05.02.2006


Theodor Ickler

Sonntagmorgen

Die Revision bleibt auf halbem Wege stehen

Mit seinen Beschlüssen vom 3.2.2006 hat der Rat für deutsche Rechtschreibung sich selbst das Urteil gesprochen.
Die Revision der bereits mehrmals revidierten Rechtschreibreform bleibt auf halbem Wege stehen, soll aber nicht zu Ende sein. Wie kann man auf dieser Grundlage Wörterbücher schaffen und Schüler unterrichten? Zugleich ist die herkömmliche Rechtschreibung quicklebendig und erweist sich in jeder Hinsicht als die eigentlich moderne, leserfreundliche.

Ich blättere in alten Aufzeichnungen. Zum Schamlosesten, was über die Reform und ihre Kritiker geschrieben wurde, gehört der Artikel im Focus vom 16.8.2004 unter dem bezeichnenden Titel „Revolte gegen die Schüler“. Die Verfasser wußten nämlich genau Bescheid. Trotzdem schrieben sie über die widerspenstigen Medien FAZ, Axel Springer Verlag und Spiegel: „Eins aber haben die Schreibrevoluzzer erreicht: Deutschland ist wieder geteilt.“ Der Rest ist auch nicht besser. Man könnte gelegentlich Herrn Steinbrück an seine dort wiedergegebenen Äußerungen erinnern. Wahrscheinlich würde er sie als Geschwätz von gestern bezeichnen.

Jetzt wissen wir auch, was „den Sprachwandel beobachten“ bedeutet: beobachten, welche Folgen der gewaltsame Eingriff des Staates hat. Es ist ein elendes Geschäft, unter künstlich erzeugtem Zeitdruck an der Reform herumreparieren zu müssen und dabei nicht einmal zugeben zu dürfen, daß man repariert; „weiterentwickeln“ muß man es gehorsamst nennen.

Gespräch mit einem Augen- und Ohrenzeugen. Während der Pressekonferenz am 3.2.2006 soll der Ratsvorsitzende Zehetmair gesagt haben, es seien ihm immer noch zu viele Professoren im Rat. Ich warte auf den Mitschnitt.


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