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Nachrichten rund um die Rechtschreibreform

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22.01.2006
 

Stefan Stirnemann
Pfusch unter Zeitdruck

Der Dachverband der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH) lehnt die Empfehlungen des Rechtschreibrats »vollumfänglich« ab.

Mit dem harten Wort vom Pfusch wertet der Vorstand des Verbandes die Ratsempfehlung zu den Verbindungen aus Verb und Substantiv, aber das Urteil trifft sichtlich die Arbeit des Rates überhaupt.

Zu Beginn der soeben veröffentlichten Stellungnahme rechnet der Delegierte des Verbandes, Max A. Müller, mit dem Vorgehen ab, insbesondere auch mit der Zeitplanung. Dann folgt, ohne Angabe eines Verfassers, Punkt für Punkt die Zurückweisung der Empfehlungen.

Bemerkenswert ist, daß die Schweiz es allmählich leid ist, von der KMK betreut zu werden.

Der Vorstand des LCH ist für klare Verhältnisse: »Gehen diese Änderungen durch, sollte die Rechtschreibreform fairerweise als gescheitert bezeichnet werden.«

Seine Haltung faßt der Vorstand so zusammen:

»1 Der LCH weist die Vorschläge des RfdR unter Hinweis auf die wichtigen Kritikpunkte vollumfänglich zurück und verlangt, dass die Pflege der Rechtschreibung grundlegend neu und diesmal professionell geordnet wird.
2 Der LCH legt der EDK nahe, in der Rechtschreibfrage eine grundsätzliche Überprüfung der Geschäftsbeziehungen zur Kultusministerkonferenz KMK vorzunehmen.«

Im Sommer 2004 sagte der Präsident des Verbandes, Beat Zemp: »Die Macht in der Zeit liegt nicht bei Verlagen und Schriftstellern, sondern bei der Schule« (NZZ am Sonntag, 8. August 2004).

Ist der Verband jetzt zur Erkenntnis gekommen, daß auch die Zeit das Schlechte nicht gut machen kann und daß es einen Unterschied gibt zwischen Macht und Willkür?

Zu vergleichen ist die Stellungnahme des Verbandes vom September 2005: hier.



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Kommentare zu »Pfusch unter Zeitdruck«
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Kommentar von Reinhard Markner, verfaßt am 22.01.2006 um 15.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=386#2707

Es tut gut, die Wurschtigkeit des Großen Vorsitzenden in dieser Weise kritisiert zu sehen, auch wenn die Motive etwas unklar bleiben. Hans Zehetmair hat gegenüber der Öffentlichkeit seine Ahnungslosigkeit mit Jovialität überspielen können; den intelligenteren Delegierten ist seine Inkompetenz jedoch nicht verborgen geblieben.

Das Mißtrauensvotum des LCH gilt gerechterweise aber auch Kerstin Güthert und Ludwig Eichinger, deren Aufgabe es gewesen wäre, die Arbeit des Rates professionell zu organisieren.


Kommentar von Germanist, verfaßt am 22.01.2006 um 16.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=386#2708

Die Einschätzung von Frau Karin Pfeiffer-Stolz vom 21.01.2006 um 15:47 Uhr zu "Farce" im "Rechtschreibtagebuch" scheint glücklicherweise auf die Schweiz nicht zuzutreffen. Ein Hoffnungsstrahl. Das Schweizer Urteil verdient weite Verbreitung und Unterstützung.


Kommentar von Karsten Bolz, verfaßt am 23.01.2006 um 17.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=386#2709

Angesichts der Kapriolen der staatlichen Rechtschreibfestlegung ist damit zu rechnen, dass die Hausorthografien der Verlage und die Rechtschreibprogramme vollends die Herrschaft übernehmen werden.

Ob der Autor diesen Verriß diktiert oder selbst geschrieben hat? Im ersten Fall gilt wohl genau der vorstehend zitierte Satz. Im zweiten Falle wäre der letzte Satz des darauf folgenden Absatzes allerdings schon denkwürdig: Was taugen Regeln, die man erst aufwändig pädagogisch umsetzen muss?

Diese Stellungnahme läßt immerhin eines erkennen: Es weht ein angenehm frischer Wind aus der Schweiz.


Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 24.01.2006 um 09.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=386#2710

O Freunde, nicht diese Töne! – Oder doch?

Die Schweizer Gemeinde A. will ein "Begegnungszentrum" errichten und beantragt dafür bei den Stimmbürgern die Genehmigung eines Kredits. (Ja, so läuft das in der Urdemokratie!) Gegen den Beschluß des Einwohnerrates wurde das Referendum ergriffen, "innert nützlicher Frist", wie es so schön heißt. Die Gegner argumentieren u. a. wie folgt:

"Diesbezüglich kann es nicht angehen, dem liederlichen Trend gewisser Gesellschaftskreise mit mangelnder Eigenverantwortung ständig nachzugeben und dem Staat immer mehr private Aufgaben wie Erziehung und Betreuung aufzubürden und dadurch noch mehr Begehrlichkeiten zu wecken. ... Damit A. eine attraktive Wohngemeinde für gute Steuerzahlende wird und nicht zum Tummelplatz für asoziale Randgruppen verkommt..."

Wäre eine solche Redeweise in unserer von so vielen Wörterverboten umstellten, konfliktscheuen Konsensgesellschaft überhaupt denkbar?


Kommentar von borella, verfaßt am 24.01.2006 um 19.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=386#2711

Der LCH dürfte einer jener Schweizer Kreise sein, von denen hier etwa Mitte Dezember 2005 schon die Rede war.
Bin schon gespannt, ob andere unabhängige Gremien (sofern es sie gibt) zu ähnlich drastischen Beurteilungen gelangen werden und wie die Reaktion der Macher sein wird.


Kommentar von Red., verfaßt am 25.01.2006 um 12.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=386#2715

Kommentar verfaßt von Jan-Martin Wagner am 24.01.2006 um 20:19 Uhr

Schauen Sie mal hier.



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