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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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09.12.2006
 

Tollpatsch und Tölpel
Wahrig schafft den Durchblick

Bei "Wahrig Sprachalphabet" findet man folgende Erklärung:

Tollpatsch geht zurück auf das ungarische Wort talpas (17. Jahrhundert) mit der Bedeutung „Infanterist, Fußsoldat“, in einigen Dialekten auch „breitfüßig“. Abgeleitet ist talpas von talp „Sohle“. Diesen Bedeutungen entspricht, dass der ungarische Soldat früher breite, an den Fuß geschnürte Sohlen getragen haben soll, die ihm den Bewegungsablauf erschwerten. Demzufolge war der Tollpatsch zunächst lediglich ein „ungeschickt und schwerfällig gehender Mensch“. Die deutsche Schreibung entstand durch die Angleichung des ungarischen Begriffs an die in der Zusammensetzung laut- und bedeutungsähnlichen Wörter toll, Tölpel und patschen.



Wie kann die Schreibung Tollpatsch durch Angleichung an Tölpel entstanden sein?



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Kommentare zu »Tollpatsch und Tölpel«
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Kommentar von R. M., verfaßt am 09.12.2006 um 18.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#6925

Um eine Antwort auf eine nicht gestellte Frage zu geben: Der Wechsel vom ungarischen a zum deutschen o ist aussprachebedingt. Das ungarische a ohne Akut ist ein gerundeter offener Hinterzungenvokal.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.12.2006 um 06.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#6926

Auch ich hatte daran gedacht, daß es vielleicht (auch) um die Transliteration des ungarischen a gehe, aber gerade dann bleibt die Beimischung von "Tölpel" irreführend. In allen anderen Texten zur Rechtschreibreform begnügt man sich mit "toll" und "patschen".
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 10.12.2006 um 16.02 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#6928

Die volksetymologische Erklärung des Tolpatsch findet sich bereits in der 2., völlig neu bearbeiteten Auflage von Drosdowskis 'Duden. Deutsches Universalwörterbuch' (1989):
"älter: Tolbatz, wohl unter Einfluß von toll u. patschen < älter ung. talpas = breiter Fuß; breitfüßig; urspr. Scherzname für den ung. Infanteristen" (S. 1539)
Ein Hinweis auf den Tölpel, der als Tier zwar zur Familie der gänseartigen Ruderfüße (Sulidae) gehört und somit natürlich auch "breitfüßig" ist, findet sich hier jedoch noch nicht. Diesen Hinweis liefert dann das drei Jahre später von Helmut Henne und Georg Objartel in 9., vollständig neu bearbeiteter Auflage erschienene Wörterbuch von Hermann Paul:
"um 1700 < ungar. talpas 'Breitfuß' als Spottname ungarischer Fußsoldaten, dann an Tölpel angelehnt und Ende 18. Jh. mit diesem sinnverw. geworden [...]" (S. 891)
Die folgende 10. Auflage des Paul übernimmt diesen Eintrag, womit freilich noch nichts über die Quelle der Anlehnung gesagt ist. Ich glaube aber nun, daß ich diese Quelle im Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm gefunden habe. Bd. 21, Sp. 650–671:
"auch talpatsch, dalpatsch, dolpatsch, tollpatsch
1)ursprünglich bezeichnung eines ungarischen fuszsoldaten (vgl. franz talpache, tolpache aus dem substantivisch gebrauchten adj. talpas 'breitfüszig' [...] also eigentlich ein spottname, der wol auf die fuszbekleidung der betreffenden soldaten abzielt [...])"
Der zweite Eintrag beschäftigt sich anschließend eingehender mit dieser Fußbekleidung und kann daher hier übersprungen werden.
Der dritte Eintrag wird nun freilich interessant:
"3) ein plumper, ungeschickter, täppischer, dummer mensch, ein tölpel. diese heute gangbarste bedeutung des wortes findet sich, wie es scheint, zuerst gebucht bei KINDLER (1781), dann bei STALDER (1806) und CAMPE (1810) usw. vermittelt wurde sie wol durch anlehnung an talp und patsch , sowie an toll (vgl. die schreibung tollpatsch) und tölpel (vgl. ANDRESEN deutsche volksetymologie [6. Aufl.] 281)"
Aus diesen kurzgefaßten Recherchen ergibt sich meiner Meinung nach nun folgendes: Erstens waren sich die Bearbeiter des 21. Bandes – wohlgemerkt im Jahre 1932 – über die Etymologie der Bezeichnung "breitfüszig" keineswegs völlig im klaren und zweitens leiteten sie die heute wieder strittige Anlehnung an den armen Tölpel aus der Volksetymologie her. Sozusagen Vorläufer von Gerhard Augst. Wie wäre sonst anders die zweimalige Verwendung des Wortes "wol" zu verstanden, als daß sich die Bandbearbeiter nicht sicher waren. Was sich bei Grimm 1932 noch durch eben dieses wohl vorsichtig formuliert findet, wird auf dem Umweg über diverse Wörterbücher (von denen ich hier nur das von Hermann Paul genannt habe) als vermeintlich gesicherte Wahrheit zementiert.
Falls es jemanden interessiert, hier noch ein bibliographischer Nachtrag zu der Volksetymologie, die Grimm zugrunde liegt: Karl Gustav Andresens Buch 'Ueber deutsche Volksetymologie' erschien zuerst 1876 bei Henninger in Heilbronn. In Band 21 des Grimmschen Wörterbuches wurde dann bereits die "6., verbesserte und vermehrte Auflage, besort von Hugo Andresen" verwendet, die 1899 bei Reisland in Leipzig erschien.
Ich habe nun vor, mir dieses Werk, das dergestalt spät zu fragwürdigen, wenngleich ungenannten, Ehren kommt, umgehend zu besorgen. Wer weiß, vielleicht finden sich dort auch spannende Hinweise auf "Stuckateur", "Zierrat" und ähnliches.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.12.2006 um 16.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#6929

Die Literatur zur Volksetymologie ist umfassend aufgearbeitet in der Dissertation von Heike Olschansky, woraus dann auch ein hübsches populäres Reclam-Büchlein entstanden ist: "Täuschende Wörter: Kleines Lexikon der Volksetymologie". Stuttgart 1999.
Der Eintrag zu "Tolpatsch" schließt so:
"Die neue Rechtschreibung verlangt die Schreibung Tollpatsch und stellt so einen neuen volksetymologischen Bezug zu toll (alt- und mittelhochdeutsch tol 'töricht, unsinnig') her."
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 10.12.2006 um 17.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#6930

österr. Patschen = Pantoffeln
 
 

Kommentar von Hans-Jürgen Martin, verfaßt am 11.12.2006 um 18.00 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#6948

… und gibt es eine Verbindung zu dem (mir aus dem Rheinland/Köln bekannten) Wort "talpen": 'unsicher oder schwerfällig stapfen', angeblich auch 'sich abrackern'?
 
 

Kommentar von Éljen à Magyar!, verfaßt am 11.12.2006 um 18.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#6950

Das ungarische Wort "talpas" wird ungefähr "Tollposch" ausgesprochen, mit zweimal sehr offenem o.
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 12.12.2006 um 19.40 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#6965

Wieso schreibt man eigentlich noch "Depp" und "deppert"? Müßte nicht nach irgendeiner Augstschen Volksetymologie endlich "Däpp" und "däppert" geschrieben werden. Hier sollte man ganz sträng (von Strang!) durchgreifen.
 
 

Kommentar von Klaus Malorny, verfaßt am 13.12.2006 um 11.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#6967

...oder "gut, bässer, bässte"? Kommt ja schließlich von "baß". Die Willkürlichkeit schreit wirklich zum Himmel.
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 13.12.2006 um 19.10 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#6972

Die Duden-Website bietet einen Überblick über die neuen Rechtschreibregeln. Im Kapitel „Verdoppelung der Konsonantenbuchstaben nach kurzem Vokal“ heißt es (siehe hier):

„In einigen Einzelwörtern werden Konsonantenbuchstaben in Anlehnung an Flexionsformen oder an andere Wörter derselben Wortfamilie (Stammprinzip) neu doppelt geschrieben, zum Beispiel: [...] Stepp[decke] (wegen: steppen); Tollpatsch (heute zu: toll).“

Das Beispiel „Steppdecke“ ist natürlich falsch, auch in herkömmlicher Orthographie schrieb und schreibt man das Wort mit Doppel-p. Dieser Fehler geht vermutlich auf die Beispielliste von Gallmann und Sitta in dem bekannten Duden-Taschenbuch zurück.

Die Formulierung „heute zu“ bei Tol[l]patsch suggeriert, daß die Mehrheit der Sprachteilhaber das Wort inzwischen mit toll assoziiert. Wenn das tatsächlich so sein sollte, drängt sich mir die Frage auf: Womit haben die Leute das Wort denn früher in Verbindung gebracht? Sicher nicht mit dem ungarischen talpas, denn in diese Herleitung dürfte nur eine kleine Minderheit eingeweiht gewesen sein (und noch immer sein).

Zweitens frage ich mich, an welches toll man bei dem Wort Tol[l]patsch eigentlich denken soll. Die moderne Bedeutung „großartig, herrlich“ scheidet ja wohl aus. Auch veraltete oder veraltende Verwendungen, z. B. im Sinne von „tollwütig“ oder „verrückt, wahnsinnig“ kommen nicht in Betracht, denn nichts spricht dafür, daß die Leute „heute“ urplötzlich eine Verbindung zu einer Wortbedeutung herstellen, die ihnen kaum noch vertraut ist. Bliebe also noch das (ebenfalls nicht sonderlich modern wirkende) toll im Sinne von „ausgelassen, wild, zügellos“ wie in „tolles Treiben“. Aber ist ein Tolpatsch ausgelassen, wild und zügellos? Nein, er ist einfach nur tolpatschig.

Wer bei Tolpatsch ad hoc an toll denkt, braucht sich nicht zu schämen; viele, wenn nicht die meisten tun es, wenn sie das Wort zum erstenmal hören. Es hindert einen aber auch niemand daran, die wahre Herkunft zu erfragen, nachzuschlagen oder zu ergoogeln. Um so besser sitzt dann auch die Schreibung.

Vielleicht hat irgendein fußballbegeisterter Steppke einmal Ballkahn geschrieben. Wenn ja, so hat sein Lehrer oder seine Lehrerin ihn hoffentlich für diesen originellen Einfall gelobt und ihm anschließend die richtige Schreibung beigebracht. Und sicher gibt es auch Leute, die – aus mehr oder weniger nachvollziehbaren Gründen – knappsen, Nullpe und Schallmei schreiben. Das alles ist aber kein Grund, private Assoziationen stellvertretend für alle anderen der Schreibtradition überzuordnen, geschweige denn in eine für alle verbindliche Norm zu überführen. Es ist und bleibt dies eine unwürdige Fummelei.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.12.2006 um 21.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#6973

Auf der nämlichen Duden-Website findet man auch den überarbeiteten "Crash-Kurs" unseres alten Crashers Christian Stang. Den schwierigsten Teil der Reform, die Verbzusatzkonstruktionen, hat er einfach ausgelassen, wie schon in einem "kurz gefassten" Büchlein. Der Dudenverlag sollte sich wirklich einmal fragen, ob er sein Geld nicht besser anlegen kann.
 
 

Kommentar von Sigmar Salzburg, verfaßt am 13.12.2006 um 22.05 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#6974

Bei der Schreibung von „Schalmeien“ besteht, ähnlich wie bei „Tolpatsch“, zweifellos dringender reformerischer Handlungsbedarf.

Kieler Nachrichten v. 21.5.2004:
Schleswig - Unter den Klängen von Dudelsack, Drehlaier und Schallmaien haben gestern in Schleswig die „Mittelalterlichen Markt- und Gerichtstage“ begonnen.
 
 

Kommentar von W.L., verfaßt am 14.12.2006 um 00.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#6975

Ball-Kahn ist eindeutig besetzt, es handelt sich natürlich um Olli.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 14.12.2006 um 00.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#6977

Der neue Stepptanz, früher Steptanz, sollte auch lobend erwähnt werden. Überhaupt eignen sich englische Wörter besonders gut zur Anwendung des deutschen Stammprinzips, weil es dieses im Englischen ja nicht gibt.
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 10.03.2007 um 00.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#7932

Woher stammt der Begriff Tollpatsch?
Von Dieter Thierbach

[...]

Als Tolpatz tritt das Wort 1698 erstmals im Deutschen auf, dann wurde ihm die Ähnlichkeit mit toll und Tölpel zum Verhängnis. Die Rechtschreibreform hat die falsche Schreibung Tollpatsch (statt korrekt Tolpatsch) legalisiert und zur einzig zulässigen Version erklärt. Den Gegnern dieser Reform gilt diese seither als eines der Paradebeispiele für ihre Fehlerhaftigkeit. Die Reformer verweisen zur Begründung ihrer Fehlentscheidung auf die so genannten Volks-Etymologien. Ihrer Ansicht nach haben sich irrtümliche Herleitungen eingebürgert, so dass nun falsche Schreibweisen zu folgen hätten.

Wir halten derartige Begründungen jedoch für unsinnig, dass wir hier dem reformierten Regelwerk nicht folgen mögen. Es bleibt beim Tolpatsch.

(Rheinische Post online, 13.02.2007; http://www.rp-online.de/public/article/aktuelles/wissen/umwelt/abenteuer/407429)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.11.2008 um 17.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#13418

In einem Interview mit Pierre Richard wird dessen Filmrolle tollpatschig genannt, aber in der Titelei steht Tolpatsch (SZ 8.11.08). Wikipedia informiert über Richards Karriere: „Seitdem wird die Tollpatschigkeit sein Markenzeichen. An der Seite von Gérard Depardieu in Ein Tolpatsch kommt selten allein ...“

Unter Tollpatsch erklärt Wikipedia die ungarische Herkunft des Wortes.
»Durch volksetymologische Umdeutung, die das Wort mit ähnlich klingendem toll („verrückt“), Tölpel („ungeschickter, dummer Mensch“) oder Talp („Tölpel“) und patschen („schwerfällig oder laut auftreten“, aber auch „laut zuschlagen, ohrfeigen, mit der Peitsche knallen“, „schwatzen“) assoziierte, wurde das Wort in seiner Bedeutung verallgemeinernd erweitert zu der heute üblichen Bezeichnung für einen Menschen, der sich ungeschickt oder tölpelhaft verhält. In Verbindung damit wurde auch die ursprüngliche Pluralform Tolpatschen durch Tol(l)patsche abgelöst.
Die schon im 18. Jahrhundert gelegentlich, etwa bei Gleim auftretende, volksetymologische Schreibvariante mit doppeltem „l“ (Tollpatsch), die bis in die jüngere Zeit nach herkömmlicher Rechtschreibung als orthographisch fehlerhaft galt, wurde durch die Reform der deutschen Rechtschreibung von 1996 zur einzig zulässigen Schreibweise erklärt und gilt den Gegnern dieser Reform seither als eines der Paradebeispiele für die Fehlerhaftigkeit dieser Reform.
In Film und Theater bezeichnet man häufig komische Rollen als „Tollpatsch“. Ein bekanntes Beispiel ist der französische Schauspieler und Komiker Pierre Richard. Am 25. April 2008 wurde Tollpatsch im Wettbewerb „Wörter mit Migrationshintergrund. Das beste eingewanderte Wort.“ des Goethe-Instituts mit dem ersten Platz ausgezeichnet.«

Soweit Wiki. Der Deutsche Sprachrat bzw. das Goethe-Institut scheinen mit der Auszeichnung dieses Wortes die Neuschreibung gewaltsam durchsetzen zu wollen. Der mehrfache Hinweis auf den Tölpel würde nicht gerade nahelegen, das Wort mit Doppel-l zu schreiben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.07.2011 um 15.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#19016

„Im April 2008 wurde Tollpatsch in seiner volksetymologischen Schreibung von einer Jury des Goethe-Instituts und des Deutschen Sprachrats auch noch zum 'besten eingewanderten Wort' des Deutschen gekürt, eine überflüssige Provokation der Reformkritiker.“ (Peter Eisenberg: Das Fremdwort im Deutschen. Berlin/New York 2011, S..41)

Schön gesagt!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.03.2015 um 15.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#28338

"tollpatschig (adj.) - clumsy
Patsch means something along the lines of “splat”; the sound a viscous liquid makes on impact. And toll means “great” or “terrific”; your sarcastic response to the incomprehensibly lucky Patsch a pigeon may discard upon your brow as you cross Trafalgar Square. And so, with my very limited, entirely intuitive understanding of etymology, I imagined tollpatschig as “terrifically splatty”, which is, after all, exactly what a clumsy person is. Whilst eminent linguists will likely and rightly belittle this train of thought, the word has remained close to my heart and stuck in my head ever since I first made this little lexical calculation."
(http://www.babbel.com/magazine/favorite-german-words?slc=engmag-a10-info-germanwords-tb&utm_source=taboola&utm_medium=referral)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.06.2017 um 07.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#35290

Toll
 
Das Adjektiv toll (mhd. tol, dol, ahd. tol „dumm, töricht“) gehört im Sinne von „getrübt, umnebelt, verwirrt“ zu der Wortgruppe, der auch das Nomen Dunst zuzuordnen ist. Diese ursprüngliche Bedeutung „trübe, verwirrt“ spiegelt sich in Begriffen wie Tollhaus wider (veraltet für „psychiatrische Klinik“), Tollkirsche (der Genuss der Beeren dieses Nachtschattengewächses ruft beim Menschen Erregungs- und Verwirrtheitszustände hervor) oder Tollwut (eine Viruserkrankung, die einen Zustand der Übererregtheit auslöst). Und bevor sich jemand tollkühn verhält, sollte er über sein Agieren vielleicht noch einmal gründlich nachdenken …
Auch im Mittelhochdeutschen trat das Adjektiv aber schon in der Bedeutung „ansehnlich, bewundernswert“ auf, im Frühneuhochdeutschen dann auch im Sinne von „erstaunlich, sehr stark“. Auf dieser Schiene fahren wir auch heute noch, wenn wir von einem tollen Mann, einer tollen Figur oder tollen Autos schwärmen.
(Duden Newsletter 7.6.17)

Fehlt da nicht ein gewisser Patsch?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.05.2018 um 18.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#38701

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#35290

Der newste Newsletter trägt den Patsch nach:

"So toll ist toll ursprünglich gar nicht. Eigentlich bedeutet es so viel wie „getrübt, umnebelt, verwirrt“ (vgl. engl. dull – „stumpf, unempfindlich, schwerfällig“) und gehört zum Dunstkreis des Substantivs Dunst. Doch bereits im Mittelhochdeutschen hat sich eine deutliche Bedeutungsverbesserung vollzogen: „ansehnlich, bewundernswert“ kann es nun auch heißen, im Frühneuhochdeutschen dann zusätzlich „erstaunlich; sehr, stark“. Letztere Bedeutung hat heute das umgangssprachlich verwendete doll bewahrt: Ich habe mir doll wehgetan.
Die geläufigsten Zusammensetzungen mit toll sind Tollkirsche, Tollwut und tollkühn. Die auch als Belladonna bekannte Beere wird als Tollkirsche bezeichnet, weil die in der Frucht enthaltenen Alkaloide beim Menschen einen Zustand der Erregtheit und Verwirrung bewirken. Die Tollwut hingegen geht zurück auf die Wortgruppe tolle Wut. Das Adjektiv tollkühn schließlich bedeutet, dass der Betreffende in toller Weise kühn ist.
Fehlt Ihnen in dieser Aufzählung der Tollpatsch? Dann müssen wir Sie leider enttäuschen, denn obwohl der Tollpatsch seit der Rechtschreibreform mit Doppel-l geschrieben wird, hat er etymologisch nichts mit toll zu tun. Er geht zurück auf das ungarische Wort talpas „breitfüßig; breiter Fuß; Infanterist; Bär; Tollpatsch“, mit dem scherzhaft ungarische Fußsoldaten bezeichnet wurden."

Und weiter ist dazu nichts zu sagen? Der Einfall des Herrn Augst soll uns alle auf diese Dummheit verpflichten?
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 25.07.2018 um 11.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#39184

Wie der Tolpatsch soll auch der Dolmetscher aus dem Ungarischen kommen, ist aber ursprünglich kein ungarisches Wort, sondern kommt wiederum aus dem Türkischen.

Eine meiner Tanten, die Familie stammt aus Ostpreußen, erzählte, daß sie als Kinder immer glaubten, ein Dolmetscher sei ein ganz doller Kerl, einer der alles weiß und kann. Wenn sie einen Spielkameraden für irgendwas sehr bewunderten, sagten sie: Du bist ein Dolmetscher!

Herr Augst hat das im westlichen Deutschland offenbar nicht mitbekommen, sonst würde heute Tollmetscher im Duden stehen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.11.2020 um 05.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=744#44690

Die SZ spricht von der „tolpatschigen (!) Entblößung“ des amerikanischen Juristen Jeffrey Toobin, der vor laufender Kamera „ein bisschen zuviel (!) von sich preisgab“ (13.11.20). Das sind ja gleich zwei Verstöße gegen die amtliche Rechtschreibung! Wohin soll das nur führen – bei einer sonst so gefügigen Zeitung!
 
 

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