16.10.2006 SOK Herkömmliche Rechtschreibung bei VariantenHarte Kritik am dritten amtlichen Regelwerk und an den neuen WörterbüchernZürich, 16. Oktober. Die Schweizer Orthographische Konferenz (SOK) hat an ihrer Tagung vom Donnerstag erste Wörterlisten vorgelegt. Eine Arbeitsgruppe der SOK ist zum Schluss gekommen, dass der von der SOK beschlossene Grundsatz „Bei Varianten die herkömmliche“ nicht ausreicht.Die neue Rechtschreibung trage dem Schweizer Usus nicht genügend Rechnung. Die SOK empfiehlt deshalb im Bereich der Fremdwörter zahlreiche Schreibweisen, die es nach neuer Rechtschreibung nicht oder nicht mehr gibt, zum Beispiel Caramel (nicht Karamell), Communiqué (nicht Kommuniqué oder Kommunikee), Décharge (nicht Decharge). Auch beim Apostroph folgt die SOK der neuen Rechtschreibung nicht; sie empfiehlt schillersche oder Schillersche, nicht Schiller'sche Balladen. Ferner empfiehlt die SOK, die als Erleichterung für Primarschüler von der neuen Rechtschreibung eingeführten falschen Herleitungen und Umlaute nicht zu verwenden; sie empfiehlt also zum Beispiel Quentchen (nicht Quäntchen), behende (nicht behände), greulich (nicht gräulich), schneuzen (nicht schnäuzen). Die SOK nimmt Anstoss an den zahlreichen handwerklichen Mängeln, die das dritte amtliche Regelwerk und, ihm folgend, die neuen Wörterbücher von Duden und Wahrig aufweisen. Ein Hauptfehler sei die falsche Auffassung von orthographischer Variante. Wohl bekannt sei nicht eine orthographische Variante zu wohlbekannt, sondern drücke eine andere Bedeutung aus. Nach Auffassung der SOK bilden auch das neueste Regelwerk und die neuesten Wörterbücher keine Grundlage für eine einheitliche und sprachrichtige Rechtschreibung. Die Arbeitsgruppe der SOK wird sich als nächstes der ihrer Ansicht nach ebenfalls stark fehlerhaften Gross- und Kleinschreibung annehmen sowie weiterer Bereiche. Die Wörterlisten, die am 12. Oktober vorgestellt und diskutiert wurden, sollen demnächst im Internet zugänglich gemacht werden. In absehbarer Zeit wird entsprechende Software zur Verfügung gestellt. An der Tagung waren unter anderen die NZZ, die Weltwoche, das St. Galler Tagblatt, die Südostschweiz, der Beobachter, die Handelszeitung, die Schweizer Monatshefte, die Schweizerische Teletext AG, die Nachrichtenagenturen SDA und Sportinformation sowie der Schwabe Verlag vertreten. Die Gesellschaft Schweizer Orthographische Konferenz will in Presse und Literatur der Schweiz eine einheitliche und sprachrichtige Rechtschreibung fördern. Gründungsmitglieder sind unter anderen Filippo Leutenegger (CEO der Jean Frey AG und Nationalrat), Peter Zbinden (Präsident des Sprachkreises Deutsch), Robert Nef (Herausgeber der Schweizer Monatshefte). Die Arbeitsgruppe der SOK besteht aus: Dr. Urs Breitenstein (Verleger Schwabe Verlag und Präsident des Schweizer Buchhändler- und Verlegerverbandes), Stephan Dové (Chefkorrektor der NZZ und Mitglied des Rates für deutsche Rechtschreibung), Peter Müller (Direktor der Schweizerischen Depeschenagentur), Stefan Stirnemann (Sprachkreis Deutsch), Prof. Dr. Rudolf Wachter (Sprachwissenschaftler, Université de Lausanne/Universität Basel). (PDF-Fassung)
Die Quelldatei dieses Ausdrucks finden Sie unter
|