13.01.2009 Theodor Ickler Großbuchstaben statt DefinitionenBemerkungen zu Peter von PolenzPeter von Polenz, ein Kritiker der Rechtschreibreform, hat seine "Deutsche Satzsemantik" bei de Gruyter noch einmal nachdrucken lassen, nur das Vorwort ist in Reformschreibung.Ich hatte mir vor etwa 20 Jahren einige Notizen zu dem Buch gemacht, die vielleicht einige Leser interessieren, weil sie eine Schwäche der neueren Sprachwissenschaft deutlich machen: Deutsche Satzsemantik. Berlin, New York 1985. Eine große Rolle spielt bei P. der Begriff der "Komprimierung" von Texten, worunter er so etwas wie einen großen Wert der Proportion "Inhalt"/"Ausdruck" versteht. Die heutige deutsche Sprache wird mehrfach durch ihre Neigung zu komprimiertem Ausdruck gekennzeichnet und diese Neigung als Charakteristikum moderner Lebensgestaltung dargestellt; teilweise schließen sich sprachkritische Bemerkungen an. – Was jedoch Komprimierung eigentlich sei, bleibt so unklar wie der Begriff "Inhalt". P. lehnt zu Beginn das naive Tennisball- oder Transportmodell für den "Inhalt" von Sprache ab, behält aber die ziemlich fragwürdige Saussuresche Metapher von Ausdrucks- und Inhaltsseite bei. Stellenweise scheint es, als verstehe er unter einem komprimierten Inhalt ein hohes Maß an Mitzuverstehendem oder vom Hörer zu Erschließendem. (Es gibt viele verschiedene Inhalts-Begriffe: Was der Sprecher meint, was der Hörer versteht, was die Worte bedeuten, worauf sich die Worte beziehen, unter welchen Umständen ein Satz gebraucht wird/vorkommt, welche Wirkung er beim Empfänger hat usw. – Von allem scheint bei P. gelegentlich etwas anzuklingen, auch wenn die Begrifflichkeiten unvereinbar sind.) Auch in der "Zusammenfassung" am Schluß des Buches wird die ganze Unklarheit des Inhalts-Begriffs noch einmal deutlich: "Die grammatikalischen Satzstrukturen sind nicht immer verläßliche Widerspiegelungen des Satzinhalts; zwischen Inhalt und Ausdruck besteht weitgehende Inkongruenz." (342) Aber wie kann man Inhalt und Ausdruck überhaupt vergleichen? Versucht man, Inhalt als Verwendungsbedingungen zu verstehen – was doch immerhin möglich erscheint –, so wird ein solcher Vergleich vollends sinnlos. Als Verwendungs- oder Vorkommensbedingung gefaßt, ist der Inhalt natürlich niemals in der Äußerung selbst genannt, deren Verwendungsbedingung er ist. Nähme P. seine eigene Auffassung von der Substantiv-Valenz ernst, müßte er den relationalen Charakter des Inhalts-Begriffs (also die Zweiwertigkeit des Substantivs Inhalt) anerkennen und irgendwie erklären, was es heißen soll, daß Inhaltsteile nicht ausgedrückt werden (ebd.), d.h. daß eine Äußerung einen Inhalt haben kann, dem kein Ausdruck entspricht: Wovon ist er dann eigentlich der Inhalt? Das ist auch mit dem Modell von Inhalts- und Ausdrucksseite nicht klarzumachen, ja es widerspricht Saussures These von der Untrennbarkeit der beiden Seiten (wie bei einem Blatt Papier) geradewegs. (Saussure selbst scheint dieses Bild allerdings gar nicht benutzt zu haben.) Wenn es heißt: "Zu Satzinhalten gehören auch verborgene Inhaltsteile, die sprachlich nicht ausgedrückt, aber aus Kontext und Vorwissen mitzuverstehen bzw. zu hinterfragen sind." (244) – so ist das Transportmodell nicht überwunden, der Koffer mit den Inhalten hat nur gewissermaßen ein Geheimfach hinzubekommen. Ebenso fragwürdig ist die Rede von "komplexen Inhalten". Als Indiz von Komplexität wird der Aufwand an Worten genommen, die jeweils zu einer Paraphrase nötig sind oder zu sein scheinen. So stecke in dem Suffix -ik (von Satzsemantik) der Inhalt 'Lehre, bzw. System, in der/dem man beschreibt und erklärt, wie...' (Fig. 1, S.27), wobei die Komponenten „Lehre, in, man, beschreibt und erklärt, wie“ als Ausdrücke für Inhaltskomponenten zu verstehen seien. Es wären demnach 5 Inhaltskomponenten in dem kurzen Suffix enthalten, und das wäre ein Beispiel komprimierten Inhalts. Das Problematische scheint mir zu sein, daß die Form der Paraphrase von den Zufälligkeiten der Paraphrase-Sprache (hier also des Deutschen) sowie von der jeweiligen Auffassung des Paraphrasierenden vom bezeichneten Gegenstand selbst abhängt, oder genauer gesagt: davon, was der Paraphrasierende in der Situation des Paraphrasierens für erwähnenswert hält und was von seiner Einschätzung eines imaginierten Rezipienten der Paraphrasenbotschaft mitbestimmt wird. Es ist m.E. nicht so, daß ein gemeinter Gegenstand oder Sachverhalt gleichsam von sich aus einen bestimmten deskriptiven Ausdruck hervorruft. Dennoch verhalten sich viele Linguisten so, als ob gerade dies der Fall wäre, als ob es gewissermaßen natürliche Standardanalysen für beliebige Sachverhalte und folglich unter den vielen möglichen, situationsabhängig sehr unterschiedlichen Versprachlichungen eine ausgezeichnete Paraphrase gäbe. (Der Glaube an Standardanalysen und das praktische, unreflektierte Arbeiten mit solchen ist eine eigene Untersuchung wert. [Von mir inzwischen veröffentlicht.] Auch P.s Buch ist davon durchzogen, besonders hinsichtlich der Kasusrollen-Zuweisung, s.u.) 28: Folgende Formulierungen sind nach P. Ausdrucksvariationen von "extrem explizit (a) bis extrem komprimiert (e): a: Ich frage dich hiermit, ob du mit dem, was ich dir vorgeschlagen habe, einverstanden bist. b: Bist du damit einverstanden? c. Einverstanden? d: o.k.? e: hm?" Zweifellos werden die Äußerungen immer kürzer, aber in welchem Sinne sollen sie komprimierter werden? Die Äußerung a enthält ein sogenanntes performatives Verb. Dem Formtyp nach ist sie eine Behauptung; erst in einer zweiten, pragmatischen Interpretation kann sie als Frage gedeutet werden. Zwingend ist das allerdings nicht, auch nicht durch das hinzugefügte hiermit, das, wie alle Deiktika, nicht vollkommen eindeutig auf die Äußerung selbst verweist. Jedenfalls ist die Formulierung a nicht so eindeutig wie die Äußerung b. Der Fragecharakter kommt in b expliziter zum Ausdruck als in a, wo er eher versteckt war. Denn b ist eine Frage, a nennt sie nur. Das Anaphorikon damit ist auch nicht weniger explizit als die entsprechende Umschreibung in a; denn keine der beiden Äußerungen kann ja ohne einen Kontext gedacht werden, innerhalb dessen der Verweis seinen Bezug erhält. "Das, was ich dir vorgeschlagen habe", kann unmittelbar vorangegangen sein, es kann aber auch weiter zurückliegen. Das schlichte damit aus b dürfte den Bezug also sogar eindeutiger herstellen. (Die Äußerung b läßt allenfalls die Möglichkeit offen, daß der Vorschlag nicht vom Sprecher selbst, sondern aus anderer Quelle kam; dies wird aber in c bereits wieder unmöglich, so daß P. mit dieser Deutung, die gewissermaßen quer zur zunehmenden Komprimierung verläuft, gar nicht gerechnet haben dürfte.) Bezöge man den Kontext ein, wie es zweifellos geschehen muß, so dürfte auch die Äußerung c völlig eindeutig sein. Die Äußerungen d und e sind lediglich Synonyma von einverstanden und schon deshalb nicht weniger explizit als dieses. In keinem Falle wird gezeigt, daß eine der Äußerungen mehr Kontextelemente zu ihrem Verständnis erfordert als die andere. Vielmehr muß in allen Fällen ein Vorschlag als vorerwähnter Bezug vorausgesetzt werden. Schon dieses kleine Beispiel zeigt also, daß der Begriff des "Expliziten" bzw. "Komprimierten" ziemlich unbedacht verwendet wird. Vgl. auch an späterer Stelle P.s Ausführungen über eine in Holland zu findende zweisprachige Inschrift für Hotelgäste; die niederländische lautet in wörtlicher Übersetzung: Wollen Sie bitte, bevor Sie hineingehen, darauf achten, daß Sie keinen Teer an Ihren Schuhen haben. Die deutsche dagegen: Wir bitten unsere Gäste auf Teerschuhe zu achten. Polenz ist so sehr bestrebt, dem deutschen Text "Komprimierung" zuzuschreiben, daß er meint, "der Höflichkeitszusatz 'bitte' ist im Vollzugsverb 'bitten' mitausgedrückt" (231), – obwohl doch gerade dieses performative Verb die explizitere Version und die Partikel bitte nur deren konventionelle Komprimierung ist. – Darüber hinaus wirft der Textvergleich wieder die Frage auf, was unter "Komprimierung" eigentlich zu verstehen sei. Der deutsche Satz enthält einfach weniger, er überläßt dem Leser mehr Interpretationsarbeit. Kann man aber deshalb sagen, das Herauszuinterpretierende sei im Grunde im Satz enthalten, nur eben zusammengestaucht? Sind Andeutungen stets „komprimiert“? Die allerkürzesten, empraktisch eingebetteten Äußerungen wären dann die semantisch "komprimiertesten", weil sie besonders vieles nicht erwähnen, was zu ihrer Deutung notwendig ist. Aber diese Wissensbestände sind ja u.U. ganz einfach zugänglich und gegeben. Die These, sie seien außerdem noch in der Äußerung verpackt – und wie anders soll man "Komprimierung" verstehen – scheint überflüssig und irreführend. Der Satz Niemand darf zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. wird so explizitiert: Niemand darf (von jemandem) dazu gezwungen werden, daß er mit der Waffe Kriegsdienst leistet. (232, Indizierungen weggelassen) Mehr Worte werden gemacht, zweifellos, aber inwiefern ist der längere Ausdruck auch expliziter? P. scheint das Wesentliche darin zu sehen, daß eine versteckte zweite Prädikation ans Licht gezogen wird. Nähme man hinzu, was an früherer Stelle ausgeführt ist, so müßte man noch weiter explizitieren: mit etwas, was eine Waffe ist, zu etwas, was Kriegsdienst ist (oder: zu etwas, was Dienst für etwas ist, was Krieg ist? Und wären diese Abstrakta nicht ebenfalls in Prädikationen aufzulösen?) Ich meine übrigens, daß die Auflösung von „Spatz“ in „etwas, was ein Spatz ist“ keine Explizitierung kompakter Ausdrucksweise sein kann. Es ist vielmehr der Versuch, für die Zweiheit der Zeichenfunktionen von Referenz und Denotation/Prädikation Ausdrücke bereitzustellen. Als Komprimierung gelten natürlich auch die Prädikat- und Subjektanhebungen (234f.): Sie hört ihn klavierspielen statt Sie hört, daß er Klavier spielt. (Wobei zu bedenken wäre, daß die beiden Sätze nicht gleichbedeutend sind.) 29: P. interpretiert vergleichend die Zehn Gebote und einen Grundgesetzabschnitt über Grundrechte. Interessant ist zunächst, was er als Inhalt beider Texte angibt: "Beide Texte schreiben Grundprinzipien gesellschaftlichen Verhaltens vor: Was Menschen tun oder unterlassen sollen bzw. dürfen, um als Mitglieder einer gesellschaftlichen Großgruppe anerkannt zu sein." P. nimmt hier einen wohl als soziologisch zu verstehenden Standpunkt ein, den die Verfasser der Texte, zumal des ersten, durchaus nicht teilen dürften. Zwar meint Polenz, die Texte aus der "Perspektive laienhafter Textbenutzer (die ja doch wohl die hauptsächlichen Adressaten dieser Texte sind)" zu analysieren, aber selbst aus dieser Sicht scheint die soziologische Auffassung zumindest des Dekalogs abwegig. Denn nach Auffassung der "Textbenutzer" geht es bei den Zehn Geboten um den Willen Gottes und nicht um Anerkennung als Mitglieder einer gesellschaftlichen Großgruppe. 35: "Sehr wesentliche Inhaltsteile stehen also im Text gar nicht drin." (Absonderliche Auffassung, im Grunde zerstört es die Inhaltsmetapher.) 43: Hier zitiert P. zustimmend Peter Braun, der meint, die heute üblichen kürzeren Sätze enthielten nicht weniger, sondern mehr Information als die expliziteren. Was soll Information, gleichbedeutend mit Inhalt, hier heißen? Es scheint sich einerseits um alles "Gemeinte" und "Mitgemeinte" zu handeln, andererseits um die Verstehensvoraussetzungen. Das ist aber durchaus zweierlei. Man kommt auch von der Enthaltenseins- und Transportmetaphorik nicht los. Wenn der Empfänger einer Nachricht sehr viel wissen muß, um die Nachricht zu verstehen, ist dann die Nachricht reich oder arm an Information/Inhalt? Die Verkürzung der Sätze und die Verwendung von Kurzwörtern scheint einfach auf eine hinsichtlich ihres geteilten Wissens homogenisierte Kommunikationsgemeinschaft hinzudeuten. 52ff.: P. beklagt, daß seit Boethius Logik und Grammatik vermischt seien. Aber in der Antike gab es keine Notwendigkeit, sie auseinanderzuhalten. Was ist überhaupt Logik? Grammatik einer Orthosprache. Man müßte also zuerst die normale und die ideale Sprache trennen; gerade dies war aber nicht der Fall. Eigenartigerweise sieht P. S. 56 den Nutzen der Valenztheorie darin, daß sie eine "konsequente grammatikalische Entsprechung der mehrstelligen Prädikatenlogik" sei (vgl. auch ebd. 61). Folglich kann nicht die Gleichsetzung von Logik und Grammatik der Fehler gewesen sein, sondern es gab in der Logik wie in der Grammatik einen gleichgerichteten Fortschritt von ein- zu mehrstelligen Prädikaten. Das Verhältnis von Logik und Grammatik bleibt insofern ungeklärt. 68f.: Die Inschrift „Sie fahren mit Abstand am besten“ auf einem Autobahn-Schild wird in einer ihrer Lesarten als Mahnung so paraphrasiert: "Wir ermahnen/erinnern Sie daran, daß" usw. – Polenz glaubt also auch hier die Sprechhandlung explizitieren zu können, indem er ihre Benennung in den Satz selbst aufnimmt. Daß dies ein Irrtum ist, wurde bereits gezeigt. Daraus folgt auf der nächsten Seite eine ebenso fehlerhafte Darstellung als Baum-Diagramm. Der Sprechhandlungstyp erscheint als Bestandteil des Satzinhaltes, mit dem er aber in Wirklichkeit gar nichts zu tun hat. Sprechakttypen liegen auf einer "höheren" Ebene als Satzinhalte und sind nicht an das Satzformat zu binden. (Diese kritische Bemerkung gilt vor allem für den ganzen umfangreichen Teil 2.2 über den "Handlungsgehalt", bei dem die Beschränkung auf das Satzformat am wenigsten einzusehen ist.) Überhaupt ist die Beschränkung auf das Satzformat an vielen Stellen nicht einzusehen. Es scheint so, als stehe Satz oft für "Rede" i.S.v. "parole". Z.B. wird angenommen, daß sich verschlucken "satzsemantisch" ein pseudoreflexives Verb sei, weil mit sich nicht auf den sich Verschluckenden Bezug genommen wird (127). Aber was hat das mit dem Satz zu tun? Das Buch macht in weitestem Umfang von Versalienschreibungen Gebrauch, wobei stellenweise (z.B. S.99) der Eindruck entsteht, als strömten entsprechende Bezeichnungen, die ja nicht dasselbe bedeuten sollen wie ihre allgemeinsprachlichen Dubletten, deren Bedeutung aber auch nicht definiert wird, in unerschöpflicher Fülle aus einem nirgendwo eingeführten Reservoir (Verzeichnis s. u.). Dabei kennt Polenz die Gefahr: "Die Gewohnheit der Versalienschreibung ist jedoch noch vorwissenschaftlich, stark intuitiv und ungenau. In wissenschaftlichen Klassifizierungen darf man sich nicht mit der Zuordnung des Sprachmaterials zu ad hoc gebildeten Schlagwörtern begnügen." (205) Diese Einsicht bleibt aber folgenlos. Und doch hängt an der Versalienschreibung ein großer Teil der semantischen Analysen dieses Buches. - Was soll es denn heißen, wenn einem bestimmten Text von Habermas zugeschrieben wird, er drücke AUTONOMIEBEWUSSTSEIN und MODERNITÄTSANSPRUCH aus? Wenn die so ausgezeichneten Wörter nicht das bedeuten, was sie gemeinsprachlich bedeuten, dann müßte ihre abweichende Bedeutung erklärt werden; andernfalls hätte ebenso gut x und y stehen können, und es wäre deutlicher geworden, daß eben gar nichts erklärt wird. (Aus diesem Grunde ist auch die Diskussion darüber müßig, ob Referenz eine HANDLUNG, ein ZUSTAND, ein VORGANG (gar ein "abstrakter semantischer VORGANG"!) oder eine EIGENSCHAFT von Wörtern ist (S.117); denn solange alle diese Begriffe undefiniert in Versalien auftreten, weiß man nicht, was sie bedeuten. Allerdings nennt P. das Referieren S. 91 ohne Versalien eine "Teilhandlung", sicher der Sache nach verkehrt, was aber immerhin zu erkennen gibt, daß HANDLUNG = Handlung ist.) Übrigens sind viele der Versalienwörter noch bildungssprachlicher und voraussetzungsreicher als das zu Paraphrasierende selbst. Was Polenz als "Satzinhalte" beschreibt, sind in Wirklichkeit Konstruktionen in einer semantischen Orthosprache, die ihrerseits in lockerem Anschluß an die "Prädikatenlogik" angesetzt, aber sonst nicht gerechtfertigt wird. Es wird einfach so getan, als sei die Problematik einer semantischen (eindeutigen) Orthosprache bereits gelöst – von einer anderen Disziplin –, und das Ergebnis könne durch die Linguistik gebrauchsfertig übernommen werden. 101f.: Wie naiv das Vertrauen auf die Prädikatenlogik ist, zeigt sich, wenn P. den Satz Gott redete alle diese Worte so analysiert, als sei reden ein Prädikat mit zwei Argumentstellen. Damit ist die naive Sicht unserer natürlichen Sprache einfach übernommen, wonach es zwei Entitäten gibt, die als Partner des Verbs auftreten, den Sprecher und seine Worte. Es liegt nahe, dahinter die Produktmetapher des Sprechens zu vermuten, die ja bis zum heutigen Tage viele Linguisten verführt. Ich weise darauf hin, daß Reden auch ganz anders analysiert kann: als ein Verhalten mit bestimmten Eigenschaften, so daß dasjenige, "was" gesagt wird, als "Wie" des Verhaltens erscheint und gewissermaßen adverbial ausgedrückt werden könnte. "Immer wenn man eine Prädikation/Aussage macht, muß es etwas geben, worüber man das Prädikat aussagt. Dieses Etwas ist aber nicht von vornherein in der außersprachlichen Wirklichkeit gegeben; es muß vom Sprecher/Verfasser im Zusammenhang mit seiner Aussage satzsemantisch konstituiert werden, ist Objekt einer Teilhandlung des Satzinhalts." (116) – Wieso "satzsemantisch"? – Was heißt konstituieren? – Wie kommt es zu dem Ausdruck Teilhandlung des Satzinhalts? – Ist der Satzinhalt selbst auch eine Handlung? Alles, worauf der Sprecher laut eigener Auffassung "Bezug nimmt", ist für P. "BEZUGS-Objekt", denn das Konstituieren solcher Objekte sei "ein elementares Sprechhandlungsrecht jedes Sprechers" (119). Mit dem Konstituieren ist offenbar das Zeigen ebenso wie das Fingieren gemeint. Bezugsobjekt ist alles, was der Sprecher mit irgendeinem das aufnehmen kann: "Handlungen, Vorgänge, Zustände in Gegenwart, Vergangenheit oder Zukunft, oder ganze Sinnzusammenhänge des vorausgegangenen Kontextes". Es ist also die sprechereigene oder besser, von der Sprache selbst nahegelegte Auffassung von einem "Etwas" als Bezugsobjekt, die hier ohne weiteres zu wissenschaftlicher Anerkennung kommt. Hypostasierung unter Anleitung einer mißdeuteten Grammatik. Genau wie bei der Phänomenologie der "inexistente" Gegenstand des intentionalen Aktes. [Gegen diese naive Zeichentheorie habe ich seither einiges veröffentlicht, vgl. „Wirkliche Zeichen“ in der Fs. Munske.] Zu den Reflexiva ist noch zu bemerken, daß P. die problematische Meinung teilt, Fritz rasiert sich sei "eine sprachökonomische Pronominalisierung der unüblichen, aber sinnvoll verständlichen Form" Fritz rasiert Fritz (127). (Ich lasse Indizierungen weg, da sie das Problem nur verschieben und außerdem nicht zur Objektsprache gehören, um die es hier geht.) Fritz rasiert Fritz ist m.E. keine mögliche Ausdrucksweise, wenn es sich nicht um verschiedene Personen gleichen Namens handeln soll. Die Interpretation im Sinne der Personenverschiedenheit ist vielmehr zwingend. (Die vermeintlich vereindeutigende Indizierung Fritz1 rasiert Fritz1 verschiebt das Problem insofern nur ein wenig, als dann eben natürlicherweise zwei Personen namens Fritz1 (Fritz-Eins) angenommen würden.) Bei der Nichtanerkennung des Ergänzungsstatus für das Reflexivum bei unecht reflexiven Verben (im Sinne P.s) wäre noch zu sagen, daß das Reflexivum zwar nicht erfragbar und nicht erststellenfähig ist, aber dennoch die Kasusstelle besetzt, d.h. kein kasusgleiches weiteres Objekt mehr zuläßt. Das Kapitel über Prädikatsklassen übernimmt eine intuitive und naive Klassifikation der Welt ohne irgendeine Rechtfertigung. Warum sollte z.B. Ich bin der Herr dein Gott (S. 164) eine "Eigenschaft" ausdrücken? Aber solche Fragen sind müßig, da wir statt Definitionen nur Versalienschreibungen (ZUSTAND, EIGENSCHAFT usw.) finden,. also wieder das bekannte, von Anna Wierzbicka kritisierte ignotum per ignotius. Nicht nachvollziehbar ist die Bestimmung der Kontinuativa als "Bezeichnungen für unbestimmte Mengen, deren Elemente nicht als zählbar, sondern als untrennbar 'zusammenhängend' angesehen werden" (166). Die Beispiele Wolle, Milch usw. lassen nichts von Elementen erkennen, so daß der Begriff der "Menge" hier kaum im logischen Sinne gebraucht sein kann. Ebenso unverständlich ist mir die Deutung der Kollektiva als "Zusammenfassung einer Menge zu einer Einheit im Singular". Sollte in Geflügel (ebd.) eine Menge Flügel zu einer Einheit zusammengefaßt sein? Hier wird die formale Wortbildungsstruktur ohne Umstände semantisch interpretiert, ohne daß es zu einer wirklichen Bedeutungsanalyse käme. Im übrigen hält sich P. hier an Leisi, auch bei den problematischen Klassen der Partitiva (Rad) und Privativa (Riß). S. 167 wird Kunst in einer bestimmten Lesart als "EIGENSCHAFT" gedeutet und mit folgendem Beispiel illustriert: Sie beherrscht die Kunst des Ausgleichens. Das führt zu der sonderbaren Folge, daß man eine Eigenschaft "beherrschen" kann. Übrigens scheint mir die Lesart Kunst = TÄTIGKEIT (ebd.) auch nicht unproblematisch. Der Leuchter diente ihm als Mordwaffe. (168) – Hier sei der Leuchter das "Instrument". Dem liegt offensichtlich eine Überlegung über den gemeinten Sachverhalt zugrunde, und dabei wird eine naive "Standardanalyse" vorgenommen. Dabei hilft die Bedeutung des Verbs mit. Der Leuchter hat aber die Instrumentfunktion nicht in bezug auf das „Dienen“, sondern, was hier irrelevant ist, in bezug auf den Mord. Noch deutlicher wird der Einfluß der Verbbedeutung bei folgendem Beispiel: Die Zunahme der Jugendkriminalität kommt von der Zunahme der Arbeitslosigkeit. (Ebd.) Hier soll das Subjekt den "Inhaltstyp" "Folge eines Vorgangs" ausdrücken. Nicht nachvollziehbar ist für mich, daß in Laß dich nicht gelüsten das Akkusativobjekt den AGENS eines HANDLUNGS-Verbs repräsentieren soll (173). (Die Quasi-Imperativfähigkeit des Verbs ist kein Kriterium, da unzählige Nichthandlungsverben ebenfalls imperativfähig sind. Andererseits versteht P. z.B. das Verb meinen als Bezeichnung einer "kognitiven bzw. kommunikativen HANDLUNG" (288), obwohl es kaum imperativfähig sein dürfte. Meinen ist nicht einmal ein Verhalten.) 170ff.: Die Liste der Tiefenkasus (die P. mit Recht nicht mehr "Kasus", sondern "Rollen" nennt) stellt nichts Geringeres dar als eine Ontologie, eine Klassifikation der Sachverhaltstypen. Sie wird nicht näher gerechtfertigt. Ihr Charakter ist, wie fast immer bei solchen Versuchen, begrifflich hybride: aus mentalistischen und physikalistischen Kategorien gemischt. Dadurch ist sie sehr sprachnah. Z.B. wird die Rolle ADDITIV auf PARTITIV und POSSESSIV bezogen (von denen sie eigentlich mit einer kausativen oder resultativen Beziehung ableitbar wäre), d.h. sie vereinigt so Verschiedenes wie Teil und Besitz. 174f.: Hier wird wieder einmal der semantische Rahmen von Verben des Gebens behandelt. Er besteht nach P. aus Agens, Contraagens und Additiv. Die DUDEN-Grammatik wird dafür kritisiert, daß sie lediglich einen formalen Rahmen (Subjekt+Prädikat+Dativobjekt +Akkusativobjekt) verzeichne, der nach P. auch noch anderen semantischen Aussagerahmen dient: ich gewöhne ihm etwas ab, ich befehle ihm etwas, ich verleide ihm etwas. Es wird nicht begründet, inwiefern dies andere semantische Rahmen sind. Andererseits sollen bewilligen, spenden, spendieren... zum selben Rahmen gehören wie geben. P. versucht nicht, für alle gleichen Konstruktionen einen gleichen Aussagerahmen zu finden, obwohl m.E. die Ähnlichkeit z.B. von verleiden und bewilligen doch sehr naheliegt. Kurzum, die Zugehörigkeit von Verben zu bestimmten Klassen wird nicht einmal ansatzweise gerechtfertigt. 176: Hier werden auch Wortbildungen als Ausdrucksweisen bestimmter Rollen angeführt, was m.E. in die Schwierigkeit führt, daß die Inkorporation von Objekten in "ornative Verben" teilweise nur noch dem etymologischen Blick zugänglich ist. So bedeutet nach P. trösten offenbar "Trost in jemandes Verfügung bringen" (allerdings enthält er sich in diesen Fällen einer ausdrücklichen Paraphrase), ebenso wären segnen, schützen, berechtigen, begünstigen, beauftragen usw., ja sogar amnestieren aufzulösen. An diese kaum noch nachvollziehbaren Deutungen schließt sich ein Nachhutgefecht mit Weisgerbers "inhumanem Akkusativ" an. Dabei begeht Polenz, obwohl inzwischen versöhnlicher geworden, den Fehler, Weisgerber unter Hinweis auf Verbkonstruktionen zu kritisieren, die den Menschen im Akkusativ und trotzdem als handlungsfähigen Interaktionspartner und die Handlung selbst als wohltätig in dessen Interesse" darstellen, also z.B. unterstützen, auszeichnen, versorgen, beherbergen usw. (178). Das ist aber kein Einwand, weil Weisgerber gerade hier seine Deutung ansetzen würde und P. überhaupt nicht darauf eingeht, ob in solchen Konstruktionen tatsächlich der Mensch als Partner und nicht als Objekt dargestellt wird. Daß die Verben lexikalisch-semantisch eine Wohltat (oder, um im Konzept zu bleiben: eine Begünstigung) ausdrücken, bezweifelt ja auch Weisgerber nicht. P. konzediert, im Sinne der Sprachkritik müsse man jeweils prüfen, ob "kontextsemantisch" die Rolle CONTRAAGENS oder PATIENS vorliege. Aber nach welchen Kriterien prüft man das? Darüber schweigt Polenz leider, und so steht Weisgerbers Deutung undiskutiert dagegen. S. 178 führt P. ohne Diskussion den Begriff "handlungssemantisch" ein, was die Lage noch unübersichtlicher macht. Das Wort handlungssemantisch verrät immerhin, daß es im Grunde um Ontologisches geht, jedenfalls nicht mehr um Sprachliches. P. vermutet über 100 Aussagerahmen-Typen im Deutschen "oder besser: in unserer heutigen Kommunikationskultur" (180). Wenn diese Bemerkung richtig ist, scheint es fraglich, ob solche Verhältnisse wirklich in einer "umfassenden Inhaltsgrammatik der deutschen Sprache" (ebd.) behandelt werden sollten. Es scheint sich ja um sprachunabhängige Kategorisierungen zu handeln. Mit der kurz darauf von neuem dargestellten Theorie vom "Subjektschub" (= AGENS-Schwund) in der neueren deutschen Sprache steht Polenz übrigens Weisgerber besonders nahe; die Denkweise ist die gleiche, ebenso das Fehlen eines Bewußtseins von der Beweisbedürftigkeit der vorgelegten Deutung grammatischer Erscheinungen. Die zentrale These lautet ja, daß "Sachverhalte, die in Wirklichkeit keine HANDLUNGEN sind bzw. in deren 1. Bezugsstellen keine intentional/absichtlich handelnden Lebewesen ernsthaft gemeint sind, im sprachlichen Ausdruck wie HANDLUNGEN dargestellt werden." (189) Solche Bestimmungen machen offensichtlich Untersuchungen über die "Wirklichkeit" erforderlich, ferner über die Frage, was der Sprecher "ernsthaft meint" usw. (vgl. dazu P. selbst 190). So kritisiert P. die Aussage, daß "die Kultur unter den Hoheitsanspruch der Länder fällt", mit folgendem Argument: "Hier wird sprachlich verundeutlicht, daß die 'Kulturhoheit' nicht einfach wie ein Naturereignis irgendwohin 'fällt', sondern von bestimmten Verfassungsgebern, dahinterstehenden Interessengruppen und Machthabern auf die Bundesländer beschränkt worden ist." (191) Zunächst ist nicht bewiesen, daß die sprachliche Formulierung das Gemeinte "wie ein Naturereignis" darstellt. Es wird auch nicht gezeigt, daß "viele Leser gar nicht mehr auf den Gedanken kommen, daß Politik auch die Möglichkeit enthält, solche historischen Systeme wie Verfassungen und Gesetze bei mehrheitlichem Bedarf auf legalem Wege infragezustellen und gegebenenfalls zu ändern." Sollte es wirklich Bürger geben, die Verfassung und Gesetze für naturgegeben und unveränderlich halten – wo doch in den Zeitungen tagtäglich von Gesetzes- und auch Verfassungsänderungen die Rede ist? – Andererseits scheint es sachlich unangemessen, den in Verfassung und Gesetz ausgedrückten Willen jederzeit auf seinen konkreten Urheber zurückzuführen. Denn erstens will man ja im Rechtsstaat durch die Kodifizierung gerade eine gewisse verläßliche Dauer und Unabhängigkeit der Normen vom schwankenden Willen täglich wechselnder Mehrheiten erreichen; zweitens hat das Gesetz durchaus eine gewisse Eigenständigkeit sogar gegenüber dem Willen seiner Urheber. Denn der ursprüngliche Wille bei seiner Kodifizierung ist nur eine der relevanten Quellen für die Auslegung seiner gegenwärtigen Bedeutung. An diese juristisch vieldiskutierten Dinge soll hier nur erinnert werden, um die Verwendung eines unpassenden Maßstabes zu verhindern. In P.s Argumentation schwingt wohl noch etwas von der basisdemokratischen Begeisterung der sechziger und siebziger Jahre mit, als seine sprach- und ideologiekritischen Ansichten sich herausbildeten. "Veränderbarkeit" war seinerzeit ein wichtiges Schlagwort. Polenz erkennt durchaus, daß die in einer Sprache vorhandenen sprechaktbezeichnenden Verben noch keine wissenschaftliche Sprechaktklassifikation hergeben (205). Allerdings verstehe ich nicht, wieso er meint, die Zahl solcher Verben sei "ohne Zweifel" (204) größer als die Zahl der Sprechakttypen. Das Gegenteil könnte doch ebensogut zutreffen. Im folgenden beschäftigt sich P. dann erklärtermaßen mit "Handlungstypen", in Wirklichkeit aber mit orthosprachlichen Fassungen solcher Handlungstypen. Daher schreibt er auch den Handlungstypen "Bezugsstellen" zu, was ja nur in bezug auf eine Sprache Sinn ergibt. 230: Polenz erwägt, die Kontakt- und Beziehungsfunktion zu den nicht-obligatorischen Komponenten des Satzinhalts (?) zu rechnen, wie ja auch die metasprachliche und poetische Funktion nicht-obligatorisch seien. Das beweist aber nur, daß auch metasprachliche und poetische Funktion (im Sinne Jakobsons) nicht auf der gleichen Ebene stehen wie die ursprünglichen Bühlerschen Funktionen oder Funktionsdimensionen des sprachlichen Zeichens. Die Frage, ob es stillose Texte geben könne (ebd.), ist mangels Theorie so sinnvoll wie die, ob es farblose Gegenstände gebe. Zum Kapitel über komplexe Inhalte habe ich oben bereits einige vorgreifende Bemerkungen gemacht. S. 235f. wird wiederum die Wortbildung als Indiz komplexer Inhalte herangezogen, so daß etwa die kausativen und faktitiven Verben allesamt komplexer Art wären, weil sie ein Hyperprädikat 'bewirken, daß' enthalten. Polenz erkennt auch grundsätzlich die These der TG an, daß noch eine Inchoativ-Komponente herauszupräparieren wäre (a bewirkt, daß es dazu kommt, daß p) und bemerkt dazu nur, daß solche noch weitergehenden Paraphrasen "kaum noch normalsprachlich" seien – ein ziemlich unzugehöriges Argument, wenn es um eine semantische Analyse geht; denn wenn diese Komponenten wirklich zu unterscheiden sind, müssen sie auch in der Semantiksprache ausgedrückt werden, und die Forderung, die Beschreibungssprache müsse zugleich normalsprachlich sein, ist ziemlich willkürlich. Schwerer wiegt der auch von P. erwähnte Gedanke, daß keineswegs die Wortbildung das Kriterium dafür sein darf, ob ein Verb kausativ/faktitiv ist (legen zu liegen, setzen zu sitzen, fällen zu fallen, weißen zu weiß usw.). Die Theorien, auf die sich P. hier bezieht, sind denn auch konsequenter und deuten fast jedes transitive (Handlungs?)-Verb als Kausativ zu einem zugrundeliegenden Vorgangsverb. Das mag für die "Textanalyse keine Rolle" spielen (237); aber was besagt das angesichts der durchgreifenden Entkomprimierungsvorschläge in diesem Buch? Merkwürdig hilflos wirkt es auch, wenn P. für die Generative Semantik feststellt, daß deren Kausativierungs-These "über Wortbildungsbeziehungen hinaus" gehe, und anschließend bemerkt, das gehöre nicht zur Wortbildungslehre. Natürlich nicht, aber es trifft dennoch den Kern der Komprimierungsthese, die P. selbst vertritt. Gerade die Beschränkung auf die Wortbildung ist nicht gerechtfertigt, da es doch um Inhalte geht! Die semiotische Charakterisierung der generativ-semantischen Dekompositionen ist m.E. noch zu klären, da der Weg zu "atomaren Prädikaten" von der Generativen Semantik selbst nicht begründet wird. Ich werde mich damit in einer besonderen Arbeit über "Standardanalysen" beschäftigen. [Inzwischen veröffentlicht.] Es scheint sich hauptsächlich um Schritte in Richtung eines gewissen Physikalismus zu handeln, denn zunächst trifft die Zerlegung Handlungsausdrücke, die zu Nichthandlungen dekomponiert werden. Allerdings geht die Analyse nicht immer konsequent genug in diese Richtung, sondern läßt mentalistische Ausdrücke übrig (vielleicht weil die ganze Richtung grundsätzlich mentalistisch ist). Eine bedenkliche Berücksichtigung der Wortbildung findet sich wiederum auf S. 277, wo P. hämmern, hobeln, pinseln als "extrem komprimierte instrumentale Verbableitungen" charakterisiert und als Beispiel pinseln so umschreibt: 'Farbe auf eine Fläche bringen, indem man sie mit einem Pinsel auseinanderstreicht'. Das ist einerseits zu viel, denn pinseln heißt nichts anderes als 'sich mit einem Pinsel betätigen', in transitiver Lesart 'etwas mit einem Pinsel bearbeiten'; andererseits zu wenig, denn zu einer vollständigen Beschreibung des Anstreichens von Flächen gehört ja noch mehr (z.B. der Transport der Farbe vom Eintauchen des Pinsels bis zum Abstreifen auf der Fläche usw.) Zu den Hypersätzen (ab 214) ist zu sagen: Erstens sind die S. 214 erwähnten Beispiele teilweise keineswegs "performativ" (z.B. ich weiß, daß). Zweitens sind Sätze, die eine Satzverknüpfungsrelation benennen wie ist der Grund dafür, daß (im Kapitel über Satzverknüpfungen) nicht im selben Sinne Ausdruck der Relation wie weil usw. – Vgl. die Diskussion von DOHERTY mit E. LANG über Einstellungsausdrücke. Ich vermute ist in erster Interpretation ein Protokollsatz über eine psychische Einstellung. In zweiter Interpretation jedoch bei nichtreferentieller Deutung psychologischer Rede ist es wirklich ein Ausdruck der Einstellung, und in dritter Interpretation kann auch "Einstellung" noch in nichtmentalistische Diktion überführt und interaktional erklärt werden. Die sprachkritischen Entlarvungen von Vagheiten und Hintersinn sind zwar großenteils plausibel, artikulieren aber meist nur das ohnehin Naheliegende. Theoretisch wird das Verständnis von Bedeutung und Semantik nicht gefördert. –– Verzeichnis der von Polenz verwendeten Begriffe in Versalienschreibweise ABGESCHWÄCHTE WEISE ABLEHNEND GEGENÜBERSTELLEN ABLENKEN ABSCHWEIFUNG ABSICHTSERKLÄRUNG ABWEHR ABWERTUNG ADDITIV ADRESSATEN-IMAGE AGENS AGENTIV ÄHNLICH ALLGEMEINES WISSEN ALS BEKANNT VORAUSSETZEN ALS REGEL GEWUSSTES ALS WAHR VORAUSSETZEN ALS WITZIG ZEIGEN ANDEUTEN ANDROHEN ANGABEN ANGEBOT ANGEDROHTES ANGESPROCHEN FÜHLEN ANKÜNDIGEN ANNAHME ANNAHMEN MACHEN ANNEHMEN ANPASSUNG ANREDE ANSPIELUNG ANWENDEN ÄRGER VERDRÄNGEN ARGUMENTIEREN ART UND WEISE AUFFORDERN AUFZÄHLEN AUSDRÜCKEN AUSSAGEKERN AUSSCHLUSS ÄUSSERN AUTONOMIEBEWUSSTSEIN BEDEUTEN BEDEUTETES UND GEMEINTES BEDINGTES BEDINGUNG BEDINGUNGSETZEN BEGINN BEGRÜNDEN BEGRÜNDENDES BEGRÜNDETES BEHAUPTEN BEHAUPTUNG ENTGEGENSETZEN BEKANNT BEKANNT>NEU BEKANNTES BELUSTIGUNG BENEFAKTIV BERICHTEN BESCHEIDENHEIT BESCHREIBEN BEWEGUNG BEWERTEN BEWERTUNGEN BEWERTUNG ENTGEGENSETZEN BEWIRKUNGSVERSUCH BEWUSST BEZIEHEN BEZIEHUNG BEZUG(NEHMEN) BEZUGNAHME BEZUGNEHMEN BEZUG OFFENLASSEN BEZWEIFELTES BLOSSSTELLEN CAUSATIV CAUSATIV-INCHOATIVES CHARAKTERISIEREN COMITATIV CONTRAAGENS DANK DANKBARKEIT DAUER DER FALL IST DURATIV/ANDAUERND EIGENSCHAFT EIGNUNG EINFÜHREN EINFÜHRUNG EINSCHÄTZEN EINSCHÄTZUNG EINSTELLUNG ENDE ENGLISCH ENTSCHULDIGUNG EREIGNIS ERFRAGEN ERGÄNZEN ERHEITERN ERINNERUNG ERKENNEN ERKLÄRUNG ERLÄUTERN EROTISIEREN ERWARTEN ERWARTUNG ERZÄHLEN EUPHEMISTISCH EXEMPLIFIZIEREN EXISTENZ-PRÄSUPPOSITIONEN/-VORAUSSETZUNGEN FIRMA FLUSS FOLGE FOLGERN FOLGERUNGEN FREUDE ÄUSSERN FÜR-WAHR-HALTEN GARANTIE GATTUNG GEGENTEIL GEGENÜBERSTELLEN GEMEINSAMES WISSEN GEMEINT GEMEINTES GESAMTHEIT GESAMTMENGE GEWUSSTES GLEICH GLEICHSETZEN GLEICHZEITIG GRAD GRUND GRUSS HANDELN HANDLUNG HANDLUNGS-ZWECK HERUNTERSPIELEN HINREICHENDE BEDINGUNG HINTERFRAGEN HINWEISE BERICHTEN HÖHER HYPOTHESE HYPOTHESE-SETZEN IDENTIFIKATION IDENTIFIZIEREN IDENTIFIZIERUNG/DETERMINATION IDENTIFIZIERUNG/GLEICHSETZUNG ILLOKUTION IMAGE IMAGE-BESTÄTIGUNG INCHOATIV/ZUSTANDSBEGINN INSTRUMENT INSTRUMENTAL IRONIE IRONIE VERSTEHEN IRONISCH IRONISCH BEHAUPTEN IRONISCHE ERKLÄRUNG IRONISCH MITMEINEN KAUSATIV KENNZEICHNEN KENNZEICHNENDE REFERENZ KENNZEICHNUNG KLASSIFIZIEREN KLASSIFIZIEREND BEZUGNEHMEN KLASSIFIZIERUNG KLAUSEL KOMMENTIEREN KONTAKT UND BEZIEHUNG KORREKTUR KRITISCHE BEHAUPTUNG KRITISIEREN LESERSELEKTION MANIPULIEREN MÄNNLICH MASSNAHMEN MEINEN MEINUNG BEEINFLUSSEN MESSUNG MITBEDEUTEN MITBEDEUTETES MITBEHAUPTEN MITBEZIEHEN MITBEZUG MITGEMEINT MITGEMEINTES MITMEINEN MITVERSTANDENES MITVERSTEHEN MITZUVERSTEHENDES MITZUVERSTEHENDES OFFENLASSEN MODERNITÄTSANSPRUCH NACHZEITIG NAHEGELEGTES NENNEN NEU NEUES NEUGIER NICHT GEMEINT NOTWENDIGE BEDINGUNG ORIENTIERUNG ORT ORTSREFERENZ PARTEI PATIENS PATIENS PERLOKUTION PERLOKUTION/BEWIRKUNGSVERSUCH PERMISSIVES POETISIEREN PRÄDIKAT PRÄDIKATION PRÄDIKATION/AUSSAGE PRÄDIZIEREN PRÄDIZIEREN/AUSSAGEN PRAGMATISCHER GEHALT/HANDLUNGSGEHALT PRÄZISIEREN PROPOSITIONALE EINSTELLUNG PROPOSITIONALER GEHALT/AUSSAGEGEHALT PROVOZIEREN QUANTIFIZIEREN QUANTIFIZIERUNG/GRÖSSENBESTIMMUNG QUELLENANGABE RATSCHLAG RAUM REDEERWÄHNUNG REDEN REFERENZ REFERENZSTELLE(N)/BEZUGSSTELLE(N) REFERIEREN REFERIEREN/BEZUGNEHMEN RELATIONEN/AUSSAGENVERKNÜPFUNGEN RESPEKTSBEZEUGUNG RESULTAT RHETORISCHE FRAGE SATZINHALT SCHWACH SELBSTDARSTELLUNG SICH ANBIEDERN SICH BEZIEHEN SOLIDARISIEREN SOLIDARISIERUNG SPANNUNG WECKEN SPEZIFIZIEREN SPOTT SPRACHSPIEL SPRECHEREINSTELLUNG SPRECHERHANDLUNG STÄNDIG WIEDERHOLT STELLUNGNEHMEN STILLE FOLGERUNGEN STILLE FOLGERUNG NAHELEGEN STRAFANDROHUNG BEGRÜNDEN STÜTZEN SUBSTITUTIV TÄTIGKEIT TÄUSCHUNGSVERSUCH TEILMENGE TEXT THEMA-RHEMA TYPUS ÜBERREDEN ÜBERTREIBUNG ÜBERZEUGEN UNERSCHÜTTERLICHKEIT BEWEISEN UNTERHALTUNG UNTERHALTUNG UNWAHR UNZUREICHENDE BEDINGUNG VERALLGEMEINERN VERALLGEMEINERUNG VERANTWORTUNG ÜBERNEHMEN VERBERGEN VERFAHREN VERFREMDUNG VERFREMDUNG VERGANGEN VERGLEICH VERGLEICHEN VERHALTEN VERHALTEN VERHALTENSWEISE VERHARMLOSUNG VERMUTEN VERNEINEN VERNEINUNG VERPFLICHTUNG VERSPRECHEN VERSTEHEN VERURSACHUNG VERWUNDERUNG VORAUSGESETZTES VORAUSSAGEN VORAUSSETZEN VORAUSSETZUNG VORGANG VORINFORMIEREN VORWISSEN VORWURF VORZEITIG WAHR WAHRHEIT WEIBLICH WERBEN WIDERSPRECHEN WIDERSTREBEN WIEDERBEZIEHEN WIEDERBEZUG WIEDERERKANNTES WIEDERHOLUNG WIEDERHOLUNG WIEDERERKENNEN WISSEN WITZIG UNTERHALTEN ZEITPUNKT ZEITRAUM ZEITREFERENZ ZITIEREN ZUERKENNUNG ZUGEBEN ZUR BEDINGUNG SETZEN ZUR KENNTNIS NEHMEN ZUSAMMENFASSEN ZUSICHERN ZUSTAND ZUSTAND ZUSTAND ZUSTANDSBEGINN ZUSTANDSENDE ZUSTANDSPRÄDIKAT ZUSTANDSPRÄDIKAT ZUSTANDSVERÄNDERUNG ZWECK ANGEBEN ZWECK ANWENDEN ZWEIFEL
Den Beitrag und dazu vorhandene Kommentare finden Sie online unter
|