24.07.2009


Theodor Ickler

Platt gemacht

Themenheft des SZ-Magazins

Zum zehnjährigen Jubiläum ihrer orthographischen Unterwerfung bringt die Süddeutsche Zeitung ein Themenheft ihres "Magazin" heraus, das sich mit der deutschen Sprache beschäftigt, mit der Rechtschreibung aber nur im einleitenden Beitrag von Andreas Bernard.
Den Gegnern im Streit wird unterstellt, sie hätten das Thema nur benutzt, um sich aufzuspielen. Zur Trennung von st weiß er: "Wie ernüchternd war dann die Information, dass diese orthografische Regel in Wahrheit mit den technischen Gegebenheiten des Buchdrucks zu tun hat" usw. – als wenn das je eine überraschende Neuigkeit gewesen wäre, die uns Kritikern gewissermaßen den Wind aus den Segeln genommen hätte! Bernard spricht von den "jahrzehntelangen Versuchen der DDR, die Großschreibung im Deutschen abzuschaffen." Nun, Nerius war zwar Ostdeutscher, aber der Westdeutsche Mentrup und die GEW haben viel heftiger für die Kleinschreibung gestritten, einen zentralen Programmpunkt fast aller Reformvorschläge seit zweihundert Jahren. Und klein geschrieben wurde von etlichen Medien in der Bundesrepublik, nicht in der DDR.

"Ein besonders leidenschaftlicher Gegner der Reform beklagt in seinen Schriften seit Jahren die Vielzahl 'unvernünftiger' Korrekturen – und genau in diesem Begriff liegt vielleicht der ganze Irrtum der Sprachpflege." Wen mag er meinen? Ich kann es nicht sein, denn in meinen Schriften kommt der Begriff "unvernünftig" nicht vor, schon gar nicht "unvernünftige Korrekturen" – was immer das sein mag. Der Verfasser meint, daß in der Sprache und Schrift nur Konvention und Willkür herrschen, aber es waren die Reformer (Augst), die stets auf den systematischen Charakter der Orthographie hingewiesen haben, mit Recht natürlich.

Bernard schreibt, wie so viele Journalisten, im Ton der Erhabenheit über die Niederungen des Streits, aber man erkennt gleich, daß diese Abgehobenheit nur auf Unkenntnis und Faulheit beruht, nicht auf langer Beschäftigung mit der Sache.
In einer Bildunterschrift ist von "selbst ernannten" Sprachpflegern die Rede. Diese Getrenntschreibung empfiehlt auch der Duden.


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