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Nachrichten rund um die Rechtschreibreform

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16.08.2005
 

Schulmüde in der Wissensgesellschaft
Der neue Wahrig

Bertelsmann hat gedruckt: Die schon für Anfang des Monats angekündigte Neuauflage der Wahrig-Rechtschreibung ist jetzt in den Buchhandlungen eingetroffen.

Duden hat eigens den Preis gesenkt, um der Konkurrenz das Spiel mit dem Einführungspreis von € 12,95 (sFr 23,60) zu verderben. Für dieses Geld bekommt man die branchenüblichen 5000 Neueinträge (Telefonjoker, Bagel, Dreiliterauto, Homeshopping, schulmüde, Handylogo, Wissensgesellschaft und Wahl-O-Mat) und jene herkömmlichen Schreibweisen, die nach einem nicht unstrittigen Beschluß der KMK vorläufig noch oder demnächst wieder toleriert werden.



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Kommentare zu »Schulmüde in der Wissensgesellschaft«
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Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 16.08.2005 um 13.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1465

Statt ihn als Stapelware im Kassenbereich zu plazieren, wird der Wahrig nur bescheiden in die Regale gerückt. Der Kauf lohnt deshalb wenig, weil man eh kaum noch Fehler machen kann. Einiges, was 100 Jahre richtig war, ist zwar jetzt mal falsch, aber was in Millionen von Texten so steht, und nicht nur in ganz schlechten, bei Thomas Mann sagen wir mal, das wird man sich immer noch erlauben dürfen. Alles, was seit '96 richtig wurde, ist dafür in Granit gemeißelt, Grammatik hin oder her. Schreiben Sie also ruhig, wie Sie wollen, Sie sind in zahlreicher Gesellschaft, so oder so.

Wer etwas mehr wissen will, für den habe ich mal einen Beispieltext zusammengestellt, der zeigt, daß es soo einfach aber auch wieder nicht ist.

Denn zwar haben wir nun viel mehr richtige Schreibungen als je zuvor, doch trotzdem gibt es mehr Fehler, und ganz neue Kategorien davon. Irgendwie ist da noch der Wurm drin . . .


Kommentar von Helmut Jochems, verfaßt am 16.08.2005 um 19.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1467

Am 1. August 2005 war in den deutschsprachigen Ländern kaum Protest gegen die endgültige Einführung der veränderten Rechtschreibung zu vernehmen. Die meisten schreiben eben weiterhin so, wie sie es gelernt haben, Kinder und Jugendliche "neu", Erwachsene "alt". Umgestellt haben sich fast nur diejenigen, die beruflich dazu gezwungen waren. Daß Zeitungsleser gelegentlich ungewohnte Schreibungen sehen, täuscht sie in bezug auf die wirkliche Verbreitung der sog. Rechtschreibreform.

Dagegen wird jetzt verstärkt über Rechtschreibfehler diskutiert. Sogar in amtlichen Verlautbarungen heißt es, daß die "alten" Schreibungen nun falsch seien. Wenn schon von "falsch" die Rede ist, wäre vor allem an die Relationen zu denken. Ein Blick in ein beliebiges reformiertes Wörterbuch vermittelt einen unmittelbaren Eindruck von der Marginalität der veränderten Schreibungen. In der Zeitung muß man oft lange suchen, bis man auf eine Neuschreibung stößt. Wer wie die Betreiber und Befürworter der Reform die Weiterbenutzung "alter" Schreibungen als Fehler ansieht, muß umgekehrt bei der Lektüre eines Textes in traditioneller Schreibung die Augen weit aufsperren. Entscheidend sollte ohnehin sein, ob die jeweilige Schreibung das zugrunde liegende Rechtschreibproblem akzeptabel löst. Daß sich der Schreiber überhaupt entscheiden muß, kommt bei uns fast nur in den beiden Sonderbereichen der deutschen Rechtschreibung vor. Eigentlich sind es drei, denn der schlimmste Sündenfall von 1901, die Zwangseinbürgerung von Wörtern aus unseren Nachbarsprachen, wirkt auch im Zeitalter der europäischen Vereinigung weiter.

Vor diesem Hintergrund sollte man ein Problem betrachten, das Bernhard Eversberg gerade so kommentiert: Die Fehlerwahrscheinlichkeit ist deshalb heute aus einfachen, mathematisch-statistischen Gründen bedeutend höher als je zuvor. Eine vielzitierte Leipziger Studie hat dies ganz klar belegt am Beispiel der s-Regel, die ja bekanntlich ein muffiger alter Hut aus einer Mottenkiste des 19. Jahrhunderts ist. Der nun aber eine neue Karriere als Geßlerhut der Reformer macht, vor welchem sogar nicht wenige halbaufgeklärte Skeptiker sich immer noch meinen verbeugen zu sollen.

Natürlich stimmt der Hinweis auf das 19. Jahrhundert, aber die Adelungschen Schreibungen sind noch älter. Heyse hatte im übrigen nur die deutschen Schreib- und Druckschriften im Auge. Die Anthologie Perlen deutscher Redezeichenkunst, 1889 herausgegeben vom Verein deutscher Redezeichner in Sternberg (Mähren), im alten k. u. k. Österreich also, zeigt beide Schreibweisen, je nach dem Heimatort der Kunstgenossen. Gesetzt und gedruckt sind die Perlen in Dresden, was sich auch darin zeigt, daß die Setzer gelegentlich den österreichischen Manuskripten nicht ganz gerecht geworden sind. Insgesamt liest sich das Opusculum jedoch wie ein Vorgriff auf unsere Zeit – die Koexistenz von Adelung und Heyse. Dessen Vorschlag hätte sich um 1900 erledigt, wäre man nicht auf den Gedanken verfallen, auch für die lateinischen Schreib- und Druckschriften ein "ß" zu kreieren. Auf meinem Bücherbord finde ich Franz Xaver Gabelsberger. Erfinder der Deutschen Stenographie von Joseph Alteneder (München und Leipzig, 1902) – noch völlig ohne "ß". Im Korrespondenzblatt. Amtliche Zeitschrift des Königlichen Stenographischen Instituts zu Dresden (46. Jahrgang, 1901) deutet sich der Übergang jedoch schon an: "ß" wird durch ein "f" ohne Strichlein unter dem Kopfbogen + "s" wiedergegeben ("ſs"), während in Wilhelm Magers Buchstabe und Symbol. Beiträge zur Kurzschriftlehre (Berlin, 1906) "ß" durchgängig erscheint, und zwar gemäß der Adelungschen Regelung. Ein Kuriosum ist Franz Xaver Gabelsbergers Anleitung zur deutschen Rede-Zeichen-Kunst oder Stenographie (München, 1834). "Vorrede" und "Allgemeiner geschichtlicher und theoretischer Theil" erscheinen schon in Antiqua, und zwar ohne "ß". "Besonderer, praktischer Theil" zeigt die Handschrift Gabelsbergers (von ihm selbst lithographiert), in deutscher Schreibschrift natürlich und deshalb mit "ß". Für "ss" benutzt Gabelsberger ein besonderes Zeichen, allerdings nur im Wortinneren. Robert Fischers ebenfalls handschriftliches Stenographisches Wörterbuch nach Gabelsberger's System (Glauchau und Leipzig) kennt dieses Zeichen noch 1869.

Um noch einmal auf die Fehlerdiskussion zurückzukommen: Ist es nicht ein Witz, daß ausgerechnet die Schweiz vom "Geßlerhut der Reformer" selbst im Schillerjahr nichts wissen will? Die Zwänge des Schreibmaschinenzeitalters sind doch längst passé, jeder Computer läßt sich im Handumdrehen von einem nationalen Zeichensatz auf einen anderen umschalten. Heyses s-Regel wäre in dieser Situation für die Schweizer sogar ein Mittelweg zwischen der jetzigen konsequenten "ß"-Losigkeit und der hierzulande traditionellen Adelungschen Doppelstrategie. Sie würden zwar nicht den "Missstand" los, aber an den haben sie sich ohnehin seit 1938 gewöhnt. Nun muß man leider deutschen Schülerinnen und Schülern abraten, jeden Tag im Internet das St. Galler Tagblatt zu lesen, denn trotz der hochgelobten Rechtschreibeinheitlichkeit im deutschen Sprachraum sind und bleiben "grüssen" und "Gruss" selbst in Bayern und in Nordrhein-Westfalen falsch. Bekommen Schweizer Schüler Fehler angestrichen, wenn sie sich konsequent an die feierlich zu Wien unterzeichnete Neuregelung von 1996 halten? Gewiß doch, aber vielleicht trainiert man in der Schweiz so die nationale Charakterfestigkeit der Jugend. Davon könnten wir uns eine Scheibe abschneiden – später vielleicht.


Kommentar von Stefan Stirnemann, verfaßt am 16.08.2005 um 21.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1468

Ich habe am 28. Juli in einer Anmerkung zum Beitrag „Geteiltes Ulm“ die Sache mit dem Eszett klargestellt. Es geht nicht darum, ob Johann Christoph Adelung (1732/34–1806) älter war als Johann Christian August Heyse (1764–1829).
Die erste Frage ist, warum sich die Verwendung des Eszetts, die mit dem Namen Adelung verbunden ist, im 19. Jahrhundert durchgesetzt hat.
Anwort: Offenbar las sich dieses Eszett gut.
Über die Länge der Vokale gibt unsere Schrift manchmal Auskunft (wahr, hier, Meer), manchmal nicht (war, mir, brach). Warum soll ausgerechnet das Eszett diese Rolle übernehmen? Es hat besseres zu tun, es hilft Mißstände vermeiden.
Zweite Frage: Warum haben die Reformer die Eszett-Regel verändern wollen? Nicht aus Überzeugung, sie haben keine Überzeugung; sie suchten Schwachstellen und meinten hier eine gefunden zu haben, da wegen der Schweiz die Einheitlichkeit nicht gegeben war (ich habe die Stelle am 28. Juli angeführt). Die einzige Überzeugung der Reformer ist, überhaupt etwas zu machen. Wer sie machen lassen will (jetzt im Rat für Rechtschreibung), der läßt sie natürlich auch beim Eszett machen und begleitet sie allenfalls mit gutmütigem Schmunzeln.

Es kommt dazu, daß das Eszett als Längen-Anzeiger versagt: Klaus Heller führt in seiner „Rechtschreibung 2000“ auf (3., aktualisierte Auflage, teuer): "Alte Schreibung: Geschoß. Neue Schreibung: Geschoss, österr., schweiz. auch Geschoß." Oder: "Alte Schreibung: Löß. Neue Schreibung: Löß/Löss." Sehr unsicher fühle ich mich bei Spaß. Warum nicht Spaß/Spass? (Löß/Löss ist laut Duden eine Ablagerung des Pleistozäns.)

Wie schlimm ist die Lage für die Schule? Der Lehrer, dem vieles gleichgültig ist, bleibt natürlich auch hier kühl, das ist im heißen Sommer auch angenehmer. Worüber müßte man sich ärgern („ärgern“ ist das falsche Wort)? Darüber, daß wir, Erwachsene, gut Ausgebildete, Gelehrte, so tun sollen, als ob wir nicht über Wortarten Bescheid wüßten (Leid/leid; recht) und als ob wir nicht wüßten, daß „fleischfressend“ etwas anderes ist als „Tee trinkend“.

Wer das schluckt und dazu noch schmunzelt, ist ein Allesschlucker und Vielschmunzler: ungeeignet, Kinder zu unterrichten.


Kommentar von Sigmar Salzburg, verfaßt am 17.08.2005 um 01.04 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1470

Das Antiqua-ß hat wohl einen anderen Ursprung als ältere deutsche ß. Es entsteht im Italienischen durch Zusammenrücken von lang ſ und rund s. Naturgemäß hat es dort keine Schlußfunktion und wird auch nicht systematisch benutzt (ß und ſ im folgenden immer mit Unterlänge).

„Asegneroti. đ alcuni .3. et .4. et& come acade li quali trouerai notadi de ponti roſi uidelicet .3. et&. altro non ſignifica solû ti dinota eßer tremoli, et per eßer coßa che non si pol notar dingiostro …(Handschrift ca. 1515)
„^qlii che sanno cantare:poßino anchora participar de tal uirtu’ …Impressum…Regnante Inuectißimo Imperatore Carolo quinto ſem/per Auguſto Annno Domini . 1536.“ (Druck 1536)

Auf gestochenen Tafeln findet sich das ß häufiger als im Letternsatz:
„… ma per maggior ſicurezza conſeglio à
farui il segno, maßime nelle mezzane.
Eſſendo dunque gli stromenti diuisi in due claßi …
… ò il paßaggio, che buon cantante ci fa ſopra; però è buo-
no ſuonar aßai ſtretto, e graue.“

(Agazzari 1607)
Die Zeilen 2 u. 5 sind nur halb ausgefüllt. Platzgründe für die Verwendung des ß entfallen also.

„… Son fatto preßo al precipitio mio …“
(Bellerofonte Castaldi 1622, kursiv, gestochen)

Das ß entspricht hier genau dem handschriftlichen, das Goethe 200 Jahre später verwendete, wenn er Gedichte in Lateinschrift niederschrieb. Das gedruckte unverbundene Antiqua-ß findet sich 1619 in Michael Praetorius’ „Organographica“, deutsch in Fraktur, in Fachwörtern wie „Baß" bzw. „Baſs".

Aber schon in der weitverbreiteten Ausgabe von Sebastian Brants „Narrenschiff" 1494, zu der auch Dürer Stiche beigetragen hat, sind die meisten Kleinbuchstaben gerundet und nicht von der Antiqua verschieden.

Das ß gehört dort so selbstverständlich zum Erscheinungsbild der deutschen Schriftsprache wie im Antiqua-Druck von Kleists „Kohlhaas" 1808, jetzt ohne lang-s ... oder im „Lesebuch für die oberen Klassen evangelischer Schulen", Schleswig 1877: Prosa in Fraktur – Poesie in Antiqua wie bei Kleist. Hier zeigt sich auch die natürliche Austauschbarkeit mit der Frakturschrift, die jetzt abgeschafft werden soll.



Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 17.08.2005 um 04.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1471

Bekommen Schweizer Schüler Fehler angestrichen, wenn sie sich konsequent an die feierlich zu Wien unterzeichnete Neuregelung von 1996 halten? Gewiß doch ...

Was soll das heißen? In der Neuregelung steht: "In der Schweiz kann man [statt ß] immer ss schreiben." Schweizer Schüler können nach der Neuregelung gar keine typisch schweizerischen Fehler machen, sie haben nur eine Möglichkeit mehr. Sie halten sich sozusagen immer an die Neuregelung, egal ob sie (theoretisch) Straße oder (tatsächlich) Strasse schreiben. Deshalb können sie hier keine Fehler angestrichen bekommen.

Im übrigen wundert mich, daß Professor Jochems immer wieder verkündet, die Änderungen seien doch nun wirklich marginal. Was soll denn das?? Je nachdem, was man als Maßstab heranzieht, ist alles marginal außer dem ganz wenigen, auf das es wirklich ankommt. Was ist das: Liebe? Frieden? Gott?

Die Maßstäbe, die Professor Jochems immer mit der größten Selbstverständlichkeit heranzieht (Lektüre der Zeitung, Durchsicht von Wörterbüchern), sind unsachgemäß. Es geht bei der Rechtschreibreform nicht um das Lesen oder um irgendwelche Auffälligkeiten beim Lesen, sondern um das Schreiben. Und es geht nicht nur um veröffentlichte Texte, die von sehr geübten Schreibern verfaßt und mehr oder weniger gründlich geprüft worden sind, sondern es geht gerade um die Fähigkeiten bei jedermann. Da sollte durchaus tiefgreifend und grundsätzlich einiges geändert werden, und so geschah es auch. Unter anderem bei allen Wörtern, in denen bisher ß vorkam, ist die Mehrheit der Bevölkerung nunmehr verunsichert. Das zeigt sich in enorm gestiegenen Fehlerzahlen. Wie gesagt, beispielsweise sämtliche Wörter betreffend, in denen ß vorkam. Jedoch sind alle Bereiche der Rechtschreibung in dieser ungünstigen Weise manipuliert worden. Was soll da marginal sein?

Natürlich kann man dem sauberen und einheitlichen Schreiben insgesamt eine minimale Bedeutung beimessen, aber wieso äußern sich solche Leute überhaupt regelmäßig meinungsstark zu dem Thema? Man kann das Schreiben durchaus auch ernst nehmen: als heute annähernd mit dem Sprechen gleichrangige Form der Kommunikation. Heute werden täglich einige Milliarden Wörter in deutscher Sprache geschrieben. Ist es marginal, wenn die Mehrheit der Schreiber bei einem Anteil von schätzungsweise 5 Prozent dieser Wörter stark verunsichert ist und erheblich mehr Fehler macht als zuvor?

Betroffen ist eines der häufigsten Wörter der deutschen Sprache: das – nach der Reform als Relativpronomen äußerst verwechslungsträchtig wegen der Konkurrenz mit dass. Die Häufigkeit dieser Verwechslung hat um ein Vielfaches zugenommen. Nur die allerwenigsten Schreiber sind noch in der Lage, die beiden Wörter bei der Einleitung eines Nebensatzes zuverlässig auseinanderzuhalten.

Die Rechtschreibreform für marginal zu halten, weil es egal sei, daß sie das Gegenteil ihres Zwecks erreicht hat, das ist eine bei einem Laien durchaus nachvollziehbare Haltung. Aber bei einem Fachmann? Vielleicht fehlt Professor Jochems die Erfahrung des Korrekturlesens. Er bekommt fast nur Texte zu Gesicht, in denen Leute wie ich schon wie wild korrigiert haben, um die Blamage abzuwenden. Daß das Ergebnis dann ganz ordentlich aussieht, ist allerdings diesen Spezialisten zu verdanken. Wie es wirklich um die Rechtschreibsicherheit der deutschen Schreiber bestellt ist, kann ein naiver Blick auf Wörterbücher oder professionelle Texte nicht enthüllen.


Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 17.08.2005 um 09.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1472

Es ist immer wieder besonders erhellend, die Beiträge St. Stirnemanns, eines Lehrers, zu lesen. Denn die Lehrer sind "Haupt Leid Tagende" (so etwas kann man heute durchaus lesen) der sogenannten Rechtschreibreform, die in Wahrheit eine systematisch, wenn auch laienhaft betriebene Zerstörung eines hochrangigen Kulturgutes ist. Wieso gerade die Lehrer? Weil sie das als schlecht und falsch Erkannte, auch wenn sie es persönlich verdammen, in junge, unschuldige Hirne pflanzen müssen und so zu Verderbern der Jugend werden. Wie hält man das aus? Was sagt man Schülern, die einen mit herkömmlicher Rechtschreibung aus Zeitungen und Büchern konfrontieren? Vielleicht hilft wirklich nur eine Vermeidungsstrategie, d.h. man streicht Rechtschreibfehler möglichst nicht an, nur ab und zu mal ein s oder ss. Wahrscheinlich gibt es aber, wie stets, auch in diesem Falle Kollegen oder gar Vorgesetzte, die in zweihunderprozentiger Gefolgstreue gerade diese Überwinterungsmethode nicht durchgehen, es sich mit dem bloßen Schein nicht genügen lassen wollen. Getreu dem Spruch W. Buschs: "Ein guter Mensch gibt gerne acht, ob auch der andre was Böses macht." – Leider bin ich Gottseidank nicht mehr Lehrer.



Kommentar von Helmut Jochems, verfaßt am 17.08.2005 um 11.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1474

Wer in einer strittigen Sache etwas erreichen will, muß über hieb- und stichfeste Argumente verfügen. Wir werfen den Reformern und ihren Anhängern vor, daran habe bei ihnen von Anfang an großer Mangel geherrscht. Meist gehen wir einen Schritt weiter und unterstellen ihnen schlechten Willen, fachliche Inkompetenz und grobe Fahrlässigkeit. Wer so etwas tut, muß sich seiner Sache sehr sicher sein. Es ist ja ein honoriges Unterfangen, die Rückkehr zur Einheitsrechtschreibung des 20. Jahrhunderts mit ihrem Niederschlag in vermutlich Milliarden von Schriftstücken und Druckwerken zu fordern. Außer den unbestreitbaren praktischen Gründen spricht auch die Sorge um die kulturelle Kontinuität dafür. Aber: Wer so hoch greift, sollte nicht in Politikermanier taktisch argumentieren. Die Politikerkaste erweist sich bekanntlich nicht nur in unserem Fall als einsichtsresistent. Jetzt kommt es darauf an, die vorschnellen Umsteller in der Wirtschaft und in der Öffentlichkeit zurückzugewinnen. Dazu taugt nur die reine Wahrheit. Auf dieser Webseite verpflichten schon die Initialen am oberen Rand dazu.

Die Leitinstanz unseres Widerstandes gegen die Rechtschreibreform ist Theodor Icklers Kritischer Kommentar. Er ist nicht leicht zu lesen, setzt aber keineswegs ein Germanistikstudium voraus. Sein Tenor: Die Dudenregelung war in den strittigen Bereichen unnötig kompliziert und häufig inkonsequent. Um die Neuregelung steht es jedoch nicht besser, im Gegenteil. Einige ihrer sprachwidrigen und kontraintuitiven Festlegungen haben der deutschen Rechtschreibung Schaden zugefügt und können deshalb nicht bestehenbleiben. Herr Ickler gehört seit ein paar Monaten dem Rat für deutsche Rechtschreibung an, der sich dieser Überprüfung widmet. Die unzulänglichen Arbeitsbedingungen des Rates lassen jedoch nicht mehr als eine Notreparatur zu. Es ist jetzt schon abzusehen, daß es zu mehreren Revisionsschüben kommt, die verbunden mit neuen Moratorien die allgemeine Unsicherheit eher erhöhen werden. Die Öffentlichkeit reagiert jetzt schon auf die tatsächliche oder nur angenommene Beliebigkeit der Rechtschreibung mit Erleichterung. Rigorose Lösungen hätten daher keine Chance, und durchsetzen könnte sie ohnehin niemand. Dabei sollte man nicht vergessen, daß sieben bis neun Schülerjahrgänge die Veränderungen in unserer Rechtschreibung im Vertrauen darauf erlernt haben, daß die Schule die Garantin des Richtigen ist.

In der wahrscheinlich sehr langen Übergangsphase bis zur Wiedererlangung einer relativ einheitlichen Rechtschreibung wird das Sprachgefühl der Schreiberinnen und Schreiber eine große Rolle spielen. Dabei wird es zu Lösungen kommen, die zwar nicht immer dem Üblichen entsprechen, gegen die aber sprachlogisch oder sprachästhetisch nichts spricht. Der demokratische Grundkonsens der "Schreibgemeinschaft" wird daran zu messen sein, ob sie dieses Verfahren akzeptiert. Da die neue s-Regel die am leichtesten zu begreifende und in bezug auf ihre Auswirkungen die folgenreichste der ganzen Neuregelung ist, kann man ihr heute schon gute Überlebenschancen vorhersagen. Natürlich führt sie zu Schreibungen wie Messergebnis, Passersatz, Nussecke, hasserfüllt, Flusssand, Schlussserie, Schlosssaal, Flussschifffahrt – die schreibenden und lesenden Deutschschweizern jedoch seit 1938 geläufig sind. Offenbar hat sich nie Widerstand dagegen geregt, ja selbst "Gruss und Kuss" lassen sich die Eidgenossen nicht nehmen. Fazit: Toleranz in Rechtschreibfragen äußert sich in dem Eingeständnis, daß das in den eigenen Augen Unübliche das Übliche der anderen sein kann.



Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 17.08.2005 um 14.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1478

Herrn Prof. Jochems ist sicher darin zuzustimmen, daß die herkömmliche Rechtschreibung nur im Wettbewerb mit der reformierten bestehen oder wenigstens teilweise wiederhergestellt werden kann. Letztere ist nun einmal in der Welt und läßt sich nicht einfach wegzaubern. Solange genügend viele öffentlich wirksame Sprachteilhaber unreformiert schreiben, kann das Minderwertige, Sprach- und Sprachgefühlswidrige der Neuschreibung täglich demonstriert werden. Und die Schule? Sie ist der Dreh- und Angelpunkt des ganzen Unternehmens: "Die Schule macht den Vorreiter" – bekanntes Dictum eines bekannten Reformmatadors. Sie ist der Ort, wo die reformierte Orthographie wirklich durchgesetzt, d.h. gelehrt wird, weil nur hier die notwendige Regelungsgewalt durchgreift. Aber die Schule als "Garantin des Richtigen"? Soll das ein tragfähiges Argument für das Beibehalten der Reform sein? Aus kindlichen Schülern werden eines Tages Erwachsene. Warum sollen sie nicht ihren Kinderglauben an die Unfehlbarkeit der Erwachsenen mit den Kinderschuhen ablegen? Man muß so vieles revidieren, was man einst im wehrlosen Alter für wahr und richtig hielt. Wenn die Schule, sprich der Lehrer, an Glaubwürdigkeit verliert, so ist das ihr Problem. Ich könnte mir allerdings vorstellen, daß ein Lehrer die reformierte Schreibung zum Gegenstand vergleichender kritischer Betrachtung macht – wer will ihm das verwehren? Das wäre dann die "emanzipatorische Variante" in der Befolgung des staatlich verordneten Dogmas: "Liebe Schüler, wir müssen jetzt leider so und so schreiben, aber dabei kommt z.B. dieser grammatikalische Unfug heraus..." usw.



Kommentar von Martell, verfaßt am 17.08.2005 um 15.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1479

Ich teile kratzbaums Optimismus aus eigener Anschauung als Vater:

Mein 12 Jahre alter Sohn ist radikaler Tierliebhaber und würde "Gemse niemals mit ä" schreiben. Und mit der 10jährigen Tochter hatte ich heute morgen am Frühstückstisch anläßlich der erfreulichen Lektüre von "aufwendig" auf der ersten Seite der SZ die folgende nette Auseinandersetzung: Aber aufwändig kommt doch von Aufwand. – Nein, aufwendig kommt von aufwenden. – Dann schreibe ich es eben mit ae ....



Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 17.08.2005 um 16.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1480

„Zur handschriftlichen und typographischen Geschichte der Buchstabenligatur ß* aus gotisch-deutschen und humanistisch-italienischen Kontexten“ von Prof. Dr. Herbert E. Brekle: siehe hier.



Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 17.08.2005 um 16.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1481

W. Wrase: Es geht bei der Rechtschreibung nicht um das Lesen oder um irgendwelche Auffälligkeiten beim Lesen, sondern um das Schreiben. Und es geht nicht nur um veröffentlichte Texte, die von sehr geübten Schreibern verfaßt und mehr oder weniger gründlich geprüft worden sind, sondern es geht gerade um die Fähigkeiten bei jedermann. Da sollte durchaus tiefgreifend und grundsätzlich einiges geändert werden, und so geschah es auch.

Kann es sein, daß Sie an der hervorgehobenen Stelle nicht Rechtschreibung, sondern Rechtschreibreform meinten? Dann wäre auch klar, was das sollte hier bedeuten soll.



Kommentar von Helmut Jochems, verfaßt am 17.08.2005 um 17.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1482

Gerade hört man, daß sich Frau Schavan und Herr Lammert nach dem zu erwartenden Umschwung in Berlin um die Bildungsbelange kümmern werden. Wir wollen die Hoffnungen nicht zu hoch hängen, aber etwas mehr Verständnis als Frau Weiss und Frau Bulmahn werden sie gewiß für die Sache der deutschen Rechtschreibung aufbringen.

Allerdings ist von ihnen nicht mehr zu erwarten, als was kratzbaum gerade feststellt, nämlich "daß die herkömmliche Rechtschreibung nur im Wettbewerb mit der reformierten bestehen oder wenigstens teilweise wiederhergestellt werden kann. Letztere ist nun einmal in der Welt und läßt sich nicht einfach wegzaubern." Wenn wir "Welt" auflösen in "Medien", "Wirtschaft", "amtliche Texte", "Sachliteratur", "Gebrauchsliteratur" usw., machen wir uns klar, welch ein weltmächtiges Phänomen inzwischen aus dem spröden Schriftstück vom 1. Juli 1996 geworden ist. Um "das Minderwertige, Sprach- und Sprachgefühlswidrige der Neuschreibung" zu erkennen, bedarf es jedoch einer ungewöhnlichen Sensibilisierung für die Sprache in allen ihren Erscheinungen, die nur wenigen gegeben ist. Ich kenne sehr sympathische Lehrer, die ohne Not auch für ihr privates Schreiben die Reformschreibungen übernommen haben. Sie setzen sich nicht über ihr pädagogisches Gewissen hinweg, wenn sie im Sinne Heyses "Schluss" jetzt anders als "Gruß" schreiben lassen. Sie werden das nicht so grundsätzlich sehen, aber darauf angesprochen würden sie sich gewiß im Einklang mit der Schule als "Garantin des Richtigen" handelnd verstehen. Kein Lehrer hat meines Wissens die Winkelbezirke der Rechtschreibreform verteidigt, die wirklich "grammatikalischen Unfug" enthalten. Das bekannteste Beispiel ist "jemandem Leid tun". Daß so etwas in eine amtliche Rechtschreibregelung gelangen konnte, geht nicht nur auf das Konto ahnungsloser Kultusbeamter, sondern gleichermaßen auf das der über alle Maßen aufgeblasenen deutschen Germanistik, die bis auf den heutigen Tag zu dem von ihr mitverschuldeten Skandal schweigt. Andererseits haben früher viele gebildete Mitbürgerinnen und Mitbürger über traditionelle Schreibungen wie "recht bekommen", "recht behalten", "ins reine schreiben" und "für jung und alt" vs. "jenseits von Gut und Böse" den Kopf geschüttelt. Kontraintuitive Schreibungen sind nicht erst die Erfindung unserer Reformer. Ich habe gerade die Einführung in das Christentum von Kardinal Ratzinger gelesen, die nach seiner Wahl zum Papst als Taschenbuch wiederaufgelegt wurde – in reformierter Rechtschreibung. Ich hatte bei der Lektüre nicht den Eindruck, daß der Verlag das Buch aus dem Jahre 1967 orthographisch verhunzt habe.

Was besonders bedrückt, wird vermutlich in den nächsten Jahren dank der Beharrlichkeit Herrn Zehetmairs verschwinden. Die Verwirrung selbst professioneller Schreiber darf man aber nicht allein der mißglückten Rechtschreibreform zur Last legen. Gedankenloses Schreiben hat es zu allen Zeiten gegeben. Wer die Zeichen der Zeit richtig versteht, nutzt die von der Krise geschaffenen Freiräume zu bewußtem Umgang mit der Rechtschreibung. Das ist, wie kratzbaum andeutet, auch in der Schule möglich. Am Ende werden sich die Verwerfungen als eine großartige Chance für einen Neuanfang erweisen. Warum sollten wir nicht auch eine Rechtschreibung haben, die sich so unproblematisch handhaben läßt wie die anderer Kulturvölker?



Kommentar von Friedrich Denk, verfaßt am 17.08.2005 um 19.09 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1483

Professor Jochems schreibt, daß "Schreibungen wie Messergebnis, Passersatz, Nussecke, hasserfüllt, Flusssand, Schlussserie, Schlosssaal, Flussschifffahrt" den "schreibenden und lesenden Deutschschweizern seit 1938 geläufig sind. Offenbar hat sich nie Widerstand dagegen geregt, ja selbst "Gruss und Kuss" lassen sich die Eidgenossen nicht nehmen."

Die Formel, daß sich "nie Widerstand geregt" habe, verwenden auch die Kultusminister gern, wenn sie von der Rechtschreibreform in den Schulen reden. Aber vielleicht wurde der Widerstand nur unterdrückt oder nicht zur Kenntnis genommen?
Als im Dezember 1996 etwa 3000 Schüler aus, wenn ich mich recht erinnere, mehr als 10 Gymnasien aus verschiedenen Bundesländern einen offenen Brief an die Kultusminister richteten und verlangten, so schreiben zu dürfen wie der Bundespräsident, wurde dieser Brief von dpa schlicht ignoriert. Auch die Demonstration der Schülerunion Hessen und der Initiative "Wir Schüler gegen die Rechtschreibreform" anläßlich der 50-Jahr-Feier der KMK in Bonn wurde medial einfach übergangen, obwohl die Schüler ihr Flugblatt dem damaligen Bundespräsidenten Rau überreichten.

Und wie war es in der Schweiz? Ausgangspunkt war offensichtlich die Mehrsprachigkeit der Schweiz und das Problem, daß auf den meisten Schreibmaschinen damals kein "ß" vorhanden war. Nach dem Krieg diente, das vermute ich einmal, das "ss" als ein Zeichen der Abgrenzung gegenüber den Deutschen, ähnlich wie in Dänemark, wo der Widerstand gegen die Kleinschreibung angeblich mit der Parole durchgesetzt wurde "Wollt ihr schreiben wie die Deutschen?"
Immerhin haben in Dänemark anscheinend die meisten Zeitungen mehr als zehn Jahre lang die Großschreibung beibehalten, bis sie die den Schulen verordnete Kleinschreibung übernahmen. Ähnliches würde ich mir auch von unserer Presse wünschen.

Und wie war es in der Schweiz? Dort blieb, wie ich hörte, die Neue Zürcher Zeitung bis 1964 beim "ß". Vermutlich war sie nicht allein. Doch an solchen Widerstand wird nur selten erinnert. Vielleicht ist das auch der Grund, daß so viele bei uns so schnell "eingeknickt" sind, statt die Kultusminister und die Verfassungsrichter beim Wort zu nehmen und weiter so zu schreiben, wie wir es für richtig halten ...
Was die Schreibung von 1995 betrifft, so würde ich sie auch dann weiter verwenden, wenn sie kaum besser wäre als die sog. Neuregelung. Bei anderen völlig unsinnigen und kostenträchtigen Reformen (z.B. der Umbenennung der Arbeitsämter in Agenturen für Arbeit) kann ich mich nämlich nicht wehren. Dann möchte ich es wenigstens dort tun, wo ich es kann und "daß" demonstrativ mit drei statt, wie befohlen, mit vier Buchstaben schreiben. Oder, um mit Professor Meier zu sprechen: Ab dem 1. August 2005 ist es "geradezu eine Ehrensache, falsch zu schreiben".

P.S. Der auf groteske Weise einseitig besetzte "Rat für deutsche Rechtschreibung" mag im Interesse der Schüler einige der schlimmsten Mängel der Rechtschreibreform beheben. Doch warum soll ich den noch übrigbleibenden Unsinn (zum Beispiel das Komma nach direkter Rede) mitmachen, damit die Kultusminister behaupten können, jetzt sei Ruhe eingekehrt?


Kommentar von Reinhard Markner, verfaßt am 17.08.2005 um 19.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1484

Die NZZ hat das ß erst 1974 abgeschafft. —

Für eine realistische Betrachtung der Schreibkundigkeit der Deutschen sind die Amazon-Kundenrezensionen gut geeignet. Hier dominiert zwar wie in den meisten Internet-Foren ein relativ junges Publikum, immerhin aber ein an Lektüre interessiertes Segment.

Ein paar Kostproben aus den zuoberst stehenden Rezensionen zu Tolkiens Trilogie Lord of the Rings in der neuen, auch orthographisch modifizierten Übersetzung:

Tolkien hat sich mit diesem Buch seine eigene Imaginäre Welt erschaffen und diese auch von allen Seiten ausgeleuchtet. Klar das das Buch sich nach dem heutigen Sprachstil an einigen Stellen seltsam anhört. Dennoch hat die Geschichte alles was ein richtig gutes Buch braucht. Es gibt eine Legende, eine Aufgabe, viel Kampf und einige Liebesgeschichten die -Zeitgemäß- nur angedeutet werden. Das die "unverfilmbare" Geschichte nun doch auf die Leinwand gebracht wurde ist wohl ein weiteres Signal dafür das wir auch heute noch Legenden brauchen...

Der Herr der Ringe ist ein Klassiker schlecht hin, jetzt wieder aufs Neue ins Gespräch gekommen durch die in den vergangenen Jahren im Kino erschienene Neuverfilmung. Durch diesen Film, kam ich überhaupt erst auf dieses Buch und bin froh, es gelesen zu haben. J.R.R.Tolkien schuf mir seiner Triologie einen absoluten Weltklassiker.

Diese Bücher sind was Fantasie des Autors Betrifft so reich wie sonnst nichts, was ich jemals in dieser Art gelesen habe.

Was ist an einer neuen Übersetzung so schlimm? Überhaupt finde ich das Schreiberlinge hier ganz schön übertreiben was die angeblich saloppe Schreibweise betrifft. Natürlich sind ausdrücke wie "geil" oder "Made in Thal" unpassend und unnötig. Aber die Häufigkeit eines solchen Wortgebrauchs ist dermaßen gering, dass eine Fliege die während des Lesens gegen die Fensterscheibe knallt genauso viel an Atmosphäre nimmt wie diese Ausdrücke. Und den Wenigen die diese Übersetzung wirklich gelesen haben wird auch aufgefallen sein das die gehobene Sprache wie sie in der ersten deutschen Übersetzung öfters vorgekommen ist in dieser Auflage größtenteils bei den Elben beibehalten wurde. Zu guter letzt sollte man vielleicht auch noch auf den Preis achten.


Es ist praktisch unmöglich, ähnlich fehlerhafte Texte auf amazon.com zu finden.


Kommentar von Martin Gerdes, verfaßt am 17.08.2005 um 23.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1485

Helmut Jochems schreibt:

Gerade hört man, daß sich Frau Schavan und Herr Lammert nach dem zu erwartenden Umschwung in Berlin um die Bildungsbelange kümmern werden. Wir wollen die Hoffnungen nicht zu hoch hängen, aber etwas mehr Verständnis als Frau Weiss und Frau Bulmahn werden sie gewiß für die Sache der deutschen Rechtschreibung aufbringen.

In der Tat, wir sollten unsere Hoffnungen nicht gar zu hoch hängen: Frau Schavan ist bekanntlich vehemente Befürworterin der neuen Schreibung.



Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 18.08.2005 um 08.32 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1488

... durch die Krise geschaffene Freiräume ... großartige Chance für einen Neuanfang ... unproblematisch zu handhabende Rechtschreibung wie bei anderen Kulturvölkern – solchen Hoffnungen mag man sich gerne anschließen. Man möchte auch gerne glauben, daß bei den Befürwortern inzwischen insgeheim Ernüchterung eingekehrt ist und der Wechsel in Berlin die alten Akteure in den Hintergrund drängen wird, wobei dann die neuen Verantwortlichen die heiße Kartoffel lieber großräumig umschiffen werden: man wird jetzt geschnallt haben, daß da keine Lorbeeren zu holen, aber ganz leicht Gesicht zu verlieren ist. Die Verlage sind inzwischen alle gebrannte Kinder, die Wörterbuchverlage insbesondere werden wohl die Nase voll haben: man weiß, daß schon nächstes Jahr wieder eine Ausgabe fällig wird, aber das soll's dann bitteschön erst mal gewesen sein, denn so kann's wohl nicht weitergehen. Auf diese nächste Ausgabe wird es also ganz entscheidend ankommen, denn danach wird das Interesse in allen Quartieren nochmal stark absinken. Dem Rat fällt somit jetzt unverhofft eine immense Verantwortung, aber auch eine riesige Chance zu.

Die längerfristigen Aussichten sind möglicherweise nicht schlecht, aber die Verwerfungen, die angerichteten Schäden sind unnötig groß. Von Einheitlichkeit sind wir jetzt weiter entfernt als je, gerade die ist aber ein Markenzeichen einer "unproblematisch zu handhabenden Rechtschreibung". Waren wir da nicht eigentlich schon ganz nah dran, viel näher als die Reformer gedacht hatten oder wahrhaben wollten? Eine neue Einheitlichkeit wird kaum zu erlangen sein, wenn in den Wörterbüchern die "auch"-Einträge weiter zunehmen. Das ungeschriebene Dogma muß erst noch weg, daß aus neu-richtig nicht wieder falsch werden darf.


Kommentar von Sigmar Salzburg, verfaßt am 18.08.2005 um 08.39 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1489

Während der letzten Jahre habe ich die Schreibung der „Kieler Nachrichten“ genauer beobachtet. Ohne es quantifizieren zu können, habe ich den Eindruck, daß die neuen Groteskschreibungen („Furcht erregend“) seltener werden. Durchgängige Konstanten sind die „neuen“ ss, die „-Jährigen“, die -ck- und s-t- Abtrennungen, „so genannt“ und „selbstständig“ trotz (Wieder-)Gültigkeit der bisherigen Schreibung.

In den KN v. 23.8.02 habe ich die Seite 24 „Kieler Szenen“ näher untersucht: Sie wurde dominiert von einer mitunter krampfhaften „Scene“-Sprache und enthielt etwa 2000 Wörter. Von diesen waren 150 Wörter mit konfusen englischen, französischen, pseudoenglischen oder hybriden Zeichenkomplexen dargestellt, die von keinem Grundschüler lautgerecht gelesen werden können. Die „Erleichterungen" der Rechtschreibreform betrafen andere Wörter: 7mal neue „ss", ein „41-Jähriger" und ein „Geheimtipp". Dazu kam eine übersehene alte „Meßlatte".

In den KN v. 27.2.03 fanden sich etwa 240 reformbedingte ss. Etwa 40 Prozent davon waren „dass", ansonsten „Auschuss", „Einfluss", „Schuss", „muss" usw. mit einer potthäßlichen „Schlussszene".

Die Kieler Nachrichten vom 12.1.2004 (ohne die Lokalbeilagen) bestanden aus 28 Seiten. Auf einer durchschnittlichen Seite, etwa der Seite 3, fanden sich ungefähr 1500 Wörter zu 9500 Zeichen. Das macht insgesamt etwa 42000 Wörter zu 266000 Zeichen. Etwa 200 Wörter waren mit den neuen „ss“ behaftet, darunter etwa 80 wenig hilfreiche „dass“. Außer 13 saudummen „...-Jährigen“ fanden sich noch zwei Dutzend Abweichungen vom bisher Üblichen:
zu viel, Halt machen, wehtun, fallen gelassen, wurde Letzter, nahe stehend, gestern Abend, aufrecht erhalten, mithilfe, zusammen leben, kaputt machen, breit gefächert, Platzierung, loswerden, heute Abend (2x), so genannt, aufwändig (2x), platziert, das Ganze, mit rauem Timbre, hoch qualifiziert und hochintelligent, so genannt, grafisch, und nicht zu vergessen die neuen Trennungen Bä-cker, Kopfni-cken, he-rausgefordert.
Die mit dem Eigennamen „Haß“ verbundene „Hassstrasse“ lag völlig daneben.
Erfreulich war das Wiedersehen mit altvertrauten Formen wie: selbständig, den kürzeren ziehen, vielversprechend, funkensprühend, Phantasie.

Insgesamt ist das kein Befund, der Normalbürger zu einem Aufstand veranlassen könnte, aber doch ein Hinweis auf die Nichtsnutzigkeit der „Reform“.



Kommentar von Stefan Stirnemann, verfaßt am 18.08.2005 um 08.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1490

„Am Ende werden sich die Verwerfungen als eine großartige Chance für einen Neuanfang erweisen“

Herr Jochems hat, öffentlich und im verborgenen, Dinge gewirkt, die schlechterdings gut sind, sie seien ihm nicht vergessen, ich denke z.B. an seinen offenen Brief, in welchem er Herrn Augst zum Rücktritt aufforderte. Auch seine Betrachtungen sind, wenn das Lob nicht gönnerhaft wirkt, treffend. Im Versuch, an den Reformern und ihrer Reform etwas Gutes zu finden, geht er weit. Denen, die im Kampf gegen dieses Unternehmen viel Geld und viel Zeit verschwendet haben, verschwenden mußten (ich gehöre nicht zu ihnen), wird es grell vor den Augen flimmern, daß das eine großartige Chance sein soll. Es folgen drei Anmerkungen.

Zum ersten: Wen kümmert es, ob die Reformer überhaupt oder was sie gedacht haben? Es gibt eine Gegend, 1800 m über Meer, wo die Luft klar und das Licht hell ist: dort zeigen sich die Dinge, wie sie sind. Was an sich krumm ist, ist dort besonders krumm. Wer dort, ohne Kraft zu haben, vielleicht, um jemandem Eindruck zu machen, Anstrengungen meistern will, sitzt unvermutet herzrasend am Wegrand. Der gute Wille nützt nichts.
Meine Urahne, sie war angeheiratet, hat gedichtet; sie war voll des besten Willens, doch kein Mensch wollte ihre Gedichte lesen. Der Diogenes Verlag hat sich einst den herzlosen Spaß gemacht und aus ihren Werken ein Büchlein gedruckt:

Herbstzeitlose

Als letzter floristischer Wiesenschmuck
Erscheint im Herbst die Herbstzeitlose,
Mit ihr ist es zwar so eine Chose,
Jedem Tier sie verursacht einen Ruck.

Auch der Landwirt verspürt so einen Druck,
Ausrotten möcht er sie erbarmungslose,
Doch ein so großes Feld ist hoffnungslose,
Nur nicht das Messer in der Tasche zuck’.

Usf.

So etwa klingt das Regelwerk mit Wörterverzeichnis von 1996; man kann es nicht wesentlich verbessern: ich will so etwas nicht lesen. Gerhard Augst und Burkhard Schaeder schrieben im Heft „Eine Antwort an die Kritiker“, „behände“ gehöre zu „Hand“: „Das lässt sich auch nicht durch das ausgedachte Beispiel widerlegen: Er ist behende zu Fuß. Dieser Satz ist einfach schlechtes Deutsch, weil er einen Bildbruch (Katachrese) enthält.“ Ich wiederhole: Ich will so etwas nicht lesen, und ich will mit Leuten, die so etwas schreiben, nicht über die deutsche Sprache reden. Die Zeit ist zu schade, es gibt genügend gute Gedichte.

Theo Ickler schreibt in seinem „Kommentar“: „Wie verhält es sich demgegenüber mit dem Duden von 1991? Der Stoff ist in 180 alphabetisch angeordnete Richtlinien aufgeteilt. (…) Alle Richtlinien sind allgemeinverständlich und in keiner Wiese schwierig oder kompliziert zu lesen. Über die sachliche Angemessenheit ist damit nichts gesagt und soll hier auch nichts gesagt werden. Man könnte höchstens fragen, ob einige wenige Regeln, zum Beispiel über die Kommasetzung, wirklich so ins einzelne gehen müssen, aber unverständlich sind sie nicht. Die Reformpropaganda arbeitet jedoch – zum Teil sogar sichtlich aufgrund eigener Unkenntnis – mit dem Klischee der völligen Unverständlichkeit des Dudens (…).“

Ich habe 1800 m über Meer, dort, wo die kühle Wahrheit zu Hause ist, die Reformer an ihrem Anspruch gemessen und geprüft, ob sie gute Musiker sind, nicht ob sie gute Musiker sein wollen.

Zum zweiten. In der Schweiz gibt es nicht nur Zeitungen. Die letzte Volkszählung hat ergeben, daß in jedem Haushalt ein Buch vorhanden ist, in welchem bei besonderen Gelegenheiten gelesen wird.
Ich schlage Thomas Hürlimanns „Fräulein Stark“ auf (die Geschichte spielt in St. Gallen), und ich stoße auf das Eszett: „Keiner erklomm so elegant wie mein Onkel die Altarstufen, die Meßgewänder mit der Linken raffend …“ (Verlag Ammann) Oder Pirmin Meiers „Der Fall Federer“: „Ich aber liege hilflos da. / Wer mich einst küßte, / Speit nach mir …“ (Verlag Ammann)
In der Schule ruft das Lateinbuch „Felix“ den Schweizer Schülern zu: „Und schließlich heißt FELIX auch ‚fruchtbar’.“ (C.C.Buchner)
Horst Sitta und Peter Gallmann schreiben in ihrem „Handbuch Rechtschreiben“ (Interkantonale Lehrmittelzentrale): „Der Text kommt – natürlich – im Gewand der neuen Rechtschreibung daher; so wird beim Lesen über die neue Rechtschreibung diese zugleich vorgeführt. (Der zweite Satz könnte von meiner dichtenden Urgroßtante stammen.) Das geht so weit, dass auch die ß-Schreibung verwendet wird, obwohl es das ß (Eszett) in der Schweiz weiterhin nicht gibt. – Hätten Sie es gemerkt, wenn wir es nicht offen gelegt hätten?“ Den Schülern wird das Eszett, das es angeblich in der Schweiz nicht gibt, nicht nur vorgeführt, es wird ihnen im Abschnitt 5.3.4 sogar regelrecht erklärt.
Das Eszett läßt sich Peter Gallmann auch in seinem Buch „Richtiges Deutsch“ nicht entgehen; die neueste Ausgabe stammt vom August 2004. Da er seit 1996 noch nicht dazu kam, im Abschnitt „Wo steckt der Fehler“ die Beispiele auszuwechseln, steht dort immer noch das „alte“ Eszett.
Immer wieder eignen sich Schweizer Schüler ohne Aufhebens diesen Buchstaben an; andere Buchstaben sind schwieriger als das Eszett.

„Warum sollten wir nicht auch eine Rechtschreibung haben, die sich so unproblematisch handhaben läßt wie die anderer Kulturvölker?“ Keine Rechtschreibung ist einfach. Und was uns, nach langer Übung, leicht vorkommt, war einst keineswegs leicht: See und Reh; klar und wahr, froh und so, hier und mir, widerhallen und wiedergeben, Matrize und Matratze; Philipp, der fette Vetter (das letzte Beispiel stammt von Konrad Duden).

Zum dritten: Ich unterrichte jedes Jahr einmal eine Gastklasse aus Deutschland. Auch in diesem Jahr habe ich einen Test in Rechtschreibung durchgeführt. Es waren Gymnasiasten, die von 1998 an die „neue“ Rechtschreibung lernten. Sie schrieben in diesem März „sogenannt“ zusammen, und zwar nicht wieder zusammen, wie es seit Juni 2004 möglich ist, sondern immer noch zusammen, trotz 1998: der größere Teil dieser Reform ist ihnen, wie der Schweizer Schülerausdruck heißt, am Arsch vorbeigegangen. Das war natürlich bis zum ersten August möglich (und gut). Jetzt, wo es Noten geben soll, ist das nicht mehr möglich. Und jetzt wird sich zeigen, daß es so nicht geht.

Wie wird alles enden? So, wie wir es enden lassen. Es braucht die Bereitschaft, etwas zu tun.
Besonders bereit sind die Reformer: Sie sägen und hämmern und hobeln – eine Notbrücke nach der andern. Und sie rufen an und besuchen und schreiben Briefe und treten im Fernsehen auf und reden mit Erziehungsdirektoren und holen ihre Schüler und Doktoranden in den Rat für Rechtschreibung und verfassen Artikel.

Tun wir doch auch etwas. In der Schweiz tut sich allerhand.



Kommentar von H. J., verfaßt am 18.08.2005 um 09.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1491

Zur Erinnerung: Frau Schavan hat den Plan der Ministerialen in der KMK-Zentrale zu Fall gebracht, die Zwischenstaatliche Kommission zur Dauereinrichtung mit fast unbeschränkten Vollmachten zu machen. Als die Zwischenstaatlichen sich bei dem von Frau Schavan geforderten "Kompromiss"-Gespräch mit der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in ihrem Beisein stur stellten, bewirkte sie die Auflösung dieses Gremiums. Ohne ihre Initiativen gäbe es nicht den Rat für deutsche Rechtschreibung mit dem zur Einsicht gekommenen Herrn Zehetmair an der Spitze. Das alles geschah 2004 und wurde auf diesen Seiten ausführlich dokumentiert.

Aus vielerlei Gründen ist weiterhin lesenswert, was Annette Schavan am 7. August 2004 öffentlich sagte: ... Ein Teil dieser Rechtschreibreform ist völlig akzeptiert, also niemand streitet doch in Deutschland darüber, ob man das „ß" nun noch braucht oder ob das jetzt Sprachverfall ist, wenn statt „ß" zwei „s" kommen. So, und jetzt kommt die Schwachstelle. Die Schwachstelle ist die, daß das Ganze immer nur unter dem Stichwort „Vereinfachung" der Regeln zum rechten Schreiben behandelt worden ist. Man hat immer gesagt, es soll weniger Regeln für die Kinder geben, es soll einfacher werden. Vernachlässigt worden ist ein anderer Aspekt, und darauf habe ich in der letzten KMK auch hingewiesen, vernachlässigt worden ist ein anderer Punkt, der genauso wichtig gewesen wäre, nämlich, daß Sprache was mit Kultur zu tun hat – ich hab’s ja eben gesagt – und keine Rechtschreibregeln erlassen werden dürfen, die die Ausdrucksmöglichkeiten der deutschen Sprache verringern. Und das ist das Problem, der große Konfliktpunkt, Getrennt- und Zusammenschreibung. [...] Und jetzt kam der 4. Zwischenbericht. Ich habe in der Kultusministerkonferenz gesagt, den kann man nicht einfach durchwinken. Wir brauchen einen Kompromiß. Wir beschäftigen uns mit dem Vorschlag der Akademie für Sprache und Dichtung, der vor allen Dingen auch auf diesen Punkt eingeht, der immer wieder kritisiert wird und der sich nach meinem Eindruck auch überhaupt nicht durchsetzen wird. Das wird nicht akzeptiert werden, was in diesem Zusammenhang an Regeln erlassen worden ist. Ich habe das erste Gespräch erlebt zwischen Akademie und wissenschaftlicher Kommission. Damals hatte ich noch die Hoffnung, es könnte zu einem Kompromiß kommen. Der Kompromiß ist nicht zustande gekommen, und jetzt ist meine Überzeugung, ein Rückdrehen der Rechtschreibreform ist unvorstellbar und wird übrigens genauso viel Empörung in Deutschland hervorrufen wie die jetzige Situation, da können Sie aber ganz sicher sein. Aber was wir schaffen müssen, ist wegzukommen von dem, was Sie auch beklagen und was ja auch ein Teil der Kritik war. Es können nicht Politiker abstimmen darüber, wie sich die deutsche Sprache entwickelt und damit verbundene Rechtschreibregeln sich entwickeln. Früher hat es die Duden-Redaktion gemacht, die haben die Sprache entwickelt. Es gibt eine Ausgabe des Dudens, da steht das Wort „Kautsch" mit k-a-u-t-sch. Das hat kein Mensch in Deutschland übernommen, und dann ist es in der nächsten Ausgabe oder ein paar Jahre später wieder rausgeflogen. Wir brauchen also jetzt, da es kein Verlag mehr sein kann, weil es nicht nur einen gibt, der Wörterbücher macht, brauchen wir jetzt einen Rat für deutsche Sprache mit Autoritäten. Da können alle die reingehen, die sich immer, wenn wir entschieden haben, zu Wort melden, und dann mögen sie bitte die Sprachentwicklung beobachten, begleiten und aus ihrer Verantwortung und Autorität heraus die Weiterentwicklung auch der Regeln betreiben. Das muß erreicht werden. Es muß weg von der Praxis, die wir jetzt hatten, daß da eine Konferenz von Ministern sitzt, die abstimmt, ob die Regel jetzt so oder anders ist. Aber es müssen sich dann auch die Autoritäten bereit erklären, so wie das früher die Duden-Redaktion gemacht hat, eine solche Aufgabe auf sich zu nehmen, die natürlich auch in jedem einzelnen Punkt wieder umstritten sein wird. (Was hält uns zusammen? „Dialog" im Bayerischen Landtag am 7. 8. 2004)

Unproblematisch sind übrigens solche Orthographien, die nicht den beständigen Griff zum Wörterbuch verlangen. Ungeläufige Fremdwörter (im Englischen charakteristischerweise "hard words") und seltene Eigennamen schlägt man überall nach, nicht dagegen wegen des weltbewegenden Problems, ob man "kaputt machen" oder "aufrecht erhalten" zusammenschreibt oder nicht.



Kommentar von Deutschland kehrt zurück, verfaßt am 18.08.2005 um 11.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1492

Frau Schavan ist aber auch die Frau, die Erwin Teufel daran gehindert hat, sich als Ministerpräsident Baden-Württembergs gegen die Rechtschreibreform zu stellen. Sie gehört auch zu den Kultusministern, die stolz von sich behaupten, die Reformregeln auch privat streng durchzuhalten.


Kommentar von Matthias Künzer, verfaßt am 18.08.2005 um 11.32 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1493

Wenn jemand von sich behauptet, sich streng an die reformierten Regeln zu halten – und das ist, das sieht Frau Schavan im Gegensatz zu Frau Simonis ganz richtig, für die Glaubwürdigkeit einer Reformerinnenposition unabdingbar –, so muß die Frage gestattet sein: streng an welche Version der Regeln?

Duden 1996? Bertelsmann 1996? Amtlich 1996? Amtlich 2004? ("Spängler") Duden 2004? ("Spengler") Die Zeit? Neue Zürcher?

Vgl. www.rechtschreibreform.com/Woerterliste/peil-vdb.htm,
www.rechtschreibreform.com/Woerterliste/peil-vdd.htm.

Welt bewegende Probleme wie die getrennt Schreibung würde man als Reform-Anhänger sicher gerne nach sehen, wüßte man, wo.



Kommentar von Martin Gerdes, verfaßt am 18.08.2005 um 16.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1494

Man sollte bei alledem nicht vergessen, daß Frau Schavan Politikerin ist, und die Hauptbeschäftigung eines Politikers sind Machtspiele. Die Sache ist in aller Regel allenfalls sekundär.

Die Hauptarbeit der zweiten Reihe im Vorfeld war, die Politiker auf Linie zu bringen. Das geschieht in aller Regel dadurch, daß man ihnen erst eine Idee einflüstert und sie hinterher davon überzeugt, sie seien entweder selbst auf den Gedanken gekommen oder der Hl. Sachzwang lasse keine andere Möglichkeit zu.

So wurde die BRaZ eingeführt.

Daß Fachleute Politiker normalerweise falsch einschätzen, zeigte sich schon nach einem halben Jahr: Die Politiker waren bekanntlich bereits breitgeschlagen zu einem Zeitpunkt, da die Neuregelung erst in einer Betaversion vorlag. Man hat die unfertige Vorlage dennoch abnicken lassen, um die historische Chance nicht verstreichen zu lassen. Danach hat man sich frohgemut an die Fertigstellung des Oevres gemacht und dasselbe ein halbes Jahr später der KuMiKo vorgelegt. Deren Reaktion – ein brüskes Nein – war im Grunde vorhersehbar. Ein Politiker geht einen Weg bis zum bitteren Ende und zwar selbst dann, wenn er erkannt hat, daß es sich um einen Holzweg handelt. "Verläßlichkeit" gilt ihm mehr als die Richtigkeit einer Entscheidung.

Immerhin konnten sich die Reformer der konzertierten Gnadensonne der KuMiKo erfreuen, die ihnen lange Zeit unbedingt den Rücken stärkte.

Dann aber haben die Reformer einen Fehler begangen, der einem Politiker gegenüber absolut unverzeihlich ist und auch sofort und konsequent geahndet wird: Sie wollten der KuMiKo das Heft – also die Macht – aus der Hand nehmen. Daß der Name "Schavan" in diesem Zusammenhang federführend genannt wird, ist nachgeordnet, wohl jeder andere Kultusminister hätte einen solchen Affront auf gleiche Weise beantwortet. Die Kommission, Personifizierung des Holzwegs, wurde mit vielen schönen Worten in die Wüste geschickt und dann ein "Kompromiss" zur reibungslosen Beseitigung des Schlamassels bemüht. Allein die Nennung dieses Wortes zeigt den Primat der Politik: Es geht hier nicht um Richtigkeit in der Sache, sondern um Positionen. Keiner der noch aktiven Akteure soll sein Gesicht verlieren müssen (solange er noch die Macht dazu hat), egal, was er angerichtet hat. Aufs wirkliche Leben übersetzt heißt das, daß einer, der auf der Straße jemanden überfallen und ihm seinen Geldbeutel mit 500 Euro entwendet hat, als Kompromiß dem Beraubten 250 Euro zurückgibt und dann alles wieder gut sein soll. Jeder würde sich an den Kopf fassen und das für unmöglich halten, Politik funktioniert aber so.

Ich glaube nicht, daß die Gegner der Rechtschreibreform Frau Schavan (die die RSR ausdrücklich befürwortet) besonders dankbar sein müssen, ich glaube auch nicht, daß wir uns von ihrer Berufung viel versprechen müssen.



Kommentar von Helmut Jochems, verfaßt am 18.08.2005 um 23.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1495

Sigmar Salzburgs Überprüfung einer kompletten Tagesausgabe der Kieler Nachrichten ist außerordentlich aufschlußreich im Hinblick auf die Frage, wieviel Schaden denn eigentlich die Rechtschreibreform angerichtet hat. In dieser Diskussionsrunde hat kratzbaum eine Typologie der Veränderungen vorgeschlagen, an die wir uns halten können: das Minderwertige, Sprach- und Sprachgefühlswidrige der Neuschreibung. Ich deute "das Minderwertige" als Verstöße gegen die Schreibästhetik, "das Sprachwidrige" als Schreibungen, die aufgrund grammatischer oder allgemein sprachlogischer Gesichtspunkte unzulässig sind, und "das Sprachgefühlswidrige" als kontraintuitive Schreibungen. Fehler im eigentlichen Sinne können eigentlich nur Verstöße der zweiten Kategorie sein. "Sprachgefühlswidrige" Normschreibungen gab es auch vor 1996; sie beruhen meistens darauf, daß der Schreiber ein Unterscheidungskriterium nicht kennt oder nicht anerkennt. Über Schreibungen, die den Schönheitssinn beleidigen, kann man erst recht trefflich streiten; hier spielt meist die Gewöhnung an bestimmte Schreibformen eine große Rolle. Nehmen wir die 200 Wörter mit "ss" statt "ß", die Sigmar Salzburg gefunden hat, z. B. "Schloss". Diese Schreibung kann nicht sprachwidrig sein, denn sie drückt ja im Unterschied zu "Schloß" sogar die Vokalqualität aus. Kontraintuitiv ist sie in der Tat für Deutsche und Österreicher, die vor 1996 nur "Schloß" kannten. Minderwertig ist diese Schreibung jedoch allenfalls in Zusammensetzungen wie "Schlosssaal", denn nun ist die Kompositionsfuge erst auf den zweiten Blick erkennbar. Da diese Schreibung aber schon vor der Reform auf einem Teil des deutschen Sprachgebiets praktiziert wurde, kann sie nicht falsch sein.

Unter den "unüblichen" Schreibungen in Salzburgs Liste findet sich keine einzige, die grammatisch oder sprachlogisch unmöglich wäre. Kontraintuitiv oder ungewohnt für einen "traditionellen" Schreiber sind zweifellos "gestern/heute Abend", "Platzierung/platziert", "so genannt", "aufwändig" und "mit rauem Timbre". Das Adjektiv "rauh" hätte in natürlicher Entwicklung nie sein auch etymologisch begründetes (vgl. engl. "rough") "h" verloren; eine spontane Entwicklung zu "platzieren" ist dagegen nicht auszuschließen. Großschreibung in "heute Abend" gab es noch lange am Anfang des 20. Jahrhunderts, während "so genannt" und "aufwändig" wohl auch als versehentliche Schreibung selten waren. "Überschwenglich", das in diesen Zusammenhang gehört, haben die Schreiber dagegen vor 1996 als kontraintuitiv empfunden. "Grafisch" war ebenfalls längst üblich, vor allem in Zusammensetzungen ("stenografisch"). Fazit: Das Sündenregister der Reform in den Kieler Nachrichten vom 12. 1. 2004 ist nicht niederschmetternd.

Sigmar Salzburg hebt eine Neuschreibung als besonders mißlungen heraus: die "13 saudummen '...-Jährigen'." Diese Form kommt in Pressetexten besonders häufig vor und fällt deshalb auf. Eigentlich ist sie nichts weiter als der Versuch, ein Schreibproblem anders (nicht unbedingt besser) als bisher zu lösen. Ziffern kennen bekanntlich keine Groß- und Kleinschreibung, was den Leser bei "der 35jährige" leicht stutzen läßt. In diesem Strang habe ich kürzlich "die 'ß'-Losigkeit der Schweiz" geschrieben, was sicherlich nicht jedermann gefällt. Hätte ich aber "'ß'losigkeit" oder "'ß'-losigkeit" schreiben sollen? Wahrscheinlich rät man mir, solch eine Neubildung ganz zu meiden. Nun gut, das wäre aber ein Armutszeugnis für die deutsche Rechtschreibung. Solche "Schriftpeinlichkeiten" gibt es eben, und sich darauf einzulassen ist kein Vergehen.

Hier könnte ich meinen Kommentar abbrechen, denn "Spinnefeind", "Portmonee" und was es sonst noch an Drolligkeiten in der Neuregelung gibt, taucht halt nicht alle Tage auf. Sie dürfen aber nicht erhalten bleiben, und das wird Herrn Zehetmairs Rat noch eine ganze Weile beschäftigen. Am Ende wird Teil A der Neuregelung hoffentlich so entrümpelt sein, daß der Grundstock der deutschen Rechtschreibung wieder in Ordnung gebracht ist. In der Getrennt- und Zusammenschreibung und in der Groß- und Kleinschreibung möge man uns dagegen in Zukunft mit einer staatlicherseits durchgesetzten Einheitlichkeit vom Halse bleiben. Sigmar Salzburg stößt sich an "zu viel", "wehtun", "fallen gelassen", "nahe stehend", "aufrecht erhalten", "mithilfe", "zusammen leben", "kaputt machen", "breit gefächert", "loswerden", "hoch qualifiziert" vs. "hochintelligent"; "Halt machen", "wurde Letzter", "das Ganze". Zum Teil müßte man hier den Kontext kennen, um überhaupt etwas Ungewöhnliches festzustellen, aber selbst wenn es unzweckmäßige Schreibungen sein sollten: Welche skripturale Virtuosität erwarten wir von der Schreibgemeinschaft, wenn dergleichen (Dergleichen?) unter eine von kratzbaums Kategorien fallen soll? Die untersuchte Ausgabe der Kieler Nachrichten ist kein Zeugnis für eine schreckliche Verrohung der deutschen Rechtschreibung, aber sie bezeugt doch, daß es jetzt in den deutschsprachigen Ländern keine einheitliche Rechtschreibung gibt. Das hält die Schriftsteller nicht davon ab, weiterhin das volle Repertoire der schriftlichen Ausdrucksmöglichkeiten auszuschöpfen, wie es als Ergebnis der Schreibgeschichte des Deutschen zur Verfügung steht und durch keinen staatlichen Erlaß aus der Welt zu schaffen ist. Wer beruflich an die neue Norm gebunden ist, bemüht sich um Einheitlichkeit und Eindeutigkeit. Private Schreiber dagegen verstehen die jetzt bei der Lektüre anzutreffende Vielfältigkeit als die Lizenz, sich mehr an ihr Sprachgefühl als an bisher als verbindlich eingestufte Vorgaben zu halten. Wie immer man über die Absichten unserer Rechtschreibreformer und ihrer staatlichen Auftraggeber denkt, die unwürdige deutsche Angst, sich durch Rechtschreibfehler zu blamieren, hat den längst verdienten Knacks bekommen. Niemand weiß heute, wie es weitergehen wird. Eins aber ist sicher: Weder dem alten Dudenrigorismus noch der Flapsigkeit der Rechtschreibreform gehört die Zukunft.



Kommentar von R. M., verfaßt am 19.08.2005 um 01.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1496

Wie Herr Wrase schon (offenbar vergebens) anmerkte, kommt in den Fehlern, insbesondere den Übergeneralisierungen, die sich in Zeitungstexten finden lassen, nur die Spitze eines Eisbergs zum Vorschein. (Übrigens muß man in Provinzblättern wie den Kieler Nachrichten oder der Siegener Zeitung gerade den Lokalteil lesen – der Rest ist ganz überwiegend redigiertes Agenturmaterial.) Um zu ermessen, wie vollständig das Sprachgefühl selbst der professionellen Agenturschreiber zerrüttet ist, empfiehlt sich ein Blick in die »Newsticker«. Was man dort findet, ist zum davon laufen.



Kommentar von Wolfgang Scheuermann, verfaßt am 19.08.2005 um 09.54 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1497

Der "Professor an sich" zeichnet sich durch eine größere geistige Beweglichkeit aus, durch die er sich spielerisch Freiräume erschließen kann, die von anderen (aus unterschiedlichsten Gründen) nicht genutzt werden. Ein solcher "Professor an sich" ist auch Professor Jochems. Ihm ist es möglich, immer noch eine "Meta-Ebene" (wie man das heute gerne sagt) mitzudenken, manchmal, so scheint es, sogar zwei.

Natürlich kennt er die Zukunft so wenig wie jeder andere, aber seine Erwartung, die zukünftige deutsche Rechtschreibung würde mit Sicherheit nicht der vor der Reform entsprechen, ist ja durchaus begründet.

Für mich ist das aber eher eine Befürchtung. Ich teile diese Erwartung auch nicht. Es muß nicht so kommen. Gerade durch die Diskussion der letzten Jahre habe ich mehr und mehr gelernt, wieviel Klugheit in der bewährten Rechtschreibung steckt. (Und in ihrer Darstellung im neuen Ickler steckt noch ein ganzes Stück Klugheit mehr als in dem "Vereinigung-Duden".)

Was hat es für einen Sinn (um das treffende Beispiel von Herrn Gerdes aufzugreifen), von 500 Euro, die einem gestohlen worden sind, nur 250 zurückzuverlangen, wenn es noch möglich ist, die gesamte Summe zurückzuerhalten?

Natürlich hat Herr Gerdes recht, daß Politik nach anderen Regeln spielt. Deshalb ist es tatsächlich zu befürchten, daß der "Rat" nicht alles "zurückschraubt" (wie es sein Vorsitzender ja auch formuliert hat). Aber danach würde hoffentlich ein Prozeß einsetzen, in dem bessere und schlechtere Schreibmöglichkeiten in Konkurrenz miteinander treten. Und nach Abschluß eines solchen Prozesses würde wieder etwas stehen, was zumindest sehr nahe an der modernen Rechtschreibung im Ickler sein wird. Herr Stirnemann hat weiter vorne ja darauf hingewiesen, daß schon im vorvorigen Jahrhundert Heyse gegen Adelung nicht durchgesetzt werden konnte: Nach zwei Jahrzehnten wurde dieses Experiment in Österreich beerdigt. So lange dauert seine Wiederholung jetzt ja noch lange nicht an. Welchen Grund sollte es eigentlich geben, daß es diesmal einen anderen Ausgang nehmen müßte? (Nur stellt der Umweg über eine solche Experimentierphase eine Belästigung dar, wie es ja auch Professor Jochems an zahlreichen Beispielen gezeigt hat.)



Kommentar von Walter Lachenmann, verfaßt am 19.08.2005 um 10.07 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1498

Erst recht aufschlußreich bleibt die Lektüre der Süddeutschen Zeitung, die nach wie vor den Ruf hat und selbst an ihn glaubt, höchste Professionalität des deutschsprachigen Journalismus zu verkörpern. Was dort Tag für Tag an orthographischen Blüten gedruckt wird, hätte ihr noch vor wenigen Jahren Hohn und Spott eingebracht und zu Rausschmissen so liederlich arbeitender Journalisten geführt. Daß es dies heute nicht mehr tut, liegt wohl an der öffentlichen Abstumpfung gegenüber jeglicher intellektuellen Dekadenz, die sich bei der SZ auch inhaltlich an vielen Stellen breitmacht, die aber als inzwischen ziemlich verstaubte postmoderne Flapsigkeit sich wohl immer noch absolut klasse vorkommt. Das Gähnen der Leser dringt ja nicht in die Redaktionsräume.
Sicherlich: je nach Sichtweise ist alles nicht so schlimm und am Ende wird alles irgendwie wieder gut sein. Die Frage ist nur, was ist gut, was ist alles und wo ist das Ende. Vorläufig gibt es jedenfalls keinen Grund, sich mit den Schäden, die die Reform angerichtet hat, mit derlei Heileheile-Segen-Tröstungen abzufinden.



Kommentar von Stefan Stirnemann, verfaßt am 19.08.2005 um 10.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1499

„Die unwürdige deutsche Angst, sich durch Rechtschreibfehler zu blamieren, hat den längst verdienten Knacks bekommen.“ (Helmut Jochems)

Tatsächlich: „Zum Glück hat sich die Auffassung von der Schwere ‚orthographischer Fehler’ sehr gemildert, und mag die Schule mit Fug auf straffe Zucht auch in solchen Äußerlichkeiten halten, das vielgestaltige Leben fordert und rechtfertigt ein gewisses Maß heilsamer Freiheiten.“ Das schrieb Eduard Engel im Jahr 1918. Also kann man der Reform auch das nicht zugute halten, daß sie Vernunft in den Umgang mit Rechtschreibfehlern gebracht hätte. Diese Vernunft war immer da oder nicht da; mit dem ersten August ist sie unter Strafe gestellt worden.

Offenbar noch keinen Knacks bekommen hat die Deutschschweizer und deutsche Angst, der Obrigkeit nicht untertan zu sein. So liegt jederzeit der Helm griffbereit, und wenn ein Befehl gegrölt wird, wird er aufgesetzt, und man grüßt und rennt und ist noch stolz dabei. Oder vielleicht rennt man nicht, sondern schlendert und schmunzelt vor sich hin, und der Helm sitzt etwas schief: aber man geht dahin, wo es befohlen wurde. „Und genau das freut mich!“ sagt Frau Schavan, „Und hör mal: Den Helm mußt du überhaupt nicht mitschleppen, es geht sich auch leichter ohne.“

Schon bei Konrad Duden stört mich das Anrufen der Staatsmacht und das Beschwören der Amtlichkeit. Aber im 19. Jahrhundert war das vielleicht nötig, es ging um die Vereinheitlichung und Vereinfachung der Rechtschreibung. – Seien wir froh, daß Herr Duden nicht viel von dem umsetzen durfte, was er eigentlich wollte.

Einen gewichtigen Beitrag zur Vereinheitlichung gaben damals die Zeitungen und Verlage: sie konnten mit den vielen Doppelformen nichts anfangen, die in allen amtlichen Wörterverzeichnissen aufgeführt wurden (das war schon damals der Weg, Kompromisse zu schließen): so veröffentlichte Duden seinen „Orthographischen Wegweiser für das praktische Leben“ und die „Rechtschreibung der Buchdruckereien deutscher Sprache“. Man kann doch keine Redaktionskonferenz einberufen, um zu entscheiden, ob man „Halt machen“ oder „haltmachen“ druckt. Und wenn beides möglich sein soll, ist die Frage, in welchen anderen Fällen noch zwei oder drei Möglichkeiten bestehen – und schon wäre eine weitere Konferenz nötig.

Halt machen? Preis geben? Not tun? An solchen Fügungen läßt sich beobachten, wie sich unsere Sprache entwickelt. Mit „skripturaler Virtuosität“ hat das nichts zu tun – die Wendung lädt dazu ein, gleich ganz lateinisch zu schreiben: Noris nos, docti sumus (Du kennst uns doch, wir gehören auch dazu, sagte einst einer zum Dichter Horaz).

Dank der Rechtschreibreform dürfen wir noch einmal besprechen, was im 19. Jahrhundert besprochen worden ist. Damals aber haben Leute von Rang mitgesprochen: Wilhelm Wilmanns, Daniel Sanders, Hermann Paul und auch Konrad Duden. Wer von denen, die heute im Rat für Rechtschreibung sitzen, weiß Bescheid? Man braucht nicht viele Finger zum Abzählen. Und was im 19. Jahrhundert aufs Ganze gesehen ernst war, das ist heute ein Witz.

Wer entscheidet diese neue Auflage einer alten Auseinandersetzung? Wie schon nach 1996 werden die Nachrichtenagenturen wichtig sein. Ich führe aus der neuesten Stellungnahme ihrer Arbeitsgruppe einige Punkte an:

1. Wir befürworten eine einheitliche und eindeutige Schreibweise, d.h. so wenige Varianten wie möglich.
2. Wir lehnen grammatisch falsche Schreibweisen ab (z.B. Leid tun, Recht haben, das 8-Fache).
6. Wir lehnen die unnötige Veränderung gewohnter Wortbilder und falsche Ableitungen ab (z.B. aufwändig; einbläuen, Quäntchen).

Aber ebenso wichtig sind wir. Wenn alle, Helm auf oder mit Schmunzeln, zum befohlenen Punkt eilen, dann hat die Politik die Sache entschieden.

Ein Nachtrag zum Eszett: Ich wiederhole, geduldig wie ein Lehrer vor den Kleinen, die mit ihren runden Köpflein in den Bänken sitzen und alles sehr oft hören müssen, bis sie es wirklich gehört haben: Die Reformer haben die Eszett-Regel nicht geändert, weil ihnen an einer Verbesserung lag, sondern weil sie in diesem Bereich eine Möglichkeit witterten, überhaupt etwas zu ändern: hier war ja die Einheitlichkeit wegen der Schweiz nicht gegeben.

Hermann Zabel: (1985) „Da die Einheitlichkeit im Bereich der s/ss/ß-Schreibung für den deutschen Sprachraum nicht mehr vorhanden ist, bietet sich eine Neuregelung dieses Bereichs geradezu an.“

Und damit vorwärts, marsch!



Kommentar von Gabriele Ahrens, verfaßt am 19.08.2005 um 10.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1500

Noch einmal zu Frau Schavan: Von ihr ist nichts zu erwarten, was der deutschen Sprache dienlich wäre. Wenn sich jemand prompt zu Wort gemeldet hat, sobald es um die Rechtschreibreform ging, dann sie, und zwar stets, um sicherzustellen, daß es mit der "Reform" vorangeht. Schon 1997 hat sie sich unermüdlich für die Rechtschreibreform eingesetzt, und seitdem ohne Unterlaß.

Auf der Seite bildungsklick.de finden wir zum Beispiel ihren Kommentar zur Ankündigung der Rückkehr einiger Verlage zur bewährten Rechtschreibung: (6.8.2004): "Die Bundesverbände der Zeitschriften- und Zeitungsverleger waren an der Entstehung der Rechtschreibreform beteiligt. Sie haben die Kultusministerkonferenz (KMK) bereits im vergangenen Jahr gebeten, den 4. Bericht der zwischenstaatlichen Kommission zügig zu verabschieden und haben die dort gemachten Vorschläge begrüßt." [...] "Die Kultusministerkonferenz muss sich auf so klare Voten verlassen können", so Schavan. […] Schavan verwies darauf, dass 98 Prozent der Texte unverändert seien: "Wir streiten hier also um zwei Prozent."

Und weiter: "Ich sehe weder in der Kultusministerkonferenz noch in der Ministerpräsidentenkonferenz eine Mehrheit für ein schlichtes Zurück zum alten Regelwerk. Das gemeinsame Regelwerk für den deutschen Sprachraum ist sinnvoll."

In der Stuttgarter Zeitung lesen wir am 9.8.04:
"Baden-Württembergs Kultusministerin Annette Schavan (CDU) ist gegen eine Volksabstimmung über die Rechtschreibreform. 'Die Frage der Rechtschreibregeln ist keine Frage für Volksentscheide', sagte Schavan am Montag. 'Worüber genau soll man da abstimmen lassen?' Die Debatte sei zum Teil ein bloßes Sommerlochthema."

Diese Art von Demokratieverständnis ist doch sehr aufschlußreich. Vor allem die Frage, worüber abgestimmt werden soll. Was ist so kompliziert daran, eine einfache Frage zu stellen, die mit ja oder nein beantwortet werden kann? ("Wollen Sie die Rechtschreibreform?")

Schließlich eine aktuelle Stellungnahme im Juli 2005: "Die baden-württembergische Kultusministerin Annette Schavan (CDU) hat die Verschiebung der Rechtschreibreform in Bayern und Nordrhein-Westfalen kritisiert. Schavan sagte gestern Abend im SÜDWEST Fernsehen, sie hoffe sehr, dass Bayern noch einmal nachdenke. Die Bildungsministerin zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass spätestens in einem Jahr alle 16 Bundesländer wieder im Geleitzug seien. Baden-Württemberg hatte zuvor beschlossen, die Rechtschreibreform wie geplant zum 1. August verbindlich einzuführen. Man habe keinen Grund, von den Beschlüssen abzuweichen, sagte Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) nach einer Telefonkonferenz der unionsgeführten Länder." (SWR)



Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 19.08.2005 um 10.38 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1501

@ Herrn Scheuermann...
Ihre Hoffnung, daß sich alles wieder zum Guten wenden wird, teile ich nicht mehr...

Warum konnte Heyse im 19. Jahrhundert wieder zurückgenommen werden?
Meine Vermutung: Wahrscheinlich, weil es zentral und von oben herab so befohlen wurde. Ein KuK Ministerialrat für Kultur legte es so fest und damit wurde es Gesetz und ausgeführt. Und selbst, wenn vorher noch eine KuK Komission zum Thema tagte, wird eine einzige Stimme das so entschieden haben.

Heute leben wir aber in einer politischen "Kultur" von Kompromissen und Beliebigkeiten. In Deutschland wird niemals etwas zurückgenommen, sondern nur modifiziert (*). Ganz gleich, ob es sich um Steuerrecht, Baurecht oder die Rechtschreibreform handelt. Zu viele Verbände, Organisationen, Lobbyisten, Gewinnler und rückgratlose und/oder inkompetente Politiker sind/waren darin verwickelt und keiner will heute sein Gesicht/Profit verlieren. Daher modifiziert man das, was da ist und hängt immer nur neue Paragraphen an.
Und so wird es auch mit der RSR sein... vielleicht wird sie durch Prof. Ickler und den Rat etwas besser... aber sie kann niemals gut werden... und abgeschafft wird sie schon garnicht (Totschlagargument: "Weil wir in Deutschland größere Probleme haben als die Rechtschreibreform – und weil wir unseren Reformwillen zeigen müssen!").

Man muß es fast schon als ein Wunder (**) ansehen, daß überhaupt eine Rechtschreibreform durchgesetzt wurde... aber in gutem Glauben (an die Undurchführbarkeit eines solchen Unterfangens [sic!] ?) schwiegen damals alle namenhaften Deutsch-Profis. Und als erst einmal die "Deadline" durch die Politik gesetzt war, da war es auch schon zu spät...

...denn in Deutschland wird ja nichts zurückgenommen!

Mich wundert immer nur, wie schnell das alles vonstatten gegangen war... hinter der Reform steckte doch nur eine kleine Clique, und die hatte kaum die Zeit, um eine durchdachte Reform zu erschaffen (was letztlich ja auch vieles erklärt ;-).


(*) Ausnahmen: Die Betroffenen haben keine Lobby oder verschlafen es, Protest einzulegen.

(**) Wie nennt man es eigentlich, wenn aus einem Wunder etwas Böses entsteht? Wunder ist hier eindeutig zu positiv...



Kommentar von Matthias Künzer, verfaßt am 19.08.2005 um 10.49 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1502

Herr Stirnemann, könnten Sie uns auf dem laufenden halten, was die Arbeitsgruppe der Nachrichtenagenturen angeht? Denn diese haben, angesichts des selbständigen Urteilsvermögen des Großteils der Journalisten regionaler Tageszeitungen, einen kaum zu überschätzenden Einfluß darauf, was wie abgeschrieben werden soll.



Kommentar von Helmut Jochems, verfaßt am 19.08.2005 um 11.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1504

Die WELT berichtet heute aus dem durch die Grenze zwischen Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen gespaltenen Ort Bruchmühlen von den aus Ulm/Neu-Ulm bekannten neuerlichen Rechtschreibproblemen. Doch: "Alles nur rein theoretisch", sagt der didaktische Leiter der Gesamtschule, Wolfgang Ermshaus, "die neuen Rechtschreibregeln sind den Schülern längst ins Blut übergegangen". Die Quote der Verwechslungsfehler liege im Promillebereich. "Da wird "Fluss" eher mit nur einem "s" geschrieben, aber das frühere "ß" ist Vergangenheit", schildert der 58jährige. Ähnliche Äußerungen waren in den letzten Tagen in zahlreichen Lokalzeitungen zu lesen – dank Google/Nachrichten, Yahoo/Nachrichten und Paperball sogar auf dem häuslichen Bildschirm.

Genaue Untersuchungen gibt es natürlich nicht, kann es auch gar nicht geben, weil besonders das private Schreiben allenfalls in Diktaturen mit Briefzensur an den Tag kommt. Wir sind also auf Vermutungen angewiesen, und die reichen – je nach Standort des Urteilenden – von "chaotisch" bis zu "problemlos". Ob also Sigmar Salzburgs geduldige Auszählung völlig wertlos ist, vermag niemand zu sagen. Interessante Hinweise enthält sie immerhin. Das gilt auch für die bei Amazon.de greifbaren privaten Buchrezensionen. Mein Eindruck: Es gibt da gelegentlich arge Ausrutscher (wie in diesem Strang dokumentiert), insgesamt aber ganz passabel. Die entsprechenden englischen/amerikanischen Texte sind zwar orthographisch besser, doch wo man weniger falsch machen kann, wird auch weniger falsch gemacht – die Umkehrung von Murphy's Law.

Als Beispiele für das "Chaos" in Pressetexten werden vornehmlich "alt" und "neu" falsche Getrenntschreibungen zitiert. Ob bei den Journalisten auf breiter Front das Sprachgefühl zerrütttet ist, läßt sich mit Bordmitteln nicht feststellen. Immerhin hatte Gerhard Augst seinerzeit die Parole ausgegeben, "Jetzt mehr getrennt", was aber lediglich den alten Dudenrat fortschrieb: "Im Zweifelsfall getrennt". Neu ist jetzt jedoch, daß die auf dem PC geschriebenen journalistischen Texte durch die Rechtschreibkontrolle laufen, und die erkennt sofort falsche Zusammenschreibungen (alt oder neu), nicht dagegen "zurück zu kommen" – die drei Wörter sind nämlich jedes für sich orthographisch einwandfrei. Herrn Zehetmairs Revision wird in diesem Punkte noch ein ungewolltes Nachspiel haben. Wer – wie Herr Gallmann jetzt schon – demnächst "abhandenkommen" schreibt, provoziert seinen Computer zu einer roten Schlangenlinie – ganz egal, ob das Korrekturprogramm aus dem Jahre 1995 stammt oder aber erst kürzlich installiert wurde.

Es ist wie in zerstrittenen Familien: Die Versöhnungsbemühungen sind nicht weniger kräftezehrend als der Streit, nur eben weniger spektakulär.

PS. Noch etwas zum Nachdenken:
Wie von selbst erhalten die Abenteuer Harrys im dritten Jahr an der Zauberschule Hogwarts zusätzliches Gewicht. Durch den Gänsehaut erregenden Auftritt der Dementoren wird es noch erhöht... (aus einer Amazon.de-Rezension)



Kommentar von R. M., verfaßt am 19.08.2005 um 13.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1505

Es ist leicht, im Englischen viele Fehler zu machen, manche werden natürlich auch – von unsicheren Schreibern – gemacht (it's/its, there/their). Aber man muß eben durch Üben und Einprägen lernen und nicht durch das Begreifen einer »gesteigerten Systematik«. Das allein sorgt schon für bessere Ergebnisse. Wohin man auch blickt im Netz – die Blogs und Foren bieten da viel Anschauungsmaterial –, die orthographische Qualität unredigierter englischer Texte ist erheblich höher als die der deutschen.



Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 19.08.2005 um 14.02 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1506

Das Englische ist hinsichtlich der Beziehung zwischen Wortbild und Laut dem Chinesischen ähnlicher als dem Deutschen: man muß fast jedes einzelne Wort lernen. Daß man es überhaupt lernen kann, müßte die Regelfanatiker unter unseren Reformern eigentlich maßlos verwundern.

Entscheidend kommt es, wie R.M. nochmal bestätigt, auf das Üben und Einprägen an. Und wie übt man leichter und ungezwungener (ohne es als Üben zu empfinden!) als durch das Lesen vieler qualitätvoller, konsistenter und korrekter Texte? Genau diese Möglichkeit ist unseren Heranwachsenden ja jetzt genommen.



Kommentar von Ursula Morin, verfaßt am 19.08.2005 um 14.40 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1507

Der "Professor an sich" hat sicherlich Muße, über eher "sprachphilosophische" Aspekte nachzudenken. Hat man beruflich und täglich damit zu tun, Texte abzuliefern – auf Wunsch mancher Kunden auch reformierte – erhält das Problem RSR ganz andere Dimensionen. Man ist gezwungen, praktische Lösungen zu finden, zu denen solche theoretischen Betrachtungen leider wenig beitragen können. Da sich mir bei nahezu allen "Neuschreibungen" die Finger über der Tastatur sträuben, benutze ich Umschreibungen u.ä. Das "ss", das nun dank Drei-Konsonanten-Regel oftmals zum unleserlichen "sss" wird, ist allerdings ein Problem, das sich nicht so leicht aus der Welt schaffen läßt. Hier ein Tip für Leute, die vielleicht in der gleichen Lage sind: ich habe "ß" in diesem Zusammenhang als Hausorthographie wieder eingeführt – d.h. "Anschlußspannung", "Ausschußsitzung" usw. – und meinen Kunden erklärt, daß ich dies aus Gründen der besseren Lesbarkeit tue. Bisher hat noch keiner protestiert!



Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 19.08.2005 um 15.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1508

Die Versöhnungsgesten Prof. Jochems´ und sein Bemühen, der Reform und sogar den Verheerungen, die sie angerichtet hat und täglich anrichtet, noch etwas Positives abzugewinnen, sind durchaus schätzenswert und bilden den notwendigen und erwünschten Kontrapunkt zu den sonst auf dieser Seite anzutreffenden mehr oder weniger einstimmigen Verdammungsurteilen. – Und trotzdem (auch wenn ich kürzlich von Konkurrenz und In-der-Welt-sein gesprochen habe): Der Sündenfall besteht in einem unqualifizierten Eingriff in einen lebendigen Organismus, mit dessen Folgen sich Schreiber, Politiker, Rechtschreibräte usw. herumzuschlagen haben. Man kann gut von marginalen, kaum auffälligen Änderungen im Schriftbild reden. Es kommt gar nicht darauf an, ob nun ein Prozent, ein halbes Promille oder sonstwas. Man muß die Auffälligkeiten vielmehr als Symptome werten, Symptome einer Krankheit namens Sprachverfall, Entdifferenzierung, Abstumpfung des Sprachgefühls. Die deutsche Orthographie hatte sich bisher in einem geradezu staunenswerten Prozeß zu immer größerer Leistungsfähigkeit entwickelt, quasi naturwüchsig, evolutionär. Diese immanente Fähigkeit und Tendenz zur Selbstoptimierung als Ergebnis unzähliger Schreibakte wurde duch die staatlich zwangsverordnete Rechtschreibung brutal abgeschnitten. Ich sehe nicht, daß die reformierte Schreibung sozusagen das Erbe der bisher gültigen antreten könnte, daß sich also auf ihrem Boden eine ähnlich fruchtbare, intuitiv gesteuerte Rechtscheibkompetenz entwickeln könnte.
Das Dilemma der Reformgegner besteht gerade darin, daß sich diese Verluste so schwer objektivieren lassen. Prof. Jochems hat schon recht: Erst auf der Höhe einer gewissen "skriptoralen Virtuosität" (wunderbar formuliert!) bemerkt man die Defekte der Reform. Aber wie auch sonst sind es die Könner und Meister, die als Maßstab und Leitbild dienen müssen, und ganz gewiß nicht die Erstkläßler oder Wenigschreiber. Mit einer Verdammung wegen orthographischer Unsicherheit hat das nichts zu tun. H. Kuhlmann hat es auf den Punkt gebracht: Statt die Sprungfähigkeit zu trainieren, hat man die Latte tiefergelegt. – Ist das menschenfreundlich oder "demokratisch"?



Kommentar von nikolaus lohse, verfaßt am 19.08.2005 um 15.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1509

Sehr verehrter Herr Professor Jochems, sind wir denn wenigstens darin einig, daß es sich bei 'gestern abend' und 'heute morgen' ebenso wie bei 'morgen früh' durchgehend um Abverbien handelt? Der 96er Reformduden bringt diese Fälle unter der Rubrik Großschreibung der Substantive (!) (R45). Da steht dann: "Großgeschrieben werden auch die Bezeichnungen von Tageszeiten nach den Adverbien 'vorgestern', 'gestern', 'heute', 'morgen' und 'übermorgen'." Das muß man sich doch wirklich auf der Zunge zergehen lassen.

Ihre Bemühungen um eine Versachlichung (um nicht zu sagen: Ernüchterung) der Diskussion auch aus reformkritischer Perspektive will ich gerne anerkennen. Dennoch muß ich mit Stefan Stirnemann sagen: In dem Versuch, an den Reformern und ihrer Reform etwas Gutes zu finden, oder sagen wir besser: die Nachteile des Neuschriebs zu relativieren, gehen Sie weit. Sie schreiben: "Ein Blick in ein beliebiges reformiertes Wörterbuch vermittelt einen unmittelbaren Eindruck von der Marginalität der veränderten Schreibungen. In der Zeitung muß man oft lange suchen, bis man auf eine Neuschreibung stößt." Für mich ist das ein erstaunlicher Befund. Ich suche in Zeitungen überhaupt nicht nach Auffälligkeiten, aber auf einer durchschnittlichen Seite einer durchschnittlich reformierten Zeitung fühle ich mich mindestens drei bis fünfmal gegen das orthographische Schienbein getreten. (Wobei Beulen, die fahrlässig oder mutwillig verursacht wurden, bekanntlich besonders schmerzen.) Jedenfalls glaube ich nicht, daß Sie Sigmar Salzburgs Analyse der 'Kieler Nachrichten' ganz in seinem Sinne interpretieren. Außerdem rücken Herr Markner mit dem Hinweis auf die Agenturen und Herr Lachenmann mit dem auf den Verfall der Schreibsitten in der 'Süddeutschen' die Relationen ja gerade wieder zurecht.

Es mag sein, daß auf längere Sicht gesehen Prof. Icklers Prognose sich erfüllt und von der ganzen Reform am Ende nur das 'dass' und vielleicht noch die 'Flussschiffahrt' übrigbleibt. Zweifellos sind das von den vielen Mißgriffen der Reform noch die harmloseren, und man darf es durchaus als Erfolg verbuchen, wenn es gelingt, die kapitaleren Fehler nach und nach wieder zurückzudrängen. Aber ist das ein Grund, nun an diesen (besonders prestigeträchtigen) Punkten den Widerstand aufzugeben? Kaum ein Paragraph der ganzen Reform hält einer wirklich kritischen Überprüfung stand, und nichts ist richtig gelungen und gegenüber der bisherigen Schreibpraxis ein Gewinn. Das gilt auch und besonders für die neue ß/ss-Regelung. Sie erleichtert mitnichten das Schreiben, aber sie erschwert das Lesen. Auch wenn man sich daran gewöhnen kann wie an eine Behinderung, lesetechnisch ist das 'ß' an der Wortfuge – Stefan Stirnemann hat es erneut betont – ungleich günstiger. Eine elegante Lösung durch eine plumpe zu ersetzen – das ist kein Fortschritt und keine Basis für 'Verhandlungen'. Man akzeptiert Fragwürdiges, ja offenkundig Nachteiliges, um noch Schlimmeres zu verhindern. So etwas nennt man einen faulen Kompromiß.

Sie geben noch einige Beispiele für, wie Sie finden, "kontraintuitive" Schreibungen in der traditionellen Orthographie: "'recht bekommen', 'recht behalten', 'ins reine schreiben' und 'für jung und alt' vs. 'jenseits von Gut und Böse'". Die Beispiele überzeugen nur eingeschränkt, und ich bezweifle, daß sie "kontraintuitiv" sind. Es handelt sich um typische Zweifelsfälle, Übergangsphänomene, die sich systematisch schwer oder gar nicht eindeutig fixieren lassen. Solche Fälle gibt es im Bereich der GKS ebenso wie in der GZS häufig. Wer sich beispielsweise einmal näher mit dem komplexen Bereich der Partikelverben beschäftigt hat, weiß, wie diffizil die Verhältnisse dort sind und daß die Entscheidung, ob im Einzelfall ein Verbkompositum oder eine Fügung mit freiem Adverbial vorliegt, von minimalen Schwankungen im syntaktischen Gefüge abhängen kann. Jedenfalls hat sich, wenn man das Ziel eines in sich logischen Satzbaus nicht aufgeben will (und immer mit Rücksicht auf die jeweilige Interpretation), die Schreibung der Syntax und der Semantik unterzuordnen, nicht umgekehrt.

Ich weiß nicht, ob es tatsächlich, wie Sie schreiben, einer "ungewöhnlichen Sensibilisierung für die Sprache in allen ihren Erscheinungen" bedarf, "die nur wenigen gegeben ist", um den Unterschied zwischen '(uneingeschränkt) recht bekommen' und 'sein Recht (zugesprochen) bekommen' oder den Substantiv-Charakter von 'Gut und Böse' zu erfassen. Wenige werden gezielt darüber nachdenken, aber sehr viele, deren Sprachgefühl einigermaßen intakt ist – und nur solche sollten hier als Maßstab gelten – spüren den Unterschied genau. Erleichterungen beim Schreiben können nur dann erlaubt sein, wenn das sprachliche Differenzierungsvermögen dadurch keinen Schaden nimmt. Aber davon sind wir leider weit entfernt.



Kommentar von Wolfgang Scheuermann, verfaßt am 19.08.2005 um 15.37 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1511

Ich teile Herrn Stirnemanns begründete Vermutung bezüglich des Eszetts, ergänzt durch das (nicht neue) Element, daß das "dass" die (*) reformierten Texte leicht erkennbar macht – das traue ich den Urhebern schon zu, daß sie das erkannt haben.

Das Ende der Heyse-Schreibung in Österreich hat Herr Stirnemann ja schon anschaulich beschrieben, das brauche ich nicht zu wiederholen. Ich bin, sehr geehrter Herr Lindner, meiner Einschätzung nach nicht übermäßig optimistisch; wenn nach getaner Arbeit des Rechtschreibrates tatsächlich viel wenig Sinnvolles Teil der "Reform" geblieben sein sollte, würde es Jahrzehnte dauern, bis diese Schäden "geheilt" sein würden. Und natürlich würde es nicht haargenau wieder auf den ICKLER zulaufen (zu dessen 1. Auflage ich, nebenbei, bei amazon eine Besprechung geschrieben habe, von der ich meine, daß die derzeitige sie erst recht verdiente), aber es wäre vermutlich nicht sehr weit davon entfernt.

Ich gebe Ihnen für diesen begrenzten Optimismus auch noch eine völlig laienhafte (und deshalb vielleicht auch völlig falsche) Begründung: Das Deutsche hat sich als Schriftsprache erst später vereinheitlicht als andere europäische Sprachen (nämlich erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts). Deshalb hatte die deutsche Einheitsorthographie vom Start weg die Chance, moderner zu sein als andere Orthographien (weil sie auf einem aktuelleren Erkenntnisstand aufbauen konnte). Von diesem Punkt aus hat es graduelle Anpassungen und Ergänzungen (letztlich so eine Art Optimierungsprozeß) gegeben, und der Dudenverlag konnte mit Recht auf seinen Band Nr. 1 schreiben: "Der Duden hat die deutsche Sprache in ihrer Entwicklung ständig begleitet. ... So ist der Duden in jahrzehntelangem Kontakt mit den Benutzern und durch ständige Beobachtung des Sprachgebrauchs immer ein Wörterbuch der Gegenwartssprache geblieben."

Allerdings hat der Dudenverlag – anders, als es in diesen programmatischen Aussagen zum Ausdruck kommt – immer wieder auch der Versuchung nicht widerstehen können, "Gott zu spielen" (man konnte sich ja fühlen wie in einer Kommandozentrale) und Präskription an die Stelle von Deskription zu setzen. Sehr oft ist der Verlag mit diesen Versuchen aber grandios gescheitert. Insgesamt ist es schon so gewesen, daß diese "Gegenwartssprache" im Duden sich recht verläßlich dokumentiert fand.

Die Gegenwartssprache – das ist ein sehr schöner Ausdruck. Wir erhalten die deutsche Sprache (samt ihrer Rechtschreibung), angesättigt mit den Erfahrungen vieler Generationen vor uns (daher habe ich die moderne deutsche Rechtschreibung in meinem letzten Beitrag "klug" nennen dürfen) als Geschenk zur zeitweisen Nutzung geliehen und haben die Aufgabe, ihre großartigen Möglichkeiten so zu nutzen, daß das, was wir dann wieder späteren Generationen weitergeben, unbeschädigt, das heißt, in den Nutzungsmöglichkeiten uneingeschränkt, verbleibt. Darunter wird sich die Sprache (und ihre Schreibung) ein wenig verändern; es ist aber arg unwahrscheinlich, daß etwas, was sich früher als erheblicher Stolperstein erwiesen hat (wie z.B. die Heyse-Schreibung), sich jetzt auf einmal harmonisch einpassen könnte. Es zeigen sich ja heute schon unübersehbare Zeichen, daß das nicht funktionieren wird – darunter ist die Fehlerflut nur eines, auch die Leseschwierigkeiten kommen hinzu. (Irgendwann werden die Menschen auch die anderen 250 Euro zurückhaben wollen.)

Und überdies: B.Z., Bild, WamS, Welt, Bild am Sonntag, Hamburger Abendblatt, Berliner Morgenpost, Hörzu, Funkuhr, Computerbild, Autobild, Sportbild, Bild der Frau, Bildwoche, TV neu, TV digital, Rolling Stones, Frankfurter Allgemeine, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Ärzte-Zeitung, Junge Welt, Titanic, Eulenspiegel, und, und, und ... das sind insgesamt schon ganz schöne Auflagen – und dazu kommen noch die vielen seriösen Buchverlage, ich nenne jetzt beispielhaft nur einmal den Schweizer Diogenes-Verlag (schon immer mit Eszett!) – es ist wirklich noch nicht aller Tage Abend!


(*) Ist das nicht schon fast poetisch?



Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 19.08.2005 um 18.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1513

Perlen aus Verlautbarungen der Deutschen Akadmie für Sprache und Dichtung:

1. Man braucht sich nicht zu wundern, wenn man auf diese Weise Schreibungen wie frischer Lach´s aus Helga´s Stehimbis´s den Weg bereitet. (Glauben die das wirklich?)
2. Wer schneuzt sich schon durch die "Schnauze", die Menschen ja auch eigentlich gar nicht haben. (dieses "eigentlich " ist einfach unbezahlbar).
3. "... angesichts der Machtverhältnisse..." (dreimal täglich unter die Nase zu halten)



Kommentar von Roma Locuta, verfaßt am 19.08.2005 um 18.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1514

Nach dem Ende des sogenannten Dudenprivilegs stellt sich die Frage, wie die deutsche Einheitsorthographie gerettet werden kann.[...]

So scheint ein Augenblick der Besinnung geboten. [...]

Nun gilt es zu unterscheiden: Die Rechtschreibung selbst war nie dasselbe wie ihre Darstellung im Duden. Der Duden wiederum bestand aus einem recht liberal gefaßten Regelwerk und einem Wörterverzeichnis, das nicht nur übermäßig aufgebläht war, sondern die Regeln mehr und mehr in allzu engherziger Weise auslegte, so daß es zu zahlreichen Haarspaltereien und unrealistischen Einzelfestlegungen gekommen war. Ferner ließ auch die Orientierung des Duden an der Sprachwirklichkeit zu wünschen übrig. Werden diese Mängel beseitigt, dann bleibt praktisch kein Reformbedarf mehr.

In dieser Situation liegt folgende Lösung nahe: Solange niemand eine sowohl stimmige als auch allgemeiner Zustimmung gewisse Rechtschreibreform vorzuschlagen vermag, sollte man bei der herkömmlichen Orthographie bleiben. Sie funktioniert ausgezeichnet, findet breiteste Anerkennung und ist anpassungsfähig genug, um sprachliche Neuentwicklungen aufzunehmen. [...]

Es wird nicht übersehen, daß die Texte, die es zu durchforsten gilt, bereits mehr oder weniger durch die bisherige Dudennorm geprägt sind. Die Entwicklung der Schreibweisen im Wechselspiel von Schreibenden und Lesenden ist also nicht ganz frei, sondern gewissermaßen systematisch verzerrt, meist im Sinne des Beharrens auf einzelnen, im Grunde schon halb überlebten Schreibungen. Die so entstandenen Schreibvarianten sind einstweilen hinzunehmen. Auf der anderen Seite ist der Lexikograph nicht verpflichtet, jede vorgefundene Schreibweise aufzunehmen, und zwar auch dann nicht, wenn sie des öfteren angetroffen wurde. Ein orthographisches Wörterbuch ist keine wissenschaftliche Dokumentation, sondern ein Vorschlag zum sprachgerechten und vor allem leserfreundlichen Schreiben. Es ist jedem unbenommen, andere Vorschläge zu machen. Die Sprachgemeinschaft wird entscheiden, wie sie es letzten Endes immer getan hat. [...]

Zu den Varianten ist noch folgendes zu sagen: Aus dem Kreise wohlwollender Kritiker ist vorgeschlagen worden, die Getrennt- und Zusammenschreibung „eindeutiger" zu regeln. Dagegen sprechen zwei Gründe. Erstens berechtigt das Material nicht zu Festlegungen, wie sie der Duden in zahllosen Einzeleinträgen getroffen hatte. Noch wichtiger ist aber der zweite Grund: Entschiede der Lexikograph im Sinne der „Eindeutigkeit" bei jedem Wort, ob es getrennt oder zusammenzuschreiben sei, dann wüßte der Benutzer zwar, daß eine Festlegung existiert, er müßte aber jedesmal nachschlagen, um herauszubekommen, wie sie aussieht. Diese geradezu monströse Erschwerung würde zum vielbeklagten früheren Zustand zurückführen, der allmählich eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber der Dudennorm erzeugt hatte.

Theodor Ickler, Normale deutsche Rechtschreibung, 4. erweiterte Auflage. St. Goar, 2004, S. 9–12.



Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 19.08.2005 um 19.58 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1516

Nein, ich suche niemals nach Fehlern, wenn ich Zeitung lese. Die Fehler finden mich und kreischen „Buh!“. Ein einziger, der Rechtschreibreform geschuldeter Fehler auf einer ganzen Seite schafft es auf diese Weise, die Leseatmosphäre zu stören. Sie ist wie ein Schrei in einer sonst stillen Nacht, ich wache auf und bin fortan alarmiert. So wie ein winziger Fehler das EDV-System komplett lahmlegen kann, so zerstören die Reformschreibungen das Lesevergnügen. (Was sie im pädagogischen Bereich anrichten, ist eine weitere Geschichte, die hier nicht diskutiert sein will.)
Wiens Kardinal Christoph Schönborn sagte im Rahmen des Weltjugendtages in Köln allerlei Bedenkenswertes. Die „Salzburger Nachrichten“ geben auf Seite 2 einige seiner Gedanken an die Leser weiter. Eine Frage des Kardinals: „Bin ich Produkt des Zufalls, weil eines Nachts meine Eltern zufällig zusammen kamen, oder bin ich ein Gedanke Gottes?“
Aufgrund der zusammen kommenden Eltern glaube ich, der Kardinal wird eher ein Gedanke Gottes sein.
Auf Seite 8 berichtet die SZ über eine „Besorgnis erregende“ Studie zum höheren Risiko für Charter-Passagiere. Auf derselben Seite findet sich unter der Überschrift „Häßlich, aber süß“ ein kleiner Beitrag über den „hässlichsten Hund der Welt“.
Man muß schon sehr abgestumpft und kulturell „wurstig“ sein, wenn einem das beim Lesen nicht immer wieder kleine Stromschläge versetzt.
Es muß nicht allein die Quantität sein, die ein System abstürzen läßt, sehr geehrter Herr Jochems.



Kommentar von H. J., verfaßt am 19.08.2005 um 22.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1517

Die Getrenntschreibung von "zusammenkommen" mit Anfangsbetonung (im Unterschied zu "zusammen kommen" mit dem Ton auf beiden Teilen) ist auch nach der Neuregelung falsch. Man könnte natürlich sagen, solche Fehler gäbe es erst, seit die Reformer die vermehrte Getrenntschreibung proklamierten. Das entläßt aber die Schreiber nicht aus ihrer Verantwortung für die orthographische Richtigkeit ihrer Texte. Die ärgerliche neue Getrenntschreibung von "auseinandergehen" hat Herrn Zehetmairs Rat übrigens gerade wieder aus der Welt geschafft.

Daß "Besorgnis erregend" immer noch in Zeitungstexten erscheint, ist ein Skandal. Nach der beharrlichen Kritik Herrn Icklers hat die inzwischen aufgelöste Zwischenstaatliche Kommission diese und verwandte Schreibungen wieder in Ordnung gebracht. Es ist nicht einzusehen, warum der Rechtschreibausschuß der deutschsprachigen Nachrichtenagenturen das für die Presse maßgebliche Regelwerk nicht längst korrigiert hat.

"Hässliche Hunde" hat es in der Schweiz seit 1938 gegeben. Dort können sie nicht einmal "süß" sein – Rechtschreibreform hin, Rechtschreibreform her.



Kommentar von Helmut Jochems, verfaßt am 20.08.2005 um 13.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1524

Henri Bergson fand vor mehr als hundert Jahren eine Erklärung dafür, warum wir über kleine Ungeschicklichkeiten unserer Mitmenschen lachen. Wir sähen darin, wenn auch manchmal fälschlich, Verletzungen der Gruppennorm, und unser Lachen habe in solch einer Situation eine remediale Funktion (Le rire, 1900). Wer über die Rechtschreibfehler anderer lacht, zeigt nach dieser Deutung keineswegs Überheblichkeit, sondern fordert lediglich angepaßtes Sozialverhalten. Immerhin: Rechtschreibung erhält so den Charakter einer absolut verbindlichen Norm, und um ganz sicher zu gehen, lassen wir sie uns sogar vom Staat verordnen. Das ging hierzulande ja auch eine ganze Weile gut, bis der Staat einer Bande von akademischen Strauchrittern aufsaß. Nun gibt es zwei Typen angepaßten Sozialverhaltens und entsprechend zwei Gruppen von remedialen Lachern. Manchmal freilich lachen einige an der falschen Stelle, aber das kommt auch sonst im Leben vor.

Nichts zu lachen haben zur Zeit die Schülerinnen und Schüler, wenn man solchen Beobachtern der gegenwärtigen Binormalität glauben darf, deren Blick nicht durch den Nebel sprachphilosophischer Metaebenen getrübt ist. Was werden sie aber dem niedersächsischen Regierungsschuldirektor Heiner Reinert entgegenhalten, der sich gerade in der Neuen Osnabrücker Zeitung äußert. Er ist nämlich überzeugt, dass es zu keinen nennenswerten Schwierigkeiten in der Schule kommen werde. Schließlich seien fast alle Schüler seit Beginn der Einschulung nach den Regeln der neuen Rechtschreibung unterrichtet worden. Mehr noch: Die Rechtschreibreform beweise, dass die Sprache lebe und dynamisch sei und sich laufend verändere. Jede große Reform der Rechtschreibung brauche viel Zeit, um von der Bevölkerung akzeptiert zu werden. Für Schulen und staatliche Einrichtungen sowie Behörden seien die Rechtschreibregeln verbindlich. Es bleibe aber das Problem des geschriebenen Wortes in Publikationen. Auch Presse und Buchverlage sollten sich der Reform nicht verschließen, damit die Schüler dem gedruckten Wort das nötige Vertrauen entgegenbringen könnten.

Nun darf gelacht werden, aber das bringt wohl doch nicht die von Henri Bergson in Aussicht gestellte Remedur. Vielleicht ist trotz allem etwas Sprachphilosophie auf der Metaebene nötig, um die Sache in den Griff zu bekommen. Es sei denn, man hält sich an Novalis: Wenn die, so singen oder küssen, / Mehr als die Tiefgelehrten wissen, ... Dann fliegt vor einem geheimen Wort / Das ganze verkehrte Wesen fort. Wie lautet das Zauberwort aber, und wer ist dieses Zaubers mächtig?

*) Wer's ganz genau wissen möchte: Le rire doit avoir une signification sociale. [...] Le rire doit être quelque chose de ce genre, une espèce de geste social. Par la crainte qu’il inspire, il réprime les excentricités, tient constamment en éveil et en contact réciproque certaines activités d’ordre accessoire qui risqueraient de s’isoler et de s’endormir, assouplit enfin tout ce qui peut rester de raideur mécanique à la surface du corps social.



Kommentar von Mika Sander, verfaßt am 20.08.2005 um 21.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1525

Manchmal könnte man direkt ein Gefühl der Dankbarkeit gegenüber unsern Politikern entwickeln, wenn man entdeckt, vor welchen weitreichenderen Plänen der "Bande von akademischen Strauchrittern" (Jochems) sie uns letztendlich doch noch bewahrt haben. Soeben zufällig gefunden in "Die Cambridge-Enzyklopädie der Sprache", von David Crystal, Übers. und Bearb. der dt. Ausgabe von Stefan Röhrich (1992):


"Was wird sich ändern?

Wenden wir uns nun den konkreten Vorschlägen zu, wie sie wohl in gewissem Umfang spätestens ab 1995 als neue Regelungen zum Alltag gehören dürften, und zwar zunächst der »gemäßigten Kleinschreibung: […]

Regeln

R 1 Groß geschrieben wird das erste Wort einer Überschrift, eines Werktitels, der Bezeichnung von Veranstaltungen u. ä.
Überschriften:

B: Allmähliche normalisierung im erdbebengebiet, Neue initiativen für einen raschen leistungszuwachs, Fünf verletzte bei unfall, Großbrand in London

Titel von Büchern, Theaterstücken, Werken der bildenden Kunst und Musik, Filmen, Rundfunk- und Fernsehproduktionen:

B: Das siebte kreuz, Wo warst du, Adam?, Nackt unter wölfen, Mann ist mann, Einführung in die höhere mathematik, Wörterbuch der deutschen aussprache, Bildnis einer mutter, Die zauberflöte, Ungarische rhapsodie, Über den dächern von Paris, Medizin nach noten, Der kaukasische kreidekreis

Titel von Gesetzen, Verträgen, Deklarationen, Manifesten u. ä.:

B: Bundesgesetz über den straßenverkehrsbeitrag, Verordnung über die errichtung einer fischereizone der DDR in der Ostsee, Drittes gesetz zur förderung der vermögensbildung der arbeitnehmer, Gesetz über den wertpapierhandel und die effektenbörse, Österreichischer staatsvertrag

Bezeichnungen von Veranstaltungen:

B: Konferenz über sicherheit und zusammenarbeit in Europa, Leipziger messe, Internationaler linguistenkongreß, Malerei des 20.jahrhunderts

E 1.1 Wird der am Anfang eines Titels stehende Artikel im Text verändert, so wird das folgende Wort groß geschrieben:

B: eine arie aus der Zauberflöte, ein abschnitt aus dem Siebten kreuz, im Kaukasischen kreidekreis"

Man stelle sich vor, dieser komplette Irrsinn wäre mit ebensolcher obrigkeitlicher Sturheit durchgedrückt worden wie die gegenwärtige Reform…! Daß von dem, was hier "spätestens ab 1995 als neue Regelung zum Alltag gehören" sollte, auch im Jahr 2005 nichts mehr existiert, ist zumindest ein kleiner Sieg.


Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 20.08.2005 um 21.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1526

Re: Gestörte Leseatmosphäre (Karin Pfeiffer-Stolz).
Auch die Quantität ist leider andauernd gegeben. Eben schrieb ich deshalb diesen Leserbrief an die Süddeutsche Zeitung:
>>
To: redaktion@sueddeutsche.de
Re: Ist das wirklich vorbildliches Schreiben?
sueddeutsche.de-Artikel am 20.08.2005: "Gott hat euch trotzdem lieb"

Sehr geehrter Herr Kilz, schauen Sie sich doch das mal an:
"Bislang war ich nicht Lohnsteuerpflichtig, ..."
"..., dass so viele Jugendlichen gekommen sind, um einen Papst zu zujubeln, diese schlimmen Dogmen vertritt." (4 Fehler, von denen drei auf die Kosten der zitierenden SZ gehen ["so viele Jugendliche" ist richtiges Deutsch, aber möglicherweise hat's die zitierte Sprecherin tatsächlich so formuliert]!)
"Die Jugendlichen auf dem Weltjugendtag sind allerdings auch nicht einverstanden, mit der konservativen Einstellung des Papstes." Mein Gott, wo haben Sie denn Ihre Kommasetzung her?
"Trotzdem jubeln sie wie hunderttausend andere Jugendlichen dem Papst zu, ..." Haben Ihre Journalisten schon was von Adjektivsubstantiven gehört? (Plural: die/unsere Jugendlichen, andere/viele Jugendliche!)
"Wollen das Jugendlichen wirklich?" Sprechen Leute wirklich so?
"Wenn man dem Papst nicht zu jubelt, ..." Lesen Sie das doch mal laut.
"Für uns ist das ein Stück Gemeinschaftsgefühl, dass der Papst die Kirche vereint oder repräsentiert und mit dem Zujubeln zeigt man, dass man dazu gehört und aktiv mitarbeiten will." Setzen Sie doch ein Komma nach "repräsentiert", denn der Leser will ja schließlich so schnell wie möglich lesen – und Sie brechen sich doch bei all Ihrer gedankenlosen Hörigkeit in unserer Rechtschreibsituation wirklich kein Bein ab, wenn Sie ein vernünftiges Komma setzen.

Alle die aufgezählten Fehler waren aber nur auf der E-Seite 1 dieses Artikels bisher – und ich jedenfalls bin nicht mehr an den weiteren zwei Seiten interessiert. Ehrlich. Fordern Sie endlich Ihre Journalisten auf, nach der bewährten Rechtschreibung zu schreiben. Selbst wenn die in Kleinigkeiten nicht für alle gleich einsichtig war (und das war auch schuld einer immer mehr und allzu sehr vorschreibenden Dudenredaktion!) – sie baute auf Prinzipien auf, die verschriftungsimmanent richtig waren und denen man deshalb leicht folgen konnte. Die reformierte Schreibung dagegen stellt Prinzipien auf, die eben nicht vernünftiger deutscher Verschriftung entsprechen; daher der viele Unsinn. (Und hatte nicht "dieselbe" ["aber nicht immer in dieselbe Richtung"] der reformierten Verschreibung nach in zwei Wörtern geschrieben werden sollen? [Mich interessiert der Reformunsinn tatsächlich schon so wenig, daß ich es nicht einmal mehr nachschlagen will. Aber Sie, als Zeitung mit doch wohl vorbildlichem Stil, sollten es schon.])
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Horst Ludwig
<<

Und zu dem, was Helmut Jochems von einem niedersächsischen Regierungsschuldirektor zitiert: Natürlich kann man Schüler alles lehren, was ihnen leichthin vernünftig klingt, auch wenn's nur pseudowissenschaftlich ist (cf. the Monkey Trial); daher aber nur kommt "es zu keinen nennenswerten Schwierigkeiten in der Schule". Wenn Reinert jedoch meint, "die Rechtschreibreform beweise, dass die Sprache lebe und dynamisch sei und sich laufend verändere", dann sitzt er einem Fehler im Verständnis davon auf, wie Sprache lebt und dynamisch ist – was jedoch verständlich ist, wenn man sich selbst hier großzügig gleich als Lebenserhalter und Dynamo einschätzt. Das Problem, das bliebe, ist jedoch nicht, daß gewichtige Presse- und Buchverlage sich der Reform verschließen, sondern daß Schülern durch Ministerentscheidungen etwas Lebendiges Abtötendes aufgezwungen wird, etwas, das in sich alles andere als schlüssig ist und gerade nicht von lebendiger, laufend sich natürlich verändernder Sprache zeugt.

Zu "damit die Schüler dem gedruckten Wort das nötige Vertrauen entgegenbringen könnten" hätte ich doch zu gern das direkte Zitat. Mann, sollten wir die Schüler nicht gerade dazu bringen, dem gedruckten Wort das nötige Mißtrauen entgegenzubringen? Was ist denn hier noch Bildung? Oder gehört die nicht mehr in unsere Schulen? Die richtige Frage angesichts solcher Äußerungen ist hier doch: Was hält sich der niedersächsische Regierungsschuldirektor Heiner Reinert selbst entgegen, wenn er solche Sachen wie die hier zitierten losläßt?



Kommentar von Stefan Stirnemann, verfaßt am 20.08.2005 um 23.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1527

Regierungsschuldirektor Reinert, Besorgnis erregend

Herrn Reinert ließe sich vieles antworten; es müßte jemand in Niedersachsen die Mühe auf sich nehmen. Es wäre schon viel gewonnen, wenn die Damen und Herren des öffentlichen Amtes wüßten, daß ihnen widersprochen wird: sie überlegten dann etwas vor dem Öffnen des Mundes, und über dieser ungewohnten Tätigkeit vergäßen sie das Reden: wir hätten himmlische Stille.

Es ist richtig, daß unterdessen viele Schüler seit Beginn der Einschulung nach den neuen Regeln unterrichtet worden sind. Was bedeutet das in der Schweiz? Man unterscheide die Kleineren von den Größeren:

Die Kleineren haben in ihrem Heft „Fast alle meine Wörter, Wörterbüchlein für die 2.Klasse“ (Lehrmittelverlag des Kantons Zürich) von 2019 Einträgen etwa acht, die nach den neuen Regeln verändert sind, einer ist „Es tut mir leid“ (das Eszett kommt nicht vor).

Die Größeren haben gelernt: „Es (das Komma) kann bei Teilsätzen gesetzt werden, die keine Personalform enthalten, sondern nur einen Infinitiv oder ein Partizip. Meistens wird es weggelassen.“ (Sprachwelt Deutsch, Interkantonale Lehrmittelzentrale) Diese Kann-Regel gilt aber nur in den Schulbüchern. Peter Gallmann, Reformer, schreibt in seinem Buch „Richtiges Deutsch“: „Für die grafische Industrie, vor allem die Zeitungs- und die Zeitschriftenherstellung, wo aus Quellen unterschiedlichster Herkunft ein sprachlich sauberes und einheitliches Produkt hergestellt werden soll, dürfte diese Lösung aber wenig praktikabel sein. Wir schlagen daher eine Regelung für die Kommsasetzung bei Infinitivgruppen vor, die sich am bisherigen Schreibgebrauch orientiert, aber einfacher zu handhaben ist.“ Tatsächlich lassen ja Zeitungen und Zeitschriften dieses Komma nicht weg.

Was haben die Größeren noch gelernt? „Vor Langem ist das geschehen“ ist falsch. Richtig ist: „Vor langem ist das geschehen“. „Es tut uns leid“ ist falsch. Richtig ist: „Es tut uns Leid“. „Die Meisten laufen barfuss“ ist falsch. Richtig ist: „Die meisten laufen barfuss“. „Die Erste Hilfe“ ist falsch. Richtig ist: „Die erste Hilfe“ – mit der Begründung: „GROSSGESCHRIEBEN nur geografische Namen, historische Ereignisse, fachsprachliche Bezeichnungen“. „Eine alleinstehende Niederländerin“ ist falsch. Richtig ist: „Eine allein stehende Niederländerin“. „3-fach ist falsch“ („Streiche die falsch geschriebenen Ausdrücke!“), richtig ist „3fach“.
Besonders tief haben sich die Größeren eingeprägt: „Sie begrüssten das frisch gebackene Ehepaar.“ Es wird verlangt: „Begründe die Rechtschreibung der unterstrichenen Ausdrücke“, und die Begründung muß lauten: „Adjektiv erweiterbar + Partizip/Adjektiv“.

Das alles und noch viel mehr haben die Größeren gelernt und üben es noch heute ein mit dem Lehrmittel „Übungen zur Rechtschreibung“ (Verlag der Sekundarlehrerkonferenz des Kantons Zürich), und das alles und noch viel mehr gilt seit Juni 2004 nicht mehr, und noch viel mehr wird demnächst nicht mehr gelten.

Die Sprache lebt und ist dynamisch, wie Regierungsschuldirektor Reinert meint. Und jede große Reform der Rechtschreibung braucht Zeit, bis sie angenommen wird.

Selbst die Fachmänner und Fachfrauen haben noch nicht alles annehmen können. Im Lehrmittel Sprache 5 (Interkantonale Lehrmittelzentrale) empfehlen sie den Schülern: „Stellt euch deshalb jedesmal, wenn ihr andere informieren müsst, folgende Fragen: - Was ist mir das letzte Mal beim Informieren gelungen, was nicht? Worauf muss ich also dieses Mal achten?“ Hier hätte man darauf achten sollen, daß „jedesmal“ falsch ist. Richtig ist: „jedes Mal“. Sogar Peter Gallmann schreibt im „Richtigen Deutsch“ „jedesmal“ (S.55), auch er braucht noch etwas Zeit, die Regeln, die er selber aufgestellt hat, anzunehmen. Und der Lehrer, der weiß, daß „jedes Mal“ verlangt wäre, muß auch noch wissen, daß er mit diesem Wort im strittigen Bereich zwischen Zusammen/Getrennt und Groß/Klein ist: also nur anstreichen, noch nicht bewerten darf.

Wie steht es mit den „nennenswerten Schwierigkeiten“? Es kommt darauf an. Wer die neue Rechtschreibung im Sinne ihrer Erfinder ernst genommen und die Regeln geübt hat, der freilich hat nun Schwierigkeiten: plötzlich ist nicht mehr falsch, was jahrelang falsch war, und plötzlich ist falsch, was richtig war. Keine Schwierigkeiten hat, wer über alles schmunzeln kann, weil er weiß, daß nichts wichtig ist – jedenfalls immer gerade das nicht, worum es geht.
Keine Schwierigkeiten hat auch, wer die Bücher nicht bezahlen muß, die jetzt neu gedruckt werden und in absehbarer Zeit wieder neu.

Wer das alles für gar nicht so schlimm hält, hat einen großen Vorteil: Er muß nichts tun. Insofern kann Herr Reinert unbesorgt sein; niemand stellt ihn zur Rede. Wir haben ja auch genug damit zu tun, uns zu wundern, warum in den Zeiten vor uns niemand aufgestanden ist und etwas getan hat.

Zum Wort „Besorgnis erregend“. Wilfried Olbrich hat sein Heft mit der lateinischen „Geschichte von Joseph und seinen Brüdern“ (C.C. Buchner) unter anderem deswegen neu herausgegeben, um im Vorwort schreiben zu können: „Der Text (…) kann aber auch am Ende der Mittelstufe sehr Gewinn bringend sein.“ In der ersten Fassung stand „gewinnbringend“.

Alle großen Grammatiken und Stilbücher geben Auskunft darüber, daß eine Fügung wie „Das ist Gewinn bringend“ falsch oder unüblich ist.
Kleine Stilkunde dazu:
Erika Mann war eine Frau, welche die Kraft hatte, aufzustehen und etwas zu tun. In einer Sammlung ihrer Beiträge, „Blitze überm Ozean“, (Rowohlt, 2000) lese ich, ohne Anstoß zu nehmen:
1) „eine Ansammlung von Ehrfurcht einflößenden Kräften“
2) „Und da war immer dieses Übelkeit erregende Gefühl, wenn die Melodien von einem lebendigen, aktiven Nazi gespielt wurden, der im Dritten Reich lebte“
3) „schöne Musik, beruhigend und Trost spendend inmitten der Tragödie“
4) Aber: „Ein Scheusal, das dermaßen greulich und ekelerregend war“.

– Es kommt also darauf an, ob eine solche Fügung aus aktivem Partizip und Akkusativ als Einheit gefühlt wird, als ein zusammengesetztes Adjektiv: und das ist ziemlich klar der Fall, wenn es mit dem Hilfszeitwort „sein“ oder ähnlichen Verben verbunden wird.

Solche Adjektive werden gesteigert: Gottfried Keller schrieb Theodor Storm: „Jenes Nibelungenlied wird mir auch mit jedem Jahr lieber und ehrfurchtgebietender.“

Wenn man das Partizip und den Akkusativ für sich setzt, macht man das Wesen des Partizips spürbar – das ist aber nicht überall möglich: hier wirken abwehrende und anziehende Kräfte der deutschen Sprache (ich vermeide den trockenen Namen „Regeln“). Diese Ansicht haben einst auch Horst Sitta und Peter Gallmann vertreten. In ihrem Duden-Taschenbuch 26 (1996), „Die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung“, schreiben sie, „die Entscheidung war Nachteile bringend“ sei „erwartungsgemäß ausgeschlossen“.

Nun muß man als Reformer die Reform und ihre Bockssprünge verteidigen. So hat Peter Gallmann, seiner Reform zuliebe, in sein „Richtiges Deutsch“ (August 2004) eine falsche Theorie aufgenommen. Er nennt die Getrenntschreibung den „Normalfall“: „die Erdöl exportierenden Länder“. „In Verbindung mit dem Verb ‚sein’ ist die Zusammenschreibung vorzuziehen: „Dieses Vorgehen ist zeitsparend (Zeit sparend).“ – „Dieses Vorgehen ist Zeit sparend“. Gallmann ist also ein Satzmuster (wenn auch in Klammern) empfehlend, das man im deutschen Sprachraum selten antreffend sein wird, da es keinen Rückhalt in Grammatik und Stil der deutschen Sprache habend ist. Warum ist Gallmann so etwas tuend? Ihm ist seine Reform wichtiger als die deutsche Sprache.

Noch einmal sei gefragt: Wie steht es mit den „nennenswerten Schwierigkeiten“? Keine Schwierigkeiten hat, wer denkt, es sei im Grunde gleichgültig, was die Schüler über die deutsche Sprache lernen.

Glücklich Amtsinhaber Reinert, den seine lammfrommen Untertanen machen lassen: es wird ihm nicht unwohl ergehen. Zweimal glücklich Peter Gallmann, der schreiben darf, was er will, da alles nicht wichtig ist: auch ihm wird der Becher voll eingeschenkt. Dreimal glücklich aber wir Schmunzlerinnen und Schmunzler, die wir nichts tun müssen: so gewinnen wir Zeit fürs Fernsehen.



Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 21.08.2005 um 12.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1529

Das emsländische Twist, sonst eigentlich nur als Autobahnabfahrt in Erinnerung, ist auch die Heimat des Regierungsschuldirektors Reinert. Eine emsländische Sicht der Rechtschreibreform fehlte meines Wissens bisher. Da ist es nur recht und billig und hochwillkommen, wenn der Regierungsschuldirektor Reinert aus Twist im Emsland auch einmal interviewt wird und die Diskussion sogar um neue Dessins bereichert. Daß es in der Schule keine nennenswerten Schwierigkeiten mit der reformierten Schreibung gibt und geben werde, gehört zu den existentiell wichtigen Überzeugungen eines Regierungsschuldirektors. Denn ein Schulbeamter kann schlechterdings nicht das bezweifeln, was er selbst durchzusetzen verpfichtet ist. Also: geschenkt. – Was wir aber bisher noch nicht so klar und deutlich ausgesprochen gelesen haben, ist, die Reform als Zeichen der Lebendigkeit und Dynamik der Sprache gewertet zu sehen. Im Emsland ist man sicher mit dem Landleben sehr vertraut. Wenn ich einem Huhn den Kopf abschlage, saust es anschließend auch noch erstaunlich lange in der Gegend umher. Trotzdem würde ich diese Agilität nicht als ein Zeichen besonderer Lebendigkeit und Wandlungsfähigkeit verstehen wollen.



Kommentar von Calva, verfaßt am 21.08.2005 um 12.38 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1530

Zum Beitrag von Mika Sander "gemäßigte Kleinschreibung":

Im Französischen begegne ich einer solchen Schreibung tagtäglich und betrachte sie als völlig in Ordnung. Wenn ich mir aber vorstelle, es müßte im Französischen die deutsche Methode (Groß- und Kleinschreibung) angewandt werden, würde mir sicher so schlecht wie Ihnen beim Gedanken an die "gemäßigte Kleinschreibung" im Deutschen. Es scheint also alles "nur" eine Frage der Gewöhnung und Tradition.



Kommentar von Roma Locuta, verfaßt am 21.08.2005 um 13.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1532

Regierungsschuldirektor Reinert zitiert wohl sinngemäß aus dem 3. Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission von 2002:

Bei den meisten Schreibenden spielt natürlich das Beharrungsvermögen eine wichtige Rolle. Dazu kommt Unsicherheit, wenn es z. B. darum geht, wie die neue fakultative Kommaregel zu handhaben sei. Hier wird deutlich, dass es an Anleitung und Hilfestellung fehlt und dass das Reformkonzept der gezielten Variantenführung als Analogie zum natürlichen Sprachwandel nur dann Erfolg haben kann, wenn vor allem die Dynamik sprachlicher Prozesse stärker ins Bewusstsein gerückt wird. Hierin kommt der Schule eine besondere Bedeutung zu. Generell besteht gerade in den schreibenden Berufen noch immer ein Horror Variationis, was z. B. durch die strikten Festlegungen der Nachrichtenagenturen deutlich wird. (S. 108)

In den Schulen und darüber hinaus sollte stärker als bisher die Einsicht in die Dynamik der Sprache deutlich gemacht werden. Diese Dynamik erscheint synchron als Varianz und diachron als Sprachgeschichte. Die Veränderung der Rechtschreibung könnte damit trotz (amtlicher) Normierung als etwas der Rechtschreibung Wesensgemäßes verstanden und toleriert werden. Damit könnten Varianten akzeptabler und Veränderungen tolerabler werden. (S. 112)



Kommentar von Mika Sander, verfaßt am 21.08.2005 um 14.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1534

@Calva – Kleinschreibung

Weit davon entfernt, die Bedeutung des Konventionellen in allen sprachlichen Belangen zu unterschätzen, glaube ich nun aber keineswegs, daß "alles 'nur' eine Frage der Gewöhnung und Tradition" sei – so, als sei die Kleinschreibung z.B. der romanischen Sprachen für die deutsche eine ebenso brauchbare Konvention, die, wenn nur der hinderliche Faktor "Tradition" nicht wäre, ohne weiteres auch auf die deutsche Schriftsprache angewandt werden könne, ohne daß dieser daraus Nachteile erwüchsen.

In der Entwicklung der deutschen Schriftsprache hat sich die Groß- und Kleinschreibung m. E. nicht nur als zufällige exotische Bizarrerie und funktionsloser Schnörkel herausgemendelt. Sie erscheint mir vielmehr als eine Systematik, die konsequent aus den syntaktischen, grammatischen und stilistischen Eigenheiten des Deutschen erwachsen ist. Die besonders ausgeprägte Fähigkeit des Deutschen zur ständigen ad-hoc-Neuwortbildung aus bestehendem Wortmaterial z.B., oder die Möglichkeit einer Lautfolge, die Wortart zu wechseln, scheinen eine Differenzierung im Schreibgebrauch nahezu zu erzwingen – zum höheren Zwecke, das Lesen zu erleichtern: Während das Französische z.B. zum Wort "aller" das Substantiv "marche" bildet oder in Redewendungen substantivierend von "le va" in "le va-et-vient" oder "les allées" in "les allées et venues" spricht, aber meines Wissens eine Form "le/la aller" nicht zuläßt, kann das Deutsche neben "Gang" auch problemlos aus "gehen" das lautlich und "buchstäblich" identische Substantiv "das Gehen" bilden, etc. – ich muß das nicht erweitern, Sie wissen das ja selbst, denn Sie schreiben fehlerloses Deutsch. Das graphische Signal der Großschreibung markiert somit die Wortart "Substantiv" in Differenz zu einem ansonsten identischen Wort, das einer anderen Wortart zugehört – und vereinfacht somit durch Strukturierung das Lesen.

Ähnlich wäre über die deutsche Satzstruktur zu argumentieren, die sich vom strengeren Bau romanischer Sprachen durch größere Vertauschbarkeit von Satzgliedern etc. unterscheidet – hier durch Großschreibung diejenigen Satzgegenstände, von denen konkret die Rede ist, sofort optisch hervorzuheben, ist wiederum eine Leserleichterung; zu leicht kann man sich andernfalls in deutschen Sätzen auf der Suche nach den Hauptgliedern verheddern.

So erscheint mir die Groß- und Kleinschreibung keineswegs als willkürliche deutsche Marotte, die man auch ohne Schaden für die Schriftsprache nach dem Muster des Französischen, Italienischen oder Englischen abschaffen könnte, sondern als eine sehr sinnvoll aus der Eigenheit der deutschen Sprache hervorgehende, nützliche Entwicklung der Schreibgemeinschaft.

Und wenn Sie sehen wollen, was Willkür ist, betrachten Sie sich die letzten Beispiele meines Zitats:

"eine arie aus der Zauberflöte, ein abschnitt aus dem Siebten kreuz, im Kaukasischen kreidekreis"

– so können Sie hier den ganzen Unsinn solcher synthetischen Erfindungen erkennen: das Substantiv "arie" sollte man klein schreiben, das Substantiv "Zauberflöte" aber groß, die Substantiv "kreuz" und "abschnitt" wiederum klein, ebenso wie das Substantiv "kreidekreis", aber dafür Adjektive wie "Kaukasisch" plötzlich groß. Dies als Unfug zu bezeichnen, hat m. E. nichts mit konventionellem Denken, Gewöhnung oder Tradition zu tun.



Kommentar von www.freiepresse.de, verfaßt am 22.08.2005 um 14.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1549

Wolfgang Sauer

Stichwort-Kuddelmuddel der Erbsenzähler
Wahrig und Duden im Vergleich – Wortschatz wächst kräftig

Gütersloh. „Die deutsche Rechtschreibung“. Nein, es geht nicht um Glaubensfragen, sondern um ein neues Wörterbuch, eins von „Wahrig“, das diesen Titel trägt. Wahrig ist der Markenname, unter dem die Bertelsmann-Gruppe ihre Sprachbücher anbietet. Wahrig soll ein Begriff werden wie „Duden“.

Tatsächlich bietet das neue Rechtschreibbuch eine Reihe von Parallelen zum Duden mit demselben Titel. Es „setzt das aktuelle Regelwerk vollständig um“, hieß es in der Ankündigung. Leider ist es anders gekommen: Bayern und Nordrhein-Westfalen haben sich auf den letzten Drücker für einen separaten Weg entschieden. Das hat dem neuen Rechtschreibwerk ein wenig die Show gestohlen.

Diese Ausgabe der Wahrig-Rechtschreibung ist ein solides Werk, das sein Geld wert ist. Mit einem Umfang von 1200 Seiten ist es das dickste aller Zeiten in seiner Klasse. Die Menge der Stichwörter ist mit 125.000 angegeben. Eine Überprüfung zeigt, dass sie unter 100.000 liegt.

Wörterbuchverlage werben bei jeder Neuauflage mit hohen Quantitäten und einem beeindruckenden Mehr an Stichwörtern. Das führt seit den Zeiten Konrad Dudens zu ständig steigenden Angaben zum Wortschatz des Deutschen. Vor 125 Jahren enthielt der erste Duden auf 187 Seiten etwa 28.000 Stichwörter. Bei allem Anwachsen des Wortschatzes, knapp vervierfacht hat er sich nicht. Automobil, Handy und Schnäppchen sind hinzugekommen, aber abducieren, besömmern und Schreitung haben ihn auch verlassen.

Wörter einer Sprache lassen sich nicht zählen wie Erbsen. Genau das aber tun Duden und Wahrig. Beide geben in seltsamer Eintracht 125.000 Stichwörter als Bestand an, beide werben mit „Über 500.000 Angaben“. An „Neuaufnahmen“ rühmen sich beide Wörterbücher mit der Zahl 5000. Die Bände sind gleich im Format, beide ordnen ihre Stichwörter dreispaltig an. Im Wahrig sind die Einträge benutzerfreundlich jeweils an den linken Spaltenrand gerückt, im Duden ballen sich gelegentlich zusammengehörige Wörter zu „Nestern“, das heißt sie sind hintereinander in einem Textblock aufgeführt.

Die letzte Auflage der Duden Rechtschreibung ist 2004 erschienen. Ein Vergleich der Wörterverzeichnisse beider Bücher ergibt manches Verblüffende. So führt Wahrig fünf Wörter an, die mit „Ausbildung“ zusammengesetzt sind, Duden bietet sechs. Lediglich eins dieser Komposita, Ausbildungsplatz, findet sich in beiden Werken. Wer Ausbildungsstätte nicht recht schreiben kann, sei auf Wahrig verwiesen, bei Ausbildungszentrum hilft nur Duden weiter.

Die Beliebigkeit bei vielen Einträgen ist ein Ärgernis. Von 100 Wörtern, die 2004 im Duden neu aufgenommen waren, findet sich mehr als die Hälfte nicht im neuen Wahrig. Aufhübschen, Einkaufsmeile oder Musiktauschbörse mögen verzichtbar sein, dass aber Genmais, Lkw-Maut, Osterweiterung, Riesterrente oder Zentralabitur fehlen, ist schwach. Umgangssprachliche Verben wie quarzen, schnackseln oder triggern nicht aufzuführen, ist sogar fahrlässig. Gerade solche Wörter müssen dokumentiert, bewertet und erklärt werden. Die Entwicklung der gesprochenen Sprache lässt Unsicherheiten entstehen, die abzubauen der Benutzer von seinem Nachschlagewerk erwartet.

Warum ist Sahnequark nur im Wahrig, Sahnemeerrettich nur im Duden zu finden? Saint Lucia hier, Saint Georges nur dort. Honecker ist im Duden als „führender Politiker der DDR“ zu finden, im Wahrig fehlt er gänzlich. Bezeichnend für das Kuddelmuddel (in beiden Büchern verzeichnet) ist das Stichwort Hammam/Hamam – zwei Schreibweisen für ein orientalisches Badehaus.

Der Regelteil im Wahrig ist neu bearbeitet und enthält 700 „Infokästen“. Ob die Kapitel „Geschichte der Rechtschreibung“ und „Grammatik im Überblick“ in ein Rechtschreib-Wörterbuch gehören, ist eine sprachphilosophische Frage. Wirklich nötig ist endlich die verbindliche Orthographie für den ganzen deutschsprachigen Raum. (rzp)

„Wahrig. Die deutsche Rechtschreibung“. Bertelsmann Lexikon Institut. 1200 Seiten. 12,95 Euro (Einführungspreis). ISBN 3-577-10082-6.

(Freie Presse Chemnitz, 17. August 2005)


Kommentar von FDS, verfaßt am 11.09.2005 um 00.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=325#1673

30. August 2005. Saarbrücken. CLT Sprachtechnologie GmbH begeht ihren sechsten Geburtstag (Pressemitteilung)

Seit sechs Jahren schon stellt die CLT Sprachtechnologie GmbH ihre Kompetenz in Sachen Sprachtechnologie unter Beweis. Das Start-up-Unternehmen bietet Beratung, Software-Integration und Software-Entwicklung, angepasst an die individuellen Bedürfnisse der Kunden.
Zwei Beispiele aus der aktuellen Arbeit: Im Bereich computergestützte Lexikografie beobachtet CLT die aktuellen Veränderungen unserer Sprache für die Wahrig-Wörterbuchreihe des Wissen Media Verlags, früher Bertelsmann Lexikon Verlag. Dies geschieht mit Hilfe eigens entwickelter Verfahren zum Umgang mit großen Text-Korpora. Dabei wird unsere Sprache zum Beispiel in Zeitungsarchiven beobachtet und linguistisch erforscht. Neue Wörter werden aufgespürt und nach Prüfung durch die Redaktion in die Nachschlagewerke aufgenommen. [. . .]



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