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13.11.2010
Rote Köpfe
Zum distributiven Singular
Im Duden-Newsletter heißt es heute:
»Auch wenn es nicht ganz logisch erscheinen mag, steht die Bezeichnung für eine Sache, die sich auf eine Mehrzahl von Personen bezieht, gewöhnlich im (sogenannten einteilenden oder distributiven) Singular:
Das junge Paar bekam einen roten Kopf (nicht: rote Köpfe). Die Hunde wedelten mit dem Schwanz (nicht: den Schwänzen). Einige Zeitschriften brachten das Bild auf der Titelseite (nicht: den Titelseiten).
Beim Substantiv Kopf muss allerdings unterschieden werden. Der Singular wird verwendet, wenn die übertragene Bedeutung 'sich genieren, ein schlechtes Gewissen bekommen' gemeint ist. Der Plural dagegen, wenn es um die wörtliche Bedeutung geht:
Die Kinder bekamen vor Aufregung rote Köpfe.«
Hier könnte man zunächst die "übertragene" Bedeutung anzweifeln. Wenn jemand sich geniert, aber keinen roten Kopf bekommt, dann sagt man das normalerweise auch nicht.
Außerdem ist es empirisch nicht richtig. Auch wenn die Kinder zehn Runden um den Sportplatz gelaufen sind, haben sie einen roten Kopf, jedenfalls findet man dafür viele Belege.
Eine interessante Beobachtung von Wilmanns habe ich bei Havers gefunden:
Man sagt "sie schlugen mit dem Schwerte drein", aber nicht "sie schlugen mit dem Stuhle drein". Denn letzteres ist keine geläufige Verbindung, daher kein Singular. (Hb. d. erklärenden Syntax 13)
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Kommentare zu »Rote Köpfe« |
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Kommentar von R. M., verfaßt am 13.11.2010 um 18.22 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1364#17156
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»Das junge Paar bekam einen roten Kopf«? Vielleicht als Geschenk? Wer würde im Ernst so schreiben?
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Kommentar von C.F., verfaßt am 14.11.2010 um 23.19 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1364#17170
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"Die Kinder bekamen vor Aufregung rote Köpfe"
Ist es nicht ebenso möglich zu schreiben, jedenfalls würde es mein Sprachgefühl zulassen:
"Die Kinder bekamen vor Aufregung einen roten Kopf"?
Hier wäre dann evtl. der unbestimmte Artikel das ausschlaggebende Kriterium.
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Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 15.11.2010 um 09.19 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1364#17174
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Ein junges Paar kann weder einen roten Kopf bekommen noch rote Köpfe, ohne befremdlich zu wirken; es errötet besser. Zwölf Hunde können dagegen mit dem Schwanz oder mit den Schwänzen wedeln, das Dreckige Dutzend kann mit Fallschirmen oder dem Fallschirm abspringen – allerdings nicht mit einem Fallschirm, weil der nicht für alle reichen würde. Anders bei Zwillingen: wenn die mit dem Fallschirm abspringen, kann es sein, daß sie gemeinsam an einem einzigen hängen oder jeder über einen eigenen verfügt. Wenn ein paar Freunde ihr Bier trinken, ist offen, wieviele Gläser jeder zu sich nimmt, trinken hingegen ein paar Freunde ihre Biere, sind entweder mehrere Gläser oder mehrere Biersorten gemeint. Ob ein Stammtisch Biere trinken kann, wäre ebenso zu diskutieren wie die Frage, womit er anschließend vielleicht dreinschlägt.
Die Dudenregel ist oberflächlich und albern.
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Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 15.11.2010 um 13.14 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1364#17176
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Zur Ehrenrettung des Duden sollte gesagt werden:
Duden erklärt lediglich: "[...] steht die Bezeichnung [...] gewöhnlich im (sogenannten einteilenden oder distributiven) Singular."
In meinem Verständnis fordert Duden diese Schreibung also nicht, Duden sagt, sie ist "gewöhnlich" so üblich.
Dieses Beispiel zeigt aber auch schön, wie Dudenaussagen häufig als Norm empfunden werden, ohne es tatsächlich zu sein.
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Kommentar von R. M., verfaßt am 15.11.2010 um 14.45 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1364#17177
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Ehrenrettung mißglückt, denn es ist wohl kaum »üblich« zu schreiben: »Das junge Paar bekam einen roten Kopf.« Es handelt sich einfach um die unglückliche Abwandlung eines schlecht erfundenen Beispiels, das seit unvordenklichen Zeiten vom Duden tradiert wird. Im übrigen heißt es dann weiter: »Beim Substantiv Kopf muss [!] allerdings unterschieden werden.« Präskriptiver geht es nicht.
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Kommentar von Kurt Albert, verfaßt am 28.11.2010 um 18.39 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1364#17357
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Zufällig fand ich heute eine schöne Stelle für den Plural: in Wilhelm Raabes Roman "Der Schüdderump", 22. Kapitel:
"Die älteren Generationen, welche den Mann noch persönlich kannten, schüttelten die harten Köpfe, kraueten sich in den cheruskischen Haarwülsten, schnarrten, brummten, knurrten [...]. Die jüngeren Geschlechter, welche den Meister nicht mehr von Person kannten, sperrten die Mäuler auf […]."
Die pluralischen Formen (Köpfe, Haarwülsten, Mäuler), meine ich, verstehen sich darum, weil diese Textpassage auf eine Vielzahl von Personen verweist.
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