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Nachrichten rund um die Rechtschreibreform

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06.01.2005
 

Das Unbehagen der Österreicher
und andere kleine Meldungen

Nichts ist den Österreichern so unbehaglich wie die reformierte Rechtschreibung.
Das jedenfalls ergab eine Umfrage im Dezember.

Auf einer Liste der wichtigsten deutschen Inlandsthemen des Jahres 2004 setzten die Kunden der Nachrichtenagentur AP den »Streit um die Rechtschreibreform« auf Platz zehn .

Johanna Wanka, die neue Präsidentin der Kultusministerkonferenz, weicht auf die Frage nach dem Stand der Rechtschreibreform aus: »Es gibt«, antwortet sie der Märkischen Allgemeinen Zeitung, »zunächst in der KMK keine Mehrheit für eine Rücknahme der Reform«. Man beachte das »zunächst«.

Und Bundeskanzler Gerhard Schröder hat dem Stern ein Interview gegeben. In einer Aufzählung der »herausragenden Ereignisse des Jahres 2004« nennt der Stern sogar gleich als erstes den »Versuch, die Rechtschreibreform zurückzudrehen«. Der Kanzler glaubt, daß dieser Versuch »am Selbstbewusstsein der Kultusministerkonferenz gescheitert« ist. Sonderlich zündend klingt das nicht.



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Kommentare zu »Das Unbehagen der Österreicher«
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Kommentar von Mr. X, verfaßt am 06.01.2005 um 16.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=176#143

Schröder ist kein Freund der Reform, aber nicht aus philologischen und anderen ehrenhaften Gründen, sondern weil sie eine permanente Quelle drohenden Unbills ist, personelle Ressourcen seiner Partei verschlingt und er als Populist merkt, daß da Dauerzündstoff liegt, den er angesichts der derzeitigen Positionierung von Bild und Co. nicht allein mit Pilstrinkercharm in den Griff kriegen (im Schröder-Speech: "hinbekommen") kann. Dummerweise hängt er an der Leine, die ihren Anfang in Gütersloh hat. Und die dürfte erst länger gelassen werden, wenn die Beendiung des Großversuchs neue Geschäftsfelder eröffnet.


Kommentar von Die Presse (Wien), verfaßt am 03.05.2005 um 09.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=176#690

»Regelwut im Wörterbuch
BETTINA STEINER


Ich konnte einmal rechtschreiben. Ja, das konnte ich. Ich wusste, wie man "eislaufen" schreibt und "Ski fahren", ganz ohne, dass mein Computer mich dabei korrigieren musste. Ich brauchte keinen Duden, wenn ich "Tolpatsch" buchstabieren wollte, und ich wusste, dass ein "Fön" etwas anderes ist als der "Föhn" - und das nicht nur, weil ich in Innsbruck geboren bin. Zugegebenermaßen nahmen sich die Regeln der "alten" Rechtschreibung bizarr aus. Aber das war nicht so wichtig: Die Rechtschreibung beherrschte man schließlich nicht wegen der Regeln, sondern trotzdem. Weil man schrieb. Und vor allem: Weil man las.

Nun habe ich seit der Rechtschreibreform natürlich nicht aufgehört zu lesen. Ich lese wie eh und je, wenn nichts anderes da ist, sogar die Beförderungsbedingungen der Wiener Linien. Aber es hilft mir nichts mehr. Im Gegenteil. Denn auch wenn die neuen Regeln logischer sind als die alten: Sie sind nicht logisch genug, um das Manko auszugleichen, dass ich nun gezwungen bin, dauernd zwischen alter und neuer Rechtschreibung hin und herzuhüpfen, zwischen alten Romanen und aktuellen Zeitungen, zwischen reformunwilligen Dichtern und reformierten Beförderungsbedingungen. Mit dem Ergebnis, dass ich eine Freundin, die neulich von mir wissen wollte, wie man "wienweit" schreibe, enttäuschen musste. "Keine Ahnung. Hast du keinen Duden?"

Dabei weiß ich nicht einmal, ob der noch gilt. Sicher ist: Er gilt nicht mehr lange. Denn der "Rat für die deutsche Rechtschreibung" will sich die Reform noch einmal vorknöpfen. Vor allem die Auseinander-getrennt-Schreibung, mit der ich mich besonders plage. Man will zu den alten Regeln zurück, wenigstens zum Teil. Also wieder "eislaufen"! Damit dann nicht nur wir Erwachsenen verwirrt sind, sondern auch die Kinder, die seit Jahren anderes lernen. Könnte man denken. Sollte man aber nicht, sagt der Rat. Das sei nämlich nicht so schlimm, weil: Es geht ja eh nur um 0,1 Prozent des Wortschatzes!

0,1 Prozent? Und von denen lassen wir uns ärgern? Was wäre denn, wenn wir einmal ganz mutig wären? Wenn wir über unseren Schatten sprängen? Wenn wir diese 0,1 Prozent einfach ungeregelt ließen? Eis laufen oder eislaufen - ganz egal? 0,1 Prozent? Trauen wir uns doch! Das macht uns noch lange nicht zu Anarchisten. «


( Die Presse, 03.05.05 )




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