14.11.2008


Theodor Ickler

Neues aus dem Rat

Der Rechtschreibrat dämmert dahin, aber man muß aufpassen

Auch wenn nur noch wenig mehr als die Hälfte der Mitglieder an den Sitzungen des Rechtschreibrates teilnimmt (das war im April und zuletzt im Oktober zu beobachten) und die Tätigkeit der wenigen aktiven Mitglieder sich im kaum noch Greifbaren verliert, ist Wachsamkeit geboten. Schließlich war die ganze Reform handstreichartig ins Werk gesetzt worden, als die Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr daran glaubte. (Das hat Zehetmair ja ausdrücklich gestanden.)

Nun denn: Auf der letzten Sitzung vom 24. Oktober 2008 war man sich einig, daß die amtliche Regelung "von der Praxis nicht angenommen wird." Eine Neuformulierung, zunächst für einige Teile, wird daher in Aussicht und Angriff genommen. Dabei sollen aber, wenn ich alles recht verstanden habe (ich saß bei Zehetmair unterm Tisch, als Maus verkleidet), durchaus auch inhaltliche Veränderungen eingeschmuggelt werden. Überhaupt sucht der Rat nach einem Verfahren, ständig kleinere Änderungen der Rechtschreibung einzuführen, wie es vor der Reform der Duden mit den jeweils neuesten Auflagen getan habe. Damit knüpft er an einen älteren Vorstoß an, aus dem Vorschlagsrecht des Rates (damals noch der zwischenstaatlichen Kommission, vgl. deren 4. Bericht) eine umfassende Ermächtigung zu normativen Eingriffen zu machen, so daß die Kultusminister nicht mehr mit den Änderungen befaßt werden müssen. Da die Kultusminister die Verantwortung für die Rechtschreibung liebend gern loswerden wollen, ist damit zu rechnen, daß dieses Vorhaben gelingt. Allerdings sind im Rechtschreibrat nur die Wörterbuchverlage dazu imstande, die sachliche Arbeit zu leisten. Das alte Dudenprivileg wird also, wie es de facto schon jetzt der Fall ist, auf die drei Wörterbuchverlage ausgedehnt, andere Verlage müssen warten, bis diese drei ihr Oligopol ausgeschöpft haben.

Laut Protokoll hatte der Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung (Reichert) am 17.3.2008 im Auftrag der Sprachkommission der DASD an den Rat geschrieben. Der Rat hat darauf nicht geantwortet, erst am 24. Oktober beauftragte er Eichinger (warum diesen?) mit einer Antwort. Das Ausbleiben einer Antwort trug mit dazu bei, daß Uwe Pörksen inzwischen seinen Austritt aus dem Rechtschreibrat erklärt hat (Schreiben vom 4.10.2008 an Zehetmair). (Eisenberg möchte Pörksen aber im Rat behalten; wer sonst von der DASD wäre auch dazu bereit, seine Zeit mit solchen Sitzungen zu verplempern?)


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