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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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06.07.2007
 

Die Statt
Zweifelhafter Gewinn durch Kleinschreibung

Bekanntlich war früher vorgeschrieben an Kindes Statt usw. Hier hat die Reform Kleinschreibung verfügt, offenbar um eine Angleichung an die Zirkumpositionen um ... willen, von ... wegen zu erreichen.
In der Zeitung stieß ich heute auf an seiner statt, und es mißfällt mir. Meiner Ansicht nach ist der substantivische Charakter noch deutlicher als bei den anderen Fügungen. Es gibt zwar auch um seiner willen, aber selten; häufiger ist schon um seiner selbst willen. Mit wegen geht es gar nicht, das ist wirklich desubstantiviert.
Übrigens gab es schon immer ein Tendenz, willen dudenwidrig groß zu schreiben.



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Kommentare zu »Die Statt«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.07.2007 um 17.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=872#9344

Übrigens wird in der IDS-Grammatik die Fügung „um ... willen“ als einzige Zirkumposition anerkannt. Die Herrschaften müßten sich zu „an ... statt“ äußern, denn sie sind ja von der Direktion auf jene Reformschreibung verpflichtet, vor der sie die dreibändige Grammatik gerade noch in Sicherheit bringen konnten.
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 08.07.2007 um 14.15 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=872#9365

Die "Substitution" von an ... Statt durch anstatt ist freilich illegitim wie manches, was unter Substitution gehandelt wird. Denn, jemanden an Kindes statt anzunehmen, bedeutet nicht, jemanden anstatt eines Kindes anzunehmen. Das zeigt sich u.a. an einer ontologischen Minikontrolle: Im ersten Falle ist in der Diskurswelt keine alternative Größe gegeben, im zweiten indessen sehr wohl.

Die deutschen Wörterbücher greifen einschließlich des GWD hinsichtlich um ... willen zu kurz, indem sie nur auf das im Genitiv einzubringende Nomen verweisen und damit für diese Stelle Verweiselemente implizit ausschließen. Es finden sich indessen Sätze wie "Um des willen, daß sein Geist in uns wohne", deren Reformulierungen "Auf daß sein Geist in uns wohne" und "Damit sein Geist in uns wohne" lauten können. Der Trägersatz hält den Ganzsatz selbständig, macht ihn aber zugleich als ganzen final wie der Subjunktor damit. Darüber hinaus hat das deutsche Lexion Adverbreihen, deren Elemente aus Possessiva oder Indefinita mit willen als Suffixoid gebildet sind. Solche haben wir im Falle von Statt nicht.

Lexeme als mehr substantivisch oder weniger substantivisch einzuordnen, scheint allerdings grammatisch eine recht gefährliche Gratwanderung, in der Graphie indessen führt eine solche gradative "Zuordnung" mit hoher Sicherheit zu Unsicherheit oder gar Verwirrung.
 
 

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