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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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18.05.2014
 

Und ob!
Alltagswendungen

Hat es letzte Nacht geregnet?

– Und ob!


Solche Alltagswendungen sind oft nicht leicht zu erklären. Versuchen wir es!

Die Konjunktion ob trägt den Exklamativakzent der Antwort. Ausführlicher wäre: Und ob es geregnet hat! Das einzig Neue gegenüber der Frage ist also der Akzent auf ob. Damit wird die Fraglichkeit des erfragten Sachverhalts ironisch zurückgewiesen.

Das und verbindet die Fragestellung mit einem nicht mehr eigens benannten, weil dem anderen ebenso bekannten Situationskontext und legt dem Fragenden die Einsicht in die Untunlichkeit seines Fragens nahe. Man könnte paraphrasieren: "Alles deutet darauf hin, daß es mächtig geregnet hat, und da fragst du, OB es geregnet hat!" Dieses und ist sehr häufig: Es regnet in Strömen, und du willst ohne Schirm spazierengehen! usw.

In anderen Sprachen geht man ganz anders an die Aufgabe heran (You bet! usw.).



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Kommentare zu »Und ob!«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.04.2020 um 11.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1612#43385

Mit freundlichen Grüßen und bleiben Sie gesund (FAZ per Mail 7.4.20)

Koordination zwischen so verschieden gebauten Sätzen ist eigentlich nicht möglich. Es handelt sich um die Verbindung von zwei formelhaften Ausdrücken, etwa wie Grüß Gott und auf Wiedersehen!.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.10.2017 um 16.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1612#36621

Es gibt keine Koordination, ohne daß der Hörer eine inhaltliche Verbindung, eine "gemeinsame Einordnungsinstanz" suchen würde. Darauf beruhen humoristische Effekte. Zum Beispiel der Buchtitel Pilzomelette und andere Nekrologe. Zuerst scheint kein Zusammenhang zu bestehen, dann blitzt er auf, und man hat den Lustgewinn, weil es einem eben doch gelungen ist, Ordnung ins Chaos zu bringen.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 26.06.2017 um 10.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1612#35489

Ich habe den Eindruck, daß dieser doppelte Akzent unter einer besonderen Bedingung entsteht, so daß eine Erklärung nach der üblichen Logik nicht angemessen sein könnte, jedenfalls nicht nötig ist. Bei etwas weniger Exklamation betont man Das braucht kein Mensch! doch durchaus nur auf dem letzten Wort. Und bei besonders viel Exklamation kann man auch Das braucht niemand! auf den beiden letzten Silben betonen, also níemánd. Die Suche nach einer Konstruktion, in der níe und mánd zwecks Erklärung des doppelten Akzents getrennt erscheinen, erübrigt sich von vornherein. Man bräuchte noch mehr Beispiele für diesen doppelten Akzent, um auf die Motivation schließen zu können.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.06.2017 um 05.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1612#35486

Dazu noch:

Diese SPD braucht kein Mensch.

Ich habe Sahra Wagenknecht nicht gehört, aber im Interview dürfte sie zwei Hauptakzente nacheinander gesetzt haben. Deren Logik ist noch nicht geklärt. Ich schlage vor:

"was Ménschen betrifft: keíner!"
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.12.2016 um 06.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1612#34090

In

Das braucht doch keín Ménsch!

haben wir den typischen doppelten Exklamativakzent, aber mir scheint, daß er auch auf Ausdrücke übertragen wird, die man als ganze nicht als exklamativ ansehen kann:

Versicherungen, die kein Mensch braucht (FAS 11.12.16, Überschrift)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.09.2016 um 08.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1612#33289

Koordination braucht normalerweise eine "gemeinsame Einordnungsinstanz" (Ewald Lang), um verstehbar zu sein.

Schauspielerin Lisa Wagner ist sehr behütet aufgewachsen, zu der Feier schwedischen königlichen Nachwuchs reiste die ganze Familie an und Madonna äußert sich nach dem Ende eines Sorgerechtsstreit versöhnlich – der Smalltalk. (FAZ 11.9.16, unkorrigiert)

Hier werden nun drei voneinander ganz unabhängige Sachverhalte mit einer und-Koordination zusammengebracht – also ein krasser Verstoß gegen die genannte Regel. Der Schlüssel wird dankenswerterweise mitgeliefert: Smalltalk, also Klatsch ist der Rahmen, für den gerade das Sprunghafte, Zusammenhanglose konstitutiv ist. (Vom Hundertsten ins Tausendste, vom Hölzchen aufs Stöckchen kommen – die Sprachgemeinschaft ist sich dessen bewußt.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.09.2016 um 06.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1612#33278

Noch einmal zur Erklärung des und:

Dér und árbeiten! Die Exklamation mit ihrer getrennten Fokussierung unterstellt ironisch, daß es keine „gemeinsame Einordnungsinstanz“ gibt, wie von der Koordination eigentlich vorausgesetzt. Zwischen "ihm" und "arbeiten" läßt sich keine Verbindung herstellen.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 19.05.2014 um 13.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1612#25855

Ähnlich ist es bei dem Fragewort "Wie „,?": "Und wie!"
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 19.05.2014 um 12.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1612#25854

In der Karikatur geht es (meistens) um Kürze. Da kann sich die Frage deshalb auch aus dem Zusammenhang des absurden Inhalts des Satzes ergeben, der mit "und ob" eingeleitet wird.

Von Teresa Habild gibt es diese Woche eine passende Karikatur in der Netzausgabe der FAZ:

Und ob es das wert war: Hätte ich die 280 Euro für das Dalai-Lama-Ticket nicht berappt, hätte er mich auch nicht lehren können, von nun an den Weg der materiellen Entsagung einzuschlagen.

Bildunterschrift: Dalai Lama besucht Frankfurt

Die Karikatur gibt es hier: http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/karikatur-teresa-habilds-wochenschau-11165710.html
 
 

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