11.11.2011


Theodor Ickler

Alles wieder heil

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung ist mit sich zufrieden

In ihrer "Denkschrift" vom September 2011 schreibt die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung:

"Angesichts dieser großräumigen kulturellen Veränderungen kann der vieljährige Streit um die Rechtschreibreform kleinlich, manchmal bizarr wirken. Mit ihm aber ist der Deutschen Akademie eine nationale Aufgabe zugewachsen, an die bei ihrer Gründung niemand gedacht hat. Die Leidenschaft, mit der um die Rechtschreibung gestritten wurde, zeigt, dass vielen Menschen in unserem Land, weit über universitäre Gremien hinaus, die Gestalt des Deutschen, ihrer Sprache, ein Herzensanliegen ist. Der entscheidende Irrtum dieser nach politischen Vorgaben betriebenen Reform erwuchs aus ihrer mangelhaften fachlichen Fundierung, die nicht in Rechnung stellen wollte, dass ein Eingriff in die Schrift auch ein Eingriff in die Sprache ist. Ein Fehler war zudem, dass den Frauen und Männern, die ihr Leben schreibend verbringen – den Schriftsstellern, Lyrikern, Übersetzern, Philosophen, Juristen und Historikern, den Journalisten und Essayisten – keine Stimme im Rat der Reformer zugestanden wurde. Das führte zu einem Widerstand gegen das Reformvorhaben, der politische Dimensionen annahm. Diesen Kulturbruch konnte die Deutsche Akademie durch ihre Mitwirkung am Rechtschreibkompromiss und ihre Teilnahme am Rat für deutsche Rechtschreibung wieder heilen."

(Der Abschnitt stammt zweifellos von Peter Eisenberg.)

Der schlimme Zustand der Reform auch in ihrer gegenwärtigen Fassung scheint die Akademiker gar nicht mehr zu stören – was auch nicht dadurch entschuldigt wird, daß höchsten drei oder vier Mitglieder ihn überhaupt kennen. Die "Frauen und Männer" haben sich dafür nie interessiert und tun es auch heute nicht.

"Die Korrektur der technokratischen Rechtschreibreform und ihrer Folgen für die Sprachgemeinschaft hat die Bedeutung der Deutschen Akademie bewiesen und gestärkt. Sie darf aus der Verantwortung für die Entwicklung der Sprache nun nicht mehr entlassen werden." (S. 16)

Wieso war die Rechtschreibreform technokratisch? Es ging teils um uralte Reformideen, teils um die kindlichen Wünsche des Herrn Augst. Technokratisch wäre eine Reform, wenn sie beispielsweise im Dienst der automatischen Sprachverarbeitung stünde, aber das war ja hier gerade nicht der Fall.

An einer anderen Stelle behaupten die Verfasser, durch ihre Preisverleihungen habe die DASD "Vorbilder für den allgemeinen Sprachgebrauch gefördert und erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der Sprache genommen." (S. 8) Das ist ebenso hochgestapelt wie der ganze Text. Die DASD hatte nie irgendeine Verantwortung für die Sprachentwicklung und hat auch niemals darauf eingewirkt. Außer der Rechtschreibreform, wo sie sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat und nur auf die Vergeßlichkeit der Leute setzen kann, erwähnt die Akademie nichts Konkretes. Was sie eigentlich geleistet hat und in Zukunft zu leisten gedenkt, bleibt vollkommen vage.


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