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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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06.10.2009
 

Städtenamen
Gutgemeintes danebengegangen

Kürzlich wollte meine Frau am Bahnschalter Fahrkarten nach Heiligenstadt in Thüringen kaufen. Es war nicht möglich, denn der Computer kannte keinen solchen Ort, dessen Existenz (mir seit Kindertagen bekannt, denn er liegt nicht weit von meinem Heimatort entfernt) von der jungen Schalterangestellten schließlich angezweifelt wurde.
Meine Frau bat darum, eine Deutschlandkarte einsehen zu dürfen, aber eine solche war in der großen Schalterhalle nicht aufzutreiben. Schließlich fand sich doch irgendwo etwas, und da lag es: "Heilbad Heiligenstadt". Man mußte nur "Heilbad" eingeben, ganz einfach. Die Unsitte der ständigen Umbenennung, wodurch aus identifikationswirksamen Namen appellativische Werbetexte werden, hat nur Nachteile. "Lutherstadt Eisleben" usw. – das erinnert an die Nebenabsichten, die mit der ostblocktypischen Namensgebung verbunden waren – um nicht auf noch Grauslicheres zurückzugehen.
Aber es geht noch weiter: Die Fahrkarte für uns vier sollte fast 500 Euro kosten! Meine Frau war drauf und dran, die ganze Fahrt abzublasen, denn dafür kann man ja ein Taxi nehmen. Nach ungefähr halbstündigem Insistieren stellte sich heraus, daß man durch Kombination gewisser Sondertarife auch für rund 90 Euro hin- und wieder zurückkommt.
In sechs Wochen werden die Preise der Bahn erhöht, wie jedes Jahr.



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Kommentare zu »Städtenamen«
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Kommentar von R. M., verfaßt am 11.11.2009 um 07.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1223#15239

Ein merkwürdiger Fall: Hann. Münden schreibt sich offiziell so und will auch so (ohne Punkt) ausgesprochen werden. Die Auflösung in Hannoversch Münden ist also »falsch«.
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 11.11.2009 um 20.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1223#15252

Immerhin präsentiert sich die »Dreiflüssestadt« im Internet mit einem Logo, in dem das Element OVERSCH, wenn auch optisch in den Hintergrund gedrängt, noch vorkommt. In der Rubrik »Historisches« des Netzauftritts erfährt man, daß die amtliche Bezeichnung der Stadt seit 1991 »Hann. Münden« lautet.

Interessant auch der Slogan, mit dem sich die Kommune selbst bewirbt: »… aller erste Wahl«. Vielleicht sollte man ihn verkaufen, z. B. an Gifhorn, Celle oder Verden. Andererseits ist man dort schon versorgt: »Die Mühlenstadt in der Südheide«, »Residenzstadt Celle«, »Verden verblüfft.«
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.10.2014 um 04.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1223#27002

In einem größeren Beitrag (FAZ 10.10.14) wird über Unruhe in Halle berichtet. Der Namenforscher Jürgen Udolph habe nämlich herausgefunden, daß der Name der Stadt nichts mit Salz zu tun habe, sondern mit einer Bezeichnung für "Abhang, Halde". In anderen Ortsnamen komme es von einer Vorrichtung zur Salzgewinnung. Nun, das hat er bereits vor vielen Jahren gesagt, es ist auch nicht unbemerkt geblieben. Aber in solchen Dingen kann es ja nicht schaden, sich immer wieder mal ins Gespräch zu bringen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.07.2017 um 17.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1223#35798

Bei Youtube spricht ein Schulz-Entlarver von dessen Heimatort Würseelen mit dem Ton auf der langen zweiten Silbe. Ich glaube, die Einheimischen sprechen Würseln. Schulz ist ein Würselner.

(Wie über Schulz geredet und geschrieben wurde, als er noch nicht Kanzlerkandidat war, ist mir, wie der Mann selbst, gar nicht recht in Erinnerung, erst jetzt lese ich manches.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.12.2018 um 09.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1223#40252

Wenn man einer Statistik der ältesten Ortsnamen Glauben schenken darf, so läßt sich an ihnen ablesen, daß Laubwald gegenüber Nadelwäldern stark überwog: 6115 dieser ältesten deutschen Ortsnamen weisen auf Laubholz (wie das dutzendfach vorkommende Buchholz) und nur 790 auf Nadelbäume (wie das nicht seltene Tannenberg), die als „arbores non fructiferae“, als nicht fruchttragende Bäume, für wenig wertvoll angesehen wurden. (Horst Fuhrmann: Einladung ins Mittelalter. München 2009:22.

Namenforscher haben jedoch argumentiert, daß besondere Namen nicht für das Gewöhnliche, sondern für die Ausnahmen gegeben wurden, also das seltene Laubwäldchen inmitten von Tannen usw.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 04.12.2018 um 00.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1223#40257

Viele Deutsche heißen Braun oder Schwar(t)z, nur wenige Blond oder Blunt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.12.2018 um 04.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1223#40258

und Grün.

Aber mal im Ernst: Viele von uns werden sich an Verabredungen erinnern wie: "Wir treffen uns am Tannenwäldchen." Das muß etwas Unterscheidendes sein.

So sind viele Ortsnamen entstanden.

Die heutigen Straßennamen kann man nicht vergleichen (s. http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1229#24436). Vielerorts werden in einem Neubauviertel einfach sämtliche Baumarten, Blumen usw. der Reihe nach hergenommen.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 04.12.2018 um 08.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1223#40260

Und Kraus(s). Das heißt, schwarze oder krause Haare waren charakteristische Ausnahmen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.05.2019 um 06.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1223#41577

...there has always been a cultural hangover of animosity toward ancient Egypt. Through this Judeo-Christian framework, Egypt existed only as the home of the ruthless pharaohs, a place of servitude and inhumanity. It was an image that carried through to the American Civil Rights era, when the Deep South was symbolically associated with Egypt and American blacks saw themselves as the Hebrews trying to escape the pharaoh’s cruelty. (Kenneth Davis: Don’t know much about mythology:113)
(Erwähnt wird der Film „The Ten Commandments“ mit Charlon Heston, auf den Kenneth Davis auch in „Don’t know much about the Bible“ mehrmals zu sprechen kommt.)

Warum haben Städte in den Südstaaten Namen wie Cairo und Memphis?

Various imaginative people had not failed to compare the Mississippi with the Nile. Analogies were obvious enough. Both were great and muddy rivers, given to inundations, highways for travel. The hope was also expressed that a new and greater civilization, surpassing even that of ancient Egypt, might soon develop along this “Nile of America.” Such analogies and hopes soon suggested the transplanting of Egyptian names. In 1818 a St. Louis merchant laid out a town at the junction of the Ohio and the Mississippi, and incorporated it as Cairo. The site was unhealthy and bad luck dogged the town. Charles Dickens in Martin Chuzzlewit pilloried it as the City of Eden. It never rivaled its prototype, but the influence of its name was great. Because of Cairo (pronounced Kay-ro) all Southern Illinois came to be known as the Land of Egypt, or merely Egypt, and its inhabitants are Egyptians even to this day.
Farther down the river also, another town was laid out, shortly after Cairo. Its founders too cherished hopes for its greatness, and were conscious of the Nile of America. They remembered the great city of ancient Egypt, and called their new venture Memphis.
(George R. Stewart: Names on the Land:238f.)

s. a. https://islamicana.com/2012/07/21/mecca-mahomet-and-cairo-in-america/

Die Gleichsetzung Mississippi = Nil und weitere Anspielungen findet man sehr oft in den Negro-Spirituals.
 
 

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