Nachrichten rund um die Rechtschreibreform
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24.03.2010
Weiterer Rückgang bei Rechtschreibleistungen der Schüler
Mehr Verwirrung als Klarheit durch die Rechtschreibreform
Aus einer Ergänzungsstudie zu IGLU 2006, bei der die Rechtschreibleistungen von über 8000 Kindern am Ende der 4. Klasse getestet wurden, geht hervor, daß die Mehrzahl der Kinder am Ende der Grundschulzeit große Unsicherheiten im Umgang mit der Orthographie hat.
Dr. Peter May, Autor der „Hamburger Schreibprobe“ und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Lehrinstitute für Orthographie und Schreibtechnik (LOS), stellt seine Befunde ausführlich dar – und lädt zu einem gebührenpflichtigen Online-Rechtschreibtest ein.
Vollständiger Text:
Link: http://www.presseportal.de/pm/76145/1583548/dideon_gmbh
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Kommentare zu »Weiterer Rückgang bei Rechtschreibleistungen der Schüler« |
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Kommentar von stefan strasser, verfaßt am 26.03.2010 um 07.51 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=646#8144
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Rückgänge der Rechtschreibfähigkeit und wie man hört auch in Basismathematik sind m. E. in erster Linie ein Indiz für zweifelhafte Lehrmethodik und unklare oder nicht vorhandene Zielsetzung. Im schulischen Bereich gibt es Mußziele und Sollziele, Mußziele sind solche, die jeder Absolvent auf jeden Fall erreichen muß.
Schreibfähigkeit und Basismathematik gehören zu diesen Mußzielen. In der Wirklichkeit scheint es aber eher so zu sein, daß Lehrpläne, die irgendwann von irgendwem erfunden wurden, stereotyp abgefahren werden. Eine Zielerreichungskontrolle gibt es offenbar nicht, sonst wären solche Ergebnisse nicht möglich.
Zu vermuten ist auch, daß die Leistungen in anderen Gegenständen um nichts besser sind, allerdings fallen halt Defizite bei Schreib- und Rechenfähigkeit am ehesten auf.
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Kommentar von Schauinsland, verfaßt am 27.03.2010 um 11.18 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=646#8147
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Lieber Herr stefan strasser,
als ich Ihren kleinen Einwand las, dachte ich, ja, das stimmt. Dann ließ mir das aber keine Ruhe, doch hören sie selbst:
Herr Mitgutsch meinte vor kurzem, in den späten 50er Jahren da kam Kritik auf seitens seiner neuartigen "Wimmelbücher", zu voll seien die, das wäre pädagogisch gesehen für die Kinder verwirrend und schädigend (Herr Mitgutsch gestaltete damals ja auch Schulbücher, was ein schwerer Kampf für ihn war). Erhellend fand ich seine Bemerkung über seine Nachahmer - die würden zeichnen, das wären oft Ansammlungen von vereinzelten Dingen, aber kein in sich geschlossenes Ganzes mehr, kein verwobenes Gemälde.
Das ist der Unterschied. Und seine beliebten Bücher sind ausschließlich Bilderbuchgeschichten, ohne Text.
Worauf will ich hinaus? Auf unsere Schulbücher. Das sind keine Bilderbücher, aber eine neuartige Form von "Wimmelbüchern". Da wird alles hineingelayoutet wie es nur geht. Ich habe da ein schönes Doppelblatt auf der Messe aufgeschnappt, da werden die wichtigsten zu berücksichtigenden Richtlinien des Ministeriums beschrieben. Da ich selbst als Hersteller früher mit Schulbüchern zu tun hatte, kann ich ein Lied davon singen. Es wird immer dichter, immer mehr - und zeitgleich wird das immer mehr nicht mehr berücksichtigt, man kann es zum einen einfach nicht, zum anderen fehlt den Herstellern oft das Maß an Wissen, dazu noch ausführlicher.
Ich machte mich mit meinen Darlegungen hinsichtlich schon mal lächerlich auf den Sitzungen. Zum Beispiel, daß Leitsysteme nicht ausschließlich durch Farbe gekennzeichnet werden sollten, sondern stets auch sichtlich typographisch. Ich belegte das mit der behördlichen Vorschrift zur Barrierefreiheit - Jungen sind z.B. sehr oft farbenblind (Mädchen so gut wie nie). Da lachten die Damen aber auf der Sitzung (Männer gibt es da praktisch nicht). Mehr aber nicht, sie hatten dazu nichts zu sagen.
Neben den Schulbüchern gesellt sich noch das Interaktive, es wird immer dominanter. Hier ist es genauso, nur, da es einen Mangel an Fachleuten gibt, was zur Folge hat, daß alle gleich einen Preis zur Auszeichnung mitgeliefert gekommen (so eine Art Orden, mit denen sich die Agenturen heutzutage schmücken). Auch da wieder das gleiche: Wieso läßt sich die Schrift nicht vergrößern (was machen Schüler mit schlechten Augen), wieso sind Icons des Leitsystems so verwirrend angebracht und vom Symbol her nicht eindeutig zuzuordnen, wieso muß ich mit der Maus verzwickte, motorisch heikle Akrobatik vollführen, zudem benötige ich das neueste teure Equipment und und. Da schwiegen die Damen im Raum, die Referentin zur Tagesordnung zurückkehrend, sie gebe das weiter an die Techniker, vielen Dank.
Was wird wohl geschehen nach der unwiderruflichen Erkenntnis, die Rechtschreibung wurde schlechter? Herr Ickler war auch hier vorausschauend: es wird optimiert, neue Gremien gebildet werden. Man wird demnach noch "strategischer" vorgehen, noch mehr "Kompetenzen" stärken. Sprich: Man wird die Seiten noch mehr vollkleistern. Noch mehr Pfeile, Farben, Schaukästen, Linien, auflockernde alberne Comic Fratzen und umgangssprachliche "He Du"-Floskeln - sozusagen, die Seiten sind voll, Du hast nichts mehr zu sagen oder hinzuzudenken, höchstens Kästchen abhaken und Leerstellen mit vorgegebenen Versatzstücken ausfüllen ... Pädagogik ad absurdum.
Und dem Lehrer sind die Hände mit dem Wust gebunden. Welchen Spielraum hat er noch? (Ich habe mal ein Semester ohne Bücher in einem Kurs ausprobiert - in der VHS läßt sich das schon mal machen - das ging, natürlich mit viel Vorbereitungszeit. Jetzt sag ich lieber nicht, was die Heerschar kursleitenden Damen da beim Treffen von sich gaben.)
Was wollte ich damit sagen? Wir brauchen wieder mehr eindeutige, leicht zu fassende Lehrwerke, Herr Ickler hat das mit seinem handlichen Wörterbuch bestens vorgemacht. Wer braucht denn diese überformatigen (und gewichtigen) Bücher überhaupt? Und sehen sie sich google an, warum ist das so erfolgreich - genau, weil es ohne Ballast daherkommt. Und, ein anderes Beispiel für die Rückständigkeit hierzulande: Kleine, wirklich vernetzte Netbooks für Schüler im Unterricht? Frau Merkel hat seinerzeit dem OLPC-Projekt in Deutschland ein Abfuhr erteilt, Punkt.
Abschluß. Mein Lieblingsschulbuch ist schon recht alt, so um die Wende 18./19. Jahrhundert, es gehörte einst der Familie Siebenkäs (mit Widmung vorne), Jean Paul wird es wohl in Händen gehalten haben. Was die Damen auf einem Seminar dazu sagten - ich ließ es umherwandern -, ja, das war wunderlich.
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Kommentar von Schauinsland, verfaßt am 27.03.2010 um 16.20 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=646#8148
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»Am Bahnhof warten, die Patchwork-Durchsage mit ihren skurrilen Stakkato-Verbindungen und Betonungen verfolgen, dann in den Bus einsteigen, der nur immer diese "Strassen" anzeigt, vorbei am "Backshop", wo es bald schon "heiß begehrte" Pizzen geben wird, dann Unterricht, das eine Lehrwerk in neuester Orthographie, später dann ein Buch in reinster 96er Reformschreibung in der Bibliothek abgeholt, jetzt aber hurtig zurück, vorbei an "heissen Würstchen", ne, doch lieber "Coffee" im Dauerlauf, halt - stop - mal was Gesundes, also zum Bio-Bäcker, will - "Bitte was!" -, sie versteht mich nicht, spricht nur sehr gebrochen deutsch, hab aber keine Zeit, hetze weiter, nun zum "Service Point", keiner da, Mist, hol das "Handy" raus, nach dreimal "Hauptbahnhof" sagen und dreimal die automatische Antwortschleife "Was sagten - Sie, wieder-holen Sie die - Eingabe" im netten Tonfall anhören aufgelegt, also warten, am Kiosk eine Zeitung durchblättern, einmal "aufwändig" gelesen, andere Seite "aufwendig", ah, der Zug fährt ein, "Ticket" bereithalten -«
Ein 10jähriger würde das natürlich anders erleben, hätte das anders geschrieben. Ich habe mir nur mal ein paar Gedanken gemacht, was einem da an Sprachfetzen, Orthosoßen und mißliebigen Verständnisschwierigkeiten so allerhand begegnet. Wie soll man da ein Sprachgefühl entwickeln?! Wen wundert das? Sie oder "jemand Anderen", "Alle" oder eher schlicht niemanden.
Und im Vorfeld, am Anfang sozusagen? Im Kindergarten wird ja neuerdings bei den Vorschulkindern auf Naturwissenschaftliches größten Wert gelegt, vor lauter Statistik kommt die Erzieherin kaum zu Rande (Spielen ist Nebensache geworden, alles ist "zielgerichtet"); Sprachkenntnisse oder gar schriftliche Umsetzungen kommen da zu kurz, Singen ist Glücksache, da in der Ausbildung der Erzieherinnen so etwas nicht nennenswert vorkommt. In unserer Gruppe sind mehr als die Hälfte aller Kinder keine Muttersprachler! - Übrigens gibt es fürs Essen nur geliefertes Billig-Fastfood - keine Küche, wo man den Teig gehen sieht, wo der Kuchen duftet, da wo eben Wörter wie Kuchen ein Bild ergeben, eine Geschichte, mit Duft und Geschmack, Spiele mit Duft, Buchstaben mit Duft, Wörter mit Duft -
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Kommentar von B Janas, verfaßt am 13.04.2010 um 09.00 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=646#8171
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Man sieht: Die Klagen wurden geäußert, nirgends aber wurde die Reform als ursächlich oder beteiligt genannt. Würde man darauf anspielen, die Antwort wäre sofort "Auf keinen Fall nochmal eine Reform oder Rückkehr zum Alten (!), das würde die Verwirrung komplett machen!" Es hat keinen Zweck, die Öffentlichkeit ist taub auf dem Ohr oder läßt das Thema reflexhaft sofort fallen, zieht es allenfalls ins Lächerliche.
Helfen können hätten allenfalls beharrliche, prononcierte Weigerungen und Proteste (ceterum censeo) von mehreren Koryphäen und meinungsbildenden Politikern oder ein größerer Zusammenschluß von Printmedien, aber dafür ist es zu spät jetzt.
Geholfen hätte evtl. eine Protestnote vom Zentralrat der Juden, man werde keine Reform mitmachen, deren einziges hervorstechendes Merkmal ausgerechnet SS ist. Aber auch denen ist das egal, wie man leicht feststellen kann, und ebenfalls zu spät.
Der Schaden ist da und wird bleiben, auch der Duden ist korrumpiert, und woher soll eine neue Autorität kommen? Es wird konfus autoritätsfrei, in einer Art Machtvakuum, weitergehen, und welcher Vorteil daraus erwachsen könnte, ist noch nicht zu sehen.
Zwar könnte jetzt, wo Wermke weg ist und Duden verkauft und verlustbringend, ein Umdenken einsetzen und die Marktlücke eines "Duden Classic" endlich erkannt werden. Glaub ich aber nicht.
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Kommentar von Germanist, verfaßt am 13.04.2010 um 15.49 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=646#8172
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Eine Rückkehr zur früheren Rechtschreibung wird immer wieder als Schreckgespenst an die Wand gemalt und den Schülern ein erneutes Umlernen-Müssen eingeredet. Es wäre interessant, wie weit sich inzwischen die Reform der Reform wieder an die frühere Rechtschreibung angenähert hat, sodaß es nur noch ein kleiner Schrit wäre, die reformierte Rechtschreibung, die ja wegen der Staatsräson weiter so heißen muß, inhaltlich ganz an die frühere Rechtschreibung anzupassen. In der Schweiz ist die SOK genau auf diesem Wege. Der letzte Schritt wäre tatsächlich die Rücknahme der ss-Reform.
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Kommentar von Pt, verfaßt am 13.04.2010 um 19.57 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=646#8173
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Zu #8171: Es hat genügend Proteste gegeben, und auch große Zeitungen haben sich zeitweise dem Reformwahn verweigert, schon vergessen?
Zu #8172: Vielleicht sollen die Schüler nur nicht lernen müssen, deswegen wird alles diffus und "autoritätsfrei" gehalten. Die Rücknahme der "ss-Schreibung" sollte der erste Schritt sein, dann würde sich sehr schnell alles von alleine normalisieren.
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Kommentar von Inge Müncher, verfaßt am 22.04.2010 um 15.55 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=646#8180
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Zu # 8171, #8172 und #8173. Auch ich bin der Ansicht, daß die neue s-Schreibung sofort zurückgenommen werden müßte, aber aus unverständlichen Gründen der Staatsräson besteht zur Zeit wenig Hoffnung. Es könnten nur allmählich einzelne andere Neuerungen verschwinden, die neue s-Schreibung würde aber wohl offiziell zuletzt – wenn überhaupt – vielleicht von anderen, später ernannten Kultusministern zurückgenommen werden.
Würden jedoch Lehrer, Sprachwissenschaftler, Zeitungsredaktionen, Behörden, Rechtschreibforen, Eltern, Schulen, Bibliotheksverbände, Lesergruppen u.a. sich in größeren Vereinigungen immer wieder auflehnen, könnte die Rückkehr zur klassischen Schreibweise beschleunigt werden. Alle Teilnehmer unseres Forums könnten die von unseren Sprachexperten beschlossenen Empfehlungen zur deutschen Rechtschreibung unterschreiben, veröffentlichen und vor allem an Zeitungen, Behörden, Schulen, Universitäten, Wörterbuchverlagen, auch an Kultusminister und den Rechtschreibrat weiterleiten. Wir könnten auch kostenlos Mitglieder der Schweizer S0K werden (im Internet unter SOK Beitritt), die ja schon vieles wieder als klassische Schreibweise in einer Empfehlung veröffentlicht hat, jedoch nicht die neue s-Schreibung zurückgenommen hat, aber ihre Mängel erkennt. Die Konferenz der Chefredaktoren und der Verband der Schweizer Presse raten ihren Mitgliedern, die Vorschläge der SOK umzusetzen. Dem sollten sich eigentlich auch deutsche Zeitungen anschließen.
Für die Rücknahme der altertümlichen s-Schreibung von Heyse, die aber als reformierte verordnet wurde, brauchen wir Beweise, daß sie unvollständig ist, Fehler verursacht und deshalb unzumutbar ist. Mein Beitrag hierzu unter dem Titel:
Die neue s-Regel, kritisch betrachtet
Die allgemein gebräuchliche neue s-Regel lautet:
a. Nach kurzem Vokal schreibt man ss,
b. nach langem Vokal oder Diphthong ß .
Sie reicht jedoch nicht aus und verhindert eine fehlerfreie s-Schreibung, z.B. bei Wörtern wie Küste, Kasper, Maske, Ereignis, bis, das, des, wes, aus, Preis, er blies, Straße (nicht Strasse) und bei sehr vielen anderen.
Zunächst wissen die meisten Schreibenden nicht, daß die neue s-Regel nur für das stimmlose (scharfe) s gilt.
Eigentlich gehört auch das stimmhafte s mit in eine s-Regel, und das wird hier unter c. dargestellt, da sonst Wörter wie sie löst, er blies, tausend, riesig oder das Los, der Preis, wegen des langen Vokals oder des Diphthongs nach der neuen s-Regel mit ß statt mit s geschrieben würden.
Zu a: Nach kurzem Vokal schreibt man ss .
Diese s-Regel wurde deshalb erstellt, um einen Wechsel von ss zu ß und von ß zu ss zu vermeiden. Aber das wird nur bei wenigen Wörtern erreicht: fassen, müssen, küssen, hassen, hissen, passen, pressen, vermissen, wässern, jedoch nicht bei essen (er aß), wissen (er weiß), fressen (er fraß), lassen (sie ließ), messen (das Maß), vergessen (sie vergaß); beißen (er biss), fließen (der Fluss), schließen (das Schloss), gießen (der Guss), genießen (er genoss), sprießen (es spross) reißen (sie riss), schließen (das Schloss), verdrießen (der Verdruss).
Es überwiegt also nicht die von den Reformern gewünschte Einheitlichkeit von ss, sondern der Wechsel von ss zu ß und von ß zu ss.
Durch die Umwandlung bei der neuen s-Regel von ß zu ss wie bei Messstelle, Missstand, Schlusssatz, Passstelle, Imbissstand, Kongresssaal, genusssüchtig entstehen störende Anhäufungen des s, die auch keine Grenze zwischen zusammengesetzten Wörtern aufzeigen und besonders jüngeren Schülern beim Lesen und Verstehen Schwierigkeiten bereiten.
Die Regel müßte eigentlich lauten:
Nach betontem, kurzen Vokal und stimmlosem (scharfem) s-Laut schreibt man ss, sowohl im Wort als auch am Wortende, wobei ein Stammwort mit ss oder ß (z.B. fassen, wissen, fließen) vorhanden sein muß. Sind zwei stimmlose (scharfe) s-Laute zu hören, schreibt man ebenfalls ss . (z.B. sie pressten, das Schloss, die Risse)
Außerdem sollte auf folgendes hingewiesen werden:
Folgt nach kurzem, betonten Vokal und stimmlosem s-Laut ein Konsonant (t, p oder k) und sind keine Stammwörter mit ss oder ß vorhanden, dann schreibt man ein s: Küste, Last, Muster, rostig, ist (sein), er knuspert, Wespe, Kasper, Maske, Muskel.
Auch schreibt man ein s, wenn nach kurzem, betonten Vokal sowohl vor als auch nach dem stimmlosen s-Laut ein oder zwei Konsonanten stehen: Herbst, Bürste, Fürst, nächst, Durst, Wulst, bersten.
Zudem wird nach kurzem, aber unbetontem Vokal und stimmlosem s-Laut am Wortende ein s geschrieben, so bei alles, anderes, beides, dieses, eines, einiges, etliches, jedes, jegliches, jenes, keines, manches, meines, deines, seines, ihres, unseres, eures, vieles, weiteres Neues, eines Tages.
Ausnahmen von der neuen s-Regel sind Wörter mit den Endungen as, nis, is, os oder us, auch Fremdwörter, die eigentlich nicht an deutsche Regeln gebunden sind: Ereignis, Finsternis, Geheimnis, Gedächtnis, Iltis, gratis, Atlas, Eros, Amos, Globus, Nimbus, Tourismus.
Weitere Ausnahmen: das (Artikel oder Relativpronomen), des, bis, es, plus, was, wes (ältere Form von wessen), Bus, Bistum, Mesner, bisher, deshalb, etwas, weshalb. Auch die Konjunktion daß dürfte eigentlich nicht in dass verwandelt werden, da sie zu den einsilbigen Wörtern mit betontem, kurzen Vokal und nachfolgendem Konsonanten gehört wie ab, an, in, man, mit, ob, um, bis, das, des, es, plus, was, wes, die nicht verdoppelt (Die amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung: 1.2 §4(6), in der 23. Auflage des Dudens S.1115 und in der 24. Auflage S.1164) und schon gar nicht durch zwei fremde Buchstaben ersetzt werden dürfen. Aber man hat die Konjunktion daß – für die neue s-Regel zurechtfrisiert – in die dann, denn, wenn, wann, schlimm, starr, dass (Konjunktion) bisschen u.a. Gruppe, 1.2 §2 (23. Auflage, S.1114, 24. Auflage S.1163) hineingedrängt, teilweise in kleinster Druckschrift amtlich dargestellt.
Zu b: Nach langem Vokal oder Diphthong schreibt man ß.
Diese Regel müßte eigentlich lauten:
Nach langem Vokal oder Diphthong und stimmlosem (scharfem) s-Laut ist ß zu schreiben, sowohl im Wort als auch am Wortende, wobei ein Stammwort mit ß oder ss – in einem seltenen Fall sogar mit tz – (z.B. fließen, beißen, essen, sitzen) vorhanden sein muß.
Auch sollte auf folgendes hingewiesen werden.:
Folgt nach langem Vokal oder Diphthong und stimmlosem (scharfem) s-Laut ein Konsonant (t oder p) und ist kein Stammwort mit ß (z.B. begrüßen, reißen) vorhanden, schreibt man (nicht ß) ein s, (z.B. Schuster, Meister, räuspern).
Ausnahmen von der Regel (nicht ß, sondern s) sind aus, heraus, durchaus u.a.
Der Vokal vor dem s-Laut wird in manchen Gegenden unterschiedlich lang ausgesprochen, so entstehen Fehler wie Strasse, Sosse, Fussball, ein Mass Bier, massvoll, Spass, Blösse (statt Blöße), bloss, Busse (statt Buße). Auch haben nach der neuen s-Schreibung unterrichtete Schüler oftmals und ausländische Schüler sogar fast immer Schwierigkeiten beim Erkennen von kurzen und langen Vokalen.
Zu c: Die Regel für das stimmhafte s müßte lauten:
Nach langem Vokal oder Diphthong folgt am Wortende ein s, wenn der s-Laut im Plural und in den übrigen Formen stimmhaft (wenn die Stimmbänder vibrieren) ist.
(z.B. die Gräser – das Gras, die Lose – das Los – sie losen, die Preise – der Preis – gepriesen, die Häuser – das Haus).
Auch alle Stammwörter mit langem Vokal oder Diphthong und anschließendem stimmhaftem s-Laut sind in ihren übrigen Formen mit s zu schreiben, (z. B. blasen – er bläst – sie bliesen – er blies – du bliest – geblasen).
Das s am Wortanfang ist ebenfalls stimmhaft, (z.B. Sänger, sehen, so, sieben) sowie das s bei zusammengesetzten Wörtern
(z.B. Olympiasieger, mondsüchtig, aufsuchen).
Außerdem wird bei stimmhaftem s-Laut im Wortinneren ein s geschrieben. (z.B. leise, riesig, tausend, Nase, Pause, Musik, Person, Rose, Felsen, Wiesel, Lösung).
Zu a und c gilt noch folgendes:
Stehen direkt vor dem a) stimmlosen (scharfen) s oder
b) stimmhaften s kein Vokal oder Diphthong, sondern ein oder zwei Konsonanten, schreibt man ein s, vor allem bei Wörtern mit der Endung a) gs, ls, ens, ends, mals, falls oder seits; b) ps, chs oder ns, z.B. a) rings, mittels, übrigens, nirgends, niemals, gleichfalls, abseits, b) Gips – gipsen, Gewächs – wachsen, Gerinnsel, Gewinsel.
Die neue s-Regel: Nach kurzem Vokal schreibt man ss und nach langen Vokal oder Diphthong ß wird den Schülern so vermittelt, als sei sie besonders einfach. Sie ist jedoch sehr unvollständig und deshalb unzumutbar für eine fehlerfreie s-Schreibung. Deshalb wäre es dringend notwendig, sie als unverbindlich wieder abzuschaffen und zur klassischen s-Schreibweise zurückzukehren.
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Kommentar von Pt, verfaßt am 22.04.2010 um 16.52 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=646#8181
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Sehr geehrte Frau Müncher,
vieles von dem, was sie schreiben, ist schon vor vielen Jahren hier und anderswo auf Webseiten von Reformgegnern erschöpfend dargelegt worden und dürfte sowohl den Reformern, den Kultusministern wie auch den meisten Sprachinteressierten bekannt sein, mehr oder weniger. Reformer und Kultusminister handeln gegen besseres Wissen, der Rest schwimmt entweder gerne in ss (eine Minderheit) oder muß hilflos mit ansehen, wie die Orthographie unserer Sprache ruiniert wird (die Mehrheit).
Meiner Meinung nach braucht es zum Erlernen der klassischen Rechtschreibung, insbesondere auch der ß-Schreibung, keine komplizierten Regeln, häufiges Lesen unreformierter Bücher oder Hefte genügt. Nur im Zweifelsfall sollte man irgendwo nachschlagen können. Es müssen natürlich Bücher oder Hefte sein, die man sowieso gerne lesen will, wenn man sie nur zum Erlernen von Schriftbildern lesen muß, dann geht das nicht. Wer von selbst kein Interesse am Lesen zeigt, der wird auch nicht in der Lage sein, die einfachsten Regeln anzuwenden. Ich halte es auch nicht für sinnvoll, Schreibung immer auf die Aussprache zurückführen zu wollen, insbesondere da das ß auch die Funktion hat, das Silbenende anzuzeigen.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.12.2017 um 19.05 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=646#10922
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Deutschland fällt beim Lesen zurück.
Weit übertrieben. Ich habe die Daten zwar nicht alle, aber die neue IGLU-Studie scheint mir kaum signifikant. Manchmal hat die Trägheit der Schulbehörden auch Vorteile.
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.12.2017 um 06.54 Uhr
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=646#10923
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Auch die FAZ macht viel Aufhebens von den windigen Ergebnissen; das bleibt folgenlos und muß wohl erst mal so sein.
Logopäden gewinnen berufsbedingt Einblicke in die Familien von sprachlich zurückgebliebenen Kindern. Wie es dort zugeht, kann weder Kindergarten noch Grundschule vollständig ausgleichen. Der Eingriff, der hier nötig wäre, würde Privatsphäre und Elternrechte unzulässig einschränken. Es ist schwer vorstellbar, daß in Familien, wo man kaum miteinander spricht, nun plötzlich vorgelesen wird, nur weil man den Eltern dies geraten hat.
Man kann nur hoffen, daß sich das in einer oder zwei Generationen ausgleicht. Von einer Katastrophe zu sprechen ist nicht gerade förderlich und auch nicht berechtigt. Man vergißt auch die großen Züge des Bildes, die weltweit zunehmende Verweildauer vor Bildschirmen, wirtschaftlich ausgebeutet und daher fast vollständig geschützt gegen Medienkritik.
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