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18.04.2008
Spatien
Zweifelhafte Wortgrenzen anderswo
Bei enklitischen Wörtern ist die Frage der Wortzwischenräume nicht immer lösbar. Natürlich schon gar nicht im Altindischen, wo man den Sandhi ausschreibt und auch sonst die Wörter in einer Weise verbindet, die jeden Westler, der über Wörter und Spatien räsoniert, empören müßte. Und das bei einer Kultursprache dieses Ranges!
(Beinahe hätte ich geschrieben "diesen Ranges"! Es gefällt mir fast besser, aber ich fürchte den Zorn Sebastian Sicks ...)
Dem altindischen ca ("und") entspricht lautgesetzlich und semantisch das altgriechische te und lat. que. Alle drei sind enklitisch, und das lateinische Wörtchen hängen wir auch schriftlich an das vorhergehende Wort an. Aber die bekannte Abkürzung S. P. Q. R. (SENATUS POPULUSQUE ROMANUS) zeigt, daß es doch noch als eigenes Wort empfunden wurde.
Auf der Manios-Spange (7. Jahrhundert v. Chr., Abbildung siehe hier) steht bekanntlich: MANIOS MED FHE FHAKED NUMASIOI (= MANIUS ME FECIT NUMERIO). Hier ist sogar das Reduplikationselement abgetrennt geschrieben. Interessant.
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Kommentare zu »Spatien« |
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Kommentar von David Konietzko, verfaßt am 18.04.2008 um 17.37 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11937
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Ich habe vor einiger Zeit beschlossen, nur noch diesen Jahres zu sagen und zu schreiben – gewissermaßen aus Mitleid mit diesem untadeligen Ausdruck, auf den die »Sprachmeisterer« (Eduard Engel) einprügeln.
Auch in Herrn Icklers Satz hätte mir diesen viel besser gefallen.
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Kommentar von Florian Bödecker, verfaßt am 18.04.2008 um 18.13 Uhr
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Ich weiß, wir hatten das schon mal. Aber ich bitte um nochmalige Erläuterung der unterschiedlichen Verwendung von "dieses" und "diesen". Das ist ja gar noch so selten.
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Kommentar von Rolf Genzmann, verfaßt am 18.04.2008 um 20.24 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11941
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fibula P.
probabiliter falsario saeculo XIX facta est
augustana, ein Klick zurück
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 20.04.2008 um 01.22 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11947
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Es wird zwar hier nur am Rande erwähnt, aber ich habe die frühere Diskussion um dieses/diesen Jahres (und ähnliche Fälle) auch noch nicht verstanden. Ich war, als ich hier zum ersten Mal gelesen habe, man könne durchaus auch diesen Jahres als richtig bewerten, sehr erstaunt. Ich bezweifle keinesfalls, was hier kompetente Leute dazu sagen, ich möchte es nur auch gern halbwegs verstehen.
Wozu haben wir Rechtschreibregeln, wozu gibt es eine Grammatik, wenn man letztlich reden und schreiben kann, wie man will, und alles soll richtig sein? Wie viele Belege muß man finden, damit ein Fehler als richtig gilt?
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.04.2008 um 07.31 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11948
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Herr Riemer wirft die geradezu klassische, stets berechtigte Frage nach den Grundlagen der Norm auf. Sprachwissenschaftler sind im allgemeinen sehr großherzig, weil sie wissen, daß die Schnitzer von heute die Norm von morgen sind. Sie fragen daher, woher der "Fehler" kommt. Einmalige Ausrutscher erkennt man leicht und braucht nicht weiter darüber zu diskutieren, aber wenn eine Erscheinung so massenhaft und über lange Zeit hin vorkommt wie "diesen Monats" (manche Kaufleute haben nie etwa anderes gekannt), dann muß man fragen, was es zu bedeuten hat. Die Antwort ist hier die Analogie zu "folgenden Jahres" usw. Analogie schafft Regelmäßigkeit, auch wenn sie zuerst wie eine neue Unregelmäßigkeit aussieht. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß wir Substantivgruppen möglichst nur an einer einzigen Stelle stark beugen ("Monoflexion"), eine Entwicklung, die vor langer Zeit begonnen hat und noch nicht ganz abgeschlossen ist. Daher gibt es viel Unsicherheit bei den Indefinita ("manch" usw.).
Entscheidend bleibt aber die riesige Masse der Belege.
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Kommentar von Florian Bödecker, verfaßt am 20.04.2008 um 15.25 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11952
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Danke für die Antwort. Die Frage schwirrte mir auch schon ganz lange im Kopf herum. Wie viele müssen eigentlich einen "Fehler" machen, ehe er nicht mehr als solcher gilt, eher der Sprachwissenschaftler von Sprachwandel spricht?
Bei anderen Fehler ist er sich ja ziemlich sicher, daß das ein richtiger Fehler ist.
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Kommentar von David Konietzko, verfaßt am 20.04.2008 um 22.08 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11955
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Natürlich ›darf‹ jeder privat reden und schreiben, wie er will. (Wer jedoch als Angestellter einen Geschäftsbrief schreibt, ist es seiner Firma schuldig, ihr Ansehen nicht durch Abweichungen von der Standardsprache zu beschädigen.) Wer dürfte sich denn anmaßen, Herrn Riemer oder mir vorzuschreiben, wie wir uns in unseren Beiträgen auf ›Schrift & Rede‹ auszudrücken hätten? Zum Glück sind Grammatikfehler bis jetzt nicht mit Bußgeld belegt.
Die Wissenschaften schreiben nicht vor, wie die Welt sein soll, sondern beschreiben (und erklären), wie sie ist. Das gilt auch für die Sprachwissenschaft. Allerdings können wissenschaftliche Erkenntnisse zu einem begründeten Urteil darüber, wie die Welt sein sollte, beitragen. Wissenschaftliche Grammatiken stellen fest, daß nach weil sowohl die Verb-Letzt- als auch die Verb-Zweit-Stellung üblich ist, daß aber z.B. in wissenschaftlichen Aufsätzen in der Regel nur die erste vorkommt. Damit kann man die Empfehlung begünden, in einem wissenschaftlichen Aufsatz nur die Verb-Letzt-Stellung zu verwenden, um nicht aufzufallen als einer, der das in dieser Textsorte übliche sprachliche Register nicht beherrscht.
Aus der Aufgabe, den Sprachgebrauch zu beschreiben, folgt nicht, daß für Linguisten alles richtig wäre. Menschen sprechen nicht regellos, selbst wenn niemand es ihnen verbietet. Auch in unserem Fall (dieses oder diesen?) herrscht nicht einfach Beliebigkeit.
(1) Im Oktober diesen Jahres beginne ich mein Studium.
(2) ?Der Bau diesen Hauses zog sich lange hin.
(3) *Der Mut diesen Menschen hat mich beeindruckt.
Sätze wie (1) sind üblich, Sätze wie (2) kommen vereinzelt vor, und ein Satz wie (3) ist meines Erachtens bei einem Muttersprachler des Deutschen nur als Versprecher möglich. (In allen drei Sätzen wäre dieses [auch] üblich.) Das ist damit zu erklären, daß in (1) die Neigung zu Monoflexion und die Analogie zu letzten/nächsten/vergangenen/kommenden Jahres zusammenwirken, während in (2) Analogie keine Rolle spielt und in (3) weder Analogie noch Monoflexion in Betracht kommt (dieses Menschen enthält ja sowieso nur eine einzige starke Flexionsendung). Was Herrn Icklers Formulierung eine Kultursprache dieses Ranges betrifft, sprechen sowohl die Neigung zur Monoflexion als auch die Analogie zu ersten Ranges für diesen Ranges. (Zu Häufigkeitsangaben in bezug auf dieses und diesen siehe diese Seite; leider wird hier nur die Analogie als Erklärung herangezogen.)
›Grammatisch korrekt‹ ist in der Tat ein unscharfer Begriff. Noam Chomsky schlug 1957 in seinem Buch ›Syntactic Structures‹ vor, zunächst Grammatikregeln zu entwicklen, die alle eindeutig grammatischen Sätze einer Sprache und keinen eindeutig ungrammatischen Satz erzeugen, und dann die hinsichtlich ihrer Grammatikalität zweifelhaften Sätze danach zu beurteilen, ob sie von den aufgestellten Regeln erzeugt werden. Er nennt das »die Grammatik selbst entscheiden [...] lassen«. Etwas weniger nett formuliert: Richtig ist, was in meine Theorie paßt. Außerdem ist manchmal die Zweifelhaftigkeit selbst zweifelhaft. Der Wirklichkeit angemessen wäre es wohl, ein Kontinuum mit den Randpunkten ›grammatisch‹ und ›ungrammatisch‹ anzunehmen. Eine Grammatik, die nicht nur die grammatischen, sondern auch die dreiviertel-, halb-, viertelgrammatischen usw. Sätze einer Sprache jeweils als solche beschreibt, wäre natürlich sehr unübersichtlich.
Ähnliche Schwierigkeiten begegnen in der Sprachwissenschaft ständig. Hierzu hat Herr Ickler am 20.1.2001 im Gästebuch der Seite www.rechtschreibung.com folgendes geschrieben:
»Die sogenannte ›Pr[a]ger Schule‹ der Linguistik hat vor etlichen Jahrzehnten das Begriffspaar ›Zentrum und Peripherie‹ entwickelt, um die Natur der Sprache zu kennzeichnen. Diese Begriffe sind sehr breit anwendbar, und die heutige Sprachwissenschaft ist fast geschlossen der Meinung, daß dies sehr nützlich ist. Was versteht man darunter? Es hat sich gezeigt, daß die Kategorien, die man zur Klassifizierung sprachlicher Sachverhalte entwickelt, im allgemeinen auf eine Reihe von Fällen sehr gut, ja hundertprozentig passen und auf eine größere Zahl anderer Fälle nur so einigermaßen, auf anderes schließlich überhaupt nicht. Es gibt zum Beispiel in diesem Sinne ›zentrale‹ (typische) Adjektive wie ›gut‹ (sie lassen sich sowohl attributiv als auch prädikativ als auch adverbial gebrauchen) und daneben weniger gute wie ›quitt‹ (nur prädikativ verwendbar) usw. Es gibt typische Vokale, Fragesätze usw., folglich auch Verbzusätze, typische Fälle von Zusammenschreibung, Desubstantivierung und wer weiß was noch alles. Die Gestaltpsychologie kennt ›gute‹ Gestalten in diesem Sinne, und das gesamte Denken in Typen (typische Choleriker, typische Schmarotzer, Cichliden, Vögel, Verbrechen, Farben usw.) oder die moderne ›Prototypentheorie‹ wäre hier anzuschließen.«
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Kommentar von Florian Bödecker, verfaßt am 21.04.2008 um 21.07 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11962
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Danke auch für Ihre Antwort. Ich habe jetzt einen klareren Eindruck davon, wie Sprachwissenschaftler denken und was sie von Sprachlehrern unterscheidet.
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Kommentar von Florian Bödecker, verfaßt am 21.04.2008 um 21.09 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11963
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Außerdem hätte es die normative Sprachauffassung, die den Sprachgebrauch vornehmlich als Ausweis der eigenen Sprachkenntnis kennt, deutlich schwerer, wenn mehr sprachwissenschaftliches Wissen im Volk wäre. Also weniger das Lernen von Regeln als das Erforschen des Grundes.
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Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 22.04.2008 um 22.49 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11965
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Ich persönlich finde "diesen Jahres" falsch!
Natürlich wird diese Wendung häufig benützt, das ändert aber nichts daran, daß sie falsch ist. Es wird auch vielfach geschrieben "aufoktroyieren", obwohl "oktroyieren" genügen würde.
Es gibt halt Wendungen, die klingen in gewissen Kombinationen relativ richtig, trotzdem sind sie falsch!
Oder anders gesagt, jemand mit Stil schreibt so nicht, wer so schreibt, dem ist Stil egal.
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Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 23.04.2008 um 01.25 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11966
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Auch ich schreibe manchmal "aufoktroyieren", wenn es in den Melos paßt oder ich das Gefühl habe, daß der Leser andernfalls nicht ganz versteht, was ich meine – obwohl ich weiß, daß die Ausdrucksweise pleonastisch ist. Bei "diesen Jahres" gebe ich Ihnen jedoch recht. Für mein Sprachgefühl sind "dieser", "diese" und "dieses" nur demonstrativ zugespitzte Artikel, die deshalb auch so wie Artikel flektiert gehören. "Diesen Jahres" ist eine der vielen journalistischen Modetorheiten, die nur deshalb große Verbreitung finden, weil sie innerhalb der Branche unter dem dort üblichen Zeitdruck bei der Textproduktion gedankenlos imitiert werden.
Der Archetyp solcher Verirrungen ist der ursprünglich feuilletonistische Manierismus, "trotz" mit Genitiv zu verbinden ("trotz des Regens spannten wir unseren Schirm nicht auf"), in Analogie zu "wegen" gebildet. Auch darüber läßt sich ja reden. Wie verquer die Bildung ist, zeigt sich aber immer wieder, wenn ein Adept die vermeintliche Norm auf Formulierungen mit "zum Trotz" anwendet: "Des Regens zum Trotz spannten wir unseren Schirm nicht auf" (dergleichen kommt tatsächlich vor).
Gegen diese Verirrung hat Max Himmelheber (der Erfinder der Spanplatte, ein Karlsruher) vergeblich polemisiert, ebenso Ernst Jünger, der schließlich resignierte: "Die Sprache hat sich damit abgefunden." Bei "diesen Jahres" ist es aber noch nicht soweit. Wenn es mir in einem Manuskript unterkommt, redigiere ich es deshalb rigoros um, auch wenn ich mich damit dem Verdacht aussetzte, nicht besonders sprachsensibel zu sein.
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Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 23.04.2008 um 05.25 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11967
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Ich sage "diesen Jahres" auch nicht, aber ich halte auch das "persönlich" nach "ich" in #11965 für falsch. Warum? a. weil, wenn ich etwas sage, ich das immer als Person sage und b. weil das, was ich eben unter a. gesagt habe, mir einmal ein Deutschlehrer gesagt hat. Und seitdem sage ich nicht mehr "ich persönlich". Dabei sage ich "ich selbst" sehr oft, und ich stoße mich gar nicht daran. Wir sind stolz auf das, was wir gelernt haben, und reagieren oft indigniert auf das, was gegen unser doch so fein Gelerntes steht. So ist "frug" als Imperfekt von "fragen" bei uns wieder ganz aus unserer Gebildeten-Sprache ausgemerzt worden, obwohl große Dichter es in ihren Werken benutzt hatten und ich in meiner Kindheit auch, und im Englischen ist durch Gelehrsamkeit "drank" wieder aufgekommen, nachdem es schon tot war und die Imperfektform wie bei find/found/found und so manchen anderen Verben (dabei allen schwachen!) mit dem Perfektpartizip formgleich geworden war. Im Einleitungseintrag zeigt sich Ickler verliebt in die schwache Genitivform von "dieser" bei "Ranges/Jahres"; sie "gefällt" ihm "fast besser" als die starke, — aber er fürchtet a. den Zorn Sicks und b. weiß er durchaus, was sich gehört für einen wie ihn...
Doch schon das kleinste Zugeständnis an eine doch ziemlich natürliche Sprachentwicklung treibt uns, die wir hier den Unterschied zwischen stark und schwach wissen und dieses Wissen schätzen gelernt haben, auf die Palme, und selbst unser dankbarer Freund Herr Florian Bödecker weist darauf hin, daß er jetzt etwas mehr versteht, was Sprachwissenschaftler von Sprachlehrern unterscheidet. Ich möchte hier nur darauf hinweisen, daß im System der starken attributiven Adjektivendungen (dem System also, wo kein anderes Bestimmungswort (ich glaube, Sie sagen "Artikelwort"; wo ich lehre, sagen wir "Dieser- oder Ein-Wort") davor steht, also das mit "deutscher Wein ist teuer, aber ich trinke trotzdem nur deutschen Wein, trotz billigerem amerikanischen/m Wein", daß da beim Genitiv m. und nt. sg. auf einmal die schwache Form "der Preis deutschen Weins/Biers" die einzig richtige ist, obwohl, wo hier doch alles andere stark ist, sogar der fem. Genitiv (kalter Milch) und der des Plurals (deutscher Weine), diese zwei eigentlich auch stark sein müßten, nicht wahr?
Aber nein, diese Unebenheit fällt uns ja nicht mal auf, — naja, vielleicht halt Sprachwissenschaftlern, und die schmunzeln halt und ließen sich beinahe die schwache Genitivform auch hier beim Demonstrativadjektiv "dieser" durchgehen. Aber was hier wirklich vor sich geht: Bei "deutschen Weins/Biers" zeigt die Substantivform klar an, daß wir's mit einem G. sg. zu tun haben. Daß also das Demonstrativadjektiv "dieser" und ähnliche Adjektive (solcher/mancher, auch jeder) die starke (pronominale) Endung oft aufgeben und die schwache annehmen, ist durchaus verständlich. Es ist keine Fehlentwicklung, die zu nichts führt. Deshalb finde ich "diesen Jahres" nicht falsch, auch wenn ich selbst, als Gebildeter, diesen Ausdruck doch nicht benutze.
Konietzkos (3) ist übrigens interessant: Da haben wir ein schwaches Substantiv, kein -s im Genitiv! Und siehe da, da ist ein Sternchen vor dem Beispiel. Natürlich! Ich meine übrigens, "ein Satz wie (3) ist [...] bei einem Muttersprachler des Deutschen" nicht einmal "als Versprecher möglich." Fehler, die ein Muttersprachler macht, sind essentiell andere als die, die ein Ausländer wegen der Interferenz seiner Muttersprache oder aus mangelnder Kenntnis des Systems der fremden Sprache macht.
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Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 23.04.2008 um 13.33 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11974
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Ich meine mit "diesen Jahres" das laufende Jahr und mit "dieses Jahres" ein bestimmtes, das nicht das laufende sein muß.
Ich bin auch – ehrlich gesagt – ziemlich unbekümmert, was derlei angeht. Eine Regel um ihrer selbst willen zu befolgen, kommt mir ohnehin nicht in den Sinn.
Abgesehen davon, daß wir alle so manche Wendung für richtig und stilistisch erstklassig halten, die früher als haarsträubender Schnitzer gegolten hat, ist es nun einmal so, daß sich die Sprache nicht in der Weise entwickeln muß, wie wir es uns wünschen. Jeder kann das Seine als Teil der Sprachgemeinschaft tun, um für die von ihm als besser angesehene Form zu werben; ob sie sich dann durchsetzt, wird sich zeigen.
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Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 23.04.2008 um 20.36 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11978
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Ob sich "diesen Jahres" wirklich als "das laufende Jahr betreffend" durchsetzt und sich also von "dieses Jahres" als "ein bestimmtes" Jahr betreffend absetzt, das jedoch "nicht das laufende sein muß", wird sich zeigen.
In der Sprachgeschichte haben wir aber Fälle, wo sich die Sprache Dubletten zur Bedeutungsunterscheidung nutzbar gemacht hat. So steht heute engl. "shirt" neben "skirt", — und deutsch "Schürze" ist wieder was anderes zur Bedeckung leicht verwundbarer Körperflächen.
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Kommentar von David Konietzko, verfaßt am 23.04.2008 um 21.54 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11979
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Zu Herrn Bärleins Behauptung, trotz + Genitiv sei ein »ursprünglich feuilletonistische[r] Manierismus« (#11966):
Folgendes sind die frühesten Belege, die ich in den Textcorpora des IDS gefunden habe:
»[...]; daneben kam ihm seine Erbärmlichkeit sehr zustatten, daß ihm Hamlet wirklich nicht unrecht tat, wenn er ihn trotz seines Purpurmantels und Hermelinkragens einen zusammengeflickten Lumpenkönig schalt.« (Goethe: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Hamburger Ausgabe, Band 7. S.333)
»Zum Glück hatte der Hirt, trotz der Gedanken an seine Geliebte, nicht unterlassen, vor dem Kapellchen der Mutter Gottes hinter St. Niklas, an dem er vorbeikam, wie immer sein Ave zu beten.« (Die Felsenbrücke. In: Deutsche Sagen, gesammelt von Jacob und Wilhelm Grimm. 1816/18. S. 215)
»Und weil ihn fror, machte er sich ein Feuer an: aber um Mitternacht ging der Wind so kalt, daß er trotz des Feuers nicht warm werden wollte.« (Märchen von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen. In: Kinder- und Hausmärchen, gesammelt von Jacob und Wilhelm Grimm. 1819. S. 54)
Noch aufschlußreicher ist das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm (siehe www.dwb.uni-trier.de). Darin heißt es im Eintrag zur Präposition trotz: »jünger ist der gebrauch mit dem genitiv; er ist erst um die mitte des 18. jhs. bezeugt (s. 3) und gilt bei ADELUNG und CAMPE noch als unrichtig; heute« (1939) »hat er den dativ fast ganz verdrängt« (unter Punkt 2). Für trotz + Genitiv werden Belege unter anderem von Goethe, Schiller, Lessing, Herder, Georg Christoph Lichtenberg, Hölty, Gottfried Keller und Gustav Freytag aufgeführt. Zeitungsbelege werden nicht genannt.
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Kommentar von Florian Bödecker, verfaßt am 23.04.2008 um 23.48 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11980
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Ja, das zeigt doch sehr schön, warum hier Sprachlehrer mit mancher Belehrung falschliegen. Es gibt eben keinen quasi-natürlichen Zusammenhang zwischen einer Präposition und dem Fall, den sie fordert. Das kann sich ändern, ohne daß die Sprache Schaden nimmt.
Viele belehren mich auch immer noch, daß man "wegen" nicht mit dem Dativ verbinden können. Warum eigentlich nicht? Warum sollte das mit dem Sprachsystem unverträglich sein? Ich persönlich empfinde eher den Genitiv als zu gespreizt und veraltet.
Ich bin wirklich der letzte, der etwas gegen möglichst großes Wissen hat. Ich dachte nur, eine wissenschaftliche Befassung mit der Sprache würde eben auch Wissen um Flexibilität einschließen.
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Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 24.04.2008 um 18.41 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11990
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Der Juni diesen Jahres kommt bestimmt.
Die Farbe diesen Autos ist rot.
Die Platte diesen Tisches ist rund.
Das Dach diesen Hauses ist im Bau.
Verstehe ich richtig, daß all diese Sätze richtig sind, wenn der erste richtig ist?
Und wären diese Sätze mit "dieses" statt "diesen" ebenfalls richtig?
Wenn ja, ist das geeignet, mein Verständnis der (hoch)deutschen Grammatik zu erschüttern.
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Kommentar von David Konietzko, verfaßt am 24.04.2008 um 19.06 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11992
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An Herrn Strasser (#11990):
Der erste Satz ist richtig, die anderen sind mindestens ungewöhnlich. Das liegt daran, daß diesen Jahres durch die Analogie zu letzten / nächsten / vergangenen / kommenden / folgenden Jahres usw. gestützt wird, während es Ausdrücke wie *letzten Autos, *nächsten Tisches, *übernächsten Hauses nicht gibt.
Alle Sätze wären mit dieses zweifellos richtig.
Dies alles habe ich bereits in einem früheren Beitrag (#11955) dargestellt. Ich möchte noch hinzufügen, daß man nicht sagt
*Im Oktober diesen wunderschönen Jahres beginne ich mein Studium.
Denn es gibt nicht *letzten wunderschönen Jahres usw.
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Kommentar von stefan strasser zu 11992, verfaßt am 24.04.2008 um 20.03 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11993
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Die Reifen des 'letzten Autos' sind platt.
Auf Höhe des 'nächsten Tisches' befindet sich ....
Im Garten des 'übernächsten Hauses' wachsen Rosen.
Wieso soll es das nicht geben?
Wieso bedingt 'im Juni letzten Jahres' die Form 'im Juni diesen Jahres'?
Und wieso dann nicht:
Die Fassade des letzten Hauses ist rauh, jene diesen Hauses aber glatt?
Oder:
Die Farbe des vorigen Autos ist blau, jene diesen Autos aber rot.
Ist der angebliche "Hang zur Monoflexion" etwas neu Entstandenes, das aber nur bei ganz speziellen Fällen zur Anwendung kommt?
Wenn ja, woran erkennt man solche Fälle?
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Kommentar von Paul Westrich, verfaßt am 24.04.2008 um 20.07 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11994
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Lieber Herr Konietzko, mit Verlaub, ich kann Ihnen nicht zustimmen. Herr Strasser hat vollkommen recht. Wenn Sie mir gestatten, füge ich ein weiteres Beispiel hinzu.
Die Aufschrift dieses Paketes ist rot. Das ist korrekt.
Sie könnten hier, analog zu Ihrem Beispiel mit "letzten Jahres", ergänzen:
Die Aufschrift des letzten Paketes war blau.
Dennoch heißt es nicht:
Die Aufschrift diesen Paketes.
Genau falsch ist
Der erste Monat diesen Jahres.
Wenn Politiker oder auch manche Moderatoren im Fernsehen falsches Deutsch reden und es die ganze Nation hört, gibt es immer welche, die das sofort nachäffen und so ist es auch mit "diesen Jahres" gewesen, soweit ich mich erinnern kann.
Entweder es gibt eine Grammatik der deutschen Sprache, und dann ist sie einheitlich anzuwenden, oder wir reden einfach "wie uns der Schnabel gewachsen ist", ohne jede Logik.
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 24.04.2008 um 20.21 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11996
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Zu Herrn Strasser (#11993):
"Die Reifen des 'letzten Autos' sind platt.
Auf Höhe des 'nächsten Tisches' befindet sich ....
Im Garten des 'übernächsten Hauses' wachsen Rosen.
Wieso soll es das nicht geben?"
Sie verwenden hier die Adjektive räumlich, es ging aber um eine zeitliche Ordnung. Ihre Gegenbeispiele sind daher zwar keine, zeigen aber sehr schön, wie vertrackt die Sache ist.
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Kommentar von stst, verfaßt am 24.04.2008 um 20.40 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11998
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Wenn:
"Im Oktober diesen wunderschönen Jahres beginne ich mein Studium."
falsch sein soll, aber:
"Im Oktober diesen Jahres beginne ich mein Studium."
angeblich richtig, wird mein Grammatikverständnis einmal mehr hart auf die Probe gestellt.
Und wieso soll es z.B.: "Im Oktober des letzten wunderschönen Jahres zu zweit begann ein neuer Lebensabschnitt" nicht geben?
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Kommentar von stst zu 11996, verfaßt am 24.04.2008 um 21.15 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#11999
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Vertrackt finde ich die Sache ganz und gar nicht; es ist einfach so, wie es Hr. Westrich in #11994 ganz präzise auf den Punkt bringt!
Die Beispiele, die ich in #11993 aufgegriffen habe, wurden in #11992 vorgegeben. Die hab ich nicht erfunden. Und daß bei Flexionen unterschiedliche Betrachtungen abhängig von räumlichem oder zeitlichem Bezug erforderlich sind, höre ich auch zum ersten Mal.
Ich verstehe schon, daß manche sagen werden, ich habe nie etwas anderes als "diesen Jahres" gelernt (gehört), daher ist es eben richtig.
Das ist so ähnlich wie bei Dialekten, wo in verschiedenen Gegenden unterschiedliche Formulierungern für ein und das selbe üblich sind.
Die hochdeutsche Version gibt es trotzdem, und die ist es, die ich hier immer meine.
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Kommentar von David Konietzko, verfaßt am 24.04.2008 um 21.38 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#12000
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Ich meinte natürlich, daß *letzten Autos usw. allein keine zulässige Nominalgruppe ist, daß man also nicht sagt:
*Die Reifen letzten Autos sind platt.
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 25.04.2008 um 00.53 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#12002
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Es ist doch bemerkenswert, daß man in "im Sommer [des] letzten Jahres" den Artikel weglassen kann, aber in "die Reifen des letzten Autos" nicht. Diese Möglichkeit besteht eben genau bei zeitlichen Bezügen, nicht bei räumlichen! (stst, #11999)
Im Genitiv sind starke und schwache Form gleich: "letzten". Bei fehlendem Artikel wird aber das Adjektiv stark gebeugt. Wenn man also in Analogie zu dem stark gebeugten "letzten Jahres" "diesen Jahres" sagt, hat man dann anstatt der starken ("dieses") die schwache Genitivform ("diesen") benutzt, wie Herr Ludwig (#11967) meint?
Das kann wohl nicht sein. Wo ein stark gebeugtes Adjektiv steht ("letzten Jahres"), kann in Analogie dazu auch nur ein stark gebeugtes hinkommen. Pronomen haben sowieso keine unterschiedliche starke/schwache Beugung. "diesen" ist also keine schwache Beugung, sondern genauso stark wie "dieses". Deshalb kann es eigentlich nur so sein, daß mit dem analogen Gebrauch von "dieses" (wie "letztes") auch eine Änderung der Wortart einhergeht. Herr Ludwig bezeichnet sowieso schon "dieses" nicht als Demonstrativpronomen, sondern von vornherein als Demonstrativadjektiv! Ich finde aber, daß man doch zwischen dem pronomialen Gebrauch (ähnlich dem eines Artikels) und dem ... (jetzt hätte ich fast adjektivischen Gebrauch geschrieben), also zwischen Pronomen und Adjektiv (letzteres mit Artikel möglich) unterscheiden muß.
Das Adjektiv "dieses" wäre aber schon ein etwas besonderes, denn davor kann kein Artikel stehen. Der Artikel ist nur bei zeitlichen Bezügen weglaßbar. Darum ist die Analogie von "diesen Jahres/..." mit "letzten Jahres/..." nur bei zeitlichen Bezügen möglich.
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Kommentar von Karl Spatz, verfaßt am 25.04.2008 um 11.20 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#12005
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Es ist doch recht verwunderlich, daß niemand über die „Spatien“ spricht, obwohl das doch der Name des Themenstranges ist. Welchen Ursprungs sind wir denn?
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Kommentar von Marco Mahlmann, verfaßt am 25.04.2008 um 11.51 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#12006
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Paul Westrich: Entweder es gibt eine Grammatik der deutschen Sprache, und dann ist sie einheitlich anzuwenden, oder wir reden einfach "wie uns der Schnabel gewachsen ist", ohne jede Logik.
Herr Westrich, hier sind wir komplett verschiedener Meinung. Regeln und Grammatik richten sich nach dem Sprachgebrauch und nicht umgekehrt. Und ja: Wir reden in unserer Muttersprache "frei Schnauze". Logik spielt da keine Rolle. Es ist schließlich eine Sprache und keine Mathematik.
Die Festlegung der Grammatik ist die Aufgabe der Linguisten. Wenn denen die Sprache nicht den Gefallen tut, sich klar und logisch zu präsentieren, ist das weder der Sprache anzulasten noch ein Anlaß, sie bewußt oder zielgerichtet zu verändern. Es ist die Berufskunst der Linguisten, ihre Grammatikdefinition dem Sprachgebrauch anzupassen.
Stefan Strasser: Wenn:
"Im Oktober diesen wunderschönen Jahres beginne ich mein Studium."
falsch sein soll, aber:
"Im Oktober diesen Jahres beginne ich mein Studium."
angeblich richtig, wird mein Grammatikverständnis einmal mehr hart auf die Probe gestellt.
Und wieso soll es z.B.: "Im Oktober des letzten wunderschönen Jahres zu zweit begann ein neuer Lebensabschnitt" nicht geben?
Ich habe an anderer Stelle gesagt, daß für mich "diesen Jahres" auf das laufende hinweist und "dieses" auf ein bestimmtes, aber nicht zwingend auf das laufende.
Somit halte ich auch Ihre beiden ersten Sätze für auf das laufende Jahr bezogen, wenn ich auch zugebe, daß die Erweiterung "wunderschönen" irritiert und ein "dieses" vorweg erwarten läßt. Gleichwohl empfinde ich es nicht als falsch; ich finde es etwas bemüht und unbeholfen formuliert mit dem Ziel, deutlich zu machen, daß das laufende Jahr gemeint ist.
Und den letzten Satz gibt es natürlich. Ich verstehe ihn aber nicht in der Weise, daß das vorhergehende Jahr gemeint ist, sondern irgend eines.
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Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 25.04.2008 um 15.18 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#12007
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Ein Gedanke, der mir eben kam: Die Fügung »dieses Jahres« hat etwas Formelhaftes, ähnlich wie »letzter Hand« oder »seligen Angedenkens«. Sie wird an die betreffende Zeitangabe gleichsam angeheftet, fast so wie »MdB« an den Namen eines Bundestagsabgeordneten (»Franz Müntefering[,] MdB«), und nicht zufällig gibt es dafür auch eine Abkürzung: »d. J.«. Kann es sein, daß das – klanglich – weniger spitze »diesen Jahres« dem latenten Bedürfnis nach möglichst runden Formeln entgegenkommt und auch deshalb auf vergleichsweise wenig Widerstand stößt?
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Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 25.04.2008 um 17.07 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#12008
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Ist es eigentlich besser zu sagen, daß schwache und starke Beugung im Genitiv gleich sind (so steht es z.B. in der alten Dudengrammatik), oder sollte man "letzten Endes" (auch so eine Formel) lieber sagen, daß es einen starken Genitiv im allgemeinen bei Adjektiven gar nicht gibt?
Dann könnte man nämlich speziell bzgl. des Demonstrationsadjektivs von einem starken Genitiv "dieses" und einem schwachen "diesen" sprechen. Ist es das, was Herr Ickler (#11948) und Herr Ludwig (#11967) meinen?
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Kommentar von Paul Westrich zu 12006, verfaßt am 25.04.2008 um 19.21 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#12011
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Lieber Herr Mahlmann,
vermutlich hat meine Aussage Anlaß zu Mißverständnissen gegeben. Grundsätzlich bin ich ja auch Ihrer Meinung bezüglich Sprache und Grammatik (nicht jedoch hinsichtlich "diesen Jahres"). Was ich meinte war letzlich folgendes:
Das Paket ist sächlich.
Das Kind ist sächlich.
Das Jahr ist sächlich.
Wenn es also heißt: "Die Aufschrift dieses Kindes" bzw. "Der Mantel dieses Kindes", dann muß es nach meiner Auffassung logischerweise auch heißen "Der Sommer dieses Jahres". Mit Grammatik meinte ich die Übereinstimmung im Geschlecht der als Beispiele genannten Wörter. Ich bin kein Germanist bzw. Linguist, sondern "arbeite" mit meiner Muttersprache als Autor, wobei ich mich um eine verständliche und sprachlich (und hinsichtlich der Rechtschreibung) korrekte Anwendung bemühe. Daher werde ich auch in Zukunft, wenn der Fall eintreten sollte, "Zu Beginn dieses Jahres" schreiben und keinesfalls "diesen Jahres", ebenso wenig wie demnächst meine Kollegen ansprechen werde mit der Formulierung "Wenn Sie mögen", statt "Wenn Sie möchten". Damit will ich aber kein neues Faß aufmachen.
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Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 25.04.2008 um 20.25 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#12013
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Lieber Herr Westrich,
Ihre Logik erinnert mich an die meiner Kinder, als sie noch klein waren. Als Mehrzahl von Teppich haben sie "Teppige" gebildet.
Wenn es heißt Könich – Könige, dann muß es doch wohl auch heißen Teppich – Teppige.
Ist doch logisch, oder?
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Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 26.04.2008 um 21.34 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1001#12026
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Zu #12002, #12008
Nur zum Verständnis dessen, wie ich meine Bezeichnungen meine: Die Formen von "dieser, -e, -es" sind Demonstrativadjektive, wenn sie vor einem Substantiv stehen (und dieses also modifizieren [dieser Wein]); sie sind Pronomen, wenn sie allein (und also für ein Nomen) stehen (pro-nomen [Dieser ging gerechtfertigt nach Hause, jener aber nicht]). Dieselbe Unterscheidung gilt für Artikel und andere, wie wir hier im Deutschunterricht sagen, "dieser"- und "ein"-Wörter. Das Endungssystem von "dieser" ist pronominal, und wir nennen es "stark". Das Endungssystem von attributiven Adjektiven, die ohne ein "dieser"- oder "ein"-Wort vor einem Substantiv stehen, ist pronominal, stark (dies*er* Wein / gut*er* Wein); nur im G. sg. m. und nt. finden wir -en (der Geschmack gut*en* Weins/Biers), wo nach dem Vorbild von "dieser" -es zu erwarten wäre (der Geschmack dies*es* Weins/Biers). "Wenn man also in Analogie zu dem stark gebeugten "letzten Jahres" "diesen Jahres" sagt, hat man dann anstatt der starken ("dieses") die schwache Genitivform ("diesen") benutzt, wie Herr Ludwig (#11967) meint?" Jain. Ja: Man hat die schwache Genitivform "dies*en*" benutzt. Nein zu "in Analogie zu dem stark gebeugten 'letzten Jahres'"; denn das Substantiv "Jahr" ist zwar stark, aber das Adjektiv zeigt die schwache "en"-Endung. Wer natürlich sagt, dieses "en" sei schon Teil des "starken" Adjektivbeugungssystems ("Bei fehlendem Artikel wird aber das Adjektiv stark gebeugt"), für den ist dann dieses "en" eben auch stark. Ich frage aber dann, wieso es denn "dieses Jahres" heißt; oder haben wir halt zwei verschiedene "starke" Systeme bei attributiven Adjektiven?
Wenn Herr Ickler sagt, "manche Kaufleute haben nie etwa anderes gekannt" als "diesen Monats", dann bin ich zwar etwas erstaunt, aber ihm nehme ich das natürlich ab. Und ich sage dann, aha, hier tritt also etwas ein, was bei der schwachen Adjektivform in "deutschen Weines/Bieres" (ohne "Artikelwort") offenbar früher auch schon eingetreten ist (so daß wir alle es als allein richtig ansehen, — obwohl ich hier in meiner Kindheit in der Schule auch stark flektierte, wie ich mich erinnere; ich mußte nämlich ausdrücklich auf den Gebrauch der Endung "en" hier hingewiesen werden).
Ich würde bei mich bei der Entwicklung "diesen Jahres/Monats" nicht weiter erregen; es ist völlig klar, was gemeint ist, und es sind Erwachsene, die es schreiben. Lehren würde ich es nicht, nicht mal ein Wort dazu verlieren, es sei denn, jemand brächte das Thema auf. Auf Herrn Westrichs "Entweder es gibt eine Grammatik der deutschen Sprache, und dann ist sie einheitlich anzuwenden, oder wir reden einfach 'wie uns der Schnabel gewachsen ist', ohne jede Logik" hat Herr Mahlmann auch für mich richtig geantwortet.
Aber Herr Westrich hat auch irgendwo recht: Wir sollten nicht vergessen, daß ursprünglich "Grammatik" ja mal bedeutete, mit ihrer Hilfe die Sprache so zu schreiben, daß sie so gut wie möglich, ohne jegliche Behinderung, beim Leser ankommt. Und in dieser Kunst des Schreibens erfahrene Leute haben dann dazu aus ihrer Erfahrung berichtet ... und Ratschläge gegeben ... und sie in "Regeln" abgefaßt ..., und die sind nicht mal immer schlecht, im Gegenteil, und Herrn Bödeckers Sprachlehrer (#11962) sollten sie kennen, auch die, die überholt sind. Aber wir sollten uns hüten, auch wohlverstandene und gutgemeinte Ratschläge als absolute "Regeln" zu verstehen. Wir sind nicht alle über einen Kamm zu scheren, und die "präskriptive Grammatik" ist dem beachtlichen Schüler der sieben freien Künste ein wirkliches Greuel, so wie ihm aus gleichen Gründen vor "Greuel" mit a-Umlaut schreiben zu sollen wirklich graut.
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