15.02.2006 Theodor Ickler Aus dem Leben eines Rechtschreibrates VJuli 20055. Sitzung, Mannheim, 1. 7 .2005, 11–15 UhrEs fehlen: Gebele, Müller, Zilk, Fürstner, Pörksen (Wozu läßt Zilk sich wählen, wenn er nie teilnimmt?) Sitta sagt diesmal kein Wort und geht um 13 Uhr. Stillemunkes sitzt wieder als Beobachter dabei. Zehetmair teilt mit: Im März 2006 wird sich die MPK nochmals mit der RSR befassen. Stoiber stärkt dem Rat den Rücken, hat mit Minister Schneider gesprochen, will gemeinsam mit Rüttgers am 14. Juli 2005 einen Vorstoß unternehmen, allerdings sei keine wesentliche Korrektur der Beschlüsse zu erwarten. Besch stellt mit einiger Schärfe fest, daß er sich wie auf einer Placebo-Veranstaltung vorkommt. Wozu jahrelang immer wieder zusammentreten, um sprachwissenschaftlich Unhaltbares zu reparieren? Gegen Patchwork-Reform, gegen KMK-Beschluß. Ich hatte anläßlich der Tagesordnung darauf hingewiesen, daß laut neuer „Vereinbarung“ vom 17. Juni die Silbentrennung nicht mehr auf dem Programm steht. Niemand scheint diese Vereinbarung zu kennen (auch Zehetmair scheint überrascht, als ich daraus vorlese) – nur Tangermann, der sie auf dem Dienstwege erhalten hat, was noch einmal seine gespaltene Loyalität (als Mitarbeiter des Berliner Schulsenats und als Vertreter des Germanistenverbandes) hervorhebt. Ich weise darauf hin, daß es mit der bloßen Wiederzulassung von „ratsuchend“ usw. nicht getan ist, weil es eine ganze Reihe von Gründen gibt, aus denen einmal das Kompositum, einmal die Wortgruppe stehen muß. (Dies wird ins Sondervotum geschrieben werden müssen, da die wenigsten es einsehen.) Ich rege an, den Begriff „adjektivisch gebraucht“ endlich zu definieren. Nach langer Diskussion rückt Schrodt mit der Deutung heraus: es sei gemeint „eine Eigenschaft bezeichnend“. Sehr überraschend, und ich kann nicht mehr herausfinden, ob die Arbeitsgruppe wirklich eine solche semantische und ziemlich irreführende Begriffsbestimmung im Sinn hatte, kann es mir kaum vorstellen. Dem Passus, wonach §§ 38 und 39 (weitgehend) unverändert bleiben sollen, stimme ich nicht zu. Ich spreche die Erwartung aus, daß „Handvoll“ usw. im endgültigen Wörterverzeichnis stehen werden. Eisenberg sichert das zu, ist im übrigen der Meinung, daß §§ 38 u. 39 so wirr sind, daß allein aus diesem Grund eine Überarbeitung gar nicht erst versucht wurde. Stillemunkes meldet sich, weil einiges, was der Rat wiederhergestellt wissen will, nach dem 1. August der „Toleranz“ unterliege. Ich weise darauf hin, daß Toleranz nicht Anerkennung bedeute und daß es kränkend und unerträglich sei, wenn Schülern völlig richtige, landesübliche Schreibweisen als Fehler angestrichen, wenn auch nicht notenrelevant angerechnet werden. Silbentrennung: Hoberg will alles lassen, ebenso viele andere. Man brauche ja die Trennungen nicht anzuwenden, wenn man sie nicht mag. Nur Haider ist mit mir einer Meinung, daß die Wörterbücher eine Qualitätssilbentrennung bieten müßten, Sprachkultur. Ich trage die Hauptgründe vor, die für Revision sprechen: 1. Lebendige Fremdwortbildung aus Elementen besonders des Lateinischen und Griechischen, die insofern als Teile des Deutschen gelten müssen; 2. Unterscheidung der Register, in denen solche Wörter wie „Kontrition“ usw. überhaupt vorkommen, weshalb die kindlichen Trennungen keinerlei Vorteile haben. Hier ist aber keine Einigung zu erwarten. Groß- und Kleinschreibung soll nach dem Willen der meisten (aber ohne Abstimmung) nicht mehr geändert werden. Banse ist besonders dagegen und behauptet, es gebe keinerlei Zeitdruck. Ich entgegne, daß die Kultusminister mit ihrer Teilverbindlichmachung zum 1. August den stärksten Zeitdruck erzeugt haben und lese aus meiner Liste vor, was alles verbindlich werden soll. Schrodt behauptet, wenn die GKS verändert werde („im Allgemeinen“ usw.), breche die ganze Reform zusammen. Zehetmair hält ihm sehr richtig entgegen, wenn er keine Veränderung wolle, könne er das ja in der Diskussion sagen, aber daß wir darüber diskutieren werden, stehe fest. Siegel trägt ihren unsinnigen Vorstoß wg. professioneller Website vor, es wird sogar beschlossen, Geld bei den staatlichen Stellen dafür zu beantragen. Alle stimmen zu, nur ich enthalte mich. Diesen Öffentlichkeitsarbeitern ist die Sache selbst gleichgültig, sie reiten nur ihr Steckenpferd der „Kommunikation“. Zehetmair verliest Brief von Thies: Die KMK gedenkt die Reisekosten der deutschen Mitglieder nicht zu übernehmen, denn es sei davon auszugehen, daß die Mitglieder ein Eigeninteresse an der Mitarbeit hätten.
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