05.04.2006


Theodor Ickler

Alles klar?

Gallmanns Zuordnungsgedanke

Ergänzung zum Eintrag vom 6.11.2005
Dritter Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission: „Der syntaktische Status des Bestandteils Not lässt sich nicht ohne weiteres bestimmen; jedenfalls liegt kein Akkkusativobjekt vor, auf das mit einem Pronomen Bezug genommen werden kann. Dessen ungeachtet kann der Bestandteil Not klar dem substantivischen Lexem (die) Not zugeordnet werden.“ (S. 70)
Dieser Gedanke (er geht auf den Schweizer Reformer Gallmann zurück) ist keineswegs zwingend. Was soll es denn heißen, daß das Wort „klar zugeordnet“ werden kann? Doch bloß, daß es das Substantiv Not zweifelsfrei gibt. Syntaktisch ist aber doch gerade die Frage, ob es in Not tun vorliegt, und dafür wird kein unabhängiges Argument angeführt. Ähnlich verfahren die Reformer bei verschiedenen anderen Neuschreibungen wie Recht haben oder heute Abend. Immer nach dem Gallmannschen Motto: Wenn wir bei der Wortartbestimmung überhaupt nicht mehr weiterkommen, dann greifen wir zum „Lexikon“ und schauen nach, ob es ein gleichlautendes Substantiv gibt, und das soll es dann sein („Zuordnung“)! Wenn Grammatik so einfach wäre!
Im Rat für deutsche Rechtschreibung hat sich ganz zuletzt die Einsicht durchgesetzt, daß not keineswegs „klar dem substantivischen Lexem zugeordnet werden kann“. Weil die Reformer um Eisenberg aber immer noch nicht wissen, wie es sich wirklich verhält, führen sie nun obligatorisch Zusammenschreibung ein: nottun. Natürlich mit Ausnahme von not sein. Warum soll man Reformern folgen, die so hilflos durch die deutsche Grammatik tappen?


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