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24.11.2004
 

Welche Aussagefähigkeit haben gute Rangplätze?
Finnland bei PISA II erneut auf Platz 1 / Korea auf Platz 2

Das PISA-II-Ergebnis wird diskutiert, auch wenn dies unserer obersten amtierenden Kultusministerin nicht gefällt.

Mit ihrem Urteil über die Aussagefähigkeit von Rangplätzen dürfte sie bei ihren Amtskollegen aus Finnland, Korea oder Polen auf wenig Zustimmung stoßen.

Und wie der stern heute meldet, zeigt das Ergebnis von Polen, daß gelungene Reformen durchaus innerhalb weniger Jahre zu guten Ergebnissen führen können. Warum auch nicht, zeigt die Rechtschreibreform doch umgekehrt, wie eine mißlungene Reform in kürzester Zeit die orthographische Kompetenz einer ganzen Sprachgemeinschaft nachhaltig zu schwächen imstande ist.

»Hamburg (ots) - Bei der internationalen Schul-Vergleichsstudie Pisa II steht Finnland erneut an erster Stelle. Das berichtet das Hamburger Magazin stern in seiner neuen Ausgabe. Auf Platz zwei liegt nach stern-Informationen Korea. Als überraschender Aufsteiger gilt Polen, das sich von den hinteren Rängen bis ins Mittelfeld vorgearbeitet hat und nun nahezu gleichauf liegt mit Deutschland, das sich ebenfalls leicht verbesserte.

Polen hat seit dem Jahr 2000 sein Schulsystem grundlegend reformiert, eine Schulpflicht bis zum 18. Lebensjahr und eine neue Mittelstufe eingeführt, in der alle Kinder gemeinsam unterrichtet werden.

"Unsere neuen Gymnasien haben vor allem eine Aufgabe: nicht Fakten pauken, sondern lernen, die Welt zu verstehen", sagte Stanislaw Drzazdzewski, Chefberater im polnischen Bildungsministerium, dem stern. Bei der ersten Pisa-Untersuchung waren noch Schüler aus dem alten System getestet worden, in dem es eine Schulpflicht nur bis zum 15. Lebensjahr gab.«



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Kommentare zu »Welche Aussagefähigkeit haben gute Rangplätze?«
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Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 24.11.2004 um 19.49 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=144#64

Bei der Aussage des polnischen Chefberaters Stanislaw Drzazdzewski wird es mir etwas flau, wenn ich bedenke, welche Schlußfolgerungen aus diesem Satz wieder gezogen werden, um das deutsche Schulsystem zu sanieren: Gesamtschulen für alle, Faktenpauken ganz abschaffen, dafür die Welt verstehen lernen (was auch immer darunter vorzustellen sei). Daß Deutschlands Schulunterricht sich jedoch kaum noch an einen Fächerkanon hält und das Faktenpauken bereits seit Jahren als veraltet gilt - und damit auch das Üben und Trainieren von Fähigkeiten und Fertigkeiten, wird kaum erwähnt. Immer noch tut man so, als sei der Unterricht antiquiert, fade, praxisfern. Dabei ist Schule längst dem "Edutainment" ergeben. Gerade aber hierin ist die Hauptursache für die katastrophalen Leistungsdefizite von Schulabgängern zu suchen: Bildung wird nicht mehr mit Eigenleistung und Anstrengung in Verbindung gebracht. Bildung ist in den Augen der Mehrheit eine Bringschuld des Staates, nicht eine individuelle.
Nebenbei bemerkt: Die Polen müssen sich beim Rechtschreiben ganz schön anstrengen, so viele Konsonanten auf einem Haufen, allein bei dem Namen "Drzazdzewski", da würden unsere Schüler kapitulieren ... oder?


Kommentar von Michael Krutzke, verfaßt am 26.11.2004 um 18.18 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=144#68

Ich glaube, daß eine gute Mischung aus Faktenpauken und "Weltverständnis" nötig ist. Es darf auch unterhaltsam sein und Spaß machen. Meine Tochter hatte in der Grundschule eine ältere Lehrerin, die es bestens verstand, den Kindern begeistert und begeisternd den Stoff darzubieten und ihnen mit vielen Spielen ganz nebenbei viel Grundverständnis von allem möglichen zu vermitteln. Sie hatte für ihren Unterricht eine eigene Fibel geschaffen (die sie ständig weiterentwickelte), machte eine Menge Motivationsspielchen mit allerlei Rechnerei (selbst einfache Brüche kamen darin vor) nutzte erfolgreich die natürliche Begeisterungsfähigkeit und Lernwilligkeit der kleinen Menschen und kümmerte sich um jedes einzelne Kind. Niemand bekam etwas geschenkt, aber alle haben gewonnen; und das merkten einige selbst in dem Alter schon.

Glücklicherweise geriet meine Tochter immer wieder an Lehrer mit einer ähnlichen Berufsauffassung. Ob Englisch in der Mittelstufe, Biologie und Wirtschaft in ihrer Gymnasialzeit - die jeweiligen Lehrer boten viel, forderten viel und förderten dadurch enorm. Auch dabei stimmte die Mischung aus den Inhalten, die sich nur per Pauken erarbeiten ließen und solchen, die sich nur über ein Verständnis grundlegender Zusammenhänge ("Weltverständnis") erschlossen.

Ein Schlüssel liegt in der Persönlichkeit des Lehrers, das haben wir immer wieder gemerkt. Die Schulform spielte auch eine Rolle, wobei ich aus meinen Erfahrungen nicht beurteilen kann, welche für sich genommen die bessere oder schlechtere ist. Vielleicht ist die Schule in anderen Ländern nicht ein so ein politisch-ideologisches Schlachtfeld und Testgelände für Selbstverwirklichungsübungen irgendwelcher (nicht nur Rechtschreib-) Unterrichts"reformer". Vielleicht ist auch die Ausbildung der Lehrer andernorts besser. Wahrscheinlich ist in anderen Ländern auch innerhalb der Schülerschaft das Verhältnis gegenüber guten und leistungswilligen Mitschülern ein anderes. Diese gelten hierzulande ja leicht als "Streber" und werden oft durch reinen Gruppendruck stark gedämpft. Fragen über Fragen, auf die es kaum einfache Antworten geben kann. Schon gar nicht von denen, die zwar Minister- und Staatssekretärs- und andere Ämter auf der bildungsbehördlichen Karriereleiter innehaben, aber tatsächlich nichts weiter als Schulversager im gehobenen Dienst sind.



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