30.06.2006 Theodor Ickler Deutsche EinheitZur zweiten amtlichen Revision der RechtschreibreformDie zweite amtliche Revision der Rechtschreibreform wird die Verwirrung an den Schulen auf einen neuen Gipfel treiben.Das beweist schon der neue Wahrig. In dieser Lage ist die Absicht der Zeitungsunternehmen, mit Hilfe der Duden-Empfehlungen wieder "Einheitlichkeit" herzustellen, an sich zu loben, doch hat die angestrebte Einheitsschreibung mit der Schulwirklichkeit nichts mehr zu tun und erst nicht mit den Wünschen der Zeitungsleser, die leider wieder nicht gefragt werden. Auch ist Einheitlichkeit zwar ein hoher, aber nicht der höchste Wert. Die Sprachrichtigkeit geht vor. Das hat auch der Vorsitzende des Rechtschreibrates gelegentlich versichert, ohne sich allerdings daran zu halten. Keine Variantenfreudigkeit führt daran vorbei, daß "heute Abend" oder "Diät leben" grammatisch falsch sind; hier gibt es kein Ausweichen, die Zeitungen müssen tatsächlich so schreiben, wenn sie mit der verordneten Staatsorthographie übereinstimmen wollen. Die Zeitungen wollen sich ein Allerweltswort wie "jedesmal" verbieten lassen und nur noch "jedes Mal" schreiben - um der Einheitlichkeit willen, die durch den Mutwillen einer winzigen Gruppe von Reformeiferern zerstört wurde. Man wird sehen, ob auch die FAZ es wagt, ihre Leser mit "deplatziert" zu quälen. Anlaß zur Hoffnung besteht nicht, schließlich hat sie es schon einmal ein Jahr lang getan. Die Zeitungen werden durch die Reformschreibung keinen Leser hinzugewinnen, ein paar verlieren und sehr viele verärgern. Wie sehr all dies zur allgemeinen Verdrossenheit beiträgt, läßt sich kaum ermessen. Das Ansehen der Politiker dürfte noch weiter sinken, die Vermutung allgemeiner Verfilzung mit Lobbyisten stärker werden. Wir wissen ja auch nicht, was bei Axel Springer dahintersteckt, nur eins ist sicher: Döpfner kann unmöglich selbst an die fadenscheinigen Begründungen glauben, die er seit Monaten herumschickt. Im zeitigen Frühjahr haben sich die Verlage von Zehetmair beschwatzen lassen, der ebenso wenig wie sie selbst wußte, wie die Neuregelung nach der dritten Revision nun eigentlich aussieht. Man hat also die Katze im Sack gekauft - aber was ist dafür bezahlt worden? Die Duden-Zusage, rechtzeitig mit einer erträglichen Empfehlungsliteratur und -software auf dem Markt zu sein, lag schon vor. Darüber hinaus aber nur die Versicherung des Reform-Reisenden, daß "80 Prozent" (oder so ähnlich) des Anstößigen nun beseitigt seien.
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