28.01.2006


Theodor Ickler

Vor dem Abgrund

Der Rat für Rechtschreibung hat keine Zukunft

Er scheitert wahrscheinlich schon an der Groß- und Kleinschreibung. Die Entschlossenheit der Ratsmehrheit, sowohl bei der Terminsetzung als auch mit der willkürlichen Begrenzung der Agenda den Wünschen der Kultusminister nachzugeben, läßt ein brauchbares Ergebnis einfach nicht mehr zu.
Hinzu kommt ja noch die Weigerung, die Laut-Buchstaben-Beziehungen auch nur zu behandeln. Da der Rat bisher so gut wie nichts erreicht hat außer der Aufhebung einer evident unsinnigen Silbentrennregel, ist der zu erwartende Kompromiß praktisch mit der Revision von 2004 identisch und daher genauso wenig akzeptabel. Die Bevölkerung weiß das, aber sie muß noch viel intensiver über die skandalöse Konstruktion von Rat und "Anhörungen" aufgeklärt werden. Reformer gutachten über sich selbst, und anschließend gutachten die Gutachter über ihre Gutachten.

Heute kam noch eine Ladung Stellungnahmen, das meiste vorhersehbar (manchmal bloß dreieinhalb Zeilen von Ratsmitgliedern, die alles gut finden), aber immerhin auch eine sehr ausführliche vom Deutschen Elternverein und eine bemerkenswert sachkundige vom P.E.N.-Zentrum Deutschland. Außerdem war meine Stellungnahme zur Vorlage "Groß- und Kleinschreibung" dabei. Da der Rat die Laut-Buchstaben-Entsprechungen nicht behandeln will, werde ich den einzelnen Mitgliedern ein aktualisiertes Papier zu diesem Thema persönlich zuschicken, damit sie wenigstens auf diese Weise sehen, was ihnen entgeht, zum Beispiel die Sache mit der Duineser Elegie in KMK-Schreibung.

Aber zunächst steht die Groß- und Kleinschreibung an. Es wäre nicht ohne einen Anflug von historischer Gerechtigkeit, wenn der Rat hieran scheiterte, denn dies war es ja, was die Reformer anfangs fast ausschließlich ändern wollten.


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