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09.02.2006
Wettbewerbsbeschränkung
Wer klagt gegen diesen Mißstand?
Diesmal sind die privilegierten Wörterbuchverlage vor Überraschungen geschützt, weil sie das entscheidende Wörterverzeichnis gleich selbst herstellen. Der Rat hat keine Ressourcen für solche Arbeiten und läßt sich nur zu gern helfen.
Dabei werden auch Entscheidungen getroffen, die unter dem künstlich erzeugten Termindruck und dem gewollten Kompetenzmangel aus dem Rat ausgelagert worden sind. An die Stelle des Dudenprivilegs tritt das Duden-Bertelsmann-Privileg. Das zeichnete sich schon vor Jahren ab, als die Zwischenstaatliche Kommission sich in zahlreichen geheimen Treffen mit den beiden Wörterbuchredaktionen zusammentat, um die richtige Auslegung der wirren neuen Regeln zu vereinbaren.
Wären Wörterbuchredaktionen nur mit dem unvollständigen Pfuschwerk der Revision konfrontiert, würde sie das kalte Grausen packen, denn auf dieser Grundlage ist es nicht möglich, die neuen Wörterbücher zu machen, die ja in den nächsten Wochen auf den Markt kommen müssen. Nur weil sie die entscheidende Wortliste gleich selbst fabrizieren, können sie einigermaßen beruhigt sein. Verstehen kann man es, aber ist es Rechtens?
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Kommentare zu »Wettbewerbsbeschränkung« |
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Kommentar von R. M., verfaßt am 09.02.2006 um 06.32 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2496
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Das Verfahren nennt sich zu deutsch Public-private partnership.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 09.02.2006 um 07.26 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2498
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Vielleicht erleiden sie damit öffentlich-privaten Partnerschiffbruch.
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Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 09.02.2006 um 10.54 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2501
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> Wer klagt gegen diesen Mißstand?
Lieber Prof. Ickler,
wie sich aus der Überschrift "Wettbewerbsbeschränkung" m.A. nach ergibt: der Wettbewerb. Sie selbst als Herausgeber eines Wörterbuchs sind also derjenige, der tatsächlich einen faustdicken Rechtsanspruch hat. Überraschen Sie die Herrschaften doch einfach mal mit einer Klage auf fremdem Terrain, also basierend auf EU-Recht. Die EU hat ja schon manches Kartell zerschlagen, das als unbezwingbar galt, ich erinnere da nur an den Fall der Berufsfreiheit der Fußballer.
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Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 09.02.2006 um 11.30 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2503
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Noch einen Nachschlag zur Wettbewerbsfrage. Auf Grund des Urteils des niedersächsischen OVG im Fall Ahrens ergibt sich m.E. ein Rechtsanspruch auf Zulassung des "Ickler" als Schulbuch, da es das einzige aktuelle Wörterbuch in bewährter Rechtschreibung ist. Wie wäre, wenn der Stolz-Verlag eine Lizenzausgabe für die Schulen herausbrächte?
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Kommentar von Alexander Glück, verfaßt am 09.02.2006 um 11.51 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2504
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Ich glaube, daß die Redaktion des Ickler-Wörterbuchs bei diesen Hinterzimmerkonferenzen nicht vertreten zu sein braucht, weil im Ickler keine künstlich erdachten Schreibweisen stehen, über die man verhandelt. Dem Glasreiniger stimme ich jedoch vollauf zu.
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 09.02.2006 um 13.56 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2509
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Ich bin kein Jurist, vermute aber, daß ein Prozeß auf EU-Ebene eine sehr umfangreiche und komplexe Angelegenheit ist, so daß zu beachten wäre, daß Professor Ickler nicht gerade gelangweilt wartet, bis er endlich mal etwas tun kann. Weiter ist da die Frage: Kann jemand klagen, der selber gar kein Interesse an dem Material hat, das da monopolistisch von Duden und Bertelsmann erzeugt und weiterverwertet wird? (Professor Ickler möchte schließlich kein Wörterbuch "auf der Grundlage des aktuellen Standes der Neuregelung machen", sondern die normale, von der Refom unverbogene Rechtschreibung darstellen.) Falls ja: Das würde doch bedeuten, daß auch jeder andere diese Klage anstrengen könnte, oder wie ist das?
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Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 09.02.2006 um 14.03 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2510
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Ganz allgemein stellt sich doch die Frage, welches Wörterbuch für die Schule (gerade/noch/bald) gültig ist: Die immer gerade aktuelle Ausgabe? Das kann es doch nicht sein, denn ein Duden kostet immerhin 20 Euro... und ein Update-Abo bietet der Verlag (noch) nicht an.
Auch Schulatlanten werden doch nicht einfach so eingestampft, weil sich irgendein afrikanisches Land plötzlich anders nennt, oder weil sich der Balkan zunehmend balkanisiert.
Es wäre ein schöner Test für unseren Rechtsapparat, ob die "amtlichen Wörterbücher" der Zeit vor der Reform (der ersten oder der letzten) nicht auch noch Gültigkeit für die Schüler besitzen (auch, wenn dieses von den Kultusbehörden natürlich bestritten wird – aber immerhin waren sie ja "amtlich" und ein Verfalls- oder Ablaufdatum steht auf keinem meiner Duden drauf).
Und wenn die alten Wörterbücher tatsächlich "ungültig" sind, wer zertifiziert eigentlich die neuen Wörterbücher als "schulzugelassen"?
Da es die neuen Duden auch in Folie verschweißt zu kaufen gibt: Steht auf dem Einband irgendwo, daß sie nur bis zur nächsten Auflage gültig sind und danach "absolut ungültig" werden? Steht so etwas überhaupt in einem der neuen Duden? Und wenn nicht, ist das denn kein gerichtlich beklagbarer Betrug am Kunden mit dem Zwang für den Verlag, kostenlos neue Duden zu verteilen?
Und was, wenn sich ein Fehler in die gedruckten Regeln oder Wortlisten der zugelassenen Wörterbücher einschleicht? Gibt es dann eine nationale Rückrufaktion wie bei falsch verdrahteten Autoairbags? Oder bekommt jeder Haushalt ein Errata-Blatt zum Einkleben als Wurfpost in den Briefkasten (und was machen die Haushalte, die "keine Werbung" auf ihren Briefkästen stehen haben)? Und werden Deutschlehrer von den Verlagen in Zukunft zu vierteljährlichen Errata-Treffen nach Palma de Mallorca eingeladen (vielleicht sollte ich dann doch noch Lehrer werden)?
Und werden ausländische Verlage nicht benachteiligt, wenn sie Wörterbücher für Deutschland herausgeben wollen – wo doch Duden/Bertelsmann mit der KMK hinter verschlossenen Türen kungelt?
... also, wäre ich ein Euro-Bürokrat, dann würde ich viele, viele Probleme in den Vorgehensweisen unserer Kultusbürokratie erkennen.
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Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 09.02.2006 um 14.24 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2511
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Irgendwie habe das Gefühl, nicht verstanden worden zu sein.
Voraussetzung für eine wettbewerbsrechtliche Klage ist, daß der Kläger sich im Wettbewerb befindet. Diesbezüglich habe ich Herrn Icklers rhetorische Frage als eine wirkliche aufgefaßt und eine Antwort gegeben. Die Problematik, daß er nun selbst als Wissenschaftler in einen kommerziellen Interessenkonflikt zu kommen scheint, ist mir schon klar. Aber das kann man, glaube ich, schon darstellen. Der Vorschlag mit dem Stolz-Verlag hat natürlich seine Probleme, aber vielleicht wäre ja auch Herr Klett bereit, in die Sache einzusteigen.
Der Weg in eine solche Klage ist m.E. einfach, die Beurteilung der Erfolgsaussicht natürlich nicht. Da Schüler in Niedersachsen ein Recht auf Unterricht in herkömmlicher Rechtschreibung haben – so verstehe ich jedenfalls das J.-Ahrens-Urteil –, haben sie auch das Recht auf ein entsprechendes Schulbuch. Ein Verlag, der in der Lage ist, ein solches anzubieten, hat damit eine Handhabe, die Zulassung in Niedersachsen zu verlangen. Ist ein Deutsch-Wörterbuch in Niedersachsen zugelassen, dann sehe ich keinen sachlichen Grund, dieses nicht auch in Österreich zu verwenden. Damit greift die Zuständigkeit der EU, wie sie ja auch gegen den DFB im Fall Bosman gegriffen hat.
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Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 09.02.2006 um 14.25 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2512
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Der Rechtsweg ist schwerfällig. Sinnvoller wäre, landauf und landab ein paar schlichte Hinweise zu verbreiten:
1. Kauf eines neuen Wörterbuchs lohnt nicht, es wird schnell wieder veralten, weil zwangsläufig noch zuviele Fehler drinsein werden. Lieber noch abwarten mindestens bis zur nächsten Ausgabe.
2. Ein Duden vor 1992 ist noch einsatzfähig, fast alles stimmt noch oder wieder.
3. Die seitdem erschienenen Wörterbücher sind auch noch brauchbar, man muß nur die roten Einträge weitgehend außer acht lassen, weil viele nicht mehr stimmen.
4. Auf die verbleibenden Ungenauigkeiten kommts nicht an, ein paar Fehler macht man sowieso immer.
Es kommen einem sowieso Zweifel, ob die Verlage so bald schon eine Neuausgabe wagen, die dann wieder rumliegt wie Blei, und zugleich auf das sichere Geschäft einer, sagen wir mal, "Traditionsausgabe" verzichten.
Obwohl sie die nötige Datenbasis hätten. Das wäre eine beachtliche Loyalität zur KMK...
Und was ist mit den Lexika? Mit den fremdsprachlichen Wörterbüchern?
Himmel, auf was die sich eingelassen haben...
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Kommentar von Fungizid, verfaßt am 09.02.2006 um 15.45 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2513
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Hier ufert die Bandbreite der Aspekte ziemlich aus, so daß ich versuche, mir mal ein bißchen Ordnung zu verschaffen. Was sind die zentralen Punkte?
1. Der "Einheitsduden" von 1991 wurde, wie anhand der darin enthaltenen Verlagswerbung nachgewiesen werden kann, noch lange nach 1996 nachgedruckt und also auch ausgeliefert.
2. Soweit ich weiß, wurde auch einmal der "Ur-Duden" neu aufgelegt, das müßte man prüfen, aber das spielt lediglich eine nostalgische Nebenrolle.
3. In den 80er Jahren hat z. B. eine Schule in Wiesbaden Bücher "dem Schüler übereignet", die aus den späten 50er und frühen 60er Jahren waren.
4. Situation in Österreich: Dort wird aus nationalen Gründen ausschließlich das "Österreichische Wörterbuch" benutzt und zugelassen, ein anderes Wörterbuch wird es in keine Schulklasse schaffen.
5. Situation hier in Deutschland: Ziel muß sein, den "Ickler" als ein Schul-Wörterbuch unter möglichen anderen Schul-Wörterbüchern zu etablieren. Die Niedersachsen-Perspektive erscheint da am aussichtsreichsten, u. zw. würde ich versuchen, das über einen niedersächsischen Verlag durchzusetzen.
6. Situation Ickler: Die Zielrichtung "Schulbuch" erscheint viel aussichtsreicher als eine ohnehin nicht am Wortgekungel interessierte Teilnahme Prof. Icklers an Gesprächen hinter lederbespannten Türen. Sollen die doch auskaspern, was sie in ihre Makulaturbände vorher noch reinschreiben. Das Ickler-Wörterbuch hat sowas nicht nötig. Es ist ein bißchen wie bei Linux: Die müssen sich auch nicht auf die Geheimniskrämerei und Profitgier einlassen, sondern machen einfach das ganz normale.
7. Situation Lexika/Wörterbücher: Langenscheidt benutzt katastrophal übertriebene Reformrechtschreibung. Brockhaus, Meyer usw. haben heute wieder eine ähnliche Orthographie wie Anno 1860 und sind deshalb für moderne Zwecke unbrauchbar. Für die 3.600 Euro der Lederausgabe gönnt man sich besser etwas anderes.
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 09.02.2006 um 16.03 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2514
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Im Ausland ist auch Aufklärungsarbeit nötig: Dort werden Lexika "Heimatsprache / Deutsch" seit 1996 in schrecklichster deutscher Reformschreibung gedruckt, obwohl dort niemand zur Reformschreibung verpflichtet ist.
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Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 09.02.2006 um 16.18 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2516
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Fungizids Hinweis zur Situation in Österreich berücksichtigt den Istzustand. Das muß aber nicht der Endzustand sein, wenn EU-Wettbewerbsrecht angewandt wird. Ein anderer, wahrscheinlich sogar wirksamerer, Hebel ist die Deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien. Dort werden mangels Masse sicherlich nur Schulbücher aus Deutschland für den Deutschunterricht zum Einsatz kommen können.
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Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 09.02.2006 um 16.30 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2517
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Betrachten wir das Wörterbuchproblem einmal ernsthaft...
Der "Ickler" ist kein Wörterbuch mit Worterklärungen und somit m. E. grundsätzlich nicht schultauglich. Die Schüler sollen ja nicht nur nachschlagen, wie ein Wort geschrieben wird, sondern auch, was es bedeutet. Der "Ickler" ist mehr etwas für den "Advanced user". Den reinen Regelteil als dünnes Lehrbuch-Heft für die Schule halte ich aber für durchaus sinnvoll. Ein mutiger Lehrer kann im späteren Deutschunterricht den Schülern beibringen, wie man "auch" gutes Deutsch schreiben kann – dieses in den Lehrplan zu bringen, wäre ein vernünftiges Ziel. (Zynisch gesehen: Erst verhunzen wir die Kinder mit Neuschrieb... und diejenigen, die es bis ins Gymnasium geschafft haben, lernen alles noch einmal nach der Methode Ickler ;-)
Der aktuelle Duden enthält zumindest den klassischen Wortschatz – nicht jedoch die klassischen Regeln. Hier könnte der Duden einfach die Regeln der 21. Auflage mit aufführen (wie bei dem grottenschlecht programmierten, aber dennoch von mir geliebten LexiROM 2000). Und dann kann sich jeder (schon anhand der identischen Dicke der jeweiligen Texte) ein eigenes Bild der Regelsituation machen.
Für die Schule sollte vielmehr Ziel sein, sich von Rechtschreib-Wörterbüchern als solchen zu lösen. Man kann als Lehrer den Eltern nicht ernsthaft empfehlen, dem Kind ein Wörterbuch zu kaufen ("Kaufen Sie Ihrem Kind doch ein Wörterbuch, denn davon hat es etwas fürs ganze Leben!" – "Herr Lehrer... ich will nicht, daß mein Kind in zwei Jahren stirbt!"). Und um der Information willen hat ein Schüler von einer Encarta oder gar einer Britannica weitaus mehr.
PS: Wurde der Einheitsduden (Auflage 20) nach 1996 noch nachgedruckt? Ich glaube nicht; es gab die ominöse eingestampfte Auflage und dann den Reformduden der 21. Auflage.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.02.2006 um 16.43 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2518
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Kommerziell bin ich kein Teilnehmer am Wettbewerb, da ich für das Rechtschreibwörterbuch kein Honorar bekomme, und Herr Dräger als Verleger dürfte auch eher zusetzen als daran verdienen. Ich dachte eher an Verlage, die herkömmlicherweise auch Wörterbücher machen und davon leben.
Übrigens hatte ich mich vor Jahren einmal bei der KMK beschwert, wegen dieser Privilegierung dreier Verlage (ÖWB habe ich hier nur deshalb nicht erwähnt, weil die österreichischen Verhältnisse uns weniger interessieren) durch exklusive Einladung der Zwischenstaatlichen Kommission. Antwort: Die Kommission (damals also Herr Augst) ist völlig frei in ihrer Einladungspolitik. Noch eine Episode: Als ich Herrn Heller mal telefonisch um einen der Kommissionsberichte bat, antwortete er, ich sei ja sowieso nicht bereit, mich nach der Neuregelung zu richten, und weigerte sich rundweg. Erst auf meine Beschwerde bei der KMK hin zwang Dr. Funk ihn, mir den Text zu schicken. Auch heute wieder wird gekungelt, und Außenstehenden wird der Einblick nach Möglichkeit verwehrt.
Schon im Herbst 2005 beschwerte sich ein Ratsmitglied über die vertraulichen Zusammenkünfte zwischen der Geschäftsführerin und den Wörterbuchredaktionen. Hier ein gekürzter Auszug aus seinem Rundschreiben (nicht an die Geschäftsführerin gerichtet!): »Demokraten müssten eigentlich fühlen, dass die Wörterbuchverlage sozusagen die Exekutive und der "Rat" als ganzer, oder ebenso die von diesem eingesetzten Arbeitsgruppen, die "Legislative" sind. Deswegen meine ich, dass Ihr Votum "... sollten von der AG Getrennt- und Zusammenschreibung gemeinsam mit den Wörterbuchverlagen geklärt werden" zu einer unreinen Vermischung führen würde.« Und weiter: »Die Wörterbuch- und Schulbuchverlage sind schlagkräftige Interessenvertretungen. Darf ich auf Verständnis für demokratische Spielregeln drängen? Mir missfällt auch, dass Sie jetzt schon immer am Tag vor der Ratssitzung in Mannheim Ihre Fraktionssitzungen abhalten. Das ist, irgendwie, unfair, aber machtpolitisch gesehen sehr professionell.« (Ja, es gibt auch solche Mitglieder! Ich hatte durchaus meine Gründe, dem Rat beizutreten.)
Ich habe mich ebenfalls beschwert, weil die Geschäftsführerin, statt für den Rat zu arbeiten, sich zu geheimen Sitzungen mit den Wörterbuchverlagen beurlaubte. Das ist auch von anderer Seite beanstandet worden, aber daß es eingestellt wurde, glaube ich nicht, denn nun ist diese "Fraktion" ja ganz offiziell mit der Ausarbeitung der Wörterliste beauftragt und entscheidet auf eigene Faust all das, was der Rat liegengelassen hat. Der Rat wird die Ergebnisse nicht mehr erfahren, bevor sie von der KMK unbesehen gebilligt und von den anderen beiden Staaten demütig übernommen werden.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.02.2006 um 16.59 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2519
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Rechtschreibwörterbücher gehören zu dem Typ von Büchern, die zwar in Schulen vorhanden sind, aber wenig benutzt werden. Am meisten vielleicht im Schulsekretariat oder im Lehrerzimmer. Schon vor Jahren habe ich meine Ansicht drucken lassen, daß ein Schüler keinesfalls mehr von der Rechtschreibung zu wissen braucht, als ein Lehrer ohne Nachschlagen weiß.
Auch der Duden ist kein Bedeutungswörterbuch, die kargen Bedeutungsangaben sind eher zufällig. Meinen "Normale deutsche Rechtschreibung" enthält durchaus Bedeutungsangaben, lieber Herr Lindner, das war ja gerade die furchtbare Arbeit, die mir diese vierte Auflage gemacht hat. Es gibt nämlich keine "Redaktion", wie weiter unten gemutmaßt wurde, sondern nur einen Verfasser, der Wort für Wort selbst erarbeitet hat — also auch nur einen Schuldigen ... Aber Spaß beiseite, in Rechtschreibwörterbüchern sind Bedeutungsangaben immer nur eine Zutat aus Gefälligkeit. Der Duden erklärt (ich schlage ihn irgendwo auf), was ein Jungsozialist (Juso) ist, aber nicht das "Jüngste Gericht". Entspricht das wirklich dem Informationsstand der heutigen Generation? Ich kritisiere es nicht, frage bloß mal. Wann lebten Kaiser Justinian, Paul Cézanne (und wer war das überhaupt?) usw.? Das findet man bei mir, nicht im Duden. Man kann es so oder so machen, aber ein Rechtschreibwörterbuch enthält normalerweise kaum Zusammensetzungen, denn sie sind orthographisch trivial – was aber für ein Bedeutungswörterbuch überhaupt keine Rolle spielen darf. Am besten, man kauft sich das Duden Universalwörterbuch (sobald es von den Reformgebrechen befreit ist).
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Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 09.02.2006 um 17.09 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2520
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Ob der "Ickler" schultauglich ist oder nicht, lasse ich mal dahingestellt sein, da ohnehin nicht anzunehmen ist, daß bewährte Rechtschreibung wieder auf den Lehrplan kommt, ohne daß sich die Bedingungen grundsätzlich geändert haben. Daß der Duden nicht schultauglich ist – und das gilt natürlich auch für die letzten nichtdeformierten Auflagen –, ergibt sich bereits aus seinem Umfang und Gewicht. Dies würde sich natürlich auch nicht verbessern, wenn er um die Regeln für bewährte Rechtschreibung erweitert würde.
Wir könnten natürlich auch Fungizids weiteren Hinweis aufgreifen, die Fremdsprachwörterbücher betreffend. Die Ergänzung des Ickler-Wortschatzes um seine englische Übersetzung scheint mir mit den im Netz verfügbaren Mitteln durchaus mit vertretbarem Aufwand möglich. Das mit maschineller Hilfe vorbereitete Grundwerk müßte natürlich von einer kompetenten Redaktion soweit durchgesehn werden, daß die Qualität etwa der kleineren Langenscheidts nicht wesentlich unterschritten wird.
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Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 09.02.2006 um 18.21 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2524
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Meine Einschätzung bezog sich auf den "gelben Ickler" aus dem Jahr 2000, der bei mir im Regal steht. Und wie meine Papier-Duden auch, ist er nur zum darin Schmökern da. Für mein tägliches Schreiben am PC greife ich zu meinem bewährten Duden-LexiROM (der sowohl die 20. als auch die 21. Duden Auflage enthält).
Leider gibt es die aktuellen e-Duden inklusive dem Universalwörterbuch nur noch in NRS, wobei in Duden Band 1 nicht einmal mehr die klassische Schreibung enthalten ist (wie in der Druckausgabe). Das ist wirklich ein Mangel, den der Dudenverlag beheben sollte (oder den er zumindest groß in roten Lettern auf die Verpackung mitteilen sollte).
@ Glasreiniger
Ganz gleich, ob der Duden schultauglich ist oder nicht... meiner elfjährigen Nichte (bzw. ihrer Klasse) wurde vor zwei Wochen gesagt, sie solle sich einen Duden anschaffen (Duden als Synonym für Wörterbuch). Ich glaube kaum, daß meine Schwester ihr einen kaufen wird... :-)
Da der Duden nicht nur ein Schulbuch für Kinder, sondern ein Nachschlagewerk für alle sein soll, gehören die klassichen Regeln selbstredend hinein. Daß sie nicht mehr darin vorhanden sind, ist ein Ärgernis (aber natürlich auch Kalkül). Unter diesen Umständen könnten sie auch die klassischen Schreibungen weglassen und nur noch schwarz durcken... nur würde dann keiner mehr einen Duden kaufen, da sich der Nutzer dann doch zu sehr gegängelt fühlen würden.
Die Idee eines "internationalen" Ickler-Wörterbuches ist interessant. So lernt man zumindest als Ausländer im Ausland noch ordentliches Deutsch.
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 09.02.2006 um 18.35 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2526
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Ein weiteres "Problem" ist die von manchen Hochschulassisten geforderte reformierte Rechtschreibung bei Hausarbeiten. Ob dagegen der Hinweis auf "gutes Deutsch" hilft?
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Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 09.02.2006 um 18.55 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2528
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@Germanist
Hier kann man, wenn man denn Rückgrat besitzt, tun und lassen, was man will. Es ist doch die Frage, ob ein Hochschulassistent einen verlorenen Rechtsstreit und damit gegebenenfalls einen Fleck in der Personalakte (wegen überschrittener Dienstbefugnisse) riskieren will. Die wenigsten Angestellten oder Beamten im Öffentlichen Dienst wissen, auf welch dünnem rechtlichem Eis sie sich manchmal bewegen. Und ohne (sicherlich anfechtbare) Klausel in der Diplomprüfungsordnung liefe solch eine Anordnung auf eine pure Willkürmaßnahme hinaus.
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Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 09.02.2006 um 19.42 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2529
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Für den Tatbestand des Wettbewerbs ist es unerheblich, ob die Arbeit lukrativ ist. Allerdings würde ich das Procedere der Schulbuchzulassung einem in diesem Geschäft erfahrenen Verleger überlassen, am besten einem aus Niedersachsen, wie schon vorher vorgeschlagen.
Der Umstand, daß bereits in den ersten Klassen ein so hoher sozialer Druck zum Kauf eines wirklich früher überflüssigen Rechtschreibwörterbuchs aufgebaut werden kann, ist in der Tat ein bedeutender finanzieller Erfolg für die Täter dieses Unfugs, selbst wenn es einzelnen noch gelingt, sich dem zu entziehen.
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Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 10.02.2006 um 11.49 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2531
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Das von mir zuletzt diskutierte Verfahren hat doch einen erheblichen, von mir übersehenen, Haken. Wörterbücher unterliegen in Niedersachsen keiner Zulassungspflicht, das steht explizit im Niedersächsischen Schulbuchverzeichnis, jedenfalls für "allgemein bildende" Schulen, s. hier. Man bräuchte also tatsächlich eine Sprachlehre, die normale Rechtschreibung lehrt.
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Kommentar von Martin Gerdes, verfaßt am 10.02.2006 um 12.25 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2532
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Prof. Ickler schrieb:
> Rechtschreibwörterbücher gehören zu dem Typ von Büchern,
> die zwar in Schulen vorhanden sind, aber wenig benutzt
> werden. Am meisten vielleicht im Schulsekretariat
> oder im Lehrerzimmer.
Das war früher wohl so, heute aber haben sich die Verhältnisse geändert. In der lokalen Grundschule steht eine bunte Reihe alter Duden-Ausgaben: Pro Ausgabe allenfalls ein Exemplar, die eine oder andere Auflage fehlt, die Bücher sind fast ladenfrisch, kaum benutzt, offenkundig Lehrerzimmerregaldrücker.
Heute ist das ganz anders: Von den Reformduden hat die – ach so arme, schlecht ausgestattete – Schule pro Klasse ein Exemplar beschafft (dazu ein Standexemplar fürs Lehrerzimmer und eins fürs Sekretariat).
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Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 10.02.2006 um 13.05 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2533
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Ich will eine Idee von mir (aus Posting #2517) noch einmal aufgreifen und zur Diskussion stellen:
Wäre es möglich durchzusetzen, daß Schüler in einer höheren Jahrgangsstufe die klassische Rechtschreibung auf den Lehrplan bekommen? Nicht als Wahlfach, sondern als regulären Teil des Deutschunterrichtes... in Klasse 10 oder 11... Das Aufzeigen der Unterschiede sollte in drei Schulmonaten problemlos durchzuführen sein...
Bei uns im Norden gibt es plattdeutschen Unterricht, in Bayern kann man Bairisch an den Schulen lernen. Ich bin mir nicht sicher, aber denke auch, daß man im Osten der Republik Sorbisch lernen kann und schreiben darf, und im Saterland (bei mir um die Ecke) wird Saterfriesisch gesprochen. Minderheitensprachen sind durch die EU geschützt und sollen (so habe ich das zumindest verstanden) auch in den Schulen gelehrt werden.
Laut der KMK ist die klassische Rechtschreibung nur die Angelegenheit einer verbockten und aussterbenden Minderheit – haben wir nicht auch ein Recht auf Schutz. :-)
Oder sehen wir es doch (rein didaktisch, versteht sich) als einen Blick auf das klare und reine Deutsch der großen Dichter und Denker des 20. Jahrhunderts – immerhin haben Einstein und die Manns ihre Texte in klassischer Rechtschreibung verfaßt.
Natürlich hat die KMK berechtigte Angst davor, daß Schüler lernen selbständig zu denken... zu vergleichen... und zu erkennen, wie dumm doch die politische Kaste in ihrem Innersten ist.
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 10.02.2006 um 13.08 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2534
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Eine Sprachlehre braucht doch auch eine riesige Wörterliste, also könnte man auch andersherum ein Wörterbuch mit Sprachlehre anbieten. Die deutsche Sprache läßt sich eben nicht nur durch Regeln erfassen. Die dem alten Duden vorgeworfenen vielen Einzelfallregelungen haben wir doch jetzt noch viel mehr.
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Kommentar von Johannes Faupel, verfaßt am 10.02.2006 um 13.12 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2535
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Die KMK läßt keine Wörterbücher amtlich zu. Der Verbraucherschutz toleriert alles.
In Deutschland ist wahrscheinlich alles genormt, was über Eigenschaften verfügt. Ausgerechnet Wörterbücher jedoch unterliegen keiner Kontrolle. Verlage können beliebig "Gültig", "Neu", "Entspricht DEM (nur: welchem?) amtlichen Regelwerk" aufdrucken und bei den Käufern den falschen Eindruck von Aktualität erwecken. Niemand kontrolliert das.
In der Schule müssen die Lehrer zwar auf der Basis von Wörterbüchern korrigieren und bewerten, die nach Angaben des Verlags aktuell sind, doch: Rechtsverbindlichkeit gibt es ausgerechnet dort nicht, wo die Fehleranzahl über durchaus rechtsverbindliche Noten entscheidet. Dies teilte mir am 15. Juli 2005 Dr. Sabine Krome (im Rechtschreibrat und bei Bertelsmann) mit:
Ich hatte gefragt: 1. Ist der neue WAHRIG für die notenrelevante Beurteilung an den Schulen amtlich zugelassen? Liegt Ihnen eine solche Zulassung vor?
Sabine Krome: „Es gibt keine offizielle Zulassung von Wörterbüchern an Schulen. Die entsprechende Passage in der KMK-Mitteilung lautet: 'In Zweifelsfällen werden Wörterbücher zugrunde gelegt, die nach den Erklärungen des Verlages den aktuellen Stand der Regelung vollständig enthalten.'“
Meine 2. Frage: Kann ich mich Lehrern gegenüber, die auf der Basis des aktuellen Duden korrigieren, rechtsverbindlich auf den WAHRIG berufen und im Zweifelsfall bzw. bei Abweichung der Darstellungen eine Änderung von Korrekturen und Schulnoten erwirken?
Sabine Krome: „habe ich schon beantwortet; es gibt hier keine Rechtsverbindlichkeit.“
Andrea Schwermer vom Sekretariat der KMK äußerte sich am 19. Juli 2005 fast identisch:
„... ich habe Ihnen gestern - wie auch Herr Dr. Funk bereits zuvor - das Amtliche Regelverzeichnis als das maßgebliche angegeben. Daran können Sie sich orientieren. Aussagen zu Wörterbüchern, auch das hat Herr Dr. Funk Ihnen mitgeteilt, machen wir nicht. Die KMK lässt auch keine Wörterbücher amtlich zu.
Mit freundlichen Grüßen, Andrea Schwermer“
Dem Verbraucherschutz ist dieser Umstand egal. Ursula Heinen, die stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgruppe Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz der CDU/CSU-Fraktion, setzt sich zwar für öffentlich für umfassenden Verbraucherschutz ein. Doch wenn man sie um die Überprüfung der marktüblichen Wörterbücher bittet, weicht sie aus bzw. schweigt sie. Versuchen Sie es selbst: Ursula.Heinen@bundestag.de
Auch Stiftung Warentest schweigt beharrlich. Ich schrieb an die Chefredaktion: „Es ist nicht zulässig, falsche Angaben über Inhalt, Qualität, Verwendungszweck oder Anwendung einer Sache zu machen. Ein Wörterbuch ist eine Sache, die dem Zweck dient, aus ihrem Inhalt bestimmte Schreibweisen abzuleiten.
Wer heute ein Wörterbuch erwirbt, muß den Eindruck gewinnen, ihm würde darin der aktuelle Stand der deutschen Orthographie erschlossen. Das entspricht jedoch nicht der Wahrheit. Die Schulen wurden verpflichtet, ihren Schülern im Deutschunterricht Unsinn beizubringen: grammatisch vielfach falsche Schreibungen, die kein gebildeter Mensch außerhalb der Schule freiwillig anwendet. Parallel dazu existiert eine Rechtschreibung, die vom überwiegenden Teil der Bevölkerung weiterhin angewendet wird. Diese bewährte Rechtschreibung wird weder in Duden noch Wahrig dargestellt, auch nicht in den übrigen Veröffentlichungen von Eduscho usw. Ich bitte Sie darum, diesen Mißstand aufdecken zu helfen - zum Schutze der Verbraucher. Die Kultusminister haben festgelegt, daß sich jeder Verlag im Eigenverfahren selbst bescheinigen kann, daß sein Wörterbuch für den Schulgebrauch geeignet ist. Ein unhaltbarer Zustand, denn die Voraussetzung dafür ist die Verlagsangabe "Entspricht dem aktuellen Stand".
Das müßte von Fall zu Fall durch die Verbraucher nachgeprüft (ISBN-Abgleich!) werden - ähnlich grotesk wie die Empfehlung des Duden, ich solle mit jedem Kunden schriftlich fixieren, nach welchem Wörterbuch ich jeweils meine Texte verfasse.“
Die eigentlich unabhängige Stiftung Warentest hatte keine Antwort nötig.
Auch den TÜV-Süd, der im letzten Jahr Reiseführer bewertet hatte, bat ich um eine Untersuchung der Wörterbücher. Man stimmte mir zwar in der Sache zu, fürchtete jedoch eine negative Presse.
Alle Welt hält die Rechtschreibreform offenbar für eine Naturgewalt, vor der man sich am besten in den Keller rettet.
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 10.02.2006 um 13.41 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2536
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Die Stiftung Warentest ist vermutlich personell nicht für Wörterbuchtests eingerichtet und müßte die Prüfung an ein anderes Institut untervergeben.
Aus den verbotenenen Wörtern und Grammatikformen läßt sich durchaus eine bedrohte Minderheitensprache ableiten, weil sie ja von der Mehrheit weiter benutzt werden. Es fehlt noch ein passender Name, z.B. "unreformiertes Deutsch" oder so.
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Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 10.02.2006 um 13.46 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2537
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Aha, ein rechtsfreier Raum! Nun denn, es gilt, ihn geschickt zu nutzen - und das darf jeder tun, nicht nur die etablierten Verlage!
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Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 10.02.2006 um 14.04 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2538
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Um einen rechtsfreien Raum zu nutzen, braucht man entsprechende Ideen.
Momentan interessanter finde ich die Frage, ob sich aus dem Urteil des OVG Lüneburg nicht doch noch praktische Konsequenzen erzwingen lassen. Es enthält die Feststellung, daß Schüler in Niedersachsen Anspruch auf Unterricht in normaler Rechtschreibung haben. Man wird realistischerweise nicht annehmen können, daß viele den steinigen Weg von J. Ahrens und ihrer Eltern gehen werden, insbesondere nicht, wenn noch weitere Jahre durch Zehetmairsche Hinhaltetaktik vergangen sind.
Der Verleger eines Schulbuchs, das die deutsche Sprache nach den bewährten Regeln darstellt, hat einen Anspruch auf Zulassung, wenn die sonstigen Kriterien erfüllt sind (was so schwierig nicht ist). Ein Verlag, der z.B. eine Sprachlehre mit Behandlung von Rechtschreibung aus der Zeit vor 1996 noch drucken kann oder im Lager hat, könnte somit eine Zulassung auf dem Rechtsweg erzwingen. Wahrscheinlich wird man sie - im Bewußtsein, daß man die tatsächliche Beschaffung auch anders verhindern kann - nach kurzer Diskussion erteilen. Schon ist man im Wettbewerb und kann zum EU-Hebel greifen.
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Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 10.02.2006 um 14.07 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2539
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@Germanist:
"klassisches Hochdeutsch" ... das besitzt einen edlen Beigeschmack und die Bezeichnung ist grundsätzlich "wahr" (*). Es sei denn, die Germanisten haben diesen Begriff schon vergeben. Die Zeit vor dem "klassischen Hochdeutsch" war durch Kleinstaaterei geprägt, womit es kein "Hochdeutsch" als solches gegeben haben kann (ansonsten reklamiere ich das vorklassische Hochdeutsch für das Großherzogtum Oldenburg ;-).
Oder wie wäre es mit "modernes Hochdeutsch"?
Dagegen steht immer das "reformierte Hochdeutsch" oder abfällig "Reformdeutsch"...
*: Im englischen steht classic ja auch für "das übliche" und würde sich auf dem Titel eines Englisch-Deutsch Lehrbuches sehr gut machen ;-)
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 10.02.2006 um 15.28 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2540
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"klassisches Hochdeutsch" wurde von den Reformern als "die Rechtschreibung der Deutschen Klassik" abgewertet.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.02.2006 um 08.07 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=400#2544
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Natürlich hatte jeder Lehrer früher einen Duden zu Hause, um ihn bei Korrekturarbeiten gelegentlich zu benutzen. Ich kann mich aber nicht erinnern, daß wir bis zum Abitur jemals in einem Rechtschreibwörterbuch nachgeschlagen hätten. Die Schüler brauchten ohnehin nicht mehr von Rechtschreibung zu wissen, als der Deutschlehrer ohne Nachschlagen mitteilen konnte. Inzwischen ist die einfache Kulturtechnik des orthographischen Schreibens zum Dauerproblem geworden. Dies wird von den Verursachern sogar noch als Verdienst in Anspruch genommen. In "Regelungsgewalt" habe ich einschlägige Aussprüche zusammengestellt, z. B. die frühe Äußerung des staatlichen ISB, das dem Schulministerium zuarbeitete:
"Die Neuregelung der Rechtschreibung bedingt, dass für jeden – Lehrer und Schüler – der Umgang mit einem Rechtschreiblexikon selbstverständlicher sein muss denn je."
So macht man das heute: Wenn eine staatliche Maßnahme vollständig gescheitert ist oder sogar großen Schaden angerichtet hat, kann man immer noch sagen, sie habe wenigstens die Bevölkerung für das Thema sensibilisiert.
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