25.07.2006 Theodor Ickler Starkes SchauenZum Interview der Geschäftsführerin des Rechtschreibrates im DeutschlandradioGüthert bestreitet, daß die Einheitlichkeit der Rechtschreibung durch die Dudenempfehlungen gefährdet sei, und verweist darauf, daß es ja auch noch den Wahrig gebe. Der Interviewer Hettinger erkennt natürlich sofort, daß gerade damit das Bestrittene beweisen wird.Ich hatte selbstverständlich auch nicht bezweifelt, daß beide Wörterbücher im wesentlichen alle zulässigen Schreibweisen anführen; es ist bloß das Empfehlungswesen, das ja auch der Ratsvorsitzende Zehetmair inzwischen kritisiert hat, wodurch der Duden einen – wie dpa und Springer zeigen – durchaus wirksamen Sonderweg einleitet. Güthert: "Nun ist aber Folgendes - Theodor Ickler müsste es selbst am besten wissen: Der "Wahrig" bringt nur in sehr wenigen Fällen überhaupt Empfehlungen, nämlich insgesamt in 18 Fällen von gut 120.000 Stichwörtern weicht das überhaupt ab. Also es sind - ich habe das geschaut -, also 52 Fälle bringt er insgesamt von 120.000 Stichwörtern und wenn man die abgleicht mit dem Duden, merkt man: In 18 Fällen unterscheidet der sich dann. Das heißt, das ist hier absolut zu hoch gehängt." Ich weiß es in der Tat am besten. In meiner Rezension hatte ich geschrieben: "Die wenigen ‚Empfehlungen’ des neuen Wahrig (es sind insgesamt nur 52) weichen, soweit sie überhaupt vergleichbar sind, oft von denen des Duden ab:" Es folgt die Liste mit den 18 abweichenden Empfehlungen. Hätte der Wahrig ebenfalls 3000 Empfehlungen, so würden sich weitaus mehr Abweichungen ergeben. Mein Vorwurf an die Wörterbücher lautet, daß sie die seit zehn Jahren gültigen und noch für eine Übergangszeit zu tolerierenden Reformschreibweisen nicht mehr enthalten. Güthert: "Lassen Sie mich eine Gegenfrage stellen: Was wäre denn passiert, wenn die Wörterbücher diese alten, überholten Schreibweisen wirklich verzeichnet hätten? Hätten sie einen Vermerk machen sollen: "Nur gültig bis zum 31.7.07"? Da hätten doch die Gegner jubiliert und hätten gesagt: "Das Wörterbuch gilt nur ein Jahr, das könnt ihr dann wegschmeißen", nicht wahr? Nein ..." Aber genau dies wäre der vom Rat und von der KMK verursachen Lage angemessen gewesen. Die jetzige Praxis der Wörterbücher schönt die Situation. Güthert gibt eigentlich alles zu und verteidigt den Versuch der Wörterbücher, die ganze Reform seit 1996 zu verleugnen. Übrigens: gerade wenn der Vermerk über die Gültigkeitsdauer einiger Schreibweisen eingedruckt wäre, würden die Wörterbücher so veralten. Güthert: "... es ist vollkommen richtig, dass die Wörterbücher diese Schreibweisen, die überholt sind, nicht verzeichnet haben. Denn wir dürfen die Lehrer ja auch nicht unterschätzen. Die Lehrer sind ja wirklich an vorderster Front, wenn Sie so wollen, mit ihren Doppelkorrekturen. Die Reform in ihrer Ursprungsversion gilt seit 1996, wurde zum Teil auch schon zum Schuljahr 96/97 eingeführt, spätestens aber zum Schuljahr 98/99, so dass die Lehrer mit am besten überhaupt informiert sind. Und sollten die wirklich mal einen Zweifelsfall haben, dann muss man doch davon ausgehen, dass in den letzten acht Jahren irgendeiner der Kollegen doch ein Wörterbuch angeschafft hat, so dass man diesen Zweifelsfall auch ausräumen kann." Also habe ich recht: Die Lehrer brauchen für gerichtsfeste Notengebung noch die Angaben aus den Wörterbüchern von 1996 bis 2006. Güthert verweist sie auf Kollegen, die vielleicht solche alten Wörterbücher noch besitzen (falls sie sie nicht beim Kauf eines neuen Duden in Zahlung gegeben haben ...); in den beiden neuen sind die notwendigen Angaben nicht enthalten, daher sind sie für die Schule nicht zu gebrauchen. Was Güthert über die angeblich so erfahrenen Lehrer mit ihren "Doppelkorrekturen" sagt, ist geradezu zynisch, nachdem die Reform die Lehrer völlig durcheinandergebracht hat. Güthert über den Versuch des Duden, seine Varianten durchzusetzen: "Das wird ihm nicht gelingen." Eine interessante Aussage, auch für den Springer-Verlag, der sich bereits für die Dudenvarianten entschieden hat. Der Interviewer fragt sehr präzise nach konkreten Fällen und zwingt Güthert zu dem Eingeständnis, daß die Empfehlungen eine Eigenmächtigkeit des Duden sind: „Also eine Variantenführung war von Seiten des Rats nicht vorgesehen.“ Bei der enormen Bedeutung des Dudens ist das keine Kleinigkeit. Was Güthert über die vom Duden frei erfundenen Sonderregeln zu reflexiven Verben sagt (sich wund liegen), ist unverständliches Gestammel. Dazu muß man wissen, daß der Duden diese Regeln in Wirklichkeit nicht gänzlich frei erfunden hat, sondern sich auf die nichtamtliche "Handreichung" stützt, an deren Fomulierung – durchaus ohne Wissen des Rechtschreibrates – Güthert wesentlichen Anteil hatte. Das darf sie aber nicht verraten. Zum Schluß ergeht sich die Geschäftsführerin in jener Art von Zählkunststückchen, mit der sie schon vor neun Jahren als Helferin des Kommissionsgeschäftsführers Klaus Heller die Differenzen herunterzurechnen versucht hat. Ein unbeschriebenes Blatt war sie bekanntlich nicht, als man sie zur Geschäftsführerin des Rates machte. (Vgl. "Der Fall Güthert".)
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