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19.11.2006
Nochmals zu Foto/Photo
Duden und Wahrig sind sich nicht einig
Ich hatte schon auf die neue Ausnahme Foto hingewiesen. Dies darf im Gegensatz zu allen anderen Ableitungen und Zusammensetzungen mit dem griechischen Stamm nicht mehr mit ph geschrieben werden.
Schon im amtlichen Wörterverzeichnis von 1996 fehlt das (eingeklammerte) Sternchen, mit dem die Ausschließlichkeit der eingedeutschten Schreibweise gekennzeichnet sein müßte.
Im alten Duden war unter dem Nest "Photo-" an einigen Stellen ein Hinweis auf "Foto-" angebracht worden, woraus man mit einigem guten Willen folgern konnte, daß in allen Fällen beide Schreibweisen zulässig seien. Auch Duden Bd. 9 konnte in diesem Sinne verstanden werden, und so hat es offenbar auch die Wahrig-Redaktion verstanden, die bis auf Foton (das mancher vielleicht gar nicht mit demselben Stamm in Verbindung bringt, 2002 war es aber auch noch schwarz gedruckt) überhaupt keinen Blaudruck hat und daher alle Schreibweisen mit f- als herkömmlich ansieht. Der Duden hingegen schwelgt in Rotdruck, wenn auch in wildem Durcheinander mit Schwarz, offenbar in engherzigster Auslegung der Einträge von 1991 zusammen mit K 53. Das Foton ist auch für den Duden ein Sonderfall, denn während er sonst stets die "progressive" Schreibweise mit f- empfiehlt, macht er hier eine Ausnahme, vielleicht in der weisen Voraussicht, daß die Fachsprache ihm nicht folgen würde.
Paradox bleibt aber, daß nach der Neuregelung zwar Photographie geschrieben werden darf, die Kurzform aber unbedingt Foto geschrieben werden muß. Ein gefundenes Fressen für sadistische Lehrer oder Bastian Sick und Hape Kerkeling, die beiden Duden-Werbefuzzis.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.06.2024 um 05.21 Uhr
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Duden empfiehlt „Fantasie“, aber Wikipedia bleibt bei „Phantasie“. Dagegen „Afantasie“, was seltsam aussieht, weil die neuklassische Wortbildung erst kürzlich in gelehrten Kreisen geprägt worden ist, die im allgemeinen bei der auch durch das Englische gestützten traditionellen Schreibweise bleiben.
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Kommentar von Ivan Panchenko, verfaßt am 07.10.2020 um 17.12 Uhr
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Vor der Reform gab der Duden für fotogen eine andere Bedeutung an (‘zum Fotografieren od. Filmen geeignet’) als für photogen (‘durch Licht entstanden’), im Reformregelwerk stehen fotogen und photogen dagegen als Varianten nebeneinander, 1996 übrigens ohne Sternchenmarkierung, als hätte sich nichts geändert. Eine Bedeutungsangabe liefert das amtliche Regelwerk zu diesen Schreibweisen nicht, der Duden verzeichnet heute beide Schreibweisen für ‘zum Fotografieren oder Filmen geeignet’ (die andere kennt er nicht mehr, vielleicht wurde sie übersehen?), man kann sich aber fragen, ob denn ausgerechnet in dieser Bedeutung wirklich beide Schreibvarianten gehen, zumal für das Kurzwort Foto nicht mehr die Schreibweise Photo zulässig ist. Im DWDS-Wörterbuch wird fotogen in Foto zerlegt, entsprechend wird dort photogen als ungültige Schreibung geführt. Jedenfalls handelt es sich nicht um ein gewöhnliches Kompositum aus Foto, sondern um eine neoklassische Wortbildung, und im Griechischen kann man heutzutage φωτογενής in dieser Bedeutung gebrauchen, allerdings geht im Griechischen auch φιλμογραφία, dennoch schreiben wir nicht Philmographie, sondern Filmographie, außerdem verzeichnet der Duden Fotothek nur in dieser Schreibweise, es geht ja nicht um eine Sammlung von Licht, sondern um eine Lichtbild-/Fotosammlung.
Auch Fotografik und Fotokopie werden im DWDS-Wörterbuch in Foto zerlegt (andererseits photomechanisch in photo-), hier kann ich aber schon eher an foto-/photo- denken, eine Fotokopie entsteht eben durch Licht, und wenn Photographie geht, dann wohl auch Photographik. Das Wahrig Fremdwörterlexikon (wissen.de) gibt für Fotomontage eine Hauptbetonung auf der vorletzten Silbe an (der Duden dagegen eine auf der ersten Silbe) und behandelt das Wort damit wie eine neoklassische Bildung (im Irischen heißt es übrigens fótamontáis, hingegen ist fótagraf weniger üblich als grianghraf, fóta wird als Kurzform meines Wissens nicht verwendet), so oder so kann man hier gut an das Wort Foto denken, da man sich bereits vorliegender Fotos bedient, der besagte Wahrig verzeichnet denn auch nicht Photomontage. In Duden online fehlen die Schreibweisen Photographiker, Photographikerin, Photokopierautomat und Photokopiergerät.
Bei Fotoshooting und Fotofinish könnte man auch an das englische Wort photo denken, der Duden verzeichnet hier allerdings keine ph-Schreibweise.
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Kommentar von David Weiers, verfaßt am 20.11.2006 um 07.13 Uhr
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Ohne Rechtschreibreform gäbe es diese "Probleme" gar nicht, und wir könnten uns um Wichtigeres kümmern.
Meine Rede! Rechtschreibreform ist reine Pedanterie, "normales Rechtschreiben" ist Orientierung am Usus unter Rücksichtnahme auf die Grammatik. "Normale Rechtschreibung" kann gar keine Pedanterie sein, weil ja ein – ich sag das jetzt mal so – höherer Zweck verfolgt wird.
Es ist schwierig, das jemandem einzubleuen. Aber wenn man's geschafft hat, ist das Aha-Erlebnis um so schöner. Für beide Teile!
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 20.11.2006 um 03.57 Uhr
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Es wäre alles so einfach, wenn man Rechtschreibung wieder als diejenigen Schreibweisen verstünde, die in der Sprachgemeinschaft üblich sind. Schreibweisen vor Regeln! Es lassen sich zwar aus dem Befund der Schreibweisen gewisse Regeln ableiten, aber es darf nie so weit kommen, daß man Regeln über die üblichen Schreibweisen stellt, gar mit der Vorstellung, es dürfe keine Ausnahmen und keine Übergangserscheinungen geben. Nun ist es aber so gekommen: Regeln sind angeblich alles, Schreibweisen müssen aus ihnen abgeleitet werden können. Das ist die Rechtschreibreform. Was für ein Unsinn!
Tatsache ist: Insgesamt gesehen (= Regel) ist sowohl der Bestandteil foto als auch der Bestandteil photo üblich, aber einerseits ist das Wort Foto (Lichtbild) die dominierende Schreibweise, andererseits gibt es praktisch nur Photon (Elementarteilchen) und kein Foton. Die Aufgabe des Wörterbuchredakteurs wäre es, anhand des Befundes vernünftig zu entscheiden, ob in solchen Fällen die unüblichere Schreibweise überhaupt verzeichnet werden soll; und wenn ja, ob mit einem Kommentar wie "selten" oder "veraltend", ob mit der Qualifizierung "auch" oder mit einem bloßen Verweis von der Nebenvariante zur Hauptvariante.
Das Kopfzerbrechen, ob es "unlogisch" oder "regelwidrig" ist, daß zum Beispiel Foton keine übliche Schreibweise ist, ergibt sich erst aus der perversen Vorstellung, daß sich alle Schreibweisen nach irgendwelchen autoritären Regeln richten müßten oder daß Regeln keine Ausnahmen haben dürften. Mit anderen Worten: Ohne Rechtschreibreform gäbe es diese "Probleme" gar nicht, und wir könnten uns um Wichtigeres kümmern.
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Kommentar von Wolf Busch, verfaßt am 19.11.2006 um 13.53 Uhr
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Im ÖWB ist man ganz besonders spitzfindig; das "Foto" darf man nicht "Photo" schreiben, aber die "Foto-CD" darf auch "Photo-CD" geschrieben werden.
Zum "Photo" gesellt sich übrigens noch das "Telephon". Im Gegensatz zu "Mikrophon", "Megaphon" oder "Grammophon" steht "Telephon" nicht im Wörterverzeichnis der amtlichen Regelung, weshalb Duden, Wahrig und ÖWB nur noch "Telefon" für normgerecht halten.
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Kommentar von Martin Gerdes, verfaßt am 19.11.2006 um 13.13 Uhr
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Ob sich wohl die Sprach... – Tschulljunk! – Ob sich wohl die Musikwissenschaft die Schreibweise "homofon" vorgeben läßt? Die Schreibung "Homofon" kommt im neuesten Duden-Newsletter vor, sie ist die Duden-Vorzugsvariante. Natürlich nimmt der eine oder andere Sprachwissenschaftler die Schreibweise "Homofon" gern, zeigt sie doch nach außen, welch fortschrittlicher Geist er ist. Andere Wissenschaften sind diesbezüglich wohl eher konservativer. Interessant in diesem Zusammenhang ist die gegenläufige Entwicklung der (englisch geprägten) Jugendsprache, die als Stilmittel bewußt Wörter mit ph schreibt, die in der Standardsprache ein f haben, namentlich "phat" (für "fat"), "phreak" und "phishing".
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 19.11.2006 um 12.52 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=717#6744
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Übernehmen das die deutschsprachigen Schweizer, die sonst am liebsten bei der Originalschreibweise bleiben?
Erheben diejenigen, welche die englische Sprache als Vorbild nehmen oder gar als europäische Verkehrssprache durchsetzen möchten, keinen Einspruch?
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