25.08.2009


Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung besteht seit 60 Jahren

Der Präsident der DASD hält sich etwas darauf zugute, daß die Akademie in der Diskussion um die Rechtschreibreform versucht, die schlimmsten Dinge zu verhindern, denn Eingriffe in die Wortbedeutung sind für ihn keine Petitessen.

Darmstadt (ddp-hes). Zum 60. Jahrestag ihrer Gründung blickt die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung zurück. Ihren runden Geburtstag feiert sie mit einer Ausstellung. Ab 3. September zeigt das Literaturhaus Frankfurt am Main die Schau «Doppelleben» über die Akademiegründer Oskar Jancke, Kasimir Edschmid, Frank Thiess und Rudolf Pechel und deren holprigen ersten Schritte in der noch jungen Bundesrepublik. Gegenwärtig gehören 178 Schriftsteller, Literaturwissenschaftler, Übersetzer, Philosophen und Historiker dem erlesenen Kreis an.

Am 28. August 1949, Goethes 200. Geburtstag, wurde die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung in der Frankfurter Paulskirche gegründet. Der damalige Direktor des Norddeutschen Rundfunks, Adolf Grimme, sagte während des Festakts: «Jahre des Unheils, in denen Unrecht Recht, Lüge Wahrheit, Knechtschaft Freiheit genannt wurde, in denen das Wort von seinem Sinn getrennt wurde, wenn es der Nutzen verlangte - diese Jahre des Unglücks haben unserer Sprache schweren Schaden getan.» Diesen Schaden zu beheben, trat die Akademie zusammen.

Die Institution sieht auch aktuell eine ihrer Hauptaufgaben in der Wahrung der deutschen Sprache, freilich unter veränderten Vorzeichen. «Wir versuchen in der Diskussion um die Rechtschreibreform, die schlimmsten Dinge zu verhindern», sagt der Präsident der Akademie, Klaus Reichert, zur Auseinandersetzung um die Reform von 1996. Ob «wohl bekannt» zusammen oder getrennt geschrieben wird, ob in «tut mir leid» leid mit großem oder kleinem l beginnen soll: Für Reichert sind das keine Petitessen, sondern «Eingriffe in die Wortbedeutung» - und damit in die Sprache, mit der in den Worten Adolf Grimmes «ein Volk lebt und stirbt, blüht und verdorrt».

Eine Mission sieht der 71-jährige Akademiepräsident auch darin, deutsche Wissenschaftler zu ermuntern, Fachpublikationen in ihrer Muttersprache statt in Englisch zu schreiben. «Das beherrschen sie nicht ausreichend, und wenn Wissenschaftler Bücher nur noch auf Englisch verfassen, fehlen in 40, 50 Jahren bestimmte Fachbegriffe im Deutschen», mahnt Reichert. Die Akademie denke in längeren Zeitabschnitten.

Im jährlichen Rhythmus vergibt die Akademie mit Sitz auf der Darmstädter Mathildenhöhe jeweils fünf Literaturpreise, darunter den als wichtigste derartige Auszeichnung im deutschsprachigen Raum angesehenen Georg-Büchner-Preis. Bei der bevorstehenden Herbsttagung Ende Oktober erhält den mit 40 000 Euro dotierten Preis der Österreicher Walter Kappacher für «seine leise, musikalische Prosa voll melancholischer Unerbittlichkeit» (Begründung der Jury).

Kappacher folgt damit seinen berühmten Landsleuten Elfriede Jelinek, Peter Handke und Thomas Bernhard. Bernhard, Preisträger 1970, trat 1979 aus der Akademie aus und begründete das in einem Artikel für die «FAZ» so: «Seit Jahren habe ich mich nach dem Sinn dieser sogenannten Darmstädter Akademie gefragt und mir immer wieder sagen müssen, dass ein solcher Sinn doch nicht darin bestehen kann, dass eine Vereinigung, die letzten Endes doch nur aus dem kühlen Grunde der Selbstbespiegelung ihrer eitlen Mitglieder gegründet worden ist, jährlich zweimal zur Eigenbeweihräucherung zusammenkommt und da, nach vom Staat bezahlter teurer, weil Luxusanreise, in guten Darmstädter Hotels großbürgerlich aufgetragene Speisen isst und Getränke trinkt, um eine knappe Woche lang um ihren abgestandenen faden Literaturbrei herumzureden.»

Präsident Reichert kennt die immer mal wieder gestellte Frage nach dem Sinn der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Er wisse Bernhards Schelte als «Selbstinszenierung» einzuordnen. Die Darmstädter Institution wirke durchaus nach außen. «Wir treten mit unseren Frühjahrstagungen im Ausland als Botschafter der deutschen Kultur auf», sagt Reichert.

Besondere Beziehungen pflegt die Akademie in den arabischsprachigen Raum. Nach Beginn des zweiten Irak-Kriegs trafen sich mehrmals Autoren zum Austausch. Die Akademie veröffentlicht Anthologien mit arabischen Gedichten und Essays. «Wir wollen zeigen, dass es dort mehr gibt als Blut und Krieg», erklärt Reichert.

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