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08.07.2005
 

„Haben sich die Herren eben verkalkuliert“
Betrachtungen zum Wörterbuchmarkt

Die Bertelsmann AG, die von 1988 bis 1993 keine deklarierungspflichtigen Parteispenden geleistet hatte, bedachte 1994 und 1995 CDU und FDP mit insgesamt 211 000 DM.

»Es bestand sicherlich kein Zusammenhang mit der politischen Vorbereitung der Rechtschreibreform«, glaubt Reinhard Markner, der in der Jungen Welt daran erinnert, daß die Reform gegen den Duden gerichtet war.

Die neue Wahrig-Rechtschreibung ist pünktlich für den 1. August angekündigt. „Die neuen Rechtschreibregeln werden verständlich erklärt“, verspricht Wissen Media. Der Duden-Verlag hingegen nutzt das 125. Jubiläum als Gelegenheit, schon einmal mit der fälligen Verramschung der 23. Auflage zu beginnen.



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Kommentare zu »„Haben sich die Herren eben verkalkuliert“«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.12.2016 um 06.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=293#10692

Bei Amazon gibt es noch "Restexemplare" von Wahrig-Wörterbüchern, auch ebenso Vergängliches von Peter Eisenberg.

Trotzdem ist Bertelsmann natürlich der Sieger im Kampf gegen die deutsche Sprache.


Kommentar von Nordwest-Zeitung, 16. August 2005, verfaßt am 16.08.2005 um 13.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=293#1464

Kuddelmuddel der Erbsenzähler

NACHSCHLAGEWERK Wahrig und Duden im Vergleich – Wortschatz wächst kräftig

Die neue Ausgabe der Wahrig-Rechtschreibung liegt vor. Sie rühmt sich – wie der Duden –, 5000 neue Wörter aufgenommen zu haben. Ein Vergleich beider Bücher ergibt Verblüffendes.

Von Wolfgang Sauer

GÜTERSLOH - „Die deutsche Rechtschreibung“. Nein, es geht nicht um Glaubensfragen, sondern um ein neues Wörterbuch, eins von „Wahrig“, das diesen Titel trägt. Wahrig ist der Markenname, unter dem die Bertelsmann-Gruppe ihre Sprachbücher anbietet. Wahrig soll ein Begriff werden wie „Duden“.

Tatsächlich bietet das neue Rechtschreibbuch eine Reihe von Parallelen zum Duden mit demselben Titel. Es „setzt das aktuelle Regelwerk vollständig um“, hieß es in der Ankündigung. Leider ist es anders gekommen: Bayern und Nordrhein-Westfalen haben sich auf den letzten Drücker für einen separaten Weg entschieden. Das hat dem neuen Rechtschreibwerk ein wenig die Show gestohlen.

Diese Ausgabe der Wahrig-Rechtschreibung ist ein solides Werk, das sein Geld wert ist (Einführungspreis: 12,95 Euro). Mit einem Umfang von 1200 Seiten ist es das dickste aller Zeiten in seiner Klasse. Die Menge der Stichwörter ist mit 125 000 angegeben. Eine Überprüfung zeigt, dass sie unter 100 000 liegt.

Wörterbuchverlage werben bei jeder Neuauflage mit einem beeindruckenden Mehr an Stichwörtern. Das führt seit den Zeiten Konrad Dudens zu ständig steigenden Angaben zum Wortschatz des Deutschen. Vor 125 Jahren enthielt der erste Duden auf 187 Seitern etwa 28 000 Stichwörter. Bei allem Anwachsen des Wortschatzes, knapp vervierfacht hat er sich nicht. Automobil, Handy und Schnäppchen sind hinzugekommen, aber abducieren, besömmern und Schreitung haben ihn auch verlassen.

Wörter einer Sprache lassen sich nicht zählen wie Erbsen. Genau das aber tun Duden und Wahrig. Beide geben 125 000 Stichwörter als Bestand an, beide werben mit „Über 500 000 Angaben“. An „Neuaufnahmen“ rühmen sich beide Wörterbücher mit der Zahl 5000. Die Bände sind gleich im Format, beide ordnen ihre Stichwörter dreispaltig an. Im Wahrig sind die Einträge benutzerfreundlich jeweils an den linken Spaltenrand gerückt, im Duden ballen sich gelegentlich zusammengehörige Wörter zu „Nestern“, das heißt sie sind hintereinander in einem Textblock aufgeführt.

Die letzte Auflage der Duden Rechtschreibung ist 2004 erschienen. Ein Vergleich ergibt manches Verblüffende. So führt Wahrig fünf Wörter an, die mit „Ausbildung“ zusammengesetzt sind, Duden bietet sechs. Lediglich eins dieser Komposita, Ausbildungsplatz, findet sich in beiden Werken.

Die Beliebigkeit bei vielen Einträgen ist ein Ärgernis. Von 100 Wörtern, die 2004 im Duden neu aufgenommen waren, findet sich mehr als die Hälfte nicht im neuen Wahrig. Aufhübschen, Einkaufsmeile oder Musiktauschbörse mögen verzichtbar sein, dass aber Genmais, Lkw-Maut, Osterweiterung, Riesterrente oder Zentralabitur fehlen, ist schwach. Umgangssprachliche Verben wie quarzen, schnackseln oder triggern nicht aufzuführen, ist sogar fahrlässig. Gerade solche Wörter müssen dokumentiert und erklärt werden. Die Entwicklung der gesprochenen Sprache lässt Unsicherheiten entstehen, die abzubauen der Benutzer von seinem Nachschlagewerk erwartet.

Warum ist Sahnequark nur im Wahrig, Sahnemeerrettich nur im Duden zu finden? Honecker ist im Duden als „führender Politiker der DDR“ zu finden, im Wahrig fehlt er gänzlich. Bezeichnend für das Kuddelmuddel (in beiden Büchern verzeichnet) ist das Stichwort Hammam/Hamam – zwei Schreibweisen für ein orientalisches Badehaus.

Der Regelteil im Wahrig ist neu bearbeitet und enthält 700 „Infokästen“. Ob die Kapitel „Geschichte der Rechtschreibung“ und „Grammatik im Überblick“ in ein Rechtschreib-Wörterbuch gehören, ist eine sprachphilosophische Frage. Wirklich nötig ist endlich die verbindliche Orthographie für den ganzen deutschsprachigen Raum.

„Wahrig. Die deutsche Rechtschreibung“, 1200 Seiten, 125 000 Stichwörter u. Schreibweisen, 12,95 Euro (Einführungspreis).


Kommentar von Jörg Metes, verfaßt am 17.07.2005 um 23.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=293#1208

Die im Jahr 2000 erschienene 22. Auflage des Rechtschreibdudens gibt es bei jokers.de gar schon für 10 Euro.


Kommentar von Börsenblatt Nr. 28, 14. Juli 2005, verfaßt am 14.07.2005 um 23.31 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=293#1171


Gaumen-Orthografie
Wer möchte schon in ein Rechtschreibwörterbuch beißen - und dazu noch in ein 125 Jahre altes? Die Mitarbeiter von Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus zeigten vergangene Woche, dass das ein großer Genuss sein kann. Der Jubiläums-»Duden«, an dem sie knabberten, war allerdings in Marzipan gebunden, der übergroße Buchblock aus Kuchenteig geformt. Die »Duden«-Crew kann die Wegzehrung gut gebrauchen: Denn wenn das Tauziehen um die Rechtschreibung demnächst ein Ende findet, fängt die Arbeit für die Wörterbuch-Redaktion erst richtig an. (roe)
Foto: Matthias Wermke, Leiter der »Duden«-Redaktion, verteilte die ersten Stücke der Jubiläums-Torte bei der 125-Jahr-Feier in Mannheim.

So toll war der »Genuss« dann ja wohl nicht, denn der Kuchen muß trotz Marzipankaschierung nach inzwischen allgemein gewonnener Erkenntnis nochmals gründlich in den Ofen:
»Denn wenn das Tauziehen um die Rechtschreibung demnächst ein Ende findet, fängt die Arbeit für die Wörterbuch-Redaktion erst richtig an.«


Kommentar von Jörg Metes, verfaßt am 13.07.2005 um 18.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=293#1169

Der Preiskampf hat begonnen. Bertelsmann geht mit dem Wahrig auf € 12,95 herunter. Der neue Wahrig – jetzt noch unstrittiger.


Kommentar von Gabriele Ahrens, verfaßt am 11.07.2005 um 11.33 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=293#1155

"125 Jahre Duden für 15 Euro". Was will uns diese Überschrift nur sagen? Vor 125 Jahren gab es den Euro doch noch gar nicht!



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