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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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Theodor Ickler zu »Die Tyrannei des Vermeintlichen«
Dieser Kommentar wurde am 21.01.2025 um 07.09 Uhr verfaßt.

Das Verbot oder die Tabuisierung von einzelnen Lautgebilden, auch wenn der Inhalt einer Äußerung in keiner Hinsicht anstößig ist, hat seine Entsprechung im Lauern auf Gesten und Gebärden, die im Sinne der Politischen Korrektheit beanstandet werden könnten. Man sollte also nicht den rechten Arm so recken, daß jemand darin den „Deutschen Gruß“ erkennen könnte. Auch die vermeintliche „Verweigerung des Handschlags“, also das Beharren auf den heimatlichen anstelle der ausländischen Grußformen, wird wochenlang in den Medien herumgereicht. Es wird immer schwieriger, sich überhaupt noch irgendwie zu äußern oder zu bewegen.
Einige Beobachtern führen die gewaltige Wende, deren Zeugen wir sind, auf solche moralisierenden Einschränkungen zurück. Es wird daran erinnert, daß der Gedichtvortrag bei der Amtseinführung Joe Bidens die liberalen Köpfe nicht zusammengebracht, sondern sogleich zu neuem Streit darüber geführt hat, ob das Gedicht einer Schwarzen von einer Weißen übersetzt werden darf usw. Diese Durchgedrehtheit ruft geradezu nach dem eisernen Besen. Sie wissen nicht, was sie tun – zu diesem Seufzer hatte man in den letzten Jahren allzu oft Anlaß.


Theodor Ickler zu »Jede und jeder«
Dieser Kommentar wurde am 21.01.2025 um 05.47 Uhr verfaßt.

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1042#46752
Die „Bilder“ von Allais (https://de.wikipedia.org/wiki/Alphonse_Allais) ähneln den „Droodles“, nur daß der Minimalismus, der die witzige Deutung hervortreibt, mit der Farbe und nicht mit Linien arbeitet. Leider muß ich zugeben, daß ich mich auch über die „apoplektischen Kardinäle bei der Tomatenernte“ kranklachen kann, während meine Frau diese Art von Humor primitiv findet. Dieser Unterschied ist aber geschlechtsspezifisch und hat nichts mit unserer Ehe zu tun. Auch Unsinnspoesie und Herumalbern sind ja Männersache. Wir sind das gestörte Geschlecht, stottern fünfmal so häufig und haben überhaupt größere Schwierigkeiten mit der Sprache. Um so größer die Freude, wenn uns mal was gelingt.


Theodor Ickler zu »Kognitivismus«
Dieser Kommentar wurde am 21.01.2025 um 04.37 Uhr verfaßt.

„Am Ende repräsentiert eine bestimmte Neuronengruppe eine bestimmte Informationseinheit wie ein Wort, eine Eigenschaft, eine Handlung, einen regelhaften Zusammenhang etc.“ (Hilke Elsen: Wortschatzanalyse. Tübingen 2013:103)

Was es heißen soll, daß eine Neuronengruppe einen „regelhaften Zusammenhang repräsentiert“, ist neurologisch nicht ratifizierbar. Auch der Hirnforscher Valentin Braitenberg, der im gleichen Zusammenhang auf Hebbs „cell assemblies“ zurückgriff, konnte das nicht erklären. Der Begriff „Repräsentation“, ein Grundbegriff des Kognitivismus, dient dazu, eine unlösbare Begriffsverwirrung zu überdecken, man könnte auch sagen: kompletten Unsinn. Dieser Eindruck hat sich mir in jahrzehntelanger Beobachtung der neurosophischen Szene immer nur bestätigt. Man müßte ja schon stutzig werden, wenn Sprachwissenschaftler und andere Fachfremde von Neuronen zu fabulieren anfangen, andererseits Neurologen von Begriffen, Propositionen und Schlüssen im Gehirn.


Theodor Ickler zu »Synonymie«
Dieser Kommentar wurde am 20.01.2025 um 16.37 Uhr verfaßt.

„Schraubenzieher: Werkzeug, das aus einem vorne spatelförmig abgeflachten stählernen Stift mit Handgriff besteht und zum Anziehen und Lockern von Schrauben mit geschlitztem Kopf dient; Schraubendreher“ (Duden)
Richtig finde ich, daß der Duden die fachsprachliche Normierung nicht durchzusetzen versucht. Andererseits sind Kreuzschlitz- und andere Schraubenzieher inzwischen doch stark verbreitet, so daß diese Einschränkung wegfallen sollte. Die Herstellung aus Stahl ist ebenfalls nicht wesentlich, wenn auch praktisch.
Die Begründung, warum es nicht länger „Schraubenzieher“ heißen sollte, ist pedantisch und will einer Fehldeutung entgegenwirken, der ohnehin niemand erliegt. Also das gleiche wie bei der politischen Korrektheit und weiteren Teilen der „Sprachpflege“.


Theodor Ickler zu »Buch oder Bildschirm«
Dieser Kommentar wurde am 20.01.2025 um 16.31 Uhr verfaßt.

In der SZ gab es am Wochenende einen weiteren Bericht über die dänischen Bemühungen, von der unbedachten Digitalisierung des Schulunterrichts wieder wegzukommen und den Kindern erst mit 14 ein Mobil- bzw. Smartphone zu überlassen. Von England ausgehend haben sich überall Vereine für eine smartphonefreie Kindheit gebildet. Wohl vergeblich, weil eine vielgestaltige Lobby dagegensteht, von den Herstellern und Softwareanbietern bis zu den Medienpädagogen, die vom Digitalisierungsgeschäft leben. Vgl. https://www.smarterstartab14.de/
Wir wissen einfach noch nicht, wie die täglich mehrstündige Beschäftigung mit den Medien sich auswirkt, und lassen keine Vorsicht walten, warten keine Erprobung ab. Die Fortschrittlichkeit einer Schule und eines Schulwesens am Ausmaß der Digitalisierung zu messen ist sicherlich ein Fehler. Als vor vielen Jahren die „Laptopklasse“ propagiert wurde, stand die Heftigkeit der Werbung in keinem Verhältnis zu unserem gesicherten Wissen. Der Fremdeinfluß (Bertelsmann) war leicht zu erkennen.


Theodor Ickler zu »Jede und jeder«
Dieser Kommentar wurde am 20.01.2025 um 12.29 Uhr verfaßt.

Wie politisch konkrete Poesie sein kann, sah man vor 50 Jahren an

SAU
AUS
USA

Auch dieses Meisterwerk der Protestbewegung wurde zum Druck befördert und hat Schüler beschäftigt. Man konnte es auch gerahmt für die Wohnzimmerwand kaufen.


Theodor Ickler zu »Jede und jeder«
Dieser Kommentar wurde am 20.01.2025 um 06.50 Uhr verfaßt.

Thomas Steinfeld würdigt Eugen Gomringer zum 100. Geburtstag und referiert auch die Episode um "Avenidas". Als Erfinder der konkreten Poesie kann man ihn aber nicht bezeichnen. Auch der Wikipedia-Eintrag über diese ist schwach, weil er zwar am Rand etwas von Morgenstern abbildet, aber die Tradition des Figurengedichts (Technopaignion) verschweigt. Steinfeld erwähnt das allbekannte Schulbuchgedicht "Schweigen", das jeder Deutschlehrer naturgemäß dazu benutzt, die Schüler zur eigenen Produktion von solchen Sachen anzuregen. Gut für Lehrproben geeignet ("Schüler werden selbst kreativ" usw.).


Theodor Ickler zu »Friede sei mit euch!«
Dieser Kommentar wurde am 20.01.2025 um 05.30 Uhr verfaßt.

Die Medien berichten über die indische Kumbh Mela, die dieses Jahr besonders gigantisch ist. Dabei wird regelmäßig erklärt, daß die Hindus sich durch das Bad im Ganges von ihren Sünden zu befreien suchen. Allerdings hat "Sünde" hier wenig Ähnlichkeit mit dem jüdischen und christlichen Begriff. Wahrscheinlich ist es hier wie dort ziemlich unmöglich, von den Gläubigen selbst eine Erklärung zu erhalten. Man kann aber schon mal sagen, daß in Indien die Wiedergeburts- und Karmalehre den Rahmen bildet, in der monotheistischen biblischen Tradition dagegen der Ungehorsam gegenüber dem Willen Gottes. Das kann man überhaupt nicht vergleichen.

Für den Außenstehenden macht es natürlich keinen Unterschied, es ist alles gleichermaßen kurios. Insofern ist die Berichterstattung auch wieder in Ordnung.


Theodor Ickler zu »Jede und jeder«
Dieser Kommentar wurde am 20.01.2025 um 04.48 Uhr verfaßt.

Zu den Blitzmaßnahmen, mit denen Trump heute die USA umkrempeln will, "bevor die Sonne untergeht", gehört ja, Männer aus dem Frauensport herauszuhalten. Das ist auch für unsere Rechtsradikalen ein wichtiges Thema. Was die Wundertüte noch enthält, ist bisher ein Geheimnis, aber sie soll prall gefüllt sein (rund 100 Dekrete am ersten Tag).


Theodor Ickler zu »Niedriger hängen!«
Dieser Kommentar wurde am 20.01.2025 um 04.17 Uhr verfaßt.

Wenn man die Namen der Autoren liest, weiß man eigentlich schon Bescheid. Diana A. Liao ist nicht an einer sparsamen Beschreibung und Erklärung des Verhaltens interessiert, sondern versucht eine Brücke zur menschlichen Sprache zu schlagen, auch über sehr weite stammesgeschichtliche Entfernungen hinweg. Sie spricht über "volitional control" der Lauterzeugung, als hätte sie noch nie etwas über die Problematik solcher Zuschreibungen gehört. Die Melodie "Tiere können auch schon..." ist bekannt genug, macht aber immer wieder Sensation und hält die Geldgeber bei Laune.

Noch einmal zur Sache: Tier erkennen Muster. Das heißt aber weder, daß sie die Anfangsgründe von Geometrie und Arithmetik beherrschen, noch daß Geometrie und Arithmetik an solche Mustererkennung anknüpft.


Manfred Riemer zu »Niedriger hängen!«
Dieser Kommentar wurde am 20.01.2025 um 00.19 Uhr verfaßt.

Das Zählkonzept halte ich auch für Unsinn. Ich möchte das mit meinen Eindrücken von den Taubenrufen begründen. Sie machen zwar gerade Winterpause, aber sobald es wärmer wird, geht es wieder los.

Schon im Märchen wird ihnen ja nachgesagt, "Ru-cke-di-guu, ru-cke-di-guu, Blut-ist-im-Schuh" zu rufen. Diese Rufe mit Betonung auf der jeweils vierten Silbe habe ich selbst noch nicht gehört, dafür klingt es aber in meinem Innern sehr oft, als riefen die Tauben ständig wiederholt "Rha-barrr-brrr-ku-chnnn" mit Betonung auf der 2. und 5. Silbe.

Manchmal rufen sie auch, was ich immer als "po-sharl-sta" (Betonung auf der 2., russisch für bitte) wahrnehme.

Seltener gibt es einen viersilbigen Ruf, der mir dann wie ein unvollständig ausgeführter Wunsch nach Rhabarberkuchen vorkommt. Dazu ist mir wohl nur die passende Assoziation noch nicht bewußt geworden.

Also, was ich damit meine, ich höre zwar die Tauben und verbinde das nach dem Klang mit mir bekannten Wörtern, aber ich bin, bis ich Prof. Icklers Eintrag über die Krähen las, noch nie auf die Idee gekommen, die Anzahl der Silben der Taubenrufe zu zählen. Und ich glaube, das tun auch weder die Tauben noch die Krähen. Sie rufen eben einmal so, andermal so. Was mit "Rha" anfängt, hat zufällig fünf (oder vier) Silben, und das Wort mit "po" hat eben drei Silben. Dazu muß man weder zählen können noch eine bestimmte Zahl an Rufen anbringen wollen.


Theodor Ickler zu »Niedriger hängen!«
Dieser Kommentar wurde am 19.01.2025 um 07.40 Uhr verfaßt.

Krähen können die Zahl ihrer Rufe gezielt planen

Forschungsteam der Universität Tübingen beobachtet im Verhaltensexperiment, dass Rabenvögel bei Einsatz ihrer Stimme die Lautäußerungen mitzählen
Krähen können im Verhaltensexperiment lernen, eine vorgegebene Anzahl an Rufen zu erzeugen. Sie planen dabei im Voraus: Über den Klang des ersten Rufs in einer Zählsequenz lässt sich vorhersagen, wie viele Rufe die Krähe hören lassen wird. Das hat ein Forschungsteam aus Diana A. Liao, Dr. Katharina F. Brecht und Juniorprofessorin Lena Veit unter der Leitung von Professor Andreas Nieder vom Institut für Neurobiologie der Universität Tübingen festgestellt. Seine Studie wurde in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht.
Rabenkrähen, die zu den Singvögeln gehören, sind nicht für die Schönheit ihres Gesangs bekannt, jedoch für ihr überragendes Lernvermögen. So belegen frühere Studien, dass die Vögel Verständnis für Zahlen besitzen. „Außerdem beherrschen sie ihre Stimme sehr gut. Sie können genau kontrollieren, ob sie einen Ruf ausstoßen wollen oder nicht“, berichtet Andreas Nieder. Gemeinsam mit seinem Team untersuchte er in Verhaltensversuchen mit drei Rabenkrähen, ob sie diese Fähigkeiten in Kombination anwenden können.

Bildung eines abstrakten Konzepts

Die Vögel erhielten die Aufgabe, nach Präsentation unterschiedlicher Bildsymbole oder beim Erklingen bestimmter Töne ein bis vier Rufe zu erzeugen und ihre Rufsequenz mit dem Picken auf einen Bestätigungsknopf abzuschließen. „Das gelang allen drei Vögeln. Sie konnten ihre Rufe in der Sequenz mitzählen“, sagt Nieder. Die Reaktionszeit zwischen der Präsentation des Reizes und dem Ausstoßen des ersten Rufs der Antwort sei relativ lang gewesen und umso länger, je mehr Rufe gefordert waren. Die Länge der Verzögerung sei unabhängig von der Art des Hinweisreizes gewesen, Bild oder Ton. „Das deutet darauf hin, dass die Krähen aus der präsentierten Information ein abstraktes Zahlenkonzept bilden, über das sie ihre Lautäußerungen vor dem Ausstoßen der Rufe planen“, erklärt der Forscher.
Gestärkt wird dieser Befund durch die Analyse der einzelnen Krähenrufe einer Sequenz. „Wir konnten anhand der akustischen Eigenschaften des ersten Rufs in einer Zählsequenz vorhersagen, wie viele Rufe die Krähe erzeugen wird“, berichtet Nieder. Dies gelinge den Krähen jedoch nicht fehlerfrei. „Zählfehler, also etwa ein Ruf zu viel oder einer zu wenig, entstehen dadurch, dass der Vogel während der Sequenz die Übersicht über die bereits erzeugten beziehungsweise die noch zu produzierenden Rufe verliert. Auch die Fehler können wir an den akustischen Eigenschaften der Einzelrufe ablesen.“
Die Fähigkeit, willentlich eine bestimmte Zahl an Lautäußerungen zu erzeugen, erfordert eine hochentwickelte Kombination von Zahlenkompetenz und Stimmbeherrschung. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass sie nicht allein dem Menschen vorbehalten ist. Sie eröffnet prinzipiell auch den Rabenvögeln eine ausgeklügelte Kommunikation“, sagt Nieder.
(idw Nachrichten 23.05.2024, https://nachrichten.idw-online.de/2024/05/23/kraehen-koennen-die-zahl-ihrer-rufe-gezielt-planen)
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Man erkennt wieder den Überschuß an Deutung: intentionalistisch, kognitivistisch. Daher die Rede von planen, willentlich, zählen, Konzept usw. Eine physiologische Ratifizierung solcher Begriffe ist von vornherein ausgeschlossen, und an eine sparsamere Beschreibung und Erklärung des Verhaltens wird nicht gedacht.

Übrigens: Wenn man schon am ersten Ruf erkennt, wie viele noch folgen werden, spricht dies gegen ein „abstraktes Zahlenkonzept“ und eher für ein holistisches Lernen von umfangreicheren Gestalten. So lernen auch Menschen ganze Melodien, ohne gleich sagen zu können, wie viele Einzeltöne es sind. Man kann sie auf Anhieb nachsingen oder -klopfen, ohne zu zählen.


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