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Blüthen der Thorheit

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28.12.2006
 

„Gesetzlich festgelegt“
Sick hat sich schlau gemacht

In der Thüringischen Landeszeitung läßt man Bastian Sick den Vogel abschießen:

Doch woher weiß dieser Mann das alles? "Was Standard ist, ist Festlegung. Und da kommt der Duden ins Spiel", sagt Sick. "Ich habe mich immer schlau gemacht, um zum Beispiel bei der Rechtschreibreform mitreden zu können." Bereits seit zehn Jahren sei der Reformprozess gesetzlich festgelegt, 1998 wurde die erste Stufe veröffentlicht. Und dann entstand das Tohuwabohu. "Viele glaubten beispielsweise, der Buchstabe ´ß´ sei abgeschafft, was freilich nicht stimmt." Nun gebe es einen Kompromiss, mit dem man leben könne. Oftmals habe man die Wahl, Wörter klein oder groß, zusammen oder getrennt zu schreiben. "Dabei wird an den gesunden Menschenverstand appelliert." […]


(TLZ, 28. Dezember 2006)




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Kommentare zu »Sick hat sich schlau gemacht«
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Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 07.02.2007 um 16.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=125#556

Bastian Sick im Interview mit der Hannoverschen Allgemeinen (online am 31.01.2007):

Sie werden immer wieder als Sprachpfleger bezeichnet. Geht's der deutschen Sprache schlecht, bedarf sie der Pflege?

Sprache ist ein Kulturgut wie Architektur und Musik und bedarf ganz sicher der Pflege. Jedes Baudenkmal muss von Zeit zu Zeit gesandstrahlt werden. So geht es auch der Sprache.

(http://www.haz.de/kultur/294394.html)

 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 17.02.2007 um 16.32 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=125#561

Sebastian Sick müßte sich einmal durch den Kopf gehen lassen, wie man eigentlich einen „Reformprozeß seit zehn Jahren gesetzlich festlegt“, um sodann das Ergebnis seiner Schürfungen gnädig mit uns zu teilen.

Wer hat 1998 gewußt und wer hätte damals gedacht, daß mit der RSR eine Mehrstufenrakete gestartet wird? Wie wir heute wissen, hat das Ungeheuer offenbar n Stufen und ist ein Dauerbrenner der ewigen Verunsicherung.

Sick droht „So geht es auch der Sprache“. Er meint damit, daß er sie demnächst sandstrahlen wird (zur Generalüberholung). Wäre er statt Sprachpfleger doch Landpfleger (in Palästina oder sonstwo) geworden!

Nun können wir Sebastian Sick nur noch um Erbarmen mit der wenn auch etwas alten, so doch ganz und gar unschuldigen deutschen Sprache bitten, denn eine Sandstrahlung übersteht sie nicht.

 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.02.2007 um 17.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=125#562

Die Zeitungen feiern wieder einmal den „Sprachpapst“ Sick und zitieren ihn folgendermaßen:

»Im selben Jahr, in dem die bayerische Sängerin Nicki mit dem Lied „Wegen dir“ einen Hit hatte, brachte Udo Jürgens sein Album „Deinetwegen“ heraus. Ein Jahr lang ging er mit „Deinetwegen“ auf Tournee – ein beispielloser Kreuzzug für die Rettung des Genitivs.«

Nun stellen wir uns mal ganz dumm und fragen, wieso „deinetwegen“ zur Rettung des Genitivs beitragen soll. „du - deinet - dir - dich“ - oder wie?

(Sick glaubt vielleicht wirklich, sich gegen den jahrhundertelangen Umbau des deutschen Kasussystems stemmen zu müssen. Das Publikum müßte eigentlich über ihn lachen statt mit ihm über andere …)

 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 22.02.2007 um 18.29 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/index.php?show=thorheiten&id=125#567

Sebastian Sick kann nicht wissen, daß Adverbien generell, also auch Kausaladverbien wie meinetwegen und Präpositionaladverbien oder reihenweise (u.a. auch mit dem Suffixoid -wegen) abgeleitete Adverbien, irgendeinen Kasus erschließen lassen oder gar "zeigen". Das Praktische an Präpositionaladverbien ist ja, daß man sich bei dafür oder worunter sich nicht um den Kasus kümmern muß, sondern nur darum, sich mit ihnen auf von Neutra repräsentierte Größen oder auf Sachverhalte zu beziehen (gegen die Inakzeptables ergebende Uralt-"Regel" der Duden-Grammatik).
Für Richtungsadverbien mit der Partikel hin- oder her- gibt es (noch ugs.) Kurzformen wie "rein" oder "raus", die Ausländer der Entscheidung entheben, ob der Prozeß oder Zustand zum Betrachtungsort oder von ihm weg gerichtet ist. Dieser Ort muß nicht der des Sprechers oder peripathierenden Erzählers sein.
Die heutigen Sprecher des Deutschen scheinen übrigens zunehmend – gegen die ältere und die Umgangssprache ("die Emma, wo meine Tante ist") – statt Präpositionaladverb eine Präpositionalphrase (Fügewortgruppe) zu setzen. Die unkomplizierten relativischen Anschlüsse mit "wie" und "wo" werden leider bald nicht nur als ugs., sondern als "ungrammatisch" gelten.

Übrigens ist der Name Pronominaladverb ungünstig, weil er suggeriert, diese Adverbien hätten irgend etwas mit Pronomina gemein, obwohl sie weder ein Pronomen enthalten noch für ein solches eintreten.

 

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