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06.10.2005
Suhrkamp mit Grauschleier
„Der Geist der Tiere“
So heißt ein Suhrkamp-Taschenbuch, das Dominik Perler und Markus Wild 2005 herausgegeben haben.
Fast alles Übersetzungen aus dem Englischen. Der ganze Band ist in neuer Rechtschreibung gehalten, was das Lesen ziemlich unangenehm macht. Hinzu kommen ja die üblichen Fehler.
im Allgemeinen, im Wesentlichen, im Entferntesten, ohne Weiteres
die 70-er Jahre
wie es weiter geht
Somit ist Fidos Knochenbegriff nicht der Gleiche …
wenn ich Recht habe
der Punkt ist soweit klar
was jemand als nächstes tun wird
ernstzunehmende Feinde
(Außerdem politisch korrekt: Psychologen und Psychologinnen, Linguisten und Linguistinnen, Ethologen und Ethologinnen, Philosophinnen und Philosophen, Vertreterinnen und Vertreter - aber die Affenforscher Cheney und Seyfarth sind einfach „Forscher“, obwohl Dorothy Cheney eine Frau ist.)
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Kommentare zu »Suhrkamp mit Grauschleier« |
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Kommentar von Wolf Mayen, verfaßt am 06.10.2005 um 17.51 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=243#1078
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Er sei ein gastfreundlicher Mann, mit seinem grauen Schnauzer und den Suhrkamp Bänden im Kiefernregal fast der Prototyp des GEW-Lehrers. Nur seine Sätze erinnerten bisweilen an das Deutsch des gehobenen Leserbriefs. Ausgefeilt, gnadenlos genau. Manchmal so scharf, dass es zunächst scheint, als habe man sich verhört.
(DER SPIEGEL, 30/2005)
Tja... Suhrkamp ist ja nicht der einzige Verlag!
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 06.10.2005 um 18.37 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=243#1079
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In der auf diesen Seiten wiedergegebenen Textfassung steht Suhrkamp-Bänden mit Bindestrich (vgl. http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=309).
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.06.2008 um 18.12 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=243#12358
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In demselben Buch habe ich neulich noch eine sehr seltsame Literaturangabe gefunden: "R. I. M. Dunbar: 'Causal reasoning, Geistig Rehearsal. and the Evolution of Primate Cognition'." (S. 361)
Der unter Fachleuten recht bekannte Aufsatz heißt (natürlich): "Causal reasoning, mental rehearsal, and the evolution of primate cognition".
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.12.2010 um 10.14 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=243#17542
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Ich habe keinen Überblick über die Entwicklung bei Suhrkamp, aber die deutsche Ausgabe von Roland Barthes' "Mythen des Alltags" ist jedenfalls in Erwachsenenorthographie gedruckt.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.08.2012 um 14.17 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=243#21203
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Lambert Wiesing: Artifizielle Präsenz. Studien zur Philosophie des Bildes. (Frankfurt: Suhrkamp 2003)
In herkömmlicher Rechtschreibung. Der Titel ist allerdings eine jener unfreiwilligen Selbstparodien, die der Verlag seit vielen Jahren unermüdlich fortsetzt.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.05.2014 um 05.20 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=243#25792
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Das Buch von Perler und Wild taugt übrigens auch inhaltlich nichts. Perler schreibt z. B.:
„Das paradigmatische Tier des Behaviorismus also ist die instrumentell konditionierte Tabula-rasa-Taube im Skinner-Käfig.“ (46)
Keine Ahnung von der Sache, aber selbstbewußt und von oben herab urteilen - so muß man's machen. Siehe Pinker.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.03.2022 um 18.10 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=243#48733
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„So ist es beispielsweise Aufgabe der Ethologen, experimentell zu überprüfen, ob Schimpansen tatsächlich einen intentionalen Zugang zur Welt haben und ihr Verhalten danach ausrichten, oder ob sie lediglich Reiz-Reaktions-Muster zeigen. Ebenso ist es ihre Aufgabe, die Möglichkeit eines Spracherwerbs bei solchen Tieren zu untersuchen. Die Frage, ob hochentwickelte Säugetiere einen Geist haben oder nicht, ist doch eine empirische Frage, die sich nur mithilfe empirischer Methoden
beantworten lässt.“ (Dominik Perler/Markus Wild (Hg.): Der Geist der Tiere. Frankfurt 2005:19)
Keine empirische Forschung kann feststellen, ob Lebewesen Absichten haben. Absichten kommen in der Natur nicht vor. Nur die Teilnahme an Handlungsdialogen begründet die Zuschreibung von Absichten, denn dies der Ort, an dem das Konstrukt der Absicht entstanden ist und immer wieder erneuert wird: das Spiel aus Ankündigung und Zuspruch/Einspruch. Der eigentliche Gegensatz ist der zwischen einer naturalistischen, objektiven Betrachtungsweise und einer folkpsychologisch-personalistischen. (Die schon bekannte Grobheit des „Reiz-Reaktions-Musters“ als angeblichen Inbegriffs des verhaltensanalytischen Ansatzes lasse ich hier auf sich beruhen.)
Im Alltag schreiben wir zumindest höheren Tieren zu, Absichten zu haben und bei anderen zu erkennen. Die biologische Forschung braucht das nicht und vermeidet es.
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