23.05.2006 Theodor Ickler Große Mäuler, kurze BeineEin Gedenkblatt aus Österreich (2000)»Neue Rechtschreibung – Zwei Jahre nach offizieller InkraftsetzungZwei Jahre nach der offiziellen Inkraftsetzung der Rechtschreibreform am 1.8.1998 kann gesagt werden, dass im Schulbereich die Umsetzungsmaßnahmen sehr weit gediehen und an vielen Schulen bereits abgeschlossen sind. Um den Schülerinnen und Schülern ein späteres Umlernen zu ersparen, wurden unmittelbar, nachdem eine Erklärung zur Neuregelung von politischen Vertretern aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und Liechtenstein sowie einer Reihe von Ländern, in denen Deutsch Minderheitensprache ist, unterzeichnet wurde, alle Schulen über die Reform informiert und man hat es den Schulen freigestellt, bereits ab dem Schuljahr 1996/97 nach der neuen Schreibung zu unterrichten. Dies wurde dann auch im Interesse der Kinder wahrgenommen. Mit Schuljahr 1998/99 haben dann alle Schulen auf die neue Rechtschreibung umgestellt. Um die zeitgerechte Umsetzung der Rechtschreibreform sicherzustellen, wurden vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur schon im Jänner 1997 die Leistungsbeurteilungs-Verordnung novelliert und die Lehrplan-Teile "Rechtschreiben" geändert, die dann ab 1. September 1998 vorlagen. Weiters wurden allen Lehrerinnen und Lehrern die Kenntnisse über die neue deutsche Rechtschreibung im Rahmen der Fort- und Weiterbildungskurse der Pädagogischen Institute und der Arbeitsgemeinschaften vermittelt. Hand in Hand mit der Umstellung auf die neue Rechtschreibung im Schulbereich begannen die Umstellungsarbeiten für die österreichischen Schulbuchverlage. Bereits im Schuljahr 1996/97 war die Nachfrage nach "rechtschreibreformierten" Schulbüchern sehr groß. · Im Schuljahres 1999/2000 war das Gros der Schulbücher bereits umgestellt, speziell die sprachrelevanten Bücher. Erste Erhebungen im Schulbereich haben ergeben, dass die Neuregelung an den Schulen insgesamt positiv aufgenommen wird. · Zwei Drittel der Lehrerinnen und Lehrer sind der Ansicht, dass die neuen Schreibweisen Vereinfachungen bringen. Dies wird auch durch die Abnahme von Rechtschreibfehlern bestätigt. · Die 19. Auflage des Duden (bisherige Rechtschreibung) enthielt nicht weniger als 212 Regeln, die meist zahlreiche Unter- und Sonderregeln aufwiesen. · Durch die Rechtschreibreform wurden die Regeln gestrafft und auf die Hälfte reduziert (nach der Reform ca. 110 Regeln) und somit Lernhindernisse abgebaut. Bereits bei den ersten Umfragen (Dez. 1997) wurde von den Volksschulen in Österreich mitgeteilt, dass in folgenden Bereichen methodisch-didaktische Erleichterungen durch die neue Rechtschreibung festzustellen sind. Erleichterungen in den einzelnen Bereichen: · 56% bei der Wortstammschreibung (inkl. s/ß-Schreibung) · 45% bei der Worttrennung · 22% bei der Beistrichsetzung · 8% bei der Groß- und Kleinschreibung · 8% bei der Getrennt- und Zusammenschreibung Positive Ergebnisse gibt es auch in Deutschland, wie eine dpa-Umfrage in mehreren Bundesländern ergab. Auch die Umsetzung der Rechtschreibreform im Bereich der öffentlichen Verwaltung ist bereits sehr gut angelaufen. Der rechtliche Ausgangspunkt der Umsetzung der Rechtschreibreform im inneren Dienst der Bundesministerien ist der Beschluss der Bundesregierung vom 23. Juli 1998. Mittels Ministervortrages des Bundeskanzlers wurde die Bundesregierung betreffend die Umsetzung der Rechtschreibreform in der Bundesverwaltung informiert und die Bundesminister/innen eingeladen, in ihrem jeweiligen Wirkungsbereich in geeigneter Weise für die Umsetzung der neuen Rechtschreibregeln Sorge zu tragen. Ziel ist es, dass im Bereich der öffentlichen Verwaltung mit der Jahrtausendwende nur mehr Texte in der neuen Schreibweise produziert werden. Auf Grund der dem bm:bwk vorliegenden Informationen kann auch gesagt werden, dass die Umstellung auf die neue Rechtschreibung in allen Bereichen bereits gut angelaufen ist. Neben der Umstellung in der öffentlichen Verwaltung haben u.a. bereits der ÖGB, das Österr. Normungsinstitut, Banken, Versicherungen, Krankenanstalten, Wirtschaftskammer Östereichs, Arbeiterkammer auf die neue Rechtschreibung umgestellt bzw. befinden sich in der Umstellungsphase. Auch viele Firmen und Privatpersonen haben vom bm:bwk Unterlagen angefordert und befinden sich ebenfalls in der Umstellungsphase. Es war Schülerinnen und Schülern aber auch vielen Erwachsenen bisher nicht ganz verständlich, dass "mit Bezug auf," aber "in bezug auf" geschrieben wurde. Gleiches gilt für: "Schlange stehen", aber "kopfstehen", oder "diät leben", aber "eine Diät halten". Warum hat es dem "st" geschmerzt, wenn man es trennte, aber nicht dem "sp"? Warum schrieb man nach der bisherigen Rechtschreibung "numerieren" mit einem "m", obwohl dieses Wort offensichtlich von "Nummer" abgeleitet wird? Weiters wurde "Schifffracht" aber "Schiffahrt" geschrieben. Diese wenigen Beispiele zeigen auf, wie kompliziert und unübersichtlich die bisherige Rechtschreibung war. Ziel dieser Reform war es deshalb, das System für die Schreibenden zu vereinfachen, ohne dass aber die Lesenden daraus Nachteile haben. Im Computerbereich wird z.B. ständig an der Erleichterung des Umgangs mit der Software gearbeitet, um die Programme benutzerfreundlicher zu machen. Und wir sollten die Rechtschreibung absichtlich kompliziert halten? Natürlich werden auch in der Zukunft in der deutschen Rechtschreibung Fehler gemacht werden, da es die "einfache" deutsche Rechtschreibung nicht gibt und es sie nicht geben kann. Doch durch die neuen Regeln werden es weniger Fehler sein. Das Koordinationskomitee für Orthographie beim Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur das im Auftrag der Unterzeichnerländer die internationale und für Österreich die nationale Koordination der Neuregelung der deutschen Rechtschreibung wahrnimmt, bietet kostenlose Hilfestellungen und Schulungen an und steht für diesbezügliche Anfragen unter Tel.-Nr. 01/53120-4600/4601 und Fax Nr. 01/53120-4605 sowie unter der E-Mail-Adresse renate.poelzl@bmuk.gv.at zur Verfügung.« Bisher hat sich noch niemand für die so offensichtliche Lüge mit den reduzierten Regeln entschuldigt. Ich spreche weiterhin von "Lüge", weil die verantwortlichen Miturheber der Reform ja genau wußten, was sie taten, als sie die Numerierung änderten. Es hat übrigens keinen Zweck, die angegebene Adresse zu benutzen, denn Frau Pölzl ist nicht mehr im Dienst, ebenso wie der Hauptverantwortliche in Österreich, Ministerialrat Fritz Rosenberger. Auch sonst haben sich fast alle verkrümelt, nur Karl Blüml, ein Wunder an Sitzfleisch, ist weiterhin im Rechtschreibrat und anderswo für die Reform tätig, die er ebenso ungerührt wieder abbaut, wie er bei ihrem Aufbau mitgeholfen hat.
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