21.09.2013


Theodor Ickler

ja ja, nein nein

Der neue Papst "steht Rede und Antwort"

Neuer Papst, neuer Jubel. Warten wir's ab.

Der Tagesspiegel berichtet:

Für Franziskus stehen die Menschen und ihre jeweiligen Lebensumstände im Mittelpunkt. Die Kirche dürfe ihnen kein allgemeingültiges Gesetz überstülpen, sondern müsse jedem Einzelnen mit Barmherzigkeit und Liebe begegnen. Das gelte auch für diejenigen, die von der katholischen Lehre verurteilt werden, für Homosexuelle, für Frauen, die abgetrieben haben, oder für wiederverheiratete Geschiedene. „Es darf keine spirituelle Einmischung in das persönliche Leben geben“, stellt Franziskus klar. Auf die Frage, ob er Homosexualität billige, antwortet er mit einer Gegenfrage: „Wenn Gott eine homosexuelle Person sieht, schaut er die Tatsache mit Liebe an oder verurteilt er sie und weist sie zurück?“ Man müsse immer die Person anschauen. „Wir treten hier in das Geheimnis der Person ein. Gott begleitet die Menschen durch das Leben, und wir müssen sie begleiten und ausgehen von ihrer Situation. Wir müssen sie mit Barmherzigkeit begleiten.“ (Tagesspiegel 20.9.13)

Merkels Antworten auf Journalistenfragen sind ein Wunder an Klarheit dagegen. Die entscheidende Frage, die sehr viele Menschen interessiert, ist doch – um nur dies herauszugreifen –, ob die Haltung der Kirche zur Homosexualität sich ändert. Ob also die einschlägigen Artikel des Katechismus fortbestehen oder nicht. Leider lesen die Leute nicht nach, aber es lohnt sich:

2357 Homosexuell sind Beziehungen von Männern oder Frauen, die sich in geschlechtlicher Hinsicht ausschließlich oder vorwiegend zu Menschen gleichen Geschlechtes hingezogen fühlen. Homosexualität tritt in verschiedenen Zeiten und Kulturen in sehr wechselhaften Formen auf. Ihre psychische Entstehung ist noch weitgehend ungeklärt. Gestützt auf die Heilige Schrift, die sie als schlimme Abirrung bezeichnet [Vgl. Gen 19, 1–29; Röm 1,24–27; 1 Kor 6,10; 1 Tim 1,10.], hat die kirchliche Überlieferung stets erklärt, „daß die homosexuellen Handlungen in sich nicht in Ordnung sind" (CDF, Erkl. „Persona humana" 8). Sie verstoßen gegen das natürliche Gesetz, denn die Weitergabe des Lebens bleibt beim Geschlechtsakt ausgeschlossen. Sie entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit. Sie sind in keinem Fall zu billigen.
 
2358 Eine nicht geringe Anzahl von Männern und Frauen sind homosexuell veranlagt. Sie haben diese Veranlagung nicht selbst gewählt; für die meisten von ihnen stellt sie eine Prüfung dar. Ihnen ist mit Achtung, Mitleid und Takt zu begegnen. Man hüte sich, sie in irgend einer Weise ungerecht zurückzusetzen. Auch diese Menschen sind berufen, in ihrem Leben den Willen Gottes zu erfüllen und, wenn sie Christen sind, die Schwierigkeiten, die ihnen aus ihrer Veranlagung erwachsen können, mit dem Kreuzesopfer des Herrn zu vereinen.
 
2359 Homosexuelle Menschen sind zur Keuschheit gerufen. Durch die Tugenden der Selbstbeherrschung, die zur inneren Freiheit erziehen, können und sollen sie sich – vielleicht auch mit Hilfe einer selbstlosen Freundschaft –‚ durch das Gebet und die sakramentale Gnade Schritt um Schritt, aber entschieden der christlichen Vollkommenheit annähern.


(Dort auch Interessantes zur Masturbation (2352) und zur Ehescheidung (2384ff.).)

Es geht also schon lange nicht mehr darum, Homosexuelle von der Erde zu vertilgen, und die Barmherzigkeit ihnen gegenüber ist keineswegs neu. Aber dürfen sie auch so leben, wie sie es wollen? Auch die Frage, ob wiederverheiratete Geschiedene zu den Sakramenten zugelassen werden, müßte mit einem schlichten Ja oder Nein zu beantworten sein, wie Jesus es gefordert hat. In Talkrunden läßt man so ausweichende Antworten nicht zu, warum sollte man in diesem Fall ehrfürchtig schweigen oder gar von einem "katholischen Frühling" schwärmen?

Manchmal kommt es mir so vor, als ob nur wir Ungläubigen Jesus ernst nähmen.


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