigentlich hieß: "Eßen Sie bitte nur in Maßen!"

Wir haben uns doch hier auch schon häufiger gefragt, wie es eigentlich zum Verschwinden des ß in der Schweiz kommen konnte. Schrieb nicht Herr Ickler einmal, das sei noch nicht hinlänglich erforscht? Stoppen Sie die Forschung, denn Frau Hillinger weiß es bereits.

Das Verschwinden des Eszett in dieser Varietät des Deutschen hat verschiedene Ursachen. Die andersartige Phonologie der schweizerdeutschen Dialekte beeinflusste die Standardsprache, aber auch die Nähe zu den Fremdsprachen Französisch und Italienisch.

Erforscht werden muß nun freilich, warum die Schweizer hartnäckig weiter "Theater" und "Philosophie" schreiben. Hat doch Italienisch bekanntlich nicht die Buchstabenverbindungen th und ph ("teatro" und "filosofia"). Und warum ist eigentlich das y nicht wieder vermehrt in die schweizer Schriftsprache eingezogen? In der allemannischen Mundart wird mit dem y ein langes i gekennzeichnet. So bei Bräker, Hebel (der Schwarzwald gehört zum allemannischen Sprachraum) und bei Keller. Die Mehrsprachigkeit der Schweiz bleibt doch durch das lateinische Autokennzeichen CH eh gewahrt. Da könnte sie sich aber – bedingt durch die "andersartige Phonologie der schweizerdeutschen Dialekte" – auf deutsch ruhig wieder "Schwyz" schreiben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.02.2008 um 18.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#11396

Frau Hilliger meint, ohne Fremdwörter gehe es manchmal nicht:

"Oder würden Sie statt von einer Mauer umständlich immer von einer 'aus Steinen und Mörtel errichteten Wand' sprechen wollen?"

Nun, das wäre in der Tat witzlos, denn "Mörtel" ist ja ebenfalls lateinischen Ursprungs.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.04.2008 um 18.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#11976

Die Frankfurter Rundschau bringt weitere Einsichten von Frau Hilliger, z. B. diese (spaßeshalber in "gemäßigter Kleinschreibung"):
"Die unterscheidung von großen und kleinen buchstaben ist einzig für den leser von bedeutung. Weder für den sprecher einer sprache noch für den schreibenden ist die unterscheidung relevant. Für den einen ist sie ganz und gar unerheblich, für den anderen eher lästig, denn er muss sich bei jedem wort darüber gedanken machen, zu welcher wortart es gehört."
Tja, solange man nur redet, sind nicht nur die Großbuchstaben ohne Bedeutung, sondern die Schrift überhaupt, das haben wir schon lange vermutet. Aber warum sollte es für den Schreibenden lästig sein, im Text etwas unterzubringen, was dem Leser hilft? Wozu schreibt man denn überhaupt?
Frau Hilliger behauptet auch: "Selbst Luther schrieb noch klein." Dazu bringt sie eine Fabel in Kleinschreibung. Interessanterweise hat aber gerade Luther im Laufe seines Lebens immer mehr Substantivgroßschreibung eingeführt, so daß in der Bibelausgabe letzter Hand etwa 80 Prozent der Substantive groß geschrieben sind. Warum wohl? Das ist doch die entscheidende Frage.
 
 

Kommentar von Rominte van Thiel, verfaßt am 23.04.2008 um 19.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#11977

Gerade heute habe ich irgendwo im Netz (es ist mir entfallen, wo) "Höflichkeitsregeln" für das Schreiben von E-Mails gelesen. Da stand sinngemäß, es sei unhöflich, im offiziellen Briefverkehr nur Kleinbuchstaben zu verwenden, da die Substantivgroßschreibung das Lesen ganz entschieden erleichtere! Diese Erkenntnis scheint also selbst bei den Verfassern von eher banalen Ratgeberbroschüren verbreitet zu sein, nur nicht bei Frau H.
 
 

Kommentar von Sir, verfaßt am 22.05.2008 um 12.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#12206

Frau Hilliger schlägt erneut zu:
"Zum Mäuse melken" ist die Überschrift. Dass das falsch ist, erklärt sie dankenswerterweise gleich selbst, allerdings wohl ohne es bemerkt zu haben ...
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 22.05.2008 um 14.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#12207

Siehe dazu R. M. im Forum: "Bitte diese Beobachtungen auch der FR mitteilen. Danke."
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 22.05.2008 um 15.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#12208

Frau Hilliger versteht es, komplizierte Zusammenhänge einfach zu erklären: »Natürlich werden Substantive, die schon immer welche waren, auch dann groß geschrieben, wenn sie keinen Artikel im konkreten Satz oder in der Wortgruppe aufweisen [...]« Natürlich. Deshalb schreibt man ja neuerdings auch heute Abend, gelt? Abend war »schon immer« ein Substantiv, nur hat sich der überwiegende Teil der Schreibgemeinschaft dieser einfachen Erkenntnis jahrzehntelang halsstarrig verschlossen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.11.2008 um 18.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#13420

Frau Hilliger hat ihre Rechtschreibserie bekanntlich auch dem Kölner Stadtanzeiger angedreht, und der druckt nun brav alles ab, was er eingekauft hat. Aus dem neuesten Kapitel:

"Was haben wir, wenn Groß und Klein von nah und fern kommen, um gemeinsam durch dick und dünn zu gehen – egal ob Jung oder Alt? Wir haben einen Satz mit einer Anhäufung von sogenannten Paarformeln. Und für die gilt ab sofort eine neue Regel. Nach der alten Rechtschreibung war es oft nicht nachvollziehbar, wann eine solche Wendung groß oder klein zu schreiben war. Neu gilt nun Folgendes: Bezieht sich diese Art der Paarformel auf Lebewesen, meist Menschen, so werden beide Teile großgeschrieben. Umgekehrt gilt also: Sind es keine Lebewesen, so schreiben wir klein. Und damit dürfte Ihnen die Deutung der Groß- und Kleinschreibung oben im ersten Satz nicht mehr schwerfallen."

Ganz hübsch, nur hat es mit der Rechtschreibreform nichts zu tun. Die kennt den Begriff der Paarformel überhaupt nicht. Sie bestimmt nur, daß substantivierte Adjektive groß geschrieben werden, was aber leider nicht immer stimmt. Ein besonderer Leckerbissen dürfte die folgende Originalregel sein:
"Substantivierungen, die auch ohne Präposition üblich sind, werden nach § 57(1) auch dann großgeschrieben, wenn sie mit einer Präposition verbunden werden, zum Beispiel:
Die Historikerin beschäftigt sich mit dem Konflikt zwischen Arm und Reich. Das ist ein Fest für Jung und Alt. Sein Vorschlag war jenseits von Gut und Böse. (Vgl.: Die Königin lud Arm und Reich ein. Das Fest gefiel Jung und Alt.)"

"Gut und Böse" – das bezieht sich ja nun nicht auf Lebewesen, und trotzdem soll es groß geschrieben werden (übrigens mit Recht, 1996 war Kleinschreibung vorgesehen). Was sagt Frau Hilliger dazu? Es ist erstaunlich, daß angesehene Zeitungen immer noch Geld für so etwas ausgeben.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 09.11.2008 um 17.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#13422

»Groß und Klein, nah und fern, dick und dünn sowie Jung und Alt sind sogenannte Paarformeln. Nach der alten Rechtschreibung war es oft unklar, ob sie groß- oder kleingeschrieben werden. Nun gibt es dafür eine Faustregel.

[...] Nach der alten Rechtschreibung war es oft nicht nachvollziehbar, wann eine solche Wendung groß oder klein zu schreiben war. [...]«

Dies ist ein Auszug aus dem Artikel von Sabine Hillinger vom Kölner Stadt-Anzeiger: http://www.ksta.de/html/artikel/1218660786458.shtml

Meine Frage nun: wenn jemand reformiert einerseits 'kleingeschrieben' schreibt, wäre für ihn dann nicht auch 'kleinzuschreiben' statt 'klein zu schreiben' angebracht?
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 09.11.2008 um 18.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#13423

Th. Ickler: »Es ist erstaunlich, daß angesehene Zeitungen immer noch Geld für so etwas ausgeben.«

Aber wieso denn? Dazu müßte man es beim KStA ja besser wissen als Frau Hilliger, und die hat immerhin »zum Thema Rechtschreibreform promoviert« (http://www.ksta.de/html/seiten/1218060160986/).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.11.2008 um 05.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#13424

Herr Strasser hat natürlich recht. Auch von den Reformern selbst hält praktisch niemand die Neuregelung durch. Bei Hilliger müßte es ja sogar heißen "groß- oder kleinzuschreiben". Man liest aber dann unwillkürlich resultative Bedeutung hinein, wie bei "kleinreden".
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 11.11.2008 um 19.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#13426

Es erstaunt mich immer wieder, wie angebliche Fachleute einem einreden wollen, daß irgendwelche, meist zufällige Merkmale heranzuziehen seien für die Schreibung. Ob es nun Betonung ist oder wie hier der Bezug auf Lebewesen oder nicht auf Lebewesen.

Daß die Bedeutung, genauer die gefühlte Bedeutung, die einzige Leitlinie ist, will diesen Leuten offenbar nicht in den Sinn.

Großschreibung von Paarformeln abzuleiten, aber auch nur dann, wenn es sich um Lebewesen handelt, ist wohl an Spitzfindigkeit nicht zu überbieten, besonders, wenn diese "Regel" nicht einmal stimmt. Ich würde auch "das A und O" sowie "von A bis Z" schreiben, ohne anzunehmen, daß Lebewesen gemeint sind. Reformiert auch im Großen und Ganzen, und wieder weit und breit kein Lebewesen ...
 
 

Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 12.11.2008 um 14.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#13427

Die Rede von einer „gefühlten Bedeutung“ scheint mir fast etwas zu defensiv – so, als handle es sich dabei möglicherweise um den Gegenbegriff zu einer gemessenen bzw. strengen oder exakten Bedeutung. Wörter haben keine anderen Bedeutungen als diejenigen, die ihnen von denen beigemessen werden, die sie verwenden. Insbesondere gibt es keinen darüber hinausreichenden, privilegierten Zugang zur Bedeutung, den der Sprachwissenschaftler qua Sprachwissenschaft hätte; da mag er Aussagen noch so akribisch mit seinen grammatischen Finessen, Stamm- oder Lautprinzipien beklettern. Er ist ja tatsächlich Fachmann, bloß hat er nicht die Expertise, die er in Anspruch nimmt, sobald er orthographische Festlegungen trifft.

Schreibungen wie Gut und Böse, jung und alt implizieren Annahmen über die Seinsweise des je so Geschriebenen. Diese Annahmen können schwanken, und man kann sie inkohärent oder falsch finden. Diese Annahmen jedoch orthographisch korrigieren zu wollen, ist anmaßend und lächerlich. Wenn für eine Gesellschaft die Unterscheidung von Lebewesen und Nichtlebewesen so zentral wird, daß sie die Schreibweise von Paarformeln danach zu sortieren beginnt, ist dagegen nichts zu sagen. Wenn Sprachwissenschaftler so etwas machen, handelt es sich um metaphysische Basteleien von Dilettanten, die nicht einmal wissen, was sie treiben.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 14.11.2008 um 21.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#13451

Ich wollte mit dem Begriff 'gefühlte Bedeutung' berücksichtigen, daß heute amtlich erklärt wird, daß 'wohl bekannt' und 'wohlbekannt' identische Bedeutung haben, trotzdem wird ein Muttersprachler fühlen, wo der Unterschied liegt und sich richtig entscheiden.

Lese ich z.B.:
Siemens hat sein „Dach in Stand gesetzt“
frage ich mich, was mit dem Dach nun genau passiert sei?

http://www.rundschau-online.de/html/artikel/1218382135983.shtml
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.11.2008 um 18.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#13479

Wie Frau Hilligers neueste Folge im Kölner Stadtanzeiger erkennen läßt, weiß sie nicht, daß die Potemkin'schen Dörfer auch ohne Apostroph geschrieben werden dürfen, was der Duden sogar empfiehlt, und es würde ihr sicher schwerfallen, das zu begründen, ganz zu schweigen vom Halleyschen Kometen, der sogar ohne Apostroph geschrieben werden muß. (Sie erwähnt ihn gar nicht erst.)
Soweit ich sehe, enthält jeder Artikel der Serie irgendwelche Fehler, aber es ist ja eh alles egal.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 22.11.2008 um 11.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#13482

Hilliger:
"Nach der letzten Empfehlung des Rates für Rechtschreibung gilt, dass in Briefen alles beim Alten bleiben kann."
Wer dieser geheimnisvolle Alte allerdings ist, sagt sie nicht dazu.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.02.2009 um 07.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#13836

Frau Hilliger hat ihre famose Serie inzwischen mit einem wahrhaft würdigen Schlußkapitel beendet. Darin liest man u. a.: "Je stärker feste Regeln jedoch für die Schreibung gelten, umso langwieriger ist der Angleichungsprozess. Deshalb müssen diese Regeln von Zeit zu Zeit sozusagen angefasst und angepasst werden. Wer dazu berechtigt ist, ist ebenfalls streitbar." Wieso "streitbar"? Wahrscheinlich meint sie "strittig". Das Kapitel enthält auch sonst viel Unsinn.
Zum Schluß stellt sie noch "drei neue Wörter" vor: rau, Känguru, Föhn. Kein Wort über die Problematik von rau. Und mit Föhn verhält es sich ja so, daß der Haartrockner senen Namen vom AEG-Produkt Fön bekommen hat und nicht unmittelbar vom Fallwind. Das ist so, als wollte man per Reform die Schreibweise Klinex für das Papiertuch einführen.
Mal sehen, welche Zeitung als nächste die Hilliger-Serie aufkauft.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.02.2009 um 17.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#13953

Die Frankfurter Rundschau druckt unverdrossen die Rechtschreibserie von Frau Hilliger. Zu den Unzulänglichkeiten ist schon einiges gesagt worden. Bei der FR fällt aber noch die Schleichwerbung auf:

http://www.fr-online.de/rechtschreibung/

Ohne daß der Duden genannt wäre, bedient sich die Zeitung der geschützten Aufmachung, bis hin zum roten Querstrich, wie es dem Duden-Einband entspricht. Auch dies bringt wahrscheinlich Geld in die Kasse der sterbenden Zeitung.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.04.2009 um 05.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#14334

Hilliger schreibt in ihrer Serie:

"Meist wird die Zusammenschreibung mit der verblassten Bedeutung des vorangehenden Substantivs erklärt: eislaufen, kopfstehen, leidtun, nottun, standhalten, stattfinden, stattgeben, statthaben, teilhaben, teilnehmen, wundernehmen. Diese werden also wie in der alten Rechtschreibung klein- und zusammengeschrieben."

Aber leidtun und nottun wurden in der "alten" Rechtschreibung keineswegs zusammengeschrieben, leid ist auch kein Substantiv, und not war längst desubstantiviert.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.06.2009 um 16.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#14626

Ich dachte, die Serie von Frau Hilliger in der Frankfurter Rundschau sei beendet, aber heute finde ich eine fünfzehnte Folge. Es geht um Verb+Verb, kennen lernen, und lassen/bleiben. Hilliger schreibt:

"Die Regelung, die für den zugrunde liegenden Infinitiv gilt, wird natürlich auch bei den entsprechenden Ableitungen angewendet. Ein Beispiel: Wir können die Arbeit liegen lassen; wir haben die Arbeit liegen gelassen; die liegen gelassene Arbeit. Oder ein anderes, wenn Sie sich für die Zusammenschreibung wegen einer übertragenen Bedeutung entscheiden: Er wird in der Schule sitzenbleiben; er ist in der Schule sitzengeblieben; der sitzengebliebene Schüler."

Das stimmt aber nicht. Im amtlichen Regelwerk heißt es unter § 36 (2.1):
"Zusammen- wie auch getrennt geschrieben werden kann, wenn der
entsprechende Ausdruck sowohl als Zusammensetzung als auch als syntaktische Fügung angesehen werden kann.
Dies betrifft
(2.1) Verbindungen von Substantiven, Adjektiven, Verben, Adverbien
oder Partikeln mit adjektivisch gebrauchten Partizipien" usw.

Folglich ist auch "liegengelassene Arbeit" richtig.

Interessant ist neben der Schleichwerbung für Bertelsmann noch, daß Frau Hilliger die nächste Revision der Reform in Aussicht stellt. Wenn sich das herumspricht, hätte diese Mehrfachvermarktung der Serie doch noch etwas Gutes bewirkt.


 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 15.06.2009 um 16.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#14627

Totgesagte leben bekanntlich länger. Da es sich hierbei um ein Substantiv handelt, müßte die Deformationsschreibung nun "tot Gesagte" lauten, was besonders albern ist. Aber so feiert eben auch die alberne Hilligersche Serie immerwährende Auferstehung von den Toten.
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 15.06.2009 um 18.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#14628

Der Totgesagte hat die Reform tatsächlich überlebt. Interessanterweise soll es nun aber, zumindest laut Duden, neben dem Totgeglaubten auch den Tot Geglaubten geben. Bemerkenswert daran ist zum einen, daß die Getrenntschreibung in der 21. (1996), 22. (2000) und 23. Auflage (2004) noch nicht verzeichnet war. Zum anderen überrascht, daß tot groß geschrieben werden soll. Vermutlich handelt es sich um ein Versehen. Zu erwarten wäre der tot Geglaubte (wie der allein Erziehende).
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 15.06.2009 um 18.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#14629

Wollen wir Frau Hilliger erst hängen lassen und dann hängenlassen? Es ist nicht ganz dasselbe.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.06.2009 um 18.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#14630

Auch ich hatte in meiner Rezension den "Tot Geglaubten" als Druckfehler identifiziert, aber es ist bei einem rot gedruckten Eintrag natürlich nicht gerade vertrauenerweckend. Um noch einmal auf "liegenlassen" usw. zurückzukommen: Der Duden scheint in "ich habe meine Brieftasche liegen lassen od. liegenlassen" eine übertragene Gebrauchsweise erkennen zu wollen, wodurch die Alternativschreibung gerechtfertigt wäre. Er fügt in Klammern "(vergessen)" ein, das soll wohl die eigentliche Bedeutung sein. Ich finde das sehr pingelig. Schließlich liegt die Brieftasche wirklich irgendwo herum. Ginge es ums Vergessen, könnte man auch einen Koffer oder ein Fahrrad liegenlassen. Aber die läßt man stehen, ob absichtlich oder nicht, das kann doch keine unterschiedliche Schreibweise begründen!
Insgesamt ist die jetzt geltende Regelung, die teils die traditionelle Rechtschreibung ("sitzenbleiben" usw.), teils die Reste der Reform von 1996 zu bewahren versucht und dann noch die völlig unbegreifliche und bis heute nicht geklärte Sache mit dem "adjektivischen Gebrauch" der Partizipien hinzufügt, ein Desaster. Frau Hilliger ist schon mal daran gescheitert, wie soll es da erst den Schülern gehen?
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 16.06.2009 um 18.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#14632

Weiß zufällig jemand, wie Dudenempfehlungen zu Schreibweisen zustandekommen? Ist das die Meinung eines Einzelnen (z. B. Hr. Stang) oder wird das demokratisch ermittelt. Wenn demokratisch, wie viele Stimmberechtigte gibt es?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.09.2009 um 16.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#14928

Wie ich gerade sehe, druckt die Frankfurter Rundschau immer noch die Rechtschreibserie von Frau Hilliger. In der neuesten Nummer lese ich:
"Bei den 'echten' Adverbien liegt die Betonung sowohl auf dem Adverb als auch auf dem nachfolgenden Verb. Beispiel: Wir haben uns mit diesem Problem genau auseinandergesetzt. Die beiden Tratschtanten hat der Lehrer auseinander gesetzt. Im ersten Beispiel liegt der Akzent nur auf dem Wort auseinander, während im zweiten Beispiel auch das Verb setzen mit betont ist."
Ein alter Duden-Irrtum, die Betonung ist vollkommen gleich.
Frau Hilliger selbst schreibt: so lange diese Wörter keine selbstständigen Adverbien sind.
Als Konjunktion wird solange aber zusammengeschrieben. (Und ob Hilliger wirklich selbstständig spricht?)
Und hat sie eigentlich schon mal ein fehlerfreies Kapitelchen geschrieben? Und hat die FR noch nie etwas gemerkt?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.01.2010 um 10.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#15637

Hillger schreibt in ihrem neuesten Beitrag von weither. Der alte Duden und der neue kennen nur von weit her. Außerdem legt sie die Bindestrichschreibung von Zusammensetzungen zu streng aus.
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 25.01.2010 um 13.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#15638

Der alte wie der neue Duden unterscheidet zwischen weither und von weit her. Unter dem Stichwort »herholen« aber heißt es: »das ist weit hergeholt (ist kein naheliegender Gedanke); aber: diesen Wein haben wir von weither geholt«. Ist der Redaktion hier womöglich bei dem Versuch, den Unterschied zwischen konkreter und übertragener Bedeutung zu illustrieren, ein Fehler unterlaufen? Ich selbst finde von weither übrigens ganz in Ordnung, aber da Frau Hilliger sich als Ratgeberin in Rechtschreibfragen betätigt, wäre es schon interessant zu erfahren, warum sie sich für diese Schreibung entschieden hat.

Hier der Kontext des Zitats:

»Wenn Wörter aus fremden Sprachen ins Deutsche wandern, passieren ihnen mitunter eigenartige Dinge. Sie bekommen große Buchstaben, wo vorher kleine standen (trend - Trend) […] oder verkleiden sich so, dass man nur glaubt, sie kämen von weither (das Handy gibt es im Englischen nicht, dort heißt es etwa "mobile").«
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 25.01.2010 um 15.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#15639

Wenn man "kommen" und "herkommen" bzw. "sein" und "hersein" unterscheiden will, muß man "von weither kommen" und "von weit herkommen" bzw. "von weither sein" und "von weit hersein" bestehen lassen samt ihren finiten Formen "von weither gekommen" und "von weit hergekommen" bzw. "von weither" und "von weit her".
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.01.2010 um 16.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#15640

Ich finde von weither natürlich auch in Ordnung und habe das in meinem eigenen Wörterbuch entsprechend vermerkt, wie so vieles andere, was im Duden zwar eindeutig, aber wirklichkeitsfremd geregelt war (und ist). Frau Hilliger hat sich vermutlich gar nicht entschieden, sondern ist ohne Nachdenken dem Üblichen gefolgt, was sie sich allerdings als reformierte Rechtschreiblehrerin nicht leisten darf. Ihre Beiträge sind kurz, aber ich kann mich nicht erinnern, einen fehlerfreien gefunden zu haben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.02.2010 um 18.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#15670

Sabine Hilliger, die Nerius-Schülerin und Rechtschreibspezialistin, stellt uns auf der Website ihrer Beratungsfirma folgende Aufgabe:

Bevor man den Spiltter im Auge des Anderen sucht sollte man den Balken im Eigenen kennenlernen.

"Haben Sie die drei bis fünf Fehler in diesem Satz gefunden?"

(http://www.ductus-comm.de/Lektorat.36.html)
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 02.02.2010 um 19.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#15671

Mich wundert, daß man mit diesen Kindereien wirklich Geld verdienen kann, bzw. daß Leute dafür Geld ausgeben wollen. Denn "Spiltter" ist natürlich kein Rechtschreibfehler, sondern schlicht und einfach ein Tippfehler, wie er auch lange vor der glorreichen Rechtschreibreform jeder Sekretärin bestimmt schon passiert ist. Bleiben also das fehlende Komma, das angeblich zu trennende Verb "kennenlernen" und die durch die Reform bedingte Verunsicherung bei der Groß- und Kleinschreibung. Richtig spektakulär wird es natürlich erst, wenn man in diesem Minisätzchen nach "fünf Fehlern" fahnden muß.

Arme Frau Hilliger, daß sie nun schon zu diesen Sickschen Methoden greift. Wenn nichts mehr geht, hilft eben immer noch ein Kühbel Hähme.

(Hinweis: Ich weiß eigentlich schon, wie man das schreibt.)
 
 

Kommentar von Robert Roth, verfaßt am 02.02.2010 um 21.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#15672

Neben dem Buchstabendreher (O. Höher) und den verbleibenden Orthographiefehlern ist ja auch noch der Ausdruck zu beanstanden. In der Bibel steht nichts vom Balken, den ich kennenlernen müßte. Es sei denn, ich schlage mit dem Kopf dran.
Und feministisch müßte auch noch man mit frau ergänzt werden.
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 02.02.2010 um 22.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#15673

Ich fürchte, Frau Hilliger ist hier ein Denkfehler unterlaufen.

Bevor man den Spiltter im Auge des Anderen sucht sollte man den Balken im Eigenen kennenlernen.

Mit drei Fehlern weniger soll der Satz wohl so aussehen:

Bevor man den Splitter im Auge des Anderen sucht, sollte man den Balken im eigenen kennenlernen.

Wenn man den Ausgangssatz an fünf Stellen ändert, könnte er zum Beispiel so aussehen:

Bevor man den Splitter im Auge des anderen sucht, sollte man den Balken im eigenen kennen lernen.

Ich nehme an, daß Frau Hilliger das so gemeint hat.

Die Schreibungen Anderen und kennen lernen in diesem Satz sind aber keine Fehler im Sinne des amtlichen Regelwerks. Sie widersprechen allenfalls der Hausorthographie irgendeines Unternehmens, das Frau Hilliger möglicherweise mit dem Lektorat beauftragt. Hausorthographien können aber Schreibungen vorsehen, die nicht dem amtlichen Regelwerk entsprechen. Somit ist die Aussage »drei bis fünf Fehler« falsch. Denn entweder mit »Fehler« sind Fehler im Sinne des Regelwerks gemeint – dann sind es drei und nicht drei bis fünf. Oder es sind damit Abweichungen von der Hausorthographie eines potentiellen Kunden gemeint – und die wird Frau Hilliger in der Regel noch gar nicht kennen, so daß ihr auch die Zahl der Abweichungen nicht bekannt sein kann.
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 02.02.2010 um 22.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#15674

Ich bin mir noch immer nicht sicher, ob die Kindereien der Frau Hilliger (ich bleibe bei dieser Bezeichnung) die Gedanken, die sich Herr Roth und Herr Metz nun gemacht haben, überhaupt wert sind.

Aber wo es schon um vergeudete Lebenszeit geht, kann ich mich ja auch noch ein bißchen beteiligen.

Frau Hilliger fragt: "Haben Sie die drei bis fünf Fehler in diesem Satz gefunden?"

Ich möchte gern Ihre Überlegungen noch ein wenig weiterführen, lieber Herr Metz. Allein die Unfähigkeit, sich auf eine bestimmbare Fehlerzahl festzulegen, zeugt m. E. von großer Inkompetenz. Wie kann ich Rechtschreibexperte sein (und damit zudem mein Geld verdienen), wenn ich nicht einmal genau sagen kann, wie viele Fehler ein Beispielsatz enthält. Was würde das nämlich über meine Kurse aussagen? Daß man dort lernt, die mögliche Fehlerzahl auszuwürfeln? Oder womöglich dürfen ganz basisdemokratisch die Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer darüber abstimmen, was als Fehler gilt. Ich fürchte, Herr Metz, Ihre Erklärung der potentiellen Hausorthographien unterstellt zu viel (unterschwellige) Kompetenz.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 03.02.2010 um 12.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#15675

Im Bauwesen werden Mängel grundsätzlich nach den zur Bauzeit gültigen Vorschriften bewertet, weil diese fast jährlich geändert werden. Das wird aus dem gleichen Grund auch in der Rechtschreibung nötig werden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.03.2010 um 11.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#15885

Die Frankfurter Rundschau hat Frau Hilliger eine weitere Folge ihrer Rechtschreibserie abgekauft. Die Verfasserin trauert immer noch der schönen Reform von 1996 nach, die doch die unendlich komplizierten Kommaregeln auf neun reduziert habe. Leider hat der böse Rechtschreibrat diesen Fortschritt zunichte gemacht. Dieser Tenor zieht sich durch so manchen Beitrag aus Frau Hilligers Produktion. Sie glaubt also an die Konfabulationen der KMK, oder sie tut wenigstens so. Übrigens bekundet sie ihre Fortschrittlichkeit auch durch Beharren auf selbstständig, wovon ja die Zeitungen und auch das amtliche Regelwerk in seinem eigenen Schreibgebrauch schon wieder abgerückt sind. Das liegt vielleicht daran, daß sie bei Nerius studiert hat.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 22.03.2010 um 16.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#15886

Gibt es das Regelwerk 1998 noch irgendwo im Netz? Beim IDS hab ich nichts gefunden.
 
 

Kommentar von Christian Dörner, verfaßt am 22.03.2010 um 17.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#15887

Das Regelwerk von 1996 ist nicht mehr im Internet abrufbar, aber ich stelle Ihnen gern einen »inoffiziellen« Link zur Verfügung:

http://tinyurl.com/ycnzzw3
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 22.03.2010 um 19.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#15888

Vielen Dank Hr. Dörner!
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 22.03.2010 um 20.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#15889

Das 1996er Regelwerk findet sich durchaus noch im Internet – zum Beispiel hier: http://web.archive.org/web/20031002112006/www.ids-mannheim.de/reform/ (und auch noch an einer Stelle außerhalb des Archivs, aber weil ich keine schlafenden Hunde wecken möchte, stelle ich den Link nicht hier ein).

Es scheint übrigens das Web-Archiv bereits alte Daten gelöscht zu haben, denn was ich unter http://www.fds-sprachforschung.de/ickler/index.php?show=news&id=198#937 vermerkt hatte, läßt sich nicht mehr aufrufen.
 
 

Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 22.03.2010 um 21.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#15890

Mir geht in der Abhandlung von Fr. Hillinger (FR, Rechtschreibserie Teil 22) das verpflichtende Komma bei direkter Rede ab. Und auch bei den erweiterten Infinitiven scheint sie die Neuregelung nur oberflächlich zu kennen: kein Wort, daß Kommas nur verpflichtend sind, wenn die Erweiterung mit um, ohne, statt, anstatt, außer, als eingeleitete wird oder von einem Nomen abhängt oder durch ein Verweiswort angekündigt wird. Dagegen war, entgegen ihrer Behauptung, das Komma bei Erweiterung mit zu (bei kurzen Sätzen) auch in der klassischen Schreibung fakultativ und ist es noch immer.

Eigentlich wundert’s, daß sie sogenannt nicht getrennt schreibt.

Übrigens scheinen verschiedene Zeitungen die Beiträge in unterschiedlicher Reihenfolge zu bringen. Bereits 2007 (siehe weiter unten 913#10590) hab ich diesen Artikel schon einmal als KN-Artikel kommentiert.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.04.2010 um 10.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#16003

Frau Hilliger hat ihre Serie in der FR beendet, wahrscheinlich taucht sie bald irgendwo anders wieder auf. Der letzte Beitrag setzt dem Unsinn die Krone auf und ist auch in einem Kauderwelsch formuliert, das den Verdacht stützt, die Verfasserin habe Deutsch als Fremdsprache gelernt. Auf die Einzelheiten braucht man nicht einzugehen, sehen Sie bitte selbst: Im Regelwald.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.06.2017 um 16.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#35543

Erlebnisse, Ärztinnen usw.: § 5 mit seinen „vier Fallgruppen“ von Ausnahmen ist ein ganz schön dicker Brocken, den die Verteidiger der Reform ungern erwähnen. Sie vertrauen wohl darauf, daß der Schreiber intuitiv noch etwas anderes im Kopf hat als die Hauptregel („betonter kurzer Vokal“). In journalistischen Verarbeitungen der Reform habe ich auch noch nie etwas darüber gelesen.
Die acht Fallgruppen aus § 4 fallen praktisch weniger ins Gewicht.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.08.2018 um 09.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#39415

Im Mai dieses Jahres gab das Deutsche Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven bekannt, das dritte „f“ in den eigenen Namen einzufügen. Bis dahin hatte sich das Museum hartnäckig nur mit zwei „f“ geschrieben. (Aachener Nachrichten 25.8.18)

Wir gratulieren!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.05.2019 um 05.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#41448

Nach den Regeln müßte man Gramattik, gramattisch schreiben. Die Verdoppelung des m trotz Unbetontheit ist unter § 5 (3) berücksichtigt, als eine von vier Gruppen von Ausnahmen. Die Nichtverdoppelung des t trotz Betontheit müßte unter § 4 (4) erwähnt werden, wo aber nur wenige andere Beispiele stehen. (Bei Graffito gibt es Schwankungen im Gebrauch. Duden verlangt in der Aussprache langes i, wohl unrealistisch.)
 
 

Kommentar von Ivan Panchenko, verfaßt am 13.05.2019 um 21.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#41466

In § 4(4) ist von einer „Reihe von Fremdwörtern“ die Rede, das schließt Grammatik und grammatisch ja nicht aus, und die Liste enthält nur Beispiele, Grammatik kann dem Wörterverzeichnis entnommen werden.

Allerdings schreibt der Duden verslumen und versnoben, nach § 4 E1 wäre eigentlich verslummen und versnobben korrekt. versnobt kann vielleicht noch als Pseudopartizip-Schreibweise gerechtfertigt werden.

Paradox ist handicapen (Duden) – Handicapper (Duden) – kidnappen. handicapen ließe sich mit der Unbetontheit der dritten Silbe begründen, Handicapper habe ich als Übertragung aus dem Englischen rationalisiert (wo handicapper nun mal mit zwei p geschrieben wird), und was kidnappen angeht, so setzt sich englisch to kidnap aus dem Verb to nap zusammen, was ins Deutsche übertragen nappen lauten würde.

Oder nehmen wir Schneuze (Duden) trotz schnäuzen. Im Wörterverzeichnis steht zwar schnäuzen mit äu, das könnte sich aber speziell auf die Bedeutung ‚Nase putzen‘ beziehen, was zumindest insofern etwas mit der Schnauze zu tun hat, als daß eine Schnauze auch die Nase einschließt, während es beim Lichtputzen nicht mehr um die „Schnauze“ geht. Trotz Streichung von Kabriolett aus dem Wörterverzeichnis führt Duden online die Schreibweise denn auch weiterhin, aber eben speziell in der Bedeutung ‚leichter, zweirädriger Einspänner‘ statt ‚Cabrio‘.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.05.2019 um 04.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#41467

Gut, daß Sie diese Beispiele noch einmal in Erinnerung rufen. Bei Grammatik hatte ich sagen wollen, daß es gleich zwei Ausnahmen enthält, die aber nicht gleich behandelt werden; das Wort steht nicht nur im Wörterverzeichnis.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 10.04.2023 um 22.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#50861

Wenn in einer Gesprächsrunde das Thema Rechtschreibreform aufkommt, speziell die geänderte, heysesche Schreibung von ß und ss, dann sind deren Verteidiger immer sehr schnell beim Stammprinzip. Dazu läßt sich ja vieles sagen, was hier auch schon diskutiert wurde. Ich habe aber zwei Fragen, auf die ich noch keine Antwort gefunden habe.

Erste Frage: Stammprinzip – was heißt das überhaupt, und gibt es das denn im Deutschen?
Die Reformer bzw. Reformbefürworter tun gerade so, als sei der Wandel zwischen ß und ss vor der Reform die einzige Verletzung des sog. Stammprinzips gewesen, und diese sei nun behoben worden. Es gibt doch aber noch viele andere Veränderungen des Stammes, z. B. bei stark konjugierten Verben, nicht nur die vielen verschiedenen Vokalwechsel (laden/lädt/lud), auch Wechsel zwischen Einzel- und Doppelkonsonanten (nehmen/nimmt, kommen/kam). Es gibt sehr oft gar keinen festen Stamm. Wieso will man ihn dann ausgerechnet bei ß/ss haben? (Abgesehen davon, daß das sowieso nicht vollständig gelingt: bei fließen/floss zerstört die Reform gerade die frühere Einheitlichkeit.)

Zweite Frage: Wird das Stammprinzip, falls es denn existiert oder wünschenswert wäre, durch den ß/ss-Wechsel überhaupt verletzt?
Der Wechsel zum Umlaut verletzt es doch angeblich auch nicht. Man schreibt ja fährt statt *fehrt, gerade weil dadurch der Stamm fahr- einigermaßen erhalten bleibt. Bleibt dann nicht der Stamm von Fluß/Flüsse bzw. lassen/laßt usw. genauso gut erhalten wie bei den Umlauten?
Ich möchte dazu auch die lexikalische Anordnung von Stichwörtern z. B. im Duden ins Feld führen. Bei der Reihenfolge der Einträge werden ä mit a, ö mit o, ü mit u ebenso gleichgesetzt wie ß mit ss. Und trotzdem sei durch einen ß-ss-Wechsel im Stamm das Stammprinzip verletzt?
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 11.04.2023 um 03.55 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#50862

Das "Stammprinzip" gilt wohl nur, wenn die lautlichen Differenzen nicht zu groß sind. Z.B. Hand, Hände statt Hant, Hende. Man muß das wohl pragmatisch sehen: Stammschreibung nur dann, wenn sie keine größeren Probleme bereitet. Bei unregelmäßigen Verben (fallen, schießen) sind die verschiedenen Formen eben lautlich zu weit auseinander. Meines Erachtens muß man sie außer Betracht lassen.
 
 

Kommentar von Stephan Fleischhauer, verfaßt am 11.04.2023 um 04.08 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#50863

Im ß steckt ja noch das inzwischen ungebräuchlich gewordene Lang-s. Dadurch unterscheidet sich ß von ss stärker als ä von a.

Man könnte sich auch eine Ligatur vorstellen, die dem ss sehr ähnlich sieht. Dann wäre plötzlich alles ganz anders.

Die streng logische Argumentation scheitert am Wildwuchs natürlicher Sprachen.
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 17.07.2023 um 23.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#51468

Ein Reisebuchverlag wirbt für einen neuen Titel mit persönlichen »Top-Tipps« der Autorin. Schöner kann man kaum zeigen, wie dämlich die unsystematischen Eingriffe der Reformer im Sinne des »Stammprinzips« waren. Tipp wegen tippen, top wegen ... toppen? Was ist leichter zu lernen: Einsilbige Wörter englischen Ursprungs werden im Deutschen so geschrieben, wie wir es im Englischunterricht gelernt haben, oder: Einsilbige Wörter englischen Ursprungs werden im Deutschen mal so geschrieben, wie wir es im Englischunterricht gelernt haben: Flop (trotz floppen), top (trotz toppen) usw., und mal so, wie man sie, wenn es sich um deutsche Wörter handelte, bei Anwendung des Stammprinzips schreiben würde: Tipp (wegen tippen) usw.? Wie kann es sein, daß so ein hanebüchener Unfug alle Überarbeitungen des Regelwerks überstanden hat?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.07.2023 um 04.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=913#51469

Ihre letzte Frage könnte man hundertmal, tausendmal stellen, und wir haben sie ja verstreut über die letzten 27 Jahre auch immer wieder gestellt. Die Antwort ist nicht einfach. Es gibt jenes Theorem, wonach das allgemeinste Interesse die geringste Chance auf Durchsetzung hat, weil eine schlagkräftige Organisation fehlt: Sprache hat keine Lobby. Also gehen die Fledderer ungestört ihren Geschäften nach. Dann das Mitläufertum und der Putativgehorsam, insbesondere bei den Lohnschreibern, die nicht wirklich etwas zu sagen haben. Die Gruppendynamik der Trampelpfadfinder, von den Reformern schlau einkalkuliert (das war das Intelligenteste, was sie je gemacht haben). Und die sprachliche Unbildung, die uns ja auch beim Gendern wieder zu schaffen macht. Ein Deutschunterricht, erteilt von Lehrern, die kein intimes Verhältnis zur Sprache haben und diesen Teil des Studiums lustlos bei ebensolchen Professoren hinter sich gebracht haben.
 
 

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