01.04.2009


Theodor Ickler

Folgekosten

Geographische Namen und Rechtschreibreform

Wolfram Metz hat im Diskussionsforum auf die Umstellung geographischer Namen hingewiesen. Ich zitiere dazu aus meinem Kritischen Kommentar von 1997:

»(3.2) Für Eigennamen (Vornamen, Familiennamen, geografische Namen und dergleichen) gelten im Allgemeinen amtliche Schreibungen. Diese entsprechen nicht immer den folgenden Regeln.

Kommentar:
Hiernach sollte man meinen, daß sich die Reform auf geographische Namen nicht ohne weiteres auswirkt. Die neuen Wörterbücher und Lexika sowie Atlanten scheinen sich jedoch einig zu sein, daß Rußland und Elsaß neuerdings mit ss geschrieben werden, während sich Preßburg zunächst nicht änderte; erst im Duden von 2004 ist es zu Pressburg geworden. Nach Auskunft der Dudenredaktion sind Rußland und Elsaß keine amtlich festgelegten Namen und können daher der Neuschreibung unterworfen werden; hier scheint jedoch eine gewisse Willkür zu herrschen.
Eine genauere Untersuchung1 hat ergeben, daß allein in Deutschland viele tausend topographische Namen (Flurnamen usw.) sich aufgrund der Reform ändern müßten, die meisten wegen der neuen ss-Schreibung, mehrere hundert aber auch wegen rauh > rau (Raue Alb usw.). Wegen des zu erwartenden Nebeneinanders geschützter und zu ändernder Namen kommt Karl August Seel abschließend zu der Empfehlung:
„Alle geographischen Namen sind historisch überlieferte und schützenswerte Toponyme. Sie sollten daher wie amtliche Namen und Eigennamen von der Rechtschreibreform ausgenommen und nicht abgeändert werden.“«
(Literaturhinweis: Karl August Seel: „Auswirkungen der Rechtschreibreform auf geographisch-topographisches Namensgut“. Kartographische Nachrichten 5, 1998, S. 186-188.)

Diese Mahnung hat naturgemäß nichts genutzt, obwohl die Geographen keineswegs verpflichtet waren, sich der Reformschreibung zu unterwerfen. Die behauptete Regelungsgewalt des Staates in diesem Bereich entstammt ja nur der Phantasie der Reformer.

Wolfgang Denk hat in seiner Untersuchung der Folgekosten auch die Umstellung der Kartenwerke usw. berücksichtigt, aber die Datengrundlage ist schmal.

Ob die Revisionen der Reformregeln noch weitere Auswirkungen in diesem Bereich gehabt haben, kann ich zur Zeit nicht sagen.


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