27.02.2009


Theodor Ickler

Bayerische Heimat

Kritische Vergleiche

Und weiter geht's am Stammtisch! Bischof Mixa hat in bewährter Weise die Abtreibungen mit der Judenvernichtung verglichen. Einige Zeitungen meinen allerdings, er habe gerade umgekehrt den "Holocaust" mit den Abtreibungen verglichen. Als ob dies dasselbe wäre!

Als Kanzler Kohl Gorbatschow mit Goebbels verglich, haben Sprachkritiker klargestellt, daß vergleichen nicht gleichsetzen bedeutet. Später sah man Gorbi und Kohl in den bekannten Strickjacken ganz locker beisammensitzen, und damit war irgendwie die Luft raus.

Was Mixa meint und gesagt ist hat, ist freilich gar nicht neu:

"11.6.2005 (KNA)
Kardinal Lehmann: Vergleich Abtreibung–Holocaust zulässig
Ein Vergleich des „Abtreibungsskandals“ mit dem Holocaust stellt nach Ansicht von Kardinal Lehmann nicht die Einzigartigkeit des historischen Holocaust in Frage. Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz bezog sich auf einen Vergleich, den Kölns Kardinal Meisner am Dreikönigstag gezogen hatte. Lehmann hob hervor, in diesem Punkte sei er uneingeschränkt mit dem Kölner Kardinal einig. Die Bischöfe verstünden die Unterschiede zwischen dem Abtreibungsskandal und der Ausrottung eines ganzen Volkes, sähen aber auch mögliche Ähnlichkeiten."

Ich habe schon mal Donald Davidson zitiert: "Everything is like everything, and in endless ways." (siehe hier)
Mit unseren großen blauen Augen lesen wir nun:

"Mixa stellte den von den Nationalsozialisten ermordeten rund sechs Millionen Juden die Zahl von etwa neun Millionen Abtreibungen gegenüber, die es laut Expertenschätzungen in den vergangenen 30 Jahren in Deutschland gegeben habe. «Diese neun Millionen fehlen uns», so Mixa weiter: «Ich sage deutlich, dass wir dadurch auch die Zukunft unserer bayerischen Heimat gefährden.»"

Ach so! Man erwartet von einem Bischof eigentlich eine andere Begründung. Diesen Ausrutscher scheint niemand bemerkt zu haben, alle starren bloß auf die andere Hälfte des Vergleichens.


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