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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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16.05.2006
 

Topten
Die Wörterbuchredaktionen haben viel zu tun

Die Empfehlungen lassen, wie schon oft gezeigt, vieles offen, was aber in den Wörterbüchern geregelt werden muß. Das mag der Grund für die Verzögerungen sein.

Neben den "Klassikern" wie Hohe(r)priester gibt es auch allerlei unscheinbares Gemüse, das aber doch bearbeitet werden will. Da sind z. B. die Top ten, die im amtlichen Verzeichnis von 1996 fehlten, vom Duden aber stets als Topten, wahlweise Top Ten interpretiert wurden. Als Top Ten stehen sie nun auch im revidierten amtlichen Verzeichnis von 2006. Da bleibt zunächst die Frage, ob auch Zusammenschreibung zulässig sein soll. Außerdem ergibt sich aber die Merkwürdigkeit, daß das Kardinalzahlwort im Englischen offenbar ein Substantiv sein soll, im Deutschen aber nicht, denn hier heißt es ja weiterhin die besten zehn (aber die zehn Besten).



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Kommentare zu »Topten«
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 17.05.2006 um 14.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=506#4070

Wer interessiert sich für Olmeken, Tolteken, Kopten und Topten? Das ist alles entlegen. Es ist nicht schlimm, wenn da nicht ganz klar ist, wie man das schreibt.
 
 

Kommentar von Karsten Bolz, verfaßt am 17.05.2006 um 16.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=506#4074

Als ich nur den Titel dieses Stranges las ("Topten"), wußte ich nicht, was ich darunter verstehen sollte. Ob irgendjemand wahrlich auf den Trichter kommt, intuitiv "Top ten" so (also: "Topten") zu schreiben, wage ich arg anzuzweifeln. Da hilft wohl noch nicht einmal ein ensprechender (unauffälliger) Eintrag im Duden weiter.
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 17.05.2006 um 17.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=506#4077

Ihre Zweifel in Ehren, lieber Herr Bolz, aber leider gibt es einige, die das fertiggebracht haben – siehe hier: http://wortschatz.uni-leipzig.de/cgi-bin/wort_www.exe?site=22&Wort_id=280600710
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 17.05.2006 um 23.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=506#4079

Bei expedia.de kann man Reisen zu den Tempeln der Zapotheken buchen.
 
 

Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 18.05.2006 um 08.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=506#4080

Gerade habe ich mir den Spaß erlaubt, nach Tolltheken zu gugeln. Immerhin 3 Treffer.
 
 

Kommentar von Ivan Panchenko, verfaßt am 19.01.2020 um 18.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=506#42789

„Außerdem ergibt sich aber die Merkwürdigkeit, daß das Kardinalzahlwort im Englischen offenbar ein Substantiv sein soll, im Deutschen aber nicht, denn hier heißt es ja weiterhin die besten zehn (aber die zehn Besten).“

Eine Besonderheit ist: Man kann nicht nur zu den Top 10 gehören sagen, sondern auch in den Top 10 landen. Im letzteren Fall bedeutet Top 10 nicht wörtlich ‚beste zehn‘, sondern steht für eine Liste. Bei der traditionellen Schreibweise Top ten wird die Wortgruppe ja auch als substantivisch behandelt.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 20.01.2020 um 07.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=506#42790

Laut Duden auch weiterhin das Déjà-vu, obwohl es doch um »das Gesehene« geht.
 
 

Kommentar von Ivan Panchenko, verfaßt am 27.08.2020 um 11.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=506#44197

Zu Déjà-vu statt Déja-Vu und (von Stirnemann angeführt) Perpetuum mobile statt Perpetuum Mobile: Vielleicht wird die Großschreibung am Wortanfang als ausreichend angesehen, da wir es bei schon Gesehenes und ewig Bewegliches mit syntaktischer statt morphologischer Konversion zu tun haben. Andererseits wird laut dem amtlichen Regelwerk der 8-Jährige statt der 8-jährige geschrieben, das könnte aber der Abgrenzung vom nichtsubstantivischen Gebrauch von 8-jährige/achtjährige dienen, also der Schreibung mit Ziffer am Anfang geschuldet sein. Man könnte also dafür argumentieren, mit Bindestrich einerseits der Napoleon-Freundliche zu schreiben (zur Abgrenzung vom nichtsubstantivischen Gebrauch von Napoleon-freundliche), andererseits der Nicht-abhängige (was mir allerdings etwas unschön erscheint), dieser Logik entspricht die Schreibweise Perpetuum mobile, während Top Ten schon mit der Großschreibung von top ein Spezialfall ist (für eine mögliche Begründung siehe #42789).

Ein ähnliches Kuriosum wie Top Ten bzw. (vor der Reform) Top ten (Großschreibung) trotz beste zehn (Kleinschreibung): Im Deutschen sagt man [Das ist] erste Klasse oder [Das ist] erstklassig, der Duden schreibt aber first class (statt First Class oder first-class) und open end (statt open-end). Im Englischen kommt zwar in adjektivischer Verwendung neben first-class auch first class vor, aber in Anbetracht von Schreibweisen wie Desktoppublishing/Desktop-Publishing statt Desktop Publishing (trotz englisch desktop publishing) wäre im Deutschen doch eigentlich eine Angleichung zu firstclass/first-class zu erwarten. Oder soll hier class etwa ein Adjektiv sein und first adverbial verwendet werden? Unter korrekturen.de wird immerhin first-class empfohlen, der Duden bietet das nicht einmal als Alternativschreibweise an.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 27.08.2020 um 11.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=506#44199

Die Setzung des Bindestrichs im Englischen hat nichts mit »adjektivischer Verwendung« zu tun (whatever that may be), sondern mit der Wortstellung.

Their service is first class.
It is a first class service oder auch
It is a first-class service.
 
 

Kommentar von Ivan Panchenko, verfaßt am 27.08.2020 um 12.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=506#44201

Unter anderem von Merriam-Webster first-class wird als Adjektiv eingeordnet, for what it’s worth.

https://www.merriam-webster.com/dictionary/first-class

Kann man denn nicht Their service is first-class schreiben? Oder hier: This software is open-source. Much workplace communication is face-to-face.

Im Deutschen würde ich nun [Die Software ist] open-source schreiben, nicht open source; sonst könnten wir auch gleich Swimming Pool statt Swimmingpool/Swimming-Pool schreiben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.08.2020 um 14.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=506#44202

Fachübersetzungen aus dem Englischen behalten die englische Schreibweise von Komposita ohne Bindestrich weitgehend bei. Das ist ein Haupteinfallstor für orthographischen Sprachwandel. Die Verhältnisse haben sich aber noch nicht geklärt.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 27.08.2020 um 21.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=506#44203

»Kann man denn nicht Their service is first-class schreiben?«

Kann man schon, ist bloß falsch . . . Etwas anderes wäre es bei earth-shattering.

This earth-shattering revelation was made today
The revelation made today was earth-shattering
.
 
 

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