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Nachrichten rund um die Rechtschreibreform

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28.03.2006
 

Heike Schmoll
„Sprache kennt keine Kompromisse“
Schriftsteller und Wissenschaftler protestieren erneut

Namhafte deutsche Schriftsteller wie Daniel Kehlmann, Christian Kracht, Judith Hermann u.a. sowie Rechtswissenschaftler und die Bayerische Akademie der Schönen Künste haben sich erneut an die Ministerpräsidenten gewandt und gegen die Rechtschreibreform protestiert.

(FAZ, 29. März 2006, S. 2)


Um kein Mißverständnis aufkommen zu lassen: Mit der „bisherigen Schreibweise“ ist in dem Bericht die herkömmliche Rechtschreibung gemeint, nicht die Reformorthografie von 2004. Der Wortlaut der Resolution der Schriftsteller zur Orthographie findet sich hier. (Red.)



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Kommentare zu »„Sprache kennt keine Kompromisse“«
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Kommentar von Jens Stock, verfaßt am 28.03.2006 um 20.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3688

Hoffentlich nimmt sich die FAZ selbst den Artikel zu Herzen, den sie da veröffentlicht ...


Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 28.03.2006 um 21.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3690

Ich weiß natürlich nicht, ob es hilft, aber dem Herrn vom FAZ-Vertrieb habe ich heute abend erklärt, warum ich mich zur Zeit noch nicht für ein bezahltes Abonnement entscheide, nach Ablauf des Probeabo.


Kommentar von jms, verfaßt am 28.03.2006 um 21.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3691

Dies ist eine äußerst erfreuliche Aktion: Die Ministerpräsidenten werden zwar nicht sofort davor einknicken, aber sie werden einsehen müssen, daß die erhoffte Ruhe an der Rechtschreibfront nicht eintreten wird. Vor allem die erneute Verfassungsbeschwerde wird ihnen noch Unannehmlichkeiten bereiten. Sehr gut, daß Autoren der jüngeren Generation an vorderster Stelle protestieren. Das wohlfeile Argument, die Reformgegner seien eine aussterbende Spezies, funktioniert nicht mehr. Was die Zeitungen angeht, kann man ihnen nur raten, sich ein Beispiel an diesen Schriftstellern und Wissenschaftlern zu nehmen. Der angekündigte neue Duden ist jetzt schon Makulatur.


Kommentar von Jürgen Langhans, verfaßt am 29.03.2006 um 10.12 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3698

Dies sollte Gewicht haben, denke ich. Denn es sind, wie schon bemerkt wurde, jüngere Autoren und zudem solche, die nicht "betteln" müssen, um in Verlag genommen zu werden; de facto müssen die Verlage sie ernstnehmen.

Ich war angenehm überrascht, als ich "Die Vermessung der Welt" (Kehlmann) in hervorragendem Deutsch lesen durfte. Immerhin vom Rowohlt Verlag ... Seltsamerweise erscheinen viele andere neue Bücher dieses Verlages in Neuschrieb. Inzwischen durfte ich in diesem Forum aber lernen, daß es leider einen Unterschied gibt zwischen dem Verlag als solchen und dem Verleger [Verlegersohn, Red.] Harry Rowohlt, der nämlich die Initiative des Deutschen Elternvereins für gutes Schreiben unterstützt.


Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 29.03.2006 um 10.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3699

Kennt man schon Einzelheiten der neuen Verfassungsbeschwerde? Vor allem, worauf sie sich stützt? Sie müßte ja wohl anders begründet sein als die gescheiterte erste (Einführungsverfahren).


Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 29.03.2006 um 11.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3700

Börsenblatt und Buchmarkt bringen den Aufruf der Schriftsteller im Wortlaut.


Kommentar von David Weiers, verfaßt am 29.03.2006 um 13.48 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3701

Also das ist ja mal ein Aufruf, da kannste "Sie" zu sagen!

Ist jetzt nur noch die Frage, ob er die Damen und Herren Reformer in ihrer (mit Verlaub) Borniertheit in Beton gießt ("Ist ja klar, daß diese Hochwohlgeborenen wieder mal nur meckern!"), oder ob er ihnen wie ein Schlag vor das holde Kaugeschirr ein Stückweit ebendiese Borniertheit nimmt ("Die sind ja alle noch gar keine achtzig... Jetzt stehen wir aber mal dumm da mit unseren Hetz- und Haßtiraden gegen die krawallmachenden Rechtschreibrentner.").

Aber las ich nicht kürzlich erst, ein Reformer hätte einmal gesagt, daß man alles abblasen solle, wenn nach zehn Jahren der Widerstand noch andauere...?
Also die zehn Jahre sind um. Und der Widerstand ist ungebrochen und widersteht immer wieder aufs neue.
Was muß das für die Kultusbürokratie ärgerlich sein... Ob Funk und Konsorten schon kochen? Hihihi...
Doch die sind sicherlich schon so abgebrüht, daß sie überhaupt gar keine Einschläge mehr merken.


Kommentar von Bernhard Eversberg, verfaßt am 29.03.2006 um 14.51 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3704

Je höher die Etage, um so größer die Realitätsferne. Man nimmt nicht mehr selber wahr, man läßt wahrnehmen und sich berichten. Und die Berichter sind auch nur Menschen, sie berichten lieber von Erfolgen als von Problemen – denn der Überbringer schlechter Nachrichten wird bestraft. Einschläge kommen deshalb nur stark gedämpft da oben an, wenn überhaupt.


Kommentar von dpa, 29.03.2006, verfaßt am 29.03.2006 um 16.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3707

»Ministerpräsidenten entscheiden über Rechtschreibreform

Berlin (dpa) - Die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer wollen an diesem Donnerstag in Berlin abschließend über eine Korrektur der umstrittenen Rechtschreibreform von 1996 entscheiden. Nach dem einstimmigen Votum der Kultusminister von Anfang März wird nun auch die Zustimmung der Länder-Regierungschefs erwartet. Mit Beginn des neuen Schuljahres zum 1. August sollen dann wieder im Unterricht bundesweit einheitliche Schreibregeln gelten. Auch die deutschsprachigen Nachbarländern wollen folgen - wobei sich die Schweiz mit der Umsetzung der Korrekturen noch ein wenig Zeit lassen will.

Unterdessen kündigte am Mittwoch eine Gruppe namhafter Schriftsteller an, ihre Bücher «weiter in der Schreibweise drucken (zu) lassen, die wir für richtig halten». Der Staat gehöre «nicht zu den Instanzen, denen Literatur sich unterwirft. Sie wird sich um dessen Vorgaben umso weniger scheren, als diese die Intelligenz des Lesers beleidigen und die Tradition obsolet machen», heißt es in dem Aufruf, der unter anderem von den Schriftstellern Iris Hanika, Ulrike Draesner, Daniel Kehlmann, Christian Kracht, und Feridun Zaimoglu unterschrieben worden ist.

Mit der Entscheidung über die Reformänderung folgen die Länder-Regierungschefs den Empfehlungen des Rates für deutsche Rechtschreibung, der die Korrekturen der besonders strittigen Teile der Getrennt- und Zusammenschreibung, der Groß- und Kleinschreibung, der Zeichensetzung und Silbentrennung in einjähriger Arbeit vorbereitet hat. Mit den Änderungen soll ein Schlussstrich unter die seit mehr als zehn Jahren erbittert geführten Auseinandersetzungen um die Rechtschreibreform gezogen werden.

Nach den Änderungen soll künftig wieder mehr usammengeschrieben werden - vor allem dann, wenn ein einheitlicher Wortakzent vorliegt wie «abwärtsfahren», «aufeinanderstapeln» oder «querlesen». Bei feststehenden Begriffen wie «der Blaue Brief», «der Runde Tisch», «das Schwarze Brett» soll wieder «dem allgemeinen Schreibgebrauch» gefolgt und groß geschrieben werden. Die verabschiedete Rechtschreibreform sah hierbei nur noch wenige Ausnahmen vor («Heiliger Vater»). Verbindlichere Komma-Regeln sollen wieder für ein besseres Leseverständnis sorgen. Die Anrede «Du» in Briefen kann auch wieder groß geschrieben werden.

Bei dem Treffen der Ministerpräsidenten steht zudem die mögliche Fusion der Bundeskulturstiftung mit der Kulturstiftung der Länder erneut auf der Tagesordnung. Der letzte Versuch war im Dezember 2003 gescheitert. Die damalige Kulturstaatsministerin des Bundes, Christina Weiss (parteilos) hatte vor allem Bayern mit dessen Forderung nach einem weitgehenden Vetorecht der Länder im künftigen Stiftungsrat massive Störmanöver vorgeworfen.

Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition ist die Fusion erneut als kulturpolitisches Ziel der Bundesregierung festgeschrieben und Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) hatte sie sogar in sein 100-Tage-Programm aufgenommen. Inzwischen gab es aber erneut Berichte über mögliche Probleme im Detail der künftigen Stiftungsstruktur, so dass der Deutsche Kulturrat die Fusion nicht mehr befürwortete und eine Beibehaltung beider Stiftungen forderte, die finanziell jedoch höchst unterschiedlich ausgestattet sind - die Bundeskulturstiftung mit 38 Millionen und die Länderstiftung mit 8 Millionen Euro.

Öffentlichen Zwist gab es zuletzt auch wegen des Hauptsitzes einer künftigen vereinten Kulturstiftung. Von Länderseite wird eine Verlegung der Bundeskulturstiftung von Halle nach Berlin befürchtet, was von zahlreichen Politikern jedoch abgelehnt wird.«



(Online zu finden bei Schwabmünchner Allgemeine, Mitteldeutsche Zeitung, Lausitzer Rundschau, Saarland Online, Mainpost)


Kommentar von afp, 29.03.2006, verfaßt am 29.03.2006 um 17.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3709

»Autoren wollen an alter Rechtschreibung festhalten
Ministerpräsidenten entscheiden über Änderungen der Reform


Kurz vor der Entscheidung der Ministerpräsidenten der Länder über Änderungen an der umstrittenen Rechtschreibreform haben mehrere junge deutschsprachige Schriftsteller angekündigt, an der alten Schreibung festhalten zu wollen. Mehrere Autoren wie Daniel Kehlmann, Feridun Zaimoglu oder Judith Hermann bekräftigten, ihre Bücher weiter in der alten Schreibweise drucken zu lassen. Der Staat habe selbst ohne Not eine Situation hergestellt, in der er sich von der überlegenen Orthographie der gewachsenen und vitalen Schriftkultur provoziert fühlen müsse.

Die Literatur werde dem Staat aus dieser Lage nicht heraushelfen, erklärten die Schriftsteller laut einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Sie werde sich um staatliche Vorgaben um so weniger scheren, als diese die Intelligenz des Lesers beleidigten und die Tradition obsolet machten. "Die Sprache kennt keine Kompromisse, jedenfalls nicht solche, wie sie in nichtöffentlichen Sitzungen seit über zwanzig Jahren zwischen ein paar Dutzend Didaktikern, Linguisten und Ministerialbeamten sowie Verbands- und Wirtschaftsvertretern ausgehandelt werden", heißt es in der Erklärung.

Die Ministerpräsidenten der Länder wollen am Donnerstag endgültig darüber entscheiden, ob die seit Jahren umstrittene Rechtschreibreform in strittigen Bereichen geändert werden soll. Die Kultusministerkonferenz (KMK) hatte Anfang März den Änderungsvorschlägen des Rats für deutsche Rechtschreibung zugestimmt.«



(Online zu finden bei Rheinpfalz, Mittelbayerische, Hannoversche Allgemeine)


Kommentar von kratzbaum, verfaßt am 29.03.2006 um 17.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3710

Ist das nun Absicht?

In Meldungen der jüngsten Zeit wird immer wieder behauptet, der Rat habe sich auch korrigierend mit der Groß- und Kleinschreibung befaßt. Dabei wurde doch gerade dieser Komplex von höchster Stelle als "unstrittig" bezeichnet und damit der Ratsarbeit entzogen. Der Rat durfte sich dann aber doch mit der Materie befassen, soweit sie mit der Zusammen- und Getrenntscheibung zusammenhängt. Soll nun der Eindruck vermittelt werden, die Groß- und Kleinschreibung sei bereits abschließend bearbeitet, eine weitere Befassung des Rates also hinfällig? Nach den bisherigen Erfahrungen mit Täuschungsversuchen der KMK durchaus denkbar.


Kommentar von faz.net, verfaßt am 29.03.2006 um 19.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3712

Lesermeinungen zum Beitrag

Rechtschreibung
Ursula Lehmer (Briska)
29.03.2006, 17:29
Ich bin sehr dankbar, daß gerade die jüngeren Schriftsteller bei der bewährten Rechtschreibung bleiben wollen. In der letzten Zeit habe ich sowieso nur noch Druckerzeugnisse gekauft, die auch diese Rechtschreibung beibehalten haben. GEO habe ich gekündigt, obwohl ich Abonnentin seit der ersten Ausgabe war.

Den Leserbrief von Herrn Kleiner kann ich nicht ganz nachvollziehen. Wenn ich mich in einer Buchhandlung aufhalte, sehe ich nur sehr wenige Erzeugnisse aus der Feder von Ingenieuren. Ich möchte ja nicht polemisch werden, und jedem Menschen können Schreibfehler unterlaufen, aber dieser Brief ist eine Zumutung. Man kann doch wenigstens durchlesen, was man verzapft hat, bevor man es auf die Leser losläßt. Aber leider zeigen die Beitragskommentare allgemein keine große Sorgfalt in dieser Hinsicht.

Schluß mit dieser Farce
Volker Best (vbest)
29.03.2006, 17:08
"Die Sprache ist die einzige Chimäre, deren Trugkraft ohne Ende ist, die Unerschöpflichkeit, an der das Leben nicht verarmt" (Karl Kraus). Ein Tor, wer glaubt, sie beherrschen zu können. Das Verhalten der Obrigkeit und ihrer Vasallen schreit nach kollektivem Ungehorsam. Mögen sie beschließen, was sie wollen, ich schreibe wie bisher. In Zweifelsfällen ziehe ich meinen Duden in der 20. Auflage zu Rate mit dem Ergebnis, das zu schreiben, was ich meine. Diese Farce nährt lediglich meine Zweifel an der Reformfähigkeit diese Staates und bestätigt meinen Staatsverdruß. Deutschland hat besseres verdient.

Was uns das sagen könnte
Uwe Gartze (Liberius)
29.03.2006, 15:13
Warum entscheidet eine Regierung und noch dazu die des 'Volkes der Dichter und Denker' die seit Generationen vertraute Spracheregelung grundlegend zu reformieren? War es ein Wunsch des Volkes? War es dem zwanghaften Aktionismus profilsüchtiger Gestaltungsneurose geschuldet? Oder wurden hier entsprechend einflußreiche Interessensgruppen bedient? Wer profitierte davon, zu welchem Nutzen sollte eine sogenannte Vereinfachung der deutschen Sprache denn wem dienen? Sollten wir vielleicht zukünftig auch die Mathematik vereinfachen, da gibt es auch viele, die damit Schwierigkeiten haben.
Tatsache ist, daß das Ganze den Steuerzahler einiges unnütz an Geld gekostet hat, bisher jede Menge Unordnung hinterließ und jetzt den Staat scheinbar auch noch dazu verführt, autoritär und eigensinnig dem Bürger seine freiheitlich-demokratisch verfasste Macht zu demonstrieren. Da soll sich einer wundern, wenn nur noch jeder zweite zum Wählen geht. Hätte es einen Bürgerentscheid zur Änderung der deutschen Rechtsschreibung gegeben, das Bild wäre in jeder Hinsicht wohl ein anderes gewesen. Doch so etwas weiß unser derzeitiges parlamentarisches System bisher noch erfolgreich zu verhindern. 'Warum, wie lange noch und zu welchem Nutzen?' Wenn wir anfangen, solche Fragen öffentlich zu diskutieren, könnte es vielleicht gelingen, unser Land aus seiner derzeitigen Depression zu führen.

Und Demagogie kennt keine Grenzen.Seit wann kann Sprache denken?
Daniel Kleiner (Kleinermann1)
29.03.2006, 11:54
Es ist eine ziemliche Anmassung,wenn Schriftsteller glauben,die Sprache ist ihr Eigentum.Wieviele Buecher schreibt im seinem Leben ein Schriftsteller?
Dabei wird ihr Werk mehrmals korrigiert,elkoriert,usw.
Ein Ingenieur z.B.schreibt im Leben viel mehr als ein Schriftsteller und ihm stehen keine Lektoren und andere Helfer zur Seite,die seine Fehler korrigieren.
Es sind sicher auchnunter den Ingenieuren viele,die unetrschidlicher Meinung ueber die Rechtschreibreform sind.Ingebieure,Wissenschaftler sind auch nur Menshen und in diesem Fall auch deuschte Menschen.Also die Meinungen koennen nicht eineheitlich sein.
Hier gehjt es darum dass nunmehr die Schriftsteller fuer sich eine Unfehlbarkeit reklamieren.
Und das stinkt mir und zwar gewaltig.
Ist das vertaendlich meine Herren Literaten?
Die deutschen Ingenieure und deutschen Wissenschaftler sind immerhin immer,zu allen Zeiten, bei allen Umstaenden in der Weltspitze zumindest mitdabei.
Das kann man von den Schriftstellern nicht genauso behaupten.Bedauerlicherweise.
Schreibtmal wieder etwas Schoenes! Vernuentiges muss es nicht sein.Es herrscht ja Meinungsfreiheit,nicht wahr?

besser Maß helten
Friedemann Claar (claarsen)
29.03.2006, 10:41
Nach dem die FAZ als erste sich aktiv von dem Unding Rechtschreibreform gelöst hatte ist es erfreulich, daß immer mehr Literaten und Printmedien sich der Doktrin widersetzen. Die neuerlichen Vorschläge üner getrennt- zusammenschreiben gehen nicht weit genug.

Unsere Sprache ist eine lebendige Sprache, die sich entwickelt. Man kann ihr nicht mit "Erziehungsmaßnahmen" auf die Sprünge helfen. Sie will alleine wachsen. Und das tut sei seit Jahrhunderten und wird sich auch weiterhin allein entwickeln. Laßt ihr also freien lauf und kehrt zurück auf den Stand vor jeder Reform - ausgenommen die von 1902, die erstmalig eine einheitliche Schriftsprache organisierte. Das war damals ein nötiger Schritt. Die jetzigen Reformen - mal hin, mal her - haben zu einem Chaos geführt. Keiner weiß mehr so recht, wie er schreiben soll - und so schreibt er wie er will, bestenfalls wie er es gelernt hat. Ich auch ...



Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 29.03.2006 um 20.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3713

In der Magdeburger Volksstimme erschien heute ein Artikel mit der Überschrift: „Warum waren so wenige wählen? Das sagen Volksstimme-Leser dazu“. Hier ein kleiner Ausschnitt daraus:
»Doris Kreickmeier (58) aus Magdeburg bekannte : "Ich gehöre zu den Nichtwählern. Wir werden nicht gefragt. Egal, ob Euro-Einführung, neue Rechtschreibung oder Gesundheitsreform - es wird über unsere Köpfe hinweg entschieden. [...]"


Kommentar von R. M., verfaßt am 29.03.2006 um 20.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3714

Heute abend war Ines Geipel in der 3sat-Kulturzeit zu sehen, morgen wird Iris Hanika im Deutschlandradio interviewt.


Kommentar von borella, verfaßt am 29.03.2006 um 21.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3715

Wenn jemand "zurück geht", dann kehrt er zum Ausgangspunkt zurück, eventuell geht er sogar rückwärts.
Was ist aber wohl unter einer "zurück gegangenen" Wahlbeteiligung zu verstehen, wie es die Magdeburger Volksstimme in dem Artikel formuliert;-)


Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 29.03.2006 um 22.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3716

Zu #3712: "...kehrt zurück auf den Stand vor jeder Reform - ausgenommen die von 1902, die erstmalig eine einheitliche Schriftsprache organisierte. Das war damals ein nötiger Schritt." (Friedemann Claar)
Damals waren auch noch Könner zur Verschriftung des Deutschen am Werk. Davon gibt es doch heute nur noch ganz wenige, und die hatten bei dem ganzen Schlamassel ihre Hand nicht im Spiel. Alles Gerede von Einladung an alle bei der Abfassung der Reformideen ist große Lüge, und daß der Zug eben dann ohne den Beitrag von wirklichen Fachleuten abgefahren sei, beweist doch noch lange nicht, daß er verantwortlich geführt auf soliden Gleisen in richtige Richtung fahre. Solche Gedanken fallen aber offenbar einigen beamteten Ideenträgern und Vorschriftenerlassern zu schwer.
"Mögen sie beschließen, was sie wollen, ich schreibe wie bisher." (Volker Best)
Das kann Ihnen auch nicht mal eine unverantwortliche und rücksichtlose Regierung verwehren. (Na, jedenfalls z. Z. ist das doch wohl noch richtig.) Aber es geht hier nicht um Privates, es geht darum, was in den Schulen von Lehrern unterrichtet werden muß. Der zwanghafte Aktionismus profilsüchtiger und deshalb groß Aufgaben suchender Kultusministerinnen und Kultusminister und deren Berater kam "hier entsprechend einflußreiche[n] Interessensgruppen" nämlich sehr schön dienernd entgegen. "Wer profitierte davon, zu welchem Nutzen sollte eine sogenannte Vereinfachung der deutschen Sprache denn wem dienen?" (Uwe Gartze) sind hier die richtigen Fragen, und der verantwortungsbewußte Staatsbürger stellt sie immer wieder und verlangt darauf echte Antwort, und er läßt sich eben nicht abspeisen mit politischem Blahblah à la Ahnen, die nur öffentlich um "die armen Kinder" flennen kann, Erdsiek-Rave, für die die "korrigierte Reform der deutschen Rechtschreibung [...] unter Dach und Fach" und die deshalb "erleichtert und fröhlich" ist, und Wanka, die wie schon vorher andere Kultusministerinnen in öffentlichen Interviews deutlich zeigt, daß sie nicht weiß, wovon sie redet, vom politisch windigen, aber in deutschen Rechtschreibsachen eben auch recht unerfahrenen Zehetmair ganz zu schweigen.



Kommentar von Junge Welt, 30. 3. 2006, verfaßt am 29.03.2006 um 22.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3717

Die Berliner Tageszeitung bringt den vollen Wortlaut der Erklärung.


Kommentar von Jürgen Langhans, verfaßt am 30.03.2006 um 10.17 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3718

Die T-Online-Startseite meldet heute früh:

"... Mehrere junge deutschsprachige Literaten stören allerdings den neuen Rechtschreibfrieden. Sie kündigten an, an der alten Schreibung festhalten zu wollen. Daniel Kehlmann, Christian Kracht, Feridun Zaimoglu und Judith Hermann wollen ihre Bücher weiter in der alten Schreibweise drucken lassen. Der Staat gehöre nicht zu den Instanzen, denen sich die Literatur unterwerfe. Sie werde sich 'um dessen Vorgaben umso weniger scheren, als diese die Intelligenz des Lesers beleidigen und die Tradition obsolet machen'."


Kommentar von VRS, verfaßt am 30.03.2006 um 11.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3719

Ministerpräsidentenentscheidung zugunsten des "Kompromisses" löst Probleme nicht – Rechtschreibfriede erst nach Beseitigung der Mängel möglich

30.03.2006 - 10:02 Uhr, VRS e.V.

Weinstadt (ots) - Voraussichtlich werden die Ministerpräsidenten auf ihrer heutigen Konferenz die Reform der Rechtschreibreform einfach durchwinken. Der Verein für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege (VRS) weist darauf hin, daß mit diesem angeblichen Kompromiß kein Rechtschreibfriede erreicht werden kann. Hans Zehetmair, Leiter des Rates für deutsche Rechtschreibung, hat diesen Kompromiß als politisch einzig mögliche Lösung verteidigt. Dies mag für die Verhältnisse im Rat zutreffen. Grammatikverstöße, Sinnentstellungen, willkürliche Unsystematik und erhöhte Fehlerzahlen an den Schulen erfordern eine andere Lösung: Rückkehr zu den bewährten Schreibweisen.

Wenn die Politik darauf besteht, etwas für richtig zu erklären, was nach der Grammatik falsch ist, beweist dies, daß es falsch war, die Politik mit dieser Aufgabe zu betrauen.

In der deutschen Sprachgemeinschaft lehnt eine überwältigende Mehrheit die Rechtschreibreform ab. Der Kompromiß im Rat, in dem Reformbefürworter die Mehrheit haben, ist demokratisch bedeutungslos.

Die Unterschriftensammlung des Deutschen Elternvereins e. V., der Aufruf der 22 Bürgerinitiativen und der gestrige Appell von Schriftstellern, Rechtswissenschaftlern sowie der Bayerischen Akademie der Schönen Künste an die Ministerpräsidenten bestätigen dies.

Ein weiterer Aspekt sind die auch nach der Reform der Reform verbliebenen inneren Widersprüche, diese erfordern umfassende Korrekturen, schon deshalb kann die heutige Fassung nicht als Abschluß des Reformwerkes angesehen werden.

Die Ministerpräsidenten haben es in der Hand, ob der Reformneubau weiterhin ein Sanierungsfall bleibt, oder ob mit der Rückkehr ins vertraute und vor allem funktionsfähige Heim der bewährten Schreibweisen Probleme und Widersprüche auf einen Schlag beseitigt werden.

Was hindert die Ministerpräsidenten, das Volk zu vertreten, anstatt der Minderheit von unter 10% der Reformbefürworter willfährig zu sein?

Der VRS wendet sich entschieden gegen Manipulationen an der Sprache aus ideologischen Gründen oder wirtschaftlichen Interessen. Es ist einer Sprachkultur unwürdig, ständig künstlich Neuerungen einzuführen, nur um diese vermarkten zu können.

Wer sich mit dem Gedanken an die Rückkehr zur klassischen Rechtschreibung nicht anfreunden mag und weiterhin meint, wir benötigten eine Aufsicht über die Entwicklung unserer Sprache, könnte doch mit uns zumindest darin übereinstimmen, daß diese Aufgabe in unabhängige Hände gelegt werden sollte, damit alle theoretischen und praktischen Aspekte Gehör und Berücksichtigung finden, sowie Entscheidungen ohne vorherrschenden Einfluß von Ideologie und Kommerz möglich werden.

Pressemitteilung des Vereins für deutsche Rechtschreibung und Sprachpflege e. V. (VRS)

Pressekontakt:
Elke Philburn, Pressesprecherin des VRS
www.vrs-ev.de/vorstand.php#philburn
pressesprecher@vrs-ev.de


Kommentar von R. M., verfaßt am 30.03.2006 um 12.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3720

Eine eigene Meldung über die Schriftstellerresolution hat die Hannoversche Allgemeine gebracht; die zusammenfassende dpa-Meldung wurde u. a. in der Welt, der Thüringer Allgemeinen und der Mainzer Allgemeinen Zeitung gedruckt.


Kommentar von DEV, verfaßt am 30.03.2006 um 16.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3730

Deutscher Elternverein e.V.
Der Vorsitzende des Bundesvorstands
Dr. Ulrich G. Kliegis

Heikendorf, der 27. März 2006

An die Ministerpräsidenten der Bundesländer
Der Weg zum Rechtschreibfrieden

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
sehr geehrter Herr N.N.,

der Presse entnehmen wir, daß die Rechtschreibreform am 30. März 2006 abermals auf der Tagesordnung der Ministerpräsidentenkonferenz steht. Die Empfehlungen des Rates für deutsche Rechtschreibung stellen bei näherer Betrachtung leider überhaupt nicht den Schlüssel zum von allen Beteiligten gewünschten „Rechtschreibfrieden“ dar. Selbst die Kommentare der Kultusminister (Sie kennen die Zitate) vermittelten nach deren letzter Konferenz ein Bild zerknirschten Überdrusses, weit entfernt von der früheren Überzeugung, richtig zu handeln. Das Gedicht vom Zauberlehrling liegt gedanklich nicht fern.

Zu viele verbliebene schlimme Ungereimtheiten, neu hinzugekommene Vieldeutigkeiten - das Resultat der Ratsarbeit ähnelt eher einem Rumprobieren auf der Suche nach dem geringsten Widerstand als einer auf Gebrauchstauglichkeit hin entwickelten Lösung. In unseren Augen ist es nunmehr müßig, unseren Kindern, den Lehrern und letztlich auch Ihnen in Ihrem Amt in immer kürzeren Abständen noch weitere - ganz sicher zu erwartende - Änderungsvorschläge zuzumuten.

Wir prophezeien hingegen, daß ein Rechtschreibfrieden, wie ihn auch die Präsidentin der Kultusministerkonferenz wünscht, an den Schulen und in der Gesellschaft unverzüglich eintreten wird, wenn die unglücklichen Erlasse, die die klassische Rechtschreibung an den Schulen als falsch diffamieren und diskriminieren, umgehend ersatzlos gestrichen werden. Es ist absurd, unpädagogisch und kinderfeindlich*, daß die - von verschwindend wenigen gewollten - Reformschreibweisen durchgeboxt werden sollen, indem unseren Kindern das Erlernen der weitestverbreiteten Orthographie per Rotstift und Klausuren- und Zeugnisnotendruck verboten wird.

Vor wenigen Tagen haben wir eine bundesweite Unterschriftensammlung zur Untermauerung unserer Forderung nach der Wieder-Öffnung der Schulen für die klassische Rechtschreibung begonnen. Sie steht unter dem Motto

„Klassisch schreiben heißt richtig schreiben.
Das muß auch an unseren Schulen so bleiben.

Die Klassische Rechtschreibung darf nicht falsch genannt werden!
Ihr Gebrauch darf an den Schulen nicht als Fehler gewertet werden!**“

Schon jetzt übertrifft der Rücklauf alle Erwartungen. Einzelheiten finden Sie unter http://www.DeutscherElternverein.de .

Der deutsche Literaturnobelpreisträger Günter Grass ist Erstunterzeichner unseres Aufrufs, mittlerweile haben u.a. auch Walter Kempowski, Harry Rowohlt und viele andere unterschrieben. Wir fühlen uns durch die Unterstützung dieser Berufenen, deren literarischer Erfolg auf dem Fundament der klassischen Schreibweisen steht und ohne diese nicht vorstellbar wäre, in der Richtigkeit unserer Denkrichtung bestätigt.

Der Druck der Diffamierung und Diskriminierung der klassischen Rechtschreibung muß aus den Schulen und damit aus der Gesellschaft verschwinden, dann wird sich die weitere Entwicklung der Schriftsprache voraussichtlich wesentlich entspannter und konstruktiver als bisher gestalten lassen. Wir wollen dazu gerne unseren Teil beitragen. Erste Vorschläge dazu finden Sie in unserer Stellungnahme zu den Empfehlungen des Rates für deutsche Rechtschreibung, die wir Ihnen schon mit unserem Schreiben vom 28. Februar 2006 zukommen ließen.

Daher bitten wir Sie, bei Ihrer bevorstehenden Konferenz zu beschließen:

· Alle Erlasse der Kultusministerien, aufgrund derer die Schreibweisen aus der Zeit vor der Einführung der Rechtschreibreform in den Schulen als falsch oder überholt gekennzeichnet oder als Fehler gewertet werden, werden umgehend von allen deutschen Kultusministerien ersatzlos und unbefristet gestrichen und zurückgezogen.

Mit der Einsetzung des Rates für deutsche Rechtschreibung haben Sie 2004 schon einmal gezeigt, daß Sie um die Entwicklung unserer Sprache besorgt sind und angemessen zu handeln wissen. Es liegt jetzt bei Ihnen, mit einer einzigen Entscheidung den Rechtschreibfrieden an den Schulen und in der Gesellschaft wiederherzustellen. Wir sind sicher, daß Ihnen der Respekt und der Beifall der ganz überwiegenden Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger gewiß sein wird. Der Zeitpunkt könnte nicht günstiger sein.

Mit freundlichen Grüßen

Deutscher Elternverein e.V.


*) Absurd: An den Schulen wird die Existenz und der alltägliche außerschulische Gebrauch der klassischen Rechtschreibung nicht nur geleugnet - ihre Anwendung in der Schule wird auch noch als Fehlleistung bestraft. Angesichts der Zulässigkeit unzähliger anderer neuer, unerprobter Regeln und der tatsächlichen gesellschaftlichen Akzeptanz der klassischen Rechtschreibung ist das absurd.

Unpädagogisch: Nicht nur die Bücherschränke der Eltern, die Neuerscheinungs-Regale in den Buchläden, sondern auch die Lehrbuchbibliotheken der Schulen stehen voll von Werken, die in klassischer Rechtschreibung verfaßt und gedruckt wurden und werden. In den Augen der Schüler ist ein Lehrbuch Referenz für das objektiv Wahre, für das, was sie aus der Schule mit ins Leben nehmen sollen. Gleichzeitig wird ihnen jetzt beigebracht, daß das, was sie da lesen, falsch ist. Was soll ein Lehrer den Kindern nun nahebringen - daß der Lehrstoff oder der Roman eines Nobelpreisträgers falsch ist? Das ist unpädagogisch.

Kinderfeindlich: Der unerklärliche Konflikt zwischen richtig und falsch, der sich dem Kind aus diesem Widerspruch (s.o.) darstellt, den es zwar nicht auflösen kann, der ihm aber immer wieder unvermeidbar begegnet, führt zu Unsicherheit, Angst und somit zu seelischem Druck und einer Beeichträchtigung seiner Lernfähigkeit. Das ist kinderfeindlich.

**) Die zur Zeit gültigen Erlasse der meisten Kultusministerien schreiben vor, daß Schreibweisen, die nach klassischer Rechtschreibung richtig sind, aber von den reformierten Regeln abweichen, als Fehler gewertet werden.


Kommentar von Süddeutsche Zeitung vom 31.3.2006, Seite 14, verfaßt am 31.03.2006 um 01.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3753

Wir schreiben richtig
Die Resolution der Schriftsteller zur Orthographie

Neuerdings ist von einem "Rechtschreibfrieden" die Rede und von einem "Kompromiß", der ihn ermöglicht haben soll. Wir fragen gar nicht, wer denn den dazugehörigen Krieg vom Zaun gebrochen hat. Aber wer will da mit wem worüber einen Kompromiß geschlossen haben? Die Sprache kennt keine Kompromisse, jedenfalls nicht solche, wie sie in nichtöffentlichen Sitzungen seit über zwanzig Jahren zwischen ein paar Dutzend Didaktikern, Linguisten und Ministerialbeamten sowie Verbands- und Wirtschaftsvertretern ausgehandelt werden.

"Es geht nicht darum, ob irgendein Schriftsteller eine kreative Sprachschöpfung findet, das soll er, sondern es geht darum, dass er nicht provokativ wirkend vom 'dass' beginnend bis zum 'Leid tun' das bewusst anders schreibt, als es gängig ist. Darum haben wir ja auch versucht, diese Korrekturen vorzunehmen." So äußerte sich unlängst Hans Zehetmair über die von ihm betriebene Reform der Rechtschreibreform.

Wir werden diese - allemal diffusen - Erwartungen enttäuschen. Der Staat gehört nicht zu den Instanzen, denen Literatur sich unterwirft. Sie wird sich um dessen Vorgaben um so weniger scheren, als diese die Intelligenz des Lesers beleidigen und die Tradition obsolet machen. Rechenschaft sind wir nur unseren Lesern schuldig, denen wir es leicht oder schwer machen können, der Tradition, in die wir uns einbetten oder von der wir uns absetzen, und letztlich dem eigenen Anspruch gegenüber, vor dem das Wort Bestand hat oder nicht.

Der Staat hat selbst ohne Not eine Situation hergestellt, in der er sich von der überlegenen Orthographie der gewachsenen und vitalen Schriftkultur provoziert fühlen muß. Die Literatur wird ihm aus dieser Lage nicht heraushelfen. Wir jedenfalls werden unsere Bücher weiter in der Schreibweise drucken lassen, die wir für richtig halten.

Klaus Böldl, Ralf Bönt, Ulrike Draesner, Julia Franck, Ines Geipel, Iris Hanika, Judith Hermann, Daniel Kehlmann, Christian Kracht, Helmut Krausser, Björn Kuhligk, Eckhart Nickel, Norbert Niemann, Antje Rávic Strubel, Lutz Seiler, Jens Sparschuh, Tim Staffel, Tina Uebel, Feridun Zaimoglu


Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.04.2006 um 12.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3770

"Jungautorenclique beharrt auf alter Rechtschreibung" - so titelt der "Standard" [online] voller Geringschätzung. Dabei bilden die Unterzeichner doch nicht einmal eine Gruppe, geschweige denn eine Clique. Wer so schreibt, verachtet offenbar auch seine Leser.


Kommentar von Germanist, verfaßt am 01.04.2006 um 14.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3771

In anderen Staaten wurde vorexerziert, wie "Intellektuelle" sich zu Bündnissen gegen die Bevormundung durch den Staat zusammenschließen und dadurch Aufsehen und Wirkung erreichen: z.B. Charta 77 u.a.


Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 01.04.2006 um 17.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3773

Der Staat gehört nicht zu den Instanzen, denen Literatur sich unterwirft.

Daß so etwas in Deutschland gesagt werden mußte, ist alarmierend. Daß es schier ungehört verhallt ist, macht mich sprachlos. Haben wir denn im vergangenen Jahrhundert gar nichts gelernt?


Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 01.04.2006 um 19.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3774

Zu #3770: *Standard*? Das ist derselbe *Standard*, der hier an anderer Stelle "allen Ernstes [als] eine Wiener Qualitätszeitung" eingeführt wurde (siehe hier), oder? Gibt es einen *Link* zu diesem Artikel ("Jungautorenclique beharrt auf alter Rechtschreibung")?

Zu #3773 "Haben wir denn im vergangenen Jahrhundert gar nichts gelernt?": Das ist die Frage, die an den Kern der Sache geht. Es geht nicht um Majonäse, die sich französisch geschrieben sowieso besser verkauft.


Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 01.04.2006 um 20.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3775

news.google.de liefert bei der Suche nach „Jungautorenclique“ dies:
http://derstandard.at/?url=/?id=2397277


Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 01.04.2006 um 21.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3776

Vielen Dank, Herr Wagner.
Zum Artikel selbst: "Clique" im Titel ist natürlich nicht sehr schön; aber als Augenfänger doch einigermaßen verständlich, zumal der Rest dann doch kühl berichtet. Vielleicht sogar mit einiger Ironie, wie mir scheint: "Die im Vorjahr vollständig in Kraft getretene Rechtschreibreform wird endgültig geändert". Im indirekten Zitat steht da "Orthographie"; allerdings gilt da einmal "Ähnliches", wo ich schon "ähnliches" schreiben würde, einfach, weil ich das Wort pronominal auffasse. Mich stört auch die kommentarlose Übernahme von "Die Sprache kennt keine Kompromisse, jedenfalls nicht solche, wie sie in nichtöffentlichen Sitzungen seit über zwanzig Jahren zwischen ein paar Dutzend Didaktikern, Linguisten und Ministerialbeamten sowie Verbands- und Wirtschaftsvertretern ausgehandelt werden". Eine Qualitätszeitung weiß, diese Leute sind eben keine Didaktiker und Linguisten, die diese Bezeichnungen verdienen! Wirkliche Didaktiker und Linguisten, also Leute, die ihr Fach verstehen, kommen zu anderen Schlüssen als diese Kommissions- und Ratsmitglieder, die uns da diese "Reform" fachlich so inkompetent und politisch vielleicht naiv — aber durchaus wirtschaftlichen Interessen und eigener Erhöhung des Selbstgefühls dienend — eingebrockt haben.



Kommentar von R. M., verfaßt am 02.04.2006 um 00.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3777

Der Standard (sein Titel ist übrigens ein Mißverständnis, die Zeitung müßte vielmehr Die Standarte heißen) hat gar nicht berichtet, nur die APA, was dann die Online-Redaktion noch mit einem ihrer Ansicht nach fetzigen Titel versehen hat.


Kommentar von Berliner Zeitung, 1. 4. 2006, verfaßt am 02.04.2006 um 01.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3778

ORTHOGRAFIE
Der Sprachkrieg

Christian Esch

Zum 1. August sollen sich in Deutschland wieder mal die Rechtschreibregeln ändern. So wie wir die Uhren jeden Frühling und Herbst umstellen, so halten wir es in Zukunft auch mit den Wörtern. Der Ausdruck "schwer fallen" zum Beispiel wird aber sofort wieder zu "schwerfallen". In der Notengebung der Schulen sollen die Neuerungen während einer Übergangszeit von einem Jahr nicht berücksichtigt werden -- eine weise Regelung, denn wer weiß, welche Rechtschreibung 2007 gilt?

Über allen Änderungen aber schwebt noch die Fiktion des so genannten "Rechtschreibfriedens", der anzustreben sei. Ein seltsames Wort, kritisieren in der Süddeutschen Zeitung einige störrische Autoren und Reformgegner. Wer denn da mit wem Frieden, also einen Kompromiss geschlossen haben wolle? "Sprache kennt keine Kompromisse", sagen sie; außerdem: wer habe denn bitte schön den Krieg begonnen?

Kriegerische Töne sind das. Der Rechtschreibfriede ist, wie jede Friedenszeit, erst im Rückblick als solcher zu erkennen. Er herrschte, bis der Staat seine Macht zeigen wollte, die Rechtschreibung zu regeln. Was aber ist das Gegenteil des Rechtschreibfriedens? Es ist der Sprachkrieg. Den beschrieb der Sprachgelehrte Justus Georg Schottel 1673 in einer Satire mit dem Ziel, den beklagenswerten Zustand der deutschen Sprache anschaulich zu machen. So wie der Dreißigjährige Krieg Deutschland verheerte, so hatte laut Schottel ein Krieg unter den deutschen Wörtern die Sprache verheert. Anschaulich wird beschrieben, wie die Substantive unter König Kunst und die Verben unter König Lob einander befehden, wie Streiter verstümmelt und zerstückelt werden. Die Ordnung ist dahin: keine Wörter-Reichsversammlung mehr, wo jeder Wortart Reichsstand und Reichslehen zugewiesen ist, die heilige Kupferplattengrammatik ist im Krieg zerschmolzen. Wie Magdeburg nach Tillys Belagerung liegt das Deutsche darnieder. Wer die grausigen Einzelheiten wissen will, lese bei Schottel nach oder in Friedrich Kittlers Aufsatz "Die stehende Sprache".

Wir wollen dem Deutschen weder einen dauernden Sprachkrieg wünschen, noch den friedhofhaften Rechtschreibfrieden der Sprachbürokraten. Wir wissen nun, da der Krieg begonnen hat, nur: wie schön es damals doch war, als Kunst und Lob noch nicht im Streit lagen.


Kommentar von Germanist, verfaßt am 04.04.2006 um 17.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#3807

"'Beim Komma hebe die Stimme und senke sie beim Punkt' so lautet des Schauspielers Rolf Boysen einziger Rat an junge Schauspieler, wie in seinem Buch 'Nachdenken über Theater' nachzulesen ist. Niemals solle man sich für klüger halten als ein Komma, ein Doppelpunkt oder ein Gedankenstrich, schreibt Boysen, denn 'die Form ist der Ausdruck'. Seinen altmodischen Glauben an die Wortgebundenheit seiner Kunst erklärt Boysen im Gespräch mit dem Widerwillen gegenüber allem Gefühligen. Denn nur durch das Wort gelange man zu dem 'was über uns hinausgeht'."
Aus der Süddeutschen Zeitung vom 4.4.06, Feuilleton, "Das Comeback des Odysseus".


Kommentar von F.A.Z., 13.06.2007, Nr. 134 / Seite 35, verfaßt am 13.06.2007 um 20.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=448#5968

Eine Million Auflage
Kehlmanns "Vermessung der Welt"

Mit "Die Vermessung der Welt" durchbricht Daniel Kehlmann nun die Schallmauer von einer Million verkauften Exemplaren - in gebundener Ausgabe. Seit Erscheinen im September 2005 steht der Titel auf der Bestsellerliste des "Spiegel", wo er 35 Wochen lang Platz eins belegte. Außerdem wurde der mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Roman bisher in 35 Sprachen übersetzt. Einzig Patrick Süskinds "Parfum", das erfolgreichste deutsche Buch der Nachkriegszeit, Bernhard Schlinks "Vorleser" und "Die Blechtrommel" von Günter Grass haben ähnliche Auflagen erzielt - allerdings alle inklusive Taschenbuchausgaben. Zum Vergleich: Hape Kerkelings "Ich bin dann mal weg" hat sich1,8 Millionen Mal verkauft. F.A.Z.



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