20.09.2013 Theodor Ickler bisBeobachtungen zu einem grammatischen „Grenzgänger“In den meisten Wörterbüchern und Grammatiken gilt bis als Präposition. Sie soll den Akkusativ regieren, in einigen Fällen sei aber, so wird vermerkt, kein Kasus erkennbar. So etwa Dudengrammatik 2005:619 u.ö.Kurios ist der Eintrag im DUW (2001): „DUW: bis I. Aus keinem einzigen Beispiel geht eindeutig die behauptete Akkusativrektion hervor. Eisenberg behauptet ebenfalls: „Einige Präpositionen können (...) andere PrGr (Sie läuft bis nach Ulm) nehmen.“ (Grundriß der deutschen Grammatik II, Stuttgart 1999:189) Es ist offensichtlich unwesentlich, daß das Adverbial, dem bis vorangeht, seinerseits mit einer Präposition beginnt; vgl. Sie läuft bis dorthin. (Derselbe Fehler bei Hentschel/Weydt 1994:196: bis regiere weitere Präpositionen: bis zum Ende. Ferner Wolfgang Boettcher: Grammatik verstehen. Band 1: Wort. Tübingen 2009:146; ebenso Wilhelm Grießhaber: „Eine Sonderrolle kommt (...) der Präposition bis zu, die keine Kasuszuweisung aufweist, dafür aber als Subkategorisierung eine weitere PP als Argument verlangt.“ (Ludger Hoffmann (Hg.): Handbuch der deutschen Wortarten. Berlin 2007:642) Unter Eisenbergs „Aufgaben“ (Nr. 59) heißt es: „Stellen Sie die Präpositionen zusammen, die andere Präpositionen regieren.“ Lösungshinweis: „Beispiele: seit über drei Wochen; bis nach Augsburg; Schäden an über zehn Prozent des Waldes; ein Preis von über 100 Mark; infolge von Witterungseinflüssen; gegenüber von mir; von unter der Brücke. Das hier vorliegende Rektionsverhalten ist u. W. im Einzelnen noch nicht untersucht.“ (467f.) (Dabei fehlt sogar noch die Häufung von bis zu zehn Prozent usw.: Die belgische Interbrew beziffert das Gesamtvolumen der Übernahme auf bis zu über eine halbe Milliarde €. (Nürnberger Nachrichten 19.9.03)) In keinem Fall wird die Präposition von der vorangehenden regiert. Bei seit, an, infolge, gegenüber und von ist immerhin sicher, daß sie einen bestimmten Kasus regieren können, nur bei bis nicht, denn die Akkusative, die man hier gelegentlich findet, gehören jeweils zum Adverbial und sind von bis unabhängig: bis wann? - bis nächsten Sonntag (= bis + nächsten Sonntag). Dieser adverbiale Akkusativ steht auch nach Präpositionen, die eindeutig den Dativ regieren: seit letzten Freitag usw. (gegenüber regiertem seit letztem Freitag, seit dem letzten Freitag). Ein Grenzfall ist bis zwölften Januar, wozu Wahrig: Fehlerfreies und gutes Deutsch. 2003:462 bemerkt: „Der Akkusativ wird nur bei bestimmten Zeitangaben deutlich, wenn sie ein adjektivisches Attribut aufweisen: ... bis nächsten Montag, bis zwölften Januar. Auch hier ist aber wahrscheinlich der Akkusativ nicht regiert, auch wenn es zwölften Januar allein nicht gibt, sondern nur den zwölften Januar. In einem anderen Zusammenhang bringt Sütterlin das Beispiel: bis südlicher Münsterplatz, wo überraschenderweise der Nominativ steht, offenbar als reine Nennung ohne grammatische Integration. Nichtintegriert wirken auch die artikellosen Fügungen: Ich wohne Ringstr. 46, er fährt (bis) Hauptbahnhof. Einer Anregung Sekiguchis folgend könnte man so interpungieren, um die Nichtintegriertheit sichtbar zu machen: Ich wohne: Ringstr. 46, er fährt (bis): Hauptbahnhof, südlicher Münsterplatz. Die Partikel bis hat noch andere Gebrauchsweisen, die man aber intuitiv nicht von der präpositionsähnlichen trennen möchte: Die schlampigen bis komischen Aspekte der Agentenaffäre scheinen jedoch weder Washington noch Moskau zu amüsieren. (welt.de 30.6.10) Ähnlich: sechs bis sieben Personen. Als Konjunktion: bis ich wiederkomme (veraltet: bis daß ich wiederkomme). Es scheint kein weiteres Wort mit diesen Eigenschaften zu geben, so daß es schwer fällt, bis einer bestimmten Kategorie zuzuordnen.
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