01.05.2008


„Demokratie mit Placeboeffekt“

„Rechtschreibreform“ immer negativ besetzt

Über die Rechtschreibreform (oder den Rat für deutsche Rechtschreibung) wird zwar in deutschen Zeitungen nicht berichtet, jedoch wird sie gelegentlich erwähnt – und dient dabei immer als Negativbeispiel. Das Dossier „Demokratie mit Placeboeffekt“ der Financial Times Deutschland ist nur einer der Belege in unserer Presseschau.


Financial Times Deutschland, 23. 4. 2008: „Demokratie mit Placeboeffekt“

»Placebo-Tatort Nummer eins ist Hamburg. Dort erreichte ein Bündnis aus Gewerkschaften und Globalisierungskritikern im Februar 2004 einen Volksentscheid gegen die Privatisierung der landeseigenen Krankenhäuser. Die Mehrheit war deutlich, die Wahlbeteiligung hoch. Verkauft hat der CDU-Senat die Krankenhäuser trotzdem. In einem zweiten Volksentscheid stimmten die Hamburger für Reformen im Wahlrecht. Umgesetzt wurde auch dieser Entscheid nicht. In Schleswig-Holstein machte der Landtag 1999 einen Volksentscheid gegen die Rechtschreibreform rückgängig. In Sachsen respektierte die Landesregierung 2001 den Entscheid gegen eine geplante Sparkassenfusion nur ein Jahr lang. Nach einer Schamfrist brachte sie einen ähnlichen Antrag erneut ein.«

(http://www.ftd.de/politik/deutschland/347163.html?p=2)


Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13. 3. 2008 (S. 4): „Schnittmenge“

»Wie ein Phönix aus der Asche erhebt die Mengenlehre sich von ihrem lange erkalteten Scheiterhaufen. Zwar noch nicht wieder in den Schulen, aber doch schon überall in der Politik. Und von dort, das lehrte uns die Rechtschreibreform, ist es bis in die Klassenzimmer nicht mehr weit. In den deutschen Parteien wird so begeistert nach Schnitt- und Vereinigungsmengen gesucht, dass es die reine Freude für konstruktive Mathematiker sein muss. An Opfern des Reformwahns der siebziger Jahre aber nagt der Zweifel: Wissen die Politiker (siehe wieder die Rechtschreibreform), mit was sie es zu tun haben?«

(zitiert nach http://www.sprache.org/bvr/bil2008101.htm)


ChannelPartner.de, 12. 3. 2008: „CeBIT - seit Jahren auf Entzug“

»Die Älteren werden sich vielleicht noch erinnern – vor genau zehn Jahren erschien einer meiner ersten Querschläger-Beiträge: Er hieß "Elf Gründe, warum ich nicht zur CeBIT komme". Was ist seither passiert? Inzwischen kam der Teuro, und wie die D-Mark verschwanden die Kanzler Kohl und Schröder - sie machten Platz für Angela Merkel. Damit nicht genug, haben wir in der Zwischenzeit die Agenda 2010 erlebt, eine Mehrwertsteuererhöhung, die vor der Wahl keiner wollte und danach mit drei Prozent zuschlug. Die vielen Skandale von Hartz über Kleinfeld bis Zumwinkel. Rechtschreibreform, Gesundheitsreform, Demokratieabbau.«

(http://www.channelpartner.de/index.cfm?pk=256671)


Die Welt, 20. 2. 2008 (online): „Stimmen der Bürger hören“ (D. Guratzsch)

»Mehr und mehr sind Bürgerbegehren zu einem Ventil und Korrektiv der Politik geworden. Ob in der laufenden Volksabstimmung in Berlin über die unsinnige Schließung des Flughafens Tempelhof, ob im Streit über die Waldschlösschenbrücke in Dresden, ob in den zahllosen Initiativen gegen die verkorkste Rechtschreibreform - überall, wo sich Bürger bevormundet fühlen, bilden Bürgerentscheide inzwischen eine erstaunlich wirksame Waffe, die die Politik zu fürchten begonnen hat.«

(http://www.welt.de/welt_print/article1698149/Stimmen_der_Buerger_hoeren.html)


Ärztezeitung, 19. 2. 2008: „Ein einheitliches Krebsregister muss her“

»Ärzte Zeitung: Ihr Spezialgebiet ist die Gynäkologische Onkologie. Wie bewerten Sie den bisherigen Verlauf beim Mammografie-Screening?
Kaufmann: Ich vergleiche das immer gerne mit der Rechtschreibreform: Es gibt noch einiges an Aufholbedarf.«

(http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/krebs/?sid=482686)


Braunschweiger Zeitung, 23. 1. 2008: „Verkehrte Schulwelt“ (Kommentar)

»Wenn es darum geht, Schülern, Lehrern und Eltern mit halbgaren Reformen das Leben zu versauern, macht Deutschlands Kultusministern und ihrer Konferenz niemand etwas vor. Nach dem Chaos um die Rechtschreibreform hat auch das Projekt G-8 beste Chancen auf einen Spitzenplatz in der Pleiten-Pannen-Peinlichkeiten-Liste deutscher Bildungspolitik.«

(http://www.newsclick.de/index.jsp/menuid/472071/artid/7867996)


Die Welt, 17. 12. 2007 (online): „Vorsicht, Propaganda“

»Eine andere beliebte Propaganda-Vokabel ist die Reform. Laut „Duden“ steht sie für eine „Verbesserung des Bestehenden“, ist also ein positiv besetztes Wort. Das nutzen hierzulande vor allem Politiker aus, indem sie jeden schmerzlichen Einschnitt, jede Steuererhöhung als Reform verkaufen. Damit soll vernebelt werden, dass viele der Gesundheits-, Steuer-, Renten- und Rechtschreibreformen der vergangenen Jahre eine Verschlechterung mit sich gebracht haben.«

(http://www.welt.de/vermischtes/article1461759/Vorsicht_Propaganda.html)


Die Welt, 6. 11. 2007 (online), Leserbriefe: „Kniefall vor der Dummheit“

»Rheinland-Pfalz gestaltet insofern aktiv mit, als mit dem neuen System ein weiterer Kniefall vor der wachsenden Dummheit der Bevölkerung gemacht wird; der erste war die Rechtschreibreform. Noch ein paar Reformen und wir sind - zumindest auf dem Zeugnispapier - nur noch von Intelligenzbestien umgeben.«

(http://www.welt.de/welt_print/article1334670/Leserbriefe.html)




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