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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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13.04.2005
 

KMK maßregelt den „Rat“
Kommentar zur Pressemitteilung der KMK vom 12. April 2005

»Die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung, die 1996 eingeführt wurde, bleibt nach dem Ende der für die Fehlerkorrektur in den Schulen eingeräumten Übergangszeit am 01.08.2005 verpflichtende Grundlage des Unterrichts.«

Die KMK erwähnt mit keinem Wort, daß zur Zeit eine Neuregelung vorliegt, die gegenüber 1996 in wesentlichen Punkten verändert ist, zuletzt durch die amtliche Revision von 2004. Der „Rat“ hat die Aufgabe, weitere Korrekturen vorzunehmen, und er hat diese Aufgabe bisher in verantwortungsvoller und gründlicher Weise, wenn auch – eben wegen dieser Gründlichkeit – nur an einem kleinen Teil der Regeln wahrgenommen. Er hat eine Umgestaltung von § 34 vorgeschlagen, die, weil sie erstmals den Schreibbrauch zur Grundlage wählt, statt von theoretisch entworfenen Regeln neue und ungewohnte Schreibweisen abzuleiten, naturgemäß sehr weitgehend zur bisherigen Schreibweise zurückführt.

Die Laut-Buchstaben-Beziehungen, die Bindestrich-Schreibung und vor allem die Groß- und Kleinschreibung werden von der Korrektur ausgenommen. Das entspricht nicht der Meinung des Rates, der sich weitgehend einmütig dafür ausgesprochen hat, die Groß- und Kleinschreibung ebenfalls und zwar recht bald zu revidieren. Überdies hängt sie vielfach mit der Getrennt- und Zusammenschreibung zusammen.

Sachkundige wissen, daß auch in den beiden anderen Bereichen Korrekturbedarf besteht. Es geht nicht an, daß Schülern ein Fehler angerechnet wird, wenn sie zum Beispiel Zierat oder Quentchen schreiben, wie es üblich und sprachrichtig ist. Die volksetymologischen Schreibungen waren die fixe Idee eines einzigen Reformers und können nicht Millionen Menschen aufgenötigt werden.

"Änderungen in diesen Teilbereichen können nach Beschlussfassung im Rat und öffentlicher Anhörung von Verbänden zu einem noch zu bestimmenden Zeitpunkt nach dem 01.08.2005 Grundlage des Unterrichts werden."

Dieser Satz ist mehrdeutig, da nicht klar ist, worauf sich die Angabe des Zeitpunktes bezieht: auf die Anhörung oder auf die Einführung der Änderungen. Wahrscheinlich ist letzteres gemeint. Dann würde die Reformschreibung zunächst unkorrigiert verbindlich und erst später korrigiert. Das wäre weder für die Schüler noch für die Wörterbuchverlage erträglich.

Auch ist nicht einzusehen, welche Verbände noch anzuhören sind, da die meisten bisher angehörten Verbände bereits im Rat für deutsche Rechtschreibung vertreten sind.
Nachdem die KMK das Betätigungsfeld des Rates in dieser unerwarteten und unzumutbaren Weise eingeschränkt hat, schickt sie die einer Verhöhnung gleichkommende Behauptung nach: "Die Kultusministerkonferenz würdigt mit diesem Vorgehen die intensive Arbeit des Rates."

Auf der anderen Seite wird dem Rat ein neuer Arbeitsauftrag erteilt: "Sie erwartet vom Rat bis Anfang Juni eine Übersicht, bis zu welchem Zeitpunkt er seine Änderungsvorschläge ausgearbeitet vorlegen und deren Auswirkungen darlegen kann, um diese insgesamt bewerten und deren Umsetzung auch mit den staatlichen Stellen in den übrigen deutschsprachigen Staaten abstimmen zu können."

Es ist völlig unmöglich, bis Anfang Juni eine solche Übersicht zu liefern. Die dritte Arbeitssitzung – die erste, die überhaupt zur Sache kam – hat nicht im entferntesten deutlich werden lassen, wieviel Zeit die Bearbeitung der einzelnen Probleme in Anspruch nehmen könnte. Es wurde festgestellt, daß am 8. April noch keine Entscheidung über den neugefaßten Paragraphen 34 möglich sei, aber selbst für den 3. Juni konnte die Beschlußfassung allenfalls in Aussicht genommen, jedoch keinesfalls verbindlich angekündigt werden. Die anderen Paragraphen dieses Bereichs sind noch nicht einmal andiskutiert worden. Mit der Erteilung unerfüllbarer Arbeitsaufträge soll wahrscheinlich die Voraussetzung geschaffen werden, einen Rat, der nicht in der offenbar erwarteten Weise als Erfüllungsorgan bei der rücksichtslosen Durchsetzung der Reform funktioniert, bei nächster Gelegenheit aufzulösen oder wenigstens zu desavouieren – zugunsten der Interessenverbände, die sich jetzt schon ihres "massiven Einflusses" auf die verantwortlichen Politiker rühmen.

"Bei der Einführung der Änderungen sind die Belange der Schülerinnen und Schüler zu berücksichtigen."

Die Belange der Schülerinnen und Schüler liegen darin, daß ihnen die allgemein übliche Orthographie beigebracht wird. Andere Motive, etwa der Wunsch, keine anderen und besseren Regeln als die seit 1996 unterrichteten erlernen zu müssen, sollten vernünftigerweise keine Rolle spielen.



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Kommentare zu »KMK maßregelt den „Rat“«
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Kommentar von Fritz Koch, verfaßt am 13.04.2005 um 09.47 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=59#50

Von vornherein unerfüllbare Zielvereinbarungen sind in der Industrie ein beliebtes Mittel, um Arbeitnehmer in eine Position zu drängen, in der sie sich täglich verteidigen müssen und nach Verstreichen dieses unerfüllbaren Termines abgemahnt werden können, um eine Begründung für ihre Entlassung zu konstruieren, die das eigentliche Ziel dieser Zielvereinbarung war. Solche Arbeitnehmer müssen sofort ihre ganze Arbeitskraft darauf verwenden, zu beweisen, daß der vereinbarte Termin von vornherein unhaltbar ist. Wenn sie das nicht tun, haben sie schon verloren. Ein ehrliches Spiel gibt es von Seiten der Arbeitgeber nicht.

So scheint es hier auch zwischen KMK und Rat ablaufen zu sollen.
 
 

Kommentar von Wolfgang Scheuermann, verfaßt am 13.04.2005 um 10.45 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=59#52

Was für eine Art von Veranstaltung ist diese KMK?

Offensichtlich ist es völlig unerheblich, wer der KMK gerade vorsteht: keiner durchbricht die Einheitsfront. Jetzt ist es also an Frau Professor Dr. rer. nat. Johanna Wanka, einer vor 53 Jahren in Sachsen geborenen Mathematikerin und Mutter von zwei Kindern, den Kampf fortzuführen.
Vor 15 Jahren wurde sie in den Kreistag Merseburg gewählt, vor 8 Jahren wurde sie Rektorin einer Fachhochschule, und jetzt versucht sie im Gespräch mit Friedbert Meurer vom Deutschlandfunk (am 11.4.) vorzugaukeln, ihr sei nicht bekannt, was eine Soll-Bestimmung ist. Im Gegensatz zu der KMK-Pressemitteilung von Ende September letzten Jahres zum Rat für deutsche Rechtschreibung, in der es geheißen hatte: "Der Rat für deutsche Rechtschreibung soll, bevor er Vorschläge zur Änderung des Regelwerks vorlegt, Vertreterinnen und Vertretern aus den Schulen, insbesondere aus den Lehrer- und Elternvertretungen, sowie den für die Verwaltungssprache zuständigen Behörden Gelegenheit zur Stellungnahme geben. (In gleicher Weise [b]sollen[/] noch weitere Vertreterinnen und deren männliche Pendants angehört werden.)
Im DLF-Interview heißt das bei Frau Professor Dr. Wanka dann: "Wenn der Rat zum Beispiel in der nächsten Sitzung Veränderungen in den Regeln beschließt, dann ist es vorgesehen nach dem Statut des Rats, das ja die Kultusministerkonferenz beschlossen hat, dass dieser Rat seine Vorschläge dann vorlegen muss den Vertretern von Lehrerverbänden, von Elternverbänden, von Behörden, von all denen, die sehr stark davon betroffen sind."
Es ist ja schön, daß Frau Janka hier auf die Albernheit mit den Vertreterinnen verzichtet hat, aber sie hat klammheimlich eine Soll- in eine Mußbestimmung verwandelt, und das ist ihr mit Sicherheit nicht einfach so unterlaufen.
Was für eine Art von Veranstaltung ist diese KMK?
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 13.04.2005 um 12.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=59#54

Es gilt, die Geburt eines neuen Gremiums anzuzeigen: der Telephonkonferenz der Kultusminister (TKMK).
 
 

Kommentar von Fritz Koch, verfaßt am 13.04.2005 um 14.31 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=59#56

Entgegen den Lügen der Kultusminister werden die Schüler also weiter eine andere Rechtschreibung lernen als die der Bevölkerungsmehrheit und der größten Zeitungen. Das Rechtschreib-Schisma wird vom Staat aufrechterhalten: Ist es auch Wahnsinn, hat es doch (KMK-)Methode.
 
 

Kommentar von Fritz Koch, verfaßt am 13.04.2005 um 17.33 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=59#60

Was bedeutet "strittig"?
Was von der Schreibgemeinschaft - außer von einigen Zeitungen - seit neun Jahren nicht angenommen worden ist.
Was in den Zeitungen immer wieder zu grotesken Übergeneralisierugsfehlern führt.
Was zu eindeutigen Grammatikfehlern führt und die Schüler dauernd zu Entscheidungen zwischen grammatischer oder rechtschreiblicher Richtigkeit zwingt.
Was in der Vergangenheit bereits als Fehlentwicklung überwunden worden war.
Was die Leseverständlichkeit und das schnelle Sinn-Erfassen von Texten erschwert.
Was durch weglaßbare Kommas zu Mißverständnissen zwischen Schreiber und Leser führt.
Was bedeutet demnach "unstrittig" und welche Punkte sind es wirklich?
Welche Punkte sind von der Bevölkerungsmehrheit mit Begeisterung aufgenommen worden?
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 14.04.2005 um 04.11 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=59#61

Was wird jetzt der SPIEGEL machen?

Aus dem Kommentar von Theodor Ickler:

... Nachdem die KMK das Betätigungsfeld des Rates in dieser unerwarteten und unzumutbaren Weise eingeschränkt hat, schickt sie die einer Verhöhnung gleichkommende Behauptung nach: "Die Kultusministerkonferenz würdigt mit diesem Vorgehen die intensive Arbeit des Rates."

Auf der anderen Seite wird dem Rat ein neuer Arbeitsauftrag erteilt: "Sie erwartet vom Rat bis Anfang Juni eine Übersicht, bis zu welchem Zeitpunkt er seine Änderungsvorschläge ausgearbeitet vorlegen und deren Auswirkungen darlegen kann, um diese insgesamt bewerten und deren Umsetzung auch mit den staatlichen Stellen in den übrigen deutschsprachigen Staaten abstimmen zu können."

Es ist völlig unmöglich, bis Anfang Juni eine solche Übersicht zu liefern ...

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Wenn der SPIEGEL auch nur ein bißchen noch ernst zu nehmen sein soll, muß das Auswirkungen auf seine Entscheidung haben, ob er auf die bewährte Rechtscheibung umstellt. Schon zweimal hat er seine eigenen Ankündigungen mißachtet. Zuerst hieß es, der SPIEGEL werde bei der neuen Rechtschreibung erst gar nicht mitmachen. Dann hat er doch mitgemacht. Dann hieß es, spät, aber immerhin: Wir werden gemeinsam mit allen Blättern des Axel Springer Verlags auf die bewährte Rechtschreibung zurückkehren. Dann hat er es bleiben lassen bzw. den Springer Verlag bei dieser sinnvollen Maßnahme allein gelassen.

Was war die Begründung? Es sei ja nun von den Kultusministern ein neuer Rat für deutsche Rechtschreibung angekündigt, mit der Aufgabe, die neue Rechtschreibung in Ordnung zu bringen. Der SPEGEL wolle deshalb erst noch abwarten, sich die Zusammensetzung und die Beschlüsse des Rates genau ansehen und dann entscheiden.

Also: Die Zusammensetzung des Rates ist bekannt: Es sollte nach der Vorstellung der Kultusminister natürlich eine satte absolute Mehrheit von Reformlobbyisten oder -marionetten sein. Trotzdem bewegt sich der Rat auf die Entscheidung zu, die neue Rechtschreibung in wesentlichen Teilen komplett zu verwerfen. Also wird sein Arbeitsgebiet flugs beschnitten, es werden sofort weitere Gutachter dazwischengeschaltet (natürlich Reformlobbyisten) und die KMK stellt klar: An der neuen Rechtschreibung darf im Prinzip sowieso nicht gerüttelt werden. Dann wird noch eine unerfüllbare Zeitvorgabe draufgesattelt.

So, lieber SPIEGEL: Was bedeutet das jetzt für dich?
(dich klein - du hast es nicht anders gewollt.)



 
 

Kommentar von Glasreiniger, verfaßt am 14.04.2005 um 09.00 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=59#62

> Was wird jetzt der SPIEGEL machen?

Nix. Weiter wie bisher. Die Erinnerung an die peinlichen Versprechen nicht wecken.
 
 

Kommentar von Fritz Koch, verfaßt am 14.04.2005 um 10.22 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=59#64

Es ist trotzdem notwendig, daß der Rat weiterarbeitet, solange er nicht von der KMK wegen Insubordination (Ungehorsam) entlassen wird: Im Gesamtinteresse der deutschen Schriftsprache, die jetzt nicht mehr die der Kultusminister ist, müssen alle Punkte, die der Rat für notwendig hält, diskutiert und zu Lösungsvorschlägen gebracht werden. Es ist anzunehmen, daß dann noch weitere Zeitungen diese sinnvollen Vorschläge übernehmen, sodaß die Arbeit des Rats nicht für den Papierkorb sein wird. Die Ergebnisse sollten in einem Buch veröffentlicht werden, damit die Bürger selbst urteilen können, wem sie folgen werden. Es ist anzunehmen, daß die Ergebnisse besser sein werden als der "alte Duden". Dann kann Herr Prof. Ickler nicht mehr als "Einzelkämpfer" abqualifiziert werden.
 
 

Kommentar von Klaus Malorny, verfaßt am 14.04.2005 um 10.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=59#65

Das wird m.E. schon an Herrn Zehetmair scheitern. Aber ich lasse mich gern vom Gegenteil überraschen. Am schönsten wäre natürlich eine offizielle Stellungnahme (oder gar Gegendarstellung).

 
 

Kommentar von glasreiniger, verfaßt am 14.04.2005 um 14.17 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=59#67

> Das wird m.E. schon an Herrn Zehetmair scheitern.

Das wiederum glaube ich nicht. Zehetmairs Aufgabe ist es, die Gegner von den essentials abzulenken. Das ist eigentlich nur die Heyse-Schreibung.

D.h. er wird seine ganze "Glaubwürdigkeit" darin investieren, daß er die (schon vom Duden in die Tat umgesetzten) Änderungen der reformtreuen Mehrheit des Rats abtrotzt. Als gelungen in diesem Sinn könnte man z.B. auch ein Ergebnis ansehen, wenn die Vorlage der GZS-Arbeitsgruppe knapp an der Zweidrittelmehrheit scheitert, und Zehetmair dann sein ganzes persönliches Gewicht in die Wagschale wirft, um von der KMK die Zustimmung trotzdem noch zu bekommen. Die Begeisterung des Publikums dürfte die über die bisherigen Erfolge noch weit überbieten.
 
 

Kommentar von Jan-Martin Wagner, verfaßt am 15.04.2005 um 00.21 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=59#68

Th. I.: Auch ist nicht einzusehen, welche Verbände noch anzuhören sind, da die meisten bisher angehörten Verbände bereits im Rat für deutsche Rechtschreibung vertreten sind.

Als erstes fällt mir der Bundeselternrat ein; der ist nicht mehr im Rat vertreten, nicht wahr?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.04.2005 um 05.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=59#69

Der Bundeselternrat und die Schülernvertretungen gehören zu den Claqueuren, auf die sich KMK und VdS verlassen können. Vielleicht war es absichtlich so eingerichtet, diese Funktionäre (die Mitglieder werden ja ohnehin nicht gefragt) gerade nicht in den Rat zu schicken, sondern als nach- und übergeordnete Instanz in der Reserve zu halten, damit sie die Revisionsbeschlüsse des Rates nicht mittragen müssen, sondern konterkarieren können. Soviel Raffinesse traue ich den Veranstaltern zu, während ich das Mißtrauen gegen Hans Zehetmair nicht teile.
Ich weiß noch genau, wie ich mich über das Fehlen von BER usw. (auch GEW) gewundert habe, aber jetzt im Rückblick paßt alles zusammen.
Die KMK wird demnächst behaupten, Eltern, Schüler und Lehrer lehnten die Vorschläge des Rates einmütig ab. Eckinger ist ja sowieso mit von der Partie, Meidinger wird sich fügen, und Josef Kraus ist isoliert.
 
 

Kommentar von Peter Müller, verfaßt am 15.04.2005 um 14.57 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=59#70

Buchdrucker-Duden?

Es sind nicht die Schriftsteller, die alles festgelegt haben wollen, sondern die Verlage und Nachrichtenagenturen.

Varianten führen nämlich zu Unsicherheiten bei der Bearbeitung von Texten, zu Rückfragen und vermehrtem Nachschlagen. Varianten erzeugen Hausorthographien; Texte aus verschiedenen Quellen müssen so orthographisch angepaßt werden, unter Umständen mehrfach, falls sie für verschiedene Medien mit unterschiedlichen Hausorthographien verwendet werden.

Varianten wirken also zeitverzögernd und kostentreibend. Vermutlich ist es manchen Verlagen und Nachrichtenagenturen egal, wie etwas geschrieben wird, Hauptsache, es ist eindeutig festgelegt.

Eine Lösung wäre in der Tat ein neuer Buchdrucker-Duden (sollen sich die Verlage und Nachrichtenagenturen die gewünschten Festlegungen doch selbst erarbeiten!).

Eine andere wäre eine Variantenführung in den Wörterbüchern (oder in wenigstens einem anerkannten Wörterbuch) gemäß vorherrschendem Sprachgebrauch. Das Duden-Monopol ist selbstverständlich nicht wiederherzustellen. Die Aufgabe, den Sprachgebrauch zu verfolgen und die Wörterliste entsprechend behutsam anzupassen, kann dem Rat für Rechtschreibung übertragen werden. Den Sprachgebrauch zu verfolgen ist heute, v.a. dank dem Internet und seinen Suchmaschinen, mit verhältnismäßig geringem Aufwand möglich. Wo für Wörter verschiedene grammatisch richtige Schreibweisen möglich sind, wäre bloß noch festzulegen, wann eine Variante zur Hauptvariante (z.B. wenn sie fünf Jahre mehrheitlich verwendet wird) und wann zur alleinigen Variante wird (z.B. wenn sie fünf aufeinanderfolgende Jahre mit Zweidrittelmehrheit verwendet wird).

Falls dabei radfahren/Auto fahren herauskommt, was ich mir ohne weiteres vorstellen kann, wäre dies allerdings hinzunehmen, wie jedes demokratische Verdikt.

 
 

Kommentar von Jörg Metes, verfaßt am 06.12.2005 um 10.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=59#1894

Theodor Ickler: Der Bundeselternrat und die Schülernvertretungen gehören zu den Claqueuren, auf die sich KMK und VdS verlassen können.

Hierzu als Nachtrag eine Stellungnahme des Vorsitzenden vom August 2004:

»Neuregelung ist ein Glücksfall für uns

Wilfried W. Steinert (54) ist Vorsitzender des Bundeselternrats. Er sagt: Recht auf Bildung ist auch Verpflichtung zur umfassenden Schreib- und Leseerziehung für alle Kinder.

Der Umgang mit der Rechtschreibreform zeige, wie fähig oder unfähig wir sind, überhaupt mit Reformen umzugehen.


„Rechthaberei statt Reform – so kann man das Sommertheater bezeichnen, das Spiegel, FAZ und Co. aufführen. Und dies zu Lasten der Schülerinnen und Schüler, die sich in den letzten fünf Jahren auf die neue Rechtschreibung eingelassen und sie gelernt haben!

Jeder, der am Computer mit Schreibprogrammen arbeitet, hat sich von den Rechtschreibprogrammen in die neue Rechtschreibung hineinnehmen lassen.

Und nun: Alles zurück! Kauft neue Computerprogramme! Stampft die alten Schulbücher ein und kauft neue!

Da mag man sich fragen, warum nicht noch weiter zurück? Warum nicht das Deutsch Martin Luthers? Warum dann nicht auch „Thür“ und „Thal“ schreiben?

Die Reform ist ein Glücksfall für unsere Sprache. Sie zeigt, dass unsere Sprache lebendig ist. Und wenn Kinder Sprache lernen, lassen Sie sich auf einen Prozess der Aneignung von Konventionen über Schreibweisen ein. Das braucht langen Atem, Kontinuität, Bereitschaft zum lebenslangen Lernen.

Statt weitere Kräfte in den Streit um die Reform der Rechtschreibung zu investieren, sollten die Bemühungen zum Erlernen der deutschen Sprache verstärkt werden.“«


( Kölner Express, 08.08.2004 )
 
 

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