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02.03.2011
 

Zehetmair im Telefoninterview
„Kein Protest, sondern Individualität“

Vor fünf Jahren wurde die Rechtschreibreform reformiert – denn die eigentliche Reform, die 1996 in Kraft trat, hatte einige merkwürdige Auswüchse gehabt: So wurde aus dem französisch-stämmigen Wort Restaurant das komplett eingedeutschte Restorant. Hans Zehetmair, Vorsitzender des Rates für deutsche Rechtschreibung, zieht Bilanz.

Hören Sie selbst, wie er u. a. auf die Frage nach dem Schriftstellerprotest reagiert: Hier geht es zur Audio-Datei der Sendung, das Interview nimmt den Abschnitt von 4'44" bis 8'32" ein.


Quelle: Deutsche Welle
Link: http://www.dw-world.de/dw/article/0,,14826241,00.html


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Kommentare zu »Zehetmair im Telefoninterview«
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Kommentar von R. M., verfaßt am 28.03.2011 um 13.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8578

Die durchgängige Ersetzung von c durch k oder z war eins von Konrad [sic] Dudens Hauptanliegen, und jedes Wort und jeder Name, der widerstand, wurde beim Bibliographischen Institut traditionell als Ärgernis betrachtet, ob Celle, Citronensäure, Couch oder Cottbus.


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.03.2011 um 09.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8577

"Unter Pseudo-Klementinen werden ein Brief und ein Roman zusammengefasst, die in der Frühzeit der Kirche dem etwa 110 gestorbenen Klemens von Rom, dem dritten Nachfolger des Petrus auf dem Stuhl des Bischofs von Rom, zugeschrieben wurden." (Wiki)


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.03.2011 um 09.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8576

Ein bekannter Fall sind ja die "Zigaretten", die in normalen Texten nur so geschrieben werden, auf den Packungen aber "Cigaretten". (Oder hat sich da was geändert? Ich habe noch nie welche in der Hand gehabt, meine Beobachtung ist schon ziemlich alt.)


Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 28.03.2011 um 05.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8575

Genau. Der Duden hat Clementine beibehalten, wobei die Rechtfertigung mit dem Trick "fachsprachlich" 2000 hinzukam; das ist zwar lächerlich, aber ansonsten nicht zu beanstanden. Meine Kritik bezog sich auf die unrealistische Bevorzugung von K-Varianten im Duden und auf die Phase vor der Reform, also die Zeit um 1990. Ich habe nur einige Beispiele angeführt, darunter klein (!) geschriebenes kontra.


Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 27.03.2011 um 23.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8574

Mir scheint die Kritik am Duden im Fall Klementine/Clementine ausnahmsweise ungerecht zu sein.

Schon der Duden 1980 führt die Schreibungen Klementine und Clementine an. Daran scheint sich bisher nichts geändert zu haben. Insofern ist nichts Bizarres daran, daß der Duden 2006 ebenfalls beide anführt. Kann jemand mal nachschlagen, was der Duden 1996 dazu sagt?

Neu ist allenfalls spätestens seit 2006 die Kennzeichnung von Clementine als fachsprachlich. Allerdings ist das seit 1996 der gängige "Trick" des Dudens, wenn er eine Schreibung, die in den Amtlichen Regeln nicht enthalten ist, dennoch zulassen will. Damit kann dann jeder so schreiben, wie er will. Also sollten wir den Duden nicht kritisieren, sondern dafür loben, daß er dem Diktat der Amtlichen Regeln widerstanden und an der Variante Clementine festgehalten hat.

Übrigens stellt sich hier wie in anderen Fällen die Frage, ob die Nichtzulassung von Clementine wirklich Absicht der Reformer oder ein bloßes Versehen bei der eiligen Zusammenstellung der Wörterliste war.

In der Sache halte ich die Schreibung Klementine auch keineswegs für abwegig. Es scheint zwar, daß die Schreibung mit C heutzutage deutlich dominiert, das war aber nach meinem Eindruck vor einiger Zeit noch keineswegs der Fall. Jedenfalls ist Klementine die mir vertraute Schreibung und ich hätte bis zum letzten Bericht des Rates auch so geschrieben.

Auch die Schreibungen Klub und kontra/Kontra waren und sind durchaus gängig und keine bloße Marotte des Duden. In den Amtlichen Regeln von 1901 war nur Klub angegeben. Spätestens im Duden 1961 war daneben auch Club verzeichnet (schon damals hat sich der Duden also über "amtliche Regeln" hinweggesetzt). Eine Google-Suche nach der Redewendung "Kontra geben" ergibt ein klares Übergewicht der K-Schreibung.

Als Ergebnis der Allgegenwärtigkeit des Englischen, verbunden mit einem allgemein höheren Bildungsgrad, scheint mir heute ein gewisses "roll-back" bei den K-Schreibungen stattzufinden. Dabei gibt es allerdings eine Akzentverschiebung. 1901 hat man sich nicht getraut, die altsprachlichen Lehnwörter anzutasten (was der Duden später teilweise nachgeholt hat). Heute traut man sich nicht mehr, die Anglizismen anzutasten. Irgendwo dazwischen liegen Modeerscheinungen wie Centrum.


Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 27.03.2011 um 14.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8573

Falsch ist das nicht, denn die Leute vom Fach (Züchter, Botaniker, Händler) schreiben Clementine tatsächlich mit C, während Nichtfachleute zwar normalerweise ebenfalls zum C, aber vielleicht auch mal zum K greifen. Falsch (= unrealistisch) ist im Duden die Einstufung der K-Schreibung als Hauptvariante, wie schon vor der Reform. Weil der Rat gerade erst den Geistesblitz hatte, die Existenz von Clementine mit C anzuerkennen, liegt er nunmehr genau auf der Linie der seit je unrealistischen Duden-Darstellung. Duden und Rat taugen beide nichts, dazu braucht es nach meinem Eindruck keine zusätzlichen dummen Hilfskräfte.

Mir scheint eher, daß der Duden schon lange eine K-Politik betrieben hat, er wollte der Eindeutschung bei vielen Fremdwörter mit C und c nachhelfen. Freilich viel zu gewaltsam, indem er Nebenvarianten als Hauptvarianten anpries, zum Beispiel auch bei Klematis, Klub, Kode, kontra, Kredo.


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.03.2011 um 10.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8572

Solche Absurditäten ("Clementine" fachsprachlich!) deuten darauf hin, daß die Bearbeitung an Hilfskräfte ausgelagert wurde, denen man beigebracht hatte, daß "c" fachsprachlich und "k" allgemeinsprachlich ist.


Kommentar von Christian Dörner, verfaßt am 26.03.2011 um 21.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8571

In einer Buchhandlung hatte ich heute kurz Gelegenheit, die soeben erschienene Neuauflage des Duden-Universalwörterbuchs (7. Aufl. (2011)) durchzublättern. Auch dort wurden (wie im neuen Wahrig) die Vorschläge des Rats trotz bislang fehlender Sanktionierung durch die zuständigen Stellen eingearbeitet.

So steht jetzt z. B. Schmand in extrem blasser und schwer leserlicher Schrift unmittelbar neben dem fettgedruckten Schmant, was weiterhin die bevorzugte Schreibung bleiben soll – also umgekehrt wie im Wahrig.

Clementine wird als fachsprachliche Schreibung (welche Fachsprache soll das eigentlich sein, wenn man selbst beim Einkaufen ausschließlich die Variante mit c entdecken kann?) von Klementine bezeichnet, was bizarrerweise schon in der Vorauflage exakt so zu finden war. Allein das zeigt die Überflüssigkeit der Ratsempfehlungen, die nicht über die Eingriffe hinausgehen, die die Dudenredaktion schon vor der Reform von Auflage zu Auflage eigenmächtig vornahm und von denen selbstverständlich niemand Notiz zu nehmen pflegte.

Die Dudenredaktion verzichtet im übrigen im Gegensatz zu Brockhaus darauf, mit solchen irrelevanten Änderungen Werbung zu machen. Auch im Vorwort wird diesbezüglich nichts erwähnt.


Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 15.03.2011 um 00.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8566

Lieber Germanist,

die herkömmliche Transkription von au als av gilt im Russischen aber nur für Wörter lateinischen oder griechischen Ursprungs. Auch Europa heißt im Russischen Jewropa.

Bei der Transkription etwa aus dem Deutschen dagegen wird au auch als au wiedergegeben. Selbst Aurora wird aus anderen Sprachen als Aurora transkribiert.

Natürlich sollten wir nicht lachen, wenn Ausländer unser ü falsch aussprechen. Viele, wenn nicht die meisten Ausländer können es ja gar nicht richtig aussprechen, so wie viele Deutsche die französischen Nasale oder das englische th nicht richtig aussprechen können.

Die Ausländer können das ü auch häufig nicht schreiben, weil ihnen die Letter ü fehlt. So können es die Franzosen zwar problemlos aussprechen, aber häufig nicht schreiben. Bei gutem Willen wird dann zur Schreibung ue gegriffen. Da aber die Setzer (vielleicht sogar die Autoren) diese Schreibung nicht durchschauen, landet das e oft an den abenteuerlichsten Stellen. Wahrscheinlich am meisten wird dann eu anstelle von ue geschrieben.


Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 14.03.2011 um 22.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8565

Nur eine kurze Anmerkung zu Ihren – hoffentlich nicht rhetorischen – Fragen, Herr Riemer.

Könnten die französischen Wörter aus Sankt Petersburg (Eremitage, Winterpalais) eventuell ihren Ursprung in der französischen Hofsprache unter Katharina haben? Hinzu kommt, daß beispielsweise Diderot oder Voltaire mit der gebürtigen Deutschen auf französisch korrespondiert haben. (Freilich war Französisch im 18. Jahrhundert auch die Sprache der Diplomatie.)


Kommentar von Germanist, verfaßt am 14.03.2011 um 12.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8564

Auch im Ukrainischen, Bulgarischen, Makedonischen und Slowakischen wird der Laut [au] vor Konsonant "av" gschrieben.

Viel häufiger begegnen uns verstümmelte Schreibweisen aus der Lateinschrift der BKS-Sprachen (Bosnisch, Kroatisch, Serbisch), wenn die diakritischen Zeichen über Konsonanten, die die normale Computer-Tastatur nicht kann, einfach weggelassen werden. Z.B. enden sehr viele Familiennamen aus BKS-Sprachen in Lateinschrift auf c mit Akzent, welches original [tschj] gesprochen wird, aber eben nicht [ts].

Wir sollten nicht lachen, wenn Ausländer unser ü als ii oder langes i aussprechen.


Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 14.03.2011 um 11.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8563

Wenn die buchstabengetreue Aussprache Panzerkreuzer Potemkin falsch wäre, wie verhielte es sich dann mit dem Panzerkreuzer Aurora, der 1917 das Signal zum Sturm auf das Winterpalais gab? (Wieso überhaupt -palais, es kann doch nur entweder Simnij Dworez oder Winterpalast heißen?)
Gerade sehe ich bei Wikipedia einigermaßen überrascht, daß man jetzt eigentlich Panzerkreuzer Awrora schreibt, Aurora ist also lediglich noch geduldet.
Für uns Schüler damals in der DDR war ja nun das Thema Oktoberrevolution so etwas wie das Evangelium, der Beginn des Neuen Testaments. Und obwohl wir ab dem 5. Schuljahr Russisch hatten, hieß es niemals (außer wirklich im Russischunterricht) Awrora, sondern immer und ausschließlich Aurora.
Jetzt also fängt man plötzlich an, auch im Deutschen Awrora zu sagen, als ob es sich um ein ursprünglich russisches Wort handelte.
Wieso überhaupt noch Eremitage, und nicht Ermitash?


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.03.2011 um 07.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8562

In eher mündlichen Zeiten hat man nach Gehör geschrieben, in unseren schriftlichen spricht man oft nach der Schrift. Wenn ich zufällig die richtige Aussprache kenne, habe ich doch manchmal Hemmungen, sie zu verwenden, weil ich nicht eingebildet wirken will und weil der andere mich vielleicht auch nicht versteht. "Potemkin" ist ein gutes Beispiel, Herr Achenbach hat die Tatsachen lichtvoll dargestellt. Ein anderes wäre "Mao", den ich im Gespräch gegen mein besseres Wissen zweisilbig ausspreche (ebenso in "Maoismus"). Wenn man "Beijing" schreibt und dies einigermaßen lautgetreu ausspricht, ist man auf halbem Wege stehengeblieben, denn es fehlen ja noch die Töne, die für einen Chinesen genauso wichtig sind wie die Phoneme. Aber das würde dann wirklich zu weit gehen, und ich hoffe geradezu, daß unsere Rundfunksprecher es niemals versuchen werden ...
Man kann sagen, daß die Bemühungen um korrekte Aussprache weitgehend eurozentrisch geblieben sind. Englisch ist in Ordnung, Russisch geht gerade noch, aber Arabisch, Chinesisch, Vietnamesisch?


Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 14.03.2011 um 01.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8561

Jelzin wird im Englischen (phonetisch richtig) Yeltsin geschrieben.


Das Problem Transkription/Transliteration ins Deutsche besteht darin, daß die Transliteration für ein breiteres Publikum nicht verständlich, die Transkription aber zumeist nicht vollständig phonetisch ist und häufig auch nicht sein kann. Sie kann nicht phonetisch sein, wenn die Ausgssprache Laute enthält, die es im Deutschen nicht gibt. Sie ist aber häufig auch dann, wenn es an sich möglich wäre, trotzdem nicht phonetisch. So wird das russische o in der "offiziellen" Transkription immer als o wiedergegeben, obwohl es in unbetonter Silbe als a ausgesprochen wird.

Potemkin ist wiederum ein Sonderfall. Der Name ist in den potemkinschen Dörfern seit wohl mehr als zweihundert Jahren im Deutschen geläufig. Zur Zeit Potemkins wurde in russischen Orthographie aber zwischen den Lauten je und jo (nur in betonter Silbe) nicht unterschieden. Beide wurden als e geschrieben. Erst später wurde jo als e mit Trema vom je (einfaches e) unterschieden. Das hat sich aber erst im Verlauf des 20. Jahrhunderts auf breiterer Basis durchgesetzt. Insofern haben die Schreibungen Potemkin und potemkinsche Dörfer im Deutschen eine alte Tradition und damit historische Berechtigung.

In der offiziellen russischen Orthographie wird Potemkin heutzutage mit e mit Trema geschrieben. Daher ist jetzt die deutsche Transliteration Potjomkin, die aber phonetisch nicht Fisch, nicht Fleisch ist.

Das Hauptproblem heutzutage ist aber (wie Pt richtig sagt), daß in deutschen Texten häufig mal die deutschen, mal die englischen Transkriptionen benutzt werden - mit dem Ergebnis, daß niemand mehr weiß, wie die Aussprache lauten sollte.


Kommentar von Pt, verfaßt am 13.03.2011 um 22.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8560

@Germanist:

Ganz schön schwierig, Ihren Beitrag #8557 zu verstehen, drei Negationen ein einer Zeile, ganz abgesehen von den Wörtern mit vorangestellten Klammern.

Das Problem ist doch, daß diese Wörter eben ''international'', will sagen Englisch, sind, und daß sie dann doch in beiden Formen gelernt werden müssen, denn um das Englisch kommt heute niemand mehr herum. Das macht die Sache dann doch eher schwierig. Wäre es da nicht einfacher, sie gemäß der Originalschreibung in das eigene Schriftsystem zu übernehmen, falls das möglich ist?


Kommentar von Germanist, verfaßt am 13.03.2011 um 11.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8559

Ich glaube, das Beispiel Potemkin [Patjomkin] stammt aus der Zeit vor den Fernseh-Nachrichten und wäre heute nicht mehr möglich, wie man an den Beispielen Walesa [Wawuenßa] und Jelzin gesehen hat. Leider bemühen sich die Zeitungen immer noch nicht, diakritische Zeichen zu drucken. In Deutschland ist es noch gut, in Italien hieß der Mann "Elzin" statt Jelzin, im Englischen dürfte er "Yelcin" heißen.


Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 13.03.2011 um 11.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8558

Lieber Germanist,

das halte ich aber für das Ideal, dem dann doch das Leben gegenübersteht. Ich habe im Geschichtsunterricht gelernt, daß die Potemkinschen Dörfer auch genauso ausgesprochen wurden [etwa 'Potèmkin']. Erst viel später hat eine Russin mir erklärt, daß diese Aussprache falsch sei. Sowohl der russische Feldmarschall als auch Eisensteins Film würden deutlich anders ausgesprochen [ungefähr: 'Patjòmkin']. Inzwischen habe ich mir diese Aussprache zu eigen gemacht, errege damit aber in Gesprächen immer wieder Erstaunen: "Ach, du meinst den Film 'Panzerkreuzer Potèmkin', sag das doch!"

Gleiches gilt ja wohl für den dänischen Philosophen (um mal ein Land mit lateinischem Alphabet zu nehmen), der so ähnlich wie 'Kjérkegoar' ausgesprochen wird. Sogar Philosophieprofessoren sprechen ihn aber meist 'Kirkegard' aus.

(Die Redaktion möge mir nachsehen, daß es nun eine Überschneidung mit dem Libyen-Eintrag im Tagebuch gibt.)


Kommentar von Germanist, verfaßt am 13.03.2011 um 00.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8557

@Pt:
Schulkinder in Ländern mit nicht-lateinischer Schrift brauchen Fremdwörter aus Lateinschrift-Ländern nicht in der der Lateinschrift entsprechenden (Buchstaben-)Transliteration, sondern nur in der der Original-Aussprache entsprechenden (Laut-)Transkription lernen, z.B. englische Fremdwörter im Russischen oder Neugriechischen.

Umgekehrt gilt das gleiche: Schulkinder in Ländern mit lateinischer Schrift brauchen Fremdwörter aus Nicht-Lateinschrift-Ländern nicht in der der Nicht-Lateinschrift entsprechenden (Buchstaben-)Transliteration, sondern nur in der der Original-Aussprache entsprechenden (Laut-)Transkription lernen, z.B. russische Fremdwörter im Deutschen.


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.03.2011 um 17.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8556

Ich glaube, wenn man Zehetmairs Äußerungen über die Jahre hin verfolgt, wird man finden, daß er von der Neuregelung, die 1995 unter Dach und Fach schien und die er dann kippte, noch einiges in Erinnerung behalten, danach aber nichts mehr wirklich zur Kenntnis genommen hat. Daß er damals einige, wie ihm schien, umstürzlerische Neuschreibungen verhindert hat (auf wessen Veranlassung auch immer), das war der große Augenblick in seinem Leben, darauf ist er immer wieder selbstzufrieden zurückgekommen. Das war ja das Aufreizende all die Jahre hindurch: dieses Beharren auf Nebensächlichkeiten, bei gleichzeitiger Blindheit gegen das eigentliche Unglück, das die Reform anrichtete.


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.03.2011 um 15.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8555

Das war 1995.


Kommentar von MG, verfaßt am 12.03.2011 um 15.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8554

Bevor man sich gar zu sehr an dem Wort festbeißt: In welcher Version der RSR kam die Schreibung "Restorant" nochmal vor? Ich finde keine.


Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 11.03.2011 um 22.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8553

Noch bezeichnender für Zehetmairs Zustand ist, daß ihm zu seinen Vorworten kaum etwas Neues einfällt. Man hat stets das Gefühl, diesen Unsinn schon einmal gehört zu haben. Wie ein Sprung in einer Vinylplatte. So endete sein Vorwort im Jahr 2006 beispielsweise:

Ich beglückwünsche die WAHRIG-Redaktion, die eine konstruktive, wichtige und engagierte Rolle bei der Neufassung des Regelwerks im Rat für deutsche Rechtschreibung gespielt hat, sehr herzlich zur Neuausgabe von „Wahrig Die neue Rechtschreibung“. Neben Lernenden und Lehrenden bietet dieses Werk allen, die mit Sprache und Schrift zu tun haben, eine verlässliche Orientierungshilfe.

Dr. h. c. mult. Hans Zehetmair
Staatminister a. D.
Vorsitzender des Rats für deutsche Rechtschreibung

Hinzugekommen ist hauptsächlich der "Senator E.h.", aber bekanntlich erkennt man einen wichtigen Menschen (und wie zu Guttenberg sehr schön gezeigt hat, vor allem einen Politiker) an der Anzahl seiner Titel.


Kommentar von R. M., verfaßt am 11.03.2011 um 21.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8552

Es ist bezeichnend für Zehetmairs Zustand, daß er sich nicht an seine Kritik an den Duden-Empfehlungen erinnert und Wahrig zu einem Wörterbuch beglückwünscht, das seinerseits Empfehlungen macht.


Kommentar von Pt, verfaßt am 11.03.2011 um 21.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8551

Bezüglich #8531:

Lieber Germanist, können Sie mal erklären, warum es die Schulkinder in diesen Ländern damit leichter haben sollten?


Kommentar von Christian Dörner, verfaßt am 11.03.2011 um 18.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8550

Völlig unbemerkt hat Wahrig heute die 8. Auflage seines Rechtschreibwörterbuchs ausgeliefert, und zwar diesmal unter dem Namen »BROCKHAUS WAHRIG – Die deutsche Rechtschreibung«, wobei die »BROCKHAUS«-Schriftzüge auf dem Einbanddeckel so dominant sind, daß sie alles andere in den Hintergrund treten lassen (siehe hier – Red.).

Zu einer genaueren Analyse hatte ich bislang keine Zeit, deshalb nur soviel:

• Der Seitenumfang steigt von 1216 auf 1248 Seiten.
• Der Preis steigt erneut (von 14,95 Euro (6. Aufl.) über 17,95 Euro (7. Aufl.) auf jetzt 19,95 Euro (8. Aufl.)).
• Die Einträge wachsen angeblich auf 140.000, womit man den Duden (135.000) offensichtlich zu übertrumpfen versucht.
• Die Presseorthographie und die entsprechenden Empfehlungen sind verschwunden.
• Dafür gibt sich Wahrig jetzt seine x-te Hausorthographie, diesmal unter dem Namen »BROCKHAUS«-Empfehlungen, die von allen bisher existenten Hausorthographien abweichen.
• Die Empfehlungen werden wie im Duden durch textmarkerähnliche Unterlegungen gekennzeichnet.
• Neuschreibungen sind nach wie vor in Blau gehalten.
• Das amtliche Regelwerk bleibt abgedruckt.
• Es wird damit geworben, alle »Schreibungen der aktuellen Regelung des „Rats für deutsche Rechtschreibung“« zu enthalten, also z. B. »Clementine« und »Schmand« (was im übrigen sogar beides empfohlen wird, aber schwarz gedruckt ist!), obwohl die Ratsbeschlüsse noch gar keine Gültigkeit erlangt haben.
• Zehetmair hat wieder ein nettes Vorwort verfaßt. Hier ist es:

»Vorwort zur Neuausgabe 2011

Mit dem Jahr 2010 ist die erste Amtsperiode des Rats für deutsche Rechtschreibung zu Ende gegangen. Nachdem die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung 2006 in Kraft getreten ist, war die Arbeit des Rats vor allem durch die zentrale Aufgabe geprägt, die Schreibentwicklung auf den verschiedenen Ebenen zu beobachten. Erste zuverlässige Ergebnisse auf der Grundlage der mehrjährigen Beobachtungen sind in dem an die Kultusministerkonferenz im Dezember 2010 übergebenen Bericht dokumentiert.

Schwerpunkt der Beurteilung war nicht die Normierung der Schreibung durch übergreifende staatliche Gremien, sondern eine empirische Analyse der Schreibpraxis. Untersucht wurden die Akzeptanz der Neuregelung sowie die Frage, welche Schreibungen im Falle von möglichen Schreibvarianten verwendet bzw. bevorzugt werden. Dabei hat sich gezeigt, dass die Neuregelung in Schule, Verwaltung und anderen öffentlichen Bereichen weitgehend angenommen wurde, einige ungebräuchliche Variantenschreibungen wurden auf Empfehlung des Rates gestrichen.

Rechtschreibung als Form sprachlichen Ausdrucks ist ein Schlüssel zur Kultur. Sprache und eine einheitliche und verbindliche Orthographie haben damit eine gesamtgesellschaftliche Bedeutung und kulturelle Leitfunktion. Da Sprache und Schreibung sich von jeher weiterentwickelt haben, sieht der Rat für deutsche Rechtschreibung es auch weiterhin als seine langfristige Aufgabe an, den Schreibusus zu beobachten, das orthographische Regelwerk dem Sprach- und Schreibgebrauch anzupassen und so eine einheitliche Weiterentwicklung der deutschen Rechtschreibung zu fördern und zu begleiten.

Die Neuausgabe von »WAHRIG Die deutsche Rechtschreibung«, die erstmals unter der Dachmarke BROCKHAUS erscheint, trägt diesem Anliegen in bewährter Form Rechnung. In die umfassend erweiterte Ausgabe wurden rund 10.000 Stichwörter neu aufgenommen, darunter zahlreiche wichtige aktuelle Wörter der deutschen Gegenwartssprache. Darüber hinaus enthält der neue WAHRIG Varianten-Empfehlungen für eine am aktuellen Schreibgebrauch ausgerichtete, sinnentsprechende Schreibung.

Ich beglückwünsche die WAHRIG-Redaktion, die als Mitglied des Rats für deutsche Rechtschreibung einen entscheidenden Beitrag zur Neufassung des Regelwerks und zur Beobachtung des Schreibgebrauchs geleistet hat, sehr herzlich zur Neuausgabe von »WAHRIG Die deutsche Rechtschreibung«. Auch dieser neue WAHRIG stellt allen, ob Lernenden und Lehrenden, ob im privaten oder beruflichen Leben, eine verlässliche Orientierungshilfe dar.

Dr. h. c. mult. Hans Zehetmair
Staatsminister a. D., Senator E. h.
Vorsitzender des Rats für deutsche Rechtschreibung
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Kommentar von Vollgasfahrer, verfaßt am 04.03.2011 um 22.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8534

Mit Fremdwörtern ist das so eine Sache. Restorant wirkt wie Portmonee einfach nur plump. Türken wiederum kennen das Restoran und den Otobüs.
Umgekehrt verhält es sich mit Büro: die korrekte Schreibweise wirkt barock und wird wohl nur von zu Guttenberg verwendet. Oder es geht sonst dank FBI als englisches Wort durch.

Seit wann steht eigentlich Büro in dieser Form in den Wörterbüchern?


Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 04.03.2011 um 19.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8532

Auffällig:
Die Reformreform 2004 ist offenbar vollkommen unbekannt, darüber hinaus scheint die Interviewerin auch der Meinung, eine andere Möglichkeit als deskriptive Vorschreibung gibt es nicht!
Sie scheint indirekt auch der Meinung, eine gewisse Vereinfachung sei erreicht worden? Wäre interessant, was sie damit meint ...


Kommentar von Germanist, verfaßt am 04.03.2011 um 11.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=669#8531

Die Schulkinder in Ländern mit kyrillischer Schrift haben es leichter, denn dort werden internationale Fremdwörter amtlich aussprachegemäß geschrieben, z.B. restoran, dzins, dzes usw.



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