19.01.2010


Theodor Ickler

Unwort des Jahres

betriebsratsverseucht

Auch mit dem "Unwort des Jahres" schafft es ein Grüppchen, zu dem überflüssigerweise auch Sprachwissenschaftler gehören, immer wieder, in die Hauptnachrichten zu kommen.
So wenig wie beim Wort des Jahres werden die vielen Einsendungen berücksichtigt, die Jury entscheidet selbstherrlich, was sie bemerkenswert findet. (Das war schon beim Spitzenreiter "Rechtschreibreform" so, der dann nicht einmal in die engere Wahl kam.) Das Wort muß nicht einmal bekannt sein, ja, sie könnte es auch frei erfinden, denn es geht ja nur darum, die eigene gute Gesinnung heraushängen zu lassen. Und "gut" heißt hier: sozialdemokratisch, gewerkschaftlich. Man sehe sich die Liste der vergangenen Jahre an. In der Schweiz und in Österreich scheint mir diese Tendenz nicht so eindeutig. Der neueste Hit, "betriebsratsverseucht", kennzeichnet ja in einem Land, dessen Unternehmen zum Erstaunen der übrigen Welt so stark mitbestimmt sind, keineswegs eine verbreitete Einstellung, sondern kommt selbst vielen Leserbriefschreibern eher exotisch vor. Aber das ist ganz egal, die Jury hat es uns wieder mal so richtig hingerieben, was für böse Menschen es doch bei denen da oben gibt. Dabei hätte sie nach dem Patzer mit "Humankapital" doch mal für eine Weile still sein können.


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