12.07.2006


Theodor Ickler

Vier Farben sind nicht genug

Der Duden muß noch bunter werden

Wie der neue Wahrig, so unterdrückt auch der neue Duden die seit 1996 bzw. 2004 gültigen Schreibweisen, die in der Schule für die nächste Zeit weiterhin geduldet werden müssen. Sie hätten im jetzt vierfarbigen Duden verzeichnet und mit einer fünften, vielleicht sogar sechsten Farbe gekennzeichnet werden müssen.
Ein Schüler mag, wie er es in den letzten zehn Jahren nie anders gelernt hat, "Leid tun" schreiben – der Lehrer, mit dem neuen Duden bewaffnet, wird es zu Unrecht als Fehler anstreichen. Auch der Duden ist daher für die Schule nicht geeignet. Dies ist das erste, was ich zur Neubearbeitung bemerken möchte. Man braucht sich daher eigentlich gar nicht mehr mit diesem Machwerk zu befassen. Dieser Eindruck verstärkt sich noch, wenn man sieht, daß das Wort "dagewesen", eine Neuerung im amtlichen Wörterverzeichnis und vom Wahrig ausdrücklich als Ausnahme (vom Verbot der Zusammenschreibung mit "sein") vermerkt, als Stichwort einfach weggelassen ist. Nur unter "da" findet man zu "da gewesen" als Variante "dagewesen". Natürlich empfiehlt die Redaktion die Schreibweise "da gewesen", aber für die Substantivierung inkonsequenterweise "etwas noch nie Dagewesenes".

Manche Seiten flimmern geradezu vor den Augen, so bunt sind sie (z. B. S. 1126f.), aber sie sind noch bei weitem nicht bunt genug. Deutlicher könnte das Debakel der Reform nicht werden.


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