22.04.2007


Theodor Ickler

Lesefrüchte (Fortsetzung)

Etwas Lähmendes liegt über dem Land

Die SZ verschenkt den ersten Band der neuen Folge ihrer Buchreihe, Capotes „Frühstück bei Tiffany“, in Reformschreibung:

sechs, sieben Mal (usw.)
rauh (nur so)
im Mindesten, des Öfteren (usw.)
erstre-ckten
Hitler habe vollkommen Recht
eks-tatisch
Schlawittchen


Die neue Folge der SZ-Bücher wird ausführlich vorgestellt, dabei fällt ein Seitenhieb ab: "Bildung ist auch etwas anderes als (...) der Eifer, den die Gegner einer Reform der Rechtschreibung an den Tag legen."

Ob Bildung oder nicht - die Bücher haben etwas Unerfreuliches, vor allem im Vergleich zur soliden Ausstattung.

Was sonst noch geschah

Der Verlagsleiter einer bekannten Satire-Zeitschrift teilt mit:

„Sehr geehrter Herr ...,

die Konsequenz in Ehren - aber wenn die Schlacht verloren ist, hat es wenigSinn, die Fahne hochzuhalten. Am Ende war uns dann doch eine - mehr oder weniger - einheitliche deutsche Rechtschreibung wichtiger. Natürlich können Sie einwenden, daß es diese Einheitlichkeit ohnehin nicht mehr gibt. Deshalb haben wir ja auch nur bei wenigen vertretbaren, allerdings auffälligen Regelungen wie dem Doppel-s eingelenkt, um Schüler und Heranwachsende, die in der Schule die Reformschreibe lernen, nicht weiter zu verunsichern. Den größten Schwachsinn, z.B. bei der Getrennt- und Zusammenschreibung, machen wir nach wie vor nicht mit.

Wie Sie sich denken können, gab es zwischen der FAZ und uns keine Absprache; die zeitliche Parallele spricht eher für ähnliche Überlegungen am Main. Sie können mir glauben, daß mir als Autor der von Ihnen erwähnten Anti-Reform-Beiträge das Einlenken schwergefallen ist. Aber daß unser Heft allein deshalb nicht mehr lesenswert sein soll, will mir nicht recht einleuchten.

Bleiben Sie uns gewogen. Wir haben gekämpft, aber wir waren zu schwach, es fanden sich zu wenige, die auf die Barrikade stiegen, es gab keine Koordination. Schade.

Mit freundlichen Grüßen

XY

Verlagsleiter“




„Inzwischen ist die neue Rechtschreibung verpflichtend. Auch wenn sie immer noch heiß diskutiert wird, die alte Rechtschreibung gilt inzwischen als falsch.“ (www.ime-seminare.de) (Angebot des Unternehmens in München: eintägige Seminare mit max. 12 Teilnehmern, 500 Euro pro Teilnehmer)

„Ich finde es vom Piper-Verlag unerträglich, dieses 2006 erschienene Buch nach der alten Rechtschreibung herauszugeben. Denkt in diesem Verlag eigentlich niemand an die eh schon verunsicherte Jugend?“ (aus einer amazon-Leserrezension)


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