30.03.2009


Theodor Ickler

„Dekonstruktivistische Geschlechtertheorien“

Sprachwolken

Auf den Internetseiten der Friedrich-Ebert-Stiftung liest man folgendes:

»Was bedeutet "gender" ?
Die englische Sprache kennt Unterscheidungen, die in der deutschen Sprache nicht in gleicher Weise erfaßt werden: sie besitzt einen Begriff für die biologisch definierten Aspekte des Geschlechts in dem Wort "sex" und einen Begriff für die sozialen und kulturell definierten Aspekte des Geschlechts in dem Wort "gender". Eine genaue Übertragung des Begriffs gender ins Deutsche ist in einem einzigen Wort nicht möglich. Gender bedeutet soziale und kulturelle Geschlechterrolle.
(...)
Die dekonstruktivistischen Geschlechtertheorien legitimieren jede Art von Politik, die geschlechtliche Identitäten nicht ausgrenzt oder diskriminiert, sondern eine Vielzahl von Männlichkeit und Weiblichkeit zuläßt. Geschlecht wird als soziales Konstrukt angesehen. Diese Theorien entziehen jeder Form der Geschlechterherrschaft die Legitimation und ermutigen dazu, sich von allen Zuschreibungen aufgrund des Geschlechts zu befreien. Jede Überschreitung der gesellschaftlich definierten Geschlechtergrenzen kann damit zu einer politischen Aktion werden, die auf die prinzipielle Offenheit der Geschlechterrolle hinweist. Gesellschaftskritische Geschlechtertheorien bieten Analyseraster und Erkenntnisse über die je vorhandenen Formen der Geschlechterhierarchie und Frauendiskriminierung. Sie verstehen die Kategorie Geschlecht als äußerst wirksames Instrument, um Differenzen zwischen Individuen zu produzieren. Diese theoretischen Ansätze nehmen die realen Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern ernst, analysieren ihre Ausprägungen, ohne sie jedoch festschreiben zu wollen, im Gegenteil: die genaue Analyse von Herrschaftsstrukturen und Mechanismen wird dazu genutzt, angemessene Veränderungsstrategien zu entwickeln.«

Auf solche Sprachwolken, die sich ebenso auch bei der Bundeszentrale für politische Bildung und eigentlich überall in unendlicher Menge finden lassen, wird man eines Tages mit Kopfschütteln zurückblicken. Einstweilen schaffen sie Beschäftigung für zahllose Gleichstellungsbeauftragte usw.

Bevor eine Sache wissenschaftlich ausdiskutiert ist, zieht man schon politische Folgerungen, legt kostspielige, u. U. schädliche Programme auf usw. Wir kennen das ja.


Den Beitrag und dazu vorhandene Kommentare finden Sie online unter
http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1130