zurück zur Startseite Schrift & Rede, Forschungsgruppe dt. Sprache    FDS - In eigener Sache
Diskussionsforum Archiv Bücher & Aufsätze Verschiedenes Impressum      

Theodor Icklers Sprachtagebuch

Die neuesten Kommentare


Zum vorherigen / nächsten Tagebucheintrag

Zu den Kommentaren zu diesem Tagebucheintrag | einen Kommentar dazu schreiben


08.05.2011
 

Was ist ein Substantiv?
Am Genus kann es nicht liegen

Da im Deutschen jedes Substantiv ein Genus hat, sind einige Grammatiker auf den Gedanken gekommen, diese Eigenschaft zum definierenden Kriterium der Wortart Substantiv zu erklären.

„Nomina sind Wörter, die ein bestimmtes Genus haben.“ (Engel 1988:500)

Winfried Thielmann, der dies zustimmend zitiert, ist besonders konsequent. In seinem Beitrag zu Ludger Hoffmanns Handbuch der deutschen Wortarten sowie in anderen Arbeiten vertritt er seinen Standpunkt sehr entschieden: „Dass ein Ausdruck ein Substantiv ist, erkennt man im Deutschen am Genus.“ (Substantiv: Zur Geschichte der Kategorie und ihrer Problematik. Studi Linguistici e Filologici Online 4.2)
Die nächstliegende Folge ist, daß Substantive in genuslosen Sprachen ganz anders definiert werden müssen. Es widerspricht aber sicherlich der Intuition, daß dies schon in einer so ähnlich gebauten Sprache wie dem Englischen notwendig werden soll, doch Thielmann erklärt ausdrücklich, „dass die Wortklasse Substantiv nicht als Universale angesetzt werden kann, da es etwas Grundverschiedenes ist, ob, wie im Englischen, eine quasi-substantivische Qualität purer Symbolfeldausdrücke mit Mitteln der Serialisierung hergestellt wird, oder, wie z.B. im Deutschen, bestimmte Symbolfeldausdrücke durch das operative Moment des Genus hinsichtlich ihrer Nennqualität als Substantive ausgewiesen sind.“

Ein Ausweg aus dieser mißlichen Lage wird jedoch von Thielmann selbst vorbereitet. Im „Handbuch“ bemerkt er in einer Fußnote: „Determinationsfähig sind im Deutschen alle Ausdrücke mit Genus.“ (804) Das Umgekehrte gilt natürlich auch, denn die determinierenden Ausdrücke sind fast ausnahmslos genusflektiert, also genusregiert vom Substantiv. Warum wird dann nicht die Determinierbarkeit als Kriterium der Wortart Substantiv genommen, womit das Englische und andere Sprachen sofort vergleichbar wären? Sogar entferntere Sprachen wie das Chinesische lassen sich auf diese Weise vergleichen: zhe ben shu (dieses Buch) oder san ge haizi (drei Kinder) sind zweifellos Substantivgruppen.



Diesen Beitrag drucken.

Kommentare zu »Was ist ein Substantiv?«
Kommentar schreiben | neueste Kommentare zuoberst anzeigen | nach oben

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.05.2011 um 08.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#18617

Orthographisch führt Thielmanns Auffassung in die Irre.
Nach Thielmann sind der/die/das Schöne keine Substantive, da sie „das Genus über den Determinator zugewiesen bekommen.“ Was soll das heißen? Das Genus besteht doch gerade darin, daß die Substantive die genusflektierenden Determinatoren regieren? Die Form des Determinators kann doch nicht zuweisen, welche Form des Determinators bei einem Substantiv steht. Thielmann hält aber insgeheim, wie man auch an anderen Stellen sehen kann, das Genus für eine verborgene Eigenschaft der Substantive. Zusammen mit seiner Auffassung, daß das Genus das Substantiv ausmache, kommt er dann zu der These: „Großgeschrieben werden im Deutschen also nicht Substantive, sondern diejenigen Einheiten, die Kopf einer Nominalphrase sind (cf. Maas 1992).“ Damit ist er wieder bei der syntaktischen Definition des Substantivs. Warum nicht gleich so? Der Umweg über das Genus führt nur zu Widersprüchen.
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 09.05.2011 um 14.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#18619

Natürlich ist die syntaktische Definition eines Substantivs viel sinnvoller, zugleich frage ich mich jedoch, ob sich hinter all dem Genusgefasel nicht auch der Selbsterhaltungstrieb der Reformer verbirgt.
Wenn nämlich tatsächlich "diejenigen Einheiten, die Kopf einer Nominalphrase sind" im Deutschen "großgeschrieben" werden, kommen die reformtreuen Grammatiker bei unseren bekannten Problemen wie der Großschreibung der Tageszeiten ("heute Abend", "morgen Mittag") und der Großschreibungen von adverbialen Wendungen ("im Allgemeinen", "im Voraus", "als Erster") in große Erklärungsnot.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.05.2011 um 11.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#18662

Die Definition der Substantive über das Genus scheitert ja schon an den Pluraliatantum. Thielmann bricht sein Eisenberg-Zitat vorzeitig ab, denn dort sind sie gleich als genuslos erwähnt. Die strikten Pluraliatantum wie die Ferien wären nach Thielmann überhaupt keine Substantive. Für weniger strikte wie die Eltern gilt es ebenfalls, weil der Singular praktisch auf die Fachsprachen beschränkt ist.
(Es gibt nicht so viele Pluraliatantum, wie manche Grammatiker annehmen. Zum Beispiel ist die Liste in der Dudengrammatik völlig indiskutabel. Aber es gibt doch genug, um die Substantivdefinition über das Genus zu widerlegen. Die Determinierbarkeit bleibt natürlich bestehen.)
 
 

Kommentar von Oliver Höher, verfaßt am 13.05.2011 um 11.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#18665

Wie heißt denn der fachsprachliche Singular des Pluraletantum die Eltern? Ich dachte bislang immer, das sei Elternteil
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.05.2011 um 11.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#18666

das Elter (in der Zoologie üblich)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.05.2011 um 12.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#18668

Der Plural die Pluraletantums, der auch im Brockhaus-Wahrig vorgesehen ist, wird nach wie vor von den gebildeten Schreibern, um die es hier ja allein geht, kaum benutzt, vgl. hier.

Wir bringen unseren Studenten so etwas auch nicht bei.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.05.2011 um 07.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#18706

Wenn man spaßeshalber die groteske Form Pluraliatanta mal bei Google eingibt, ist man denn doch etwas überrascht, wie viele Sprachwissenschaftler, sogar gestandene Germanisten, sie verwenden. Ich habe ja schon oft gesagt, daß für mich die Menschwerdung nicht mit Lateinkenntnissen anfängt (hierin unterscheide ich mich vom sonst geschätzten Heimito von Doderer), aber Germanist kann man ohne Latein schlechterdings nicht werden. Manche gebrauchen die unmögliche Form über Jahre hin, es scheint sie auch nie jemand darauf hinzuweisen.
Latein und Griechisch sind Mutter und Tante aller europäischen Sprachen, auch der nichtverwandten (durch Entlehnung und Übersetzung).
Mangelhafte Sprachkenntnis verwundert besonders bei Typologen, die sich über Dutzende von Sprachen auslassen, ohne eine einzige davon wirklich zu beherrschen. Georg von der Gabelentz hat vor über 100 Jahren gefordert, was ein Sprachvergleicher unbedingt haben muß: gründliche grammatische Kenntnisse der untersuchten Sprachen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 15.09.2012 um 12.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#21476

In seltenen Fällen scheinen auch Substantive im Singular kein Genus zu haben. Duden verzeichnet zwar das Aids und fügt hinzu "meist ohne Artikel", aber selbst dies kommt mir noch zu großzügig vor. Natürlich kann man sich anaphorisch mit es/das darauf beziehen (er hat Aids, sie hat es auch), aber das ist kein sicheres Zeichen für neutrales Genus.
Es bleibt nur die Distribution als Kriterium der Wortart: Aids kann jeder bekommen usw.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.10.2012 um 07.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#21798

Nach dem Hinweis von Horst Ludwig im Diskussionsforum müßte Thielmann, wenn er das Substantiv über das Genus definiert, sich auch zur Großschreibung bei Arm und Reich äußern; d. h. er müßte sie zurückweisen.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 28.10.2012 um 13.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#21801

Arm und Reich usw. können keine Substantive sein, außer die deutsche Grammatik wurde ebenfalls geändert. In "Der kleine Duden, Deutsche Grammatik" wird ausdrücklich vor dem "sich im Kreise drehenden" Schluß gewarnt:
"Substantive schreibt man groß. – Was groß geschrieben wird, ist ein Substantiv." Substantive haben in der Regel ein festes Geschlecht. Sie verändern sich nach Zahl und Fall.
Welche Wortart sind also "Arm und Reich" usw.?
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 28.10.2012 um 21.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#21804

Alle Äquivalenzen sind sich im Kreise drehende Schlüsse. Das heißt noch nicht, daß sie falsch sind.

"In der Regel", ja, aber wer sagt uns, daß nicht Arm und Reich zu den wenigen Ausnahmen gehört? Wenn mit Arm und Reich nicht Eigenschaften, sondern Bevölkerungsgruppen gemeint sind, kann man sie m. E. als Substantivierungen ansehen.
 
 

Kommentar von Argonaftis, verfaßt am 29.10.2012 um 22.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#21807

so wie eine Arztpraxis für Groß und Klein Erwachsene und Kinder behandelt.
Weitere Beispiele für Paarformeln: der (Generationen-)Konflikt zwischen Alt und Jung.
Eine Mischung aus Alt und Neu.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 30.10.2012 um 23.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#21817

Ich wollte natürlich nicht sagen, daß diese Paarformeln immer als Substantivierungen zu betrachten und damit groß zu schreiben sind. Ich glaube, in den meisten Fällen ist klein besser. Ich meine nur, daß es vom konkreten Fall abhängt und daß es durchaus Fälle gibt, wo mir Großschreibung (Substantivierung) angemessener erscheint. Es hängt jedenfalls nicht davon ab, ob man dem Substantiv ein Geschlecht zuordnen kann.
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 31.10.2012 um 23.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#21827

Schon der Duden 1991 sah in bestimmten Fällen die Großschreibung solcher Paarformeln vor (Regel 65):

„Man muß unterscheiden:

arm und reich ( = jedermann), aber: der Unterschied zwischen Arm und Reich ( = zwischen Armen und Reichen)“

Demnach ist die Großschreibung in dem Beispiel von Herrn Ludwig und in den letzten beiden Beispielen von Argonaftis laut Duden 1991 richtig, in dem ersten Beispiel dagegen die Kleinschreibung (Arztpraxis für groß und klein).

Allerdings fehlte dieser Hinweis auf mögliche Großschreibung in früheren Auflagen des Duden, jedenfalls bis zur 18. Auflage (1980). Man mußte daher seinerzeit annehmen, daß solche Paarformeln ausnahmslos klein zu schreiben seien.

Nun mag man sich fragen, ob es für die Schreibung dieser Paarformeln überhaupt ein Regelungsbedürfnis gibt, zumal der Usus wohl nie so ganz eindeutig war. Ein Bedeutungsunterschied ist nicht zu erkennen. Außerdem leuchtet es nicht unmittelbar ein, warum arm und reich klein, dagegen Arme und Reiche groß zu schreiben sei.

Es stellt sich auch noch eine grammatische Frage: Wenn eine Paarformel als Subjekt gebraucht wird, steht das Verb in der Einzahl oder der Mehrzahl? Beides kann man finden. Man könnte das darauf zurückführen, daß man etwa arm und reich bei pronomialem Gebrauch durch jedermann oder durch alle ersetzen kann.

Gibt es eine Grammatik, die sich dazu äußert?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 22.01.2013 um 16.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22430

Die Neuregelung unterscheidet bekanntlich zwischen (für) Jung und Alt/Arm und Reich einerseits und durch dick und dünn usw. andererseits. Als unterscheidendes Merkmal wird angegeben, daß es sich bei der zweiten Gruppe um "feste Verbindungen aus Präposition und Adjektiv" handele.
Ich lasse dahingestellt, wieso daraus eine unterschiedliche Groß- und Kleinschreibung folgen soll.
Die Dudengrammatik von 2005 (also Reformer Gallmann) meint,
daß in präpositionalen Wendungen wie durch dick und dünn „wohl Verbindungen aus Präposition und adverbialem Adjektiv“ vorliegen (356). Aber adverbial ist erst die gesamte Verbindung, nicht das einzelne Adjektiv. Durch dick und dünn ist genau so konstruiert wie das zuvor angeführte zwischen Arm und Reichoder für Jung und Alt (dies ist nicht ausdrücklich angeführt, nur die präpositionslose Paarformel). (Der ganze Paragraph 475 ist vage und unsicher formuliert.)
Aber wie fest ist die Verbindung von Präposition und Adjektiv wirklich? In der Kommentarliteratur wird auch immer nur angeführt: aus/von nah und fern, also zwei feste Präpositionen. Googeln wir mal: Reisen nach nah und fern ... Linsen, Brillen, Wanderpläne für nah und fern; diese Begegnung zwischen Nah und Fern wird in der Ausstellung thematisiert; für den bei nah und fern beliebten Weihnachtsmarkt; Kommunikation mit nah und fern. Wo bleibt also der Unterschied zu Arm und Reich?
Natürlich kann man die willkürlichste Regelung Wort für Wort in die Rechtschreibprogramme einfügen, aber damit ist die sachliche Problematik nicht gelöst.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 22.01.2013 um 19.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22432

in seiner DASD-Vorlage zur GKS schrieb Eisenberg 2009, daß Jung und Alt usw. »verkürzte Formen« der »festen Paarformeln« Junge und Alte usw. seien. Den für diese These erforderlichen Nachweis, daß letztere Formeln sprachgeschichtlich älter sind, erbringt er jedoch nicht.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 01.02.2013 um 07.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22524

Man schreibt zum Beispiel: white ist englisch für "weiß". Also englisch klein. Das Substantiv Englisch, das für die englische Sprache steht, wäre vielleicht nicht ganz falsch, aber zumindest die schlechtere Lösung.

Aber: yuraq ist Quechua für "weiß".

Warum wird hier plötzlich groß geschrieben? Im Duden kommt quechua gar nicht vor, obwohl es doch ein (indeklinables) Adjektiv quechua geben müßte. Kann hier jemand aufklären?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.02.2013 um 10.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22525

Bis auf ein paar erratische Einträge findet man anscheinend kein solches Adjektiv (im prototypischen attributiven Gebrauch). Also keine quetchua Übersetzung, aber auch vieles andere nicht, keine eipomek Übersetzung oder den dazu passenden Dolmetscher usw. Der Grund dürfte einfach sein, daß man zu selten davon spricht. (So habe ich ja auch bis heute keine Auskunft darüber finden können, ob Pygmäen an Universitäten studieren ...)
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 01.02.2013 um 10.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22526

Ja, aber was heißt prototypisch? Es gibt eine Verwendung, die in bestimmten Texten ständig vorkommt: wenn man bei der Betrachtung eines Wortes oder Gegenstandes die Entsprechungen oder verwandte Begriffe aus Nachbarsprachen mit angibt. Beispiel (Wikipedia über Bernstein):

Ein anderer Name für Bernstein lautet „gelbe Ambra“; dieser Begriff leitet sich, ebenso wie die in einigen Sprachen ähnlich lautende Bezeichnung für Bernstein (engl.: amber; frz.: ambre jaune; span.: el ámbar; ital.: ambra) von dem arabischen Wort anbar mit gleicher Bedeutung ab.

Die Abkürzungen veranschaulichen die Häufigkeit. Zu diesem engl. usw. müßte es eine Entsprechung quechua geben, ggf. auch eine Abkürzung. Stattdessen tritt dann das Substantiv ein, so daß eine Reihung entstehen kann wie engl.span.Quechua oder port.Tupí.

Daß es eine solche Ungleichbehandlung gibt, kann man nachvollziehen. Interessant finde ich vor allem die Frage, ob die Wortart doch nicht so klar ist, wenn man solche Sätze wie diesen betrachtet: Bekanntlich leitet sich deutsch Guano von Quechua wanu her.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 01.02.2013 um 11.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22527

Zu #22524: Wenn ich etwas "auf katholisch" mache, dann heißt auch nicht, daß hier "katholisch" ein Substantiv ist. Ebenso ist in "deutsch sprechen" das Wort "deutsch" erstmal ein Adverb. Erst mit dem Verständnis von der bloßen Fähigkeit, deutsch zu sprechen, kommt die Idee von dem "Substantiv Englisch, das für die englische Sprache steht," auf. Ich meine, selbst in "er kann gut deutsch" ist "deutsch" immer noch ein Adverb; der Infinitiv "sprechen" kann hier durchaus dem Deutschen gemäß ausfallen (bei modalen Hilfsverben, und ich meine, die Kleinschreibung nach "können" sogar mal in einem Duden gesehen zu haben). Niemand würde sagen, "er kann nur schlechtes Deutsch", meine ich, sondern nur, "er kann nur schlecht deutsch". Was ich hier sage, erklärt zwar nicht die Großschreibung von "Quechua" im angegebenen Beispiel, kann aber vielleicht etwas zur gewünschten Aufklärung beitragen. Auf jeden Fall spreche ich auch die englische Sprache, weil jeder hören kann, daß ich ja englisch kann, dabei auch englisch schreiben kann (wie das auch in meiner US-Einbürberungsakte steht, weil ich den Satz "The little girl is pretty" in der Prüfung fehlerlos schrieb [wie mir später aufging, zur Schreibprüfung ein ganz raffinierter Satz übrigens!]). Englisch würde "Quechua" natürlich groß geschrieben; aber das hat einen anderen Grund und nichts mit der Wortklasse zu tun. Zu fragen ist im Deutschen hierzu jedenfalls immer erstmal, ob die Sprachenangabe wirklich ein Substantiv ist.

 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 01.02.2013 um 12.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22528

"Ich kann englisch schreiben" sieht seltsam aus. Da frage ich mich, wie englisches Schreiben klingen mag.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 01.02.2013 um 15.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22529

Es gibt durchaus ein paar Belege für quechuanisch. Nur Mut!
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 01.02.2013 um 23.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22530

"...,obwohl es doch ein (indeklinables) Adjektiv quechua geben müßte."

Warum "müßte" es ein solches Adjektiv geben?
Das Adjektiv englisch ist offenkundig eine adjektivische/adverbiale Ableitung. Daraus wird konventionell das Substantiv Englisch (kurz für englische Sprache) gebildet.

Quechua ist dagegen ein Substantiv - wie Esperanto. Warum sollte es auch adjektivisch/adverbial verwandt werden können? Warum "müßte" es denn auch diesen umgekehrten Weg geben? Wo steht das geschrieben?
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 02.02.2013 um 01.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22531

Die Konstruktion mit "auf" geht in jeder Sprache:
etwas auf quechua sagen
Da geht nur Kleinschreibung, und ich halte das für ein Adjektiv.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.02.2013 um 04.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22532

Vielleicht trägt es zur Klarheit bei, wenn ich einen Abschnitt über das Adjektiv hier einrücke:

Adjektive bilden eine unscharf abgegrenzte Klasse von Wörtern, deren prototypische Vertreter folgende Eigenschaften haben:
– sie sind deklinierbar nach Kasus, Numerus und Genus, und zwar stark und schwach
– sie sind komparierbar, wenn die Bedeutung es zuläßt
– sie können attributiv, prädikativ und adverbial gebraucht werden

Die drei Gebrauchsweisen treten in folgenden Verbindungen auf:
– attributiv, prädikativ und adverbial (gut)
– attributiv und adverbial (anderweitig)
– prädikativ (pleite)
– attributiv (baldig)

1. Attributiver Gebrauch
Das Adjektiv steht typischerweise vor dem Substantiv und nach dem Artikelwort, falls ein solches vorhanden ist. Nur in dieser Stellung ist es dekliniert, dann aber fast ausnahmslos:
roter Wein
dieser schwere Koffer
seine gesammelten Schriften
das kleine Kind
Elliptisch:
Es gab auch Wein, roten und weißen.
Der Vorschlag war ein guter.

Von der obligatorischen Deklination in attributiver Voranstellung gibt es einige Ausnahmen, teilweise handelt es sich um Archaismen:
Gut Ding will Weile haben.
fließend Wasser
ganz Europa
Klein Erna
Schwäbisch Gmünd, Hannoversch Münden
ihre rosa Unterwäsche
ein prima Vorschlag
Berliner Weiße (ursprünglich Genitiv Plural der Einwohnerbezeichnung)
die achtundsechziger (68er) Bewegung
Russisch Brot

Die Farbadjektive werden vor allem umgangssprachlich oft mit einem n zur Hiattilgung versehen und dann dekliniert: das lilane Kleid.

Einige Adjektive werden nur attributiv gebraucht: baldig, unzählig.

Das attributive Adjektiv kann in besonderen Zusammenhängen auch nachgestellt werden, es ist dann unflektiert:
Hänschen klein
Erholung pur
Forelle blau

Starke und schwache Flexion:
Die starke Flexion des Adjektivs zeigt im wesentlichen die pronominalen Endungen (wie dieser), die schwache hat nur die Endungen -e und -en der schwachen Substantive. Das attributive Adjektiv ist stark gebeugt, wenn kein Artikelwort oder ein unflektiertes vorhanden ist, sonst schwach. Der Kasus wird also in der gesamten Substantivgruppe meist nur einmal eindeutig angezeigt; man spricht von Monoflexion oder monoflexivischer Kooperation:
solch abfällige Urteile (SZ 23.7.11)
Nach ein, kein und mein wird das Adjektiv gemischt dekliniert, weil es von den stark flektierten Artikelwörtern ein usw. auch merkmallose Formen gibt.

Das System ist nicht vollständig stabil, schwankender Gebrauch ist nach Wörtern zu beobachten, die etwa in der Dudengrammatik (2005) S. 286 ff. aufgelistet sind.

2. Prädikativer Gebrauch
Viele Adjektive können mit einem Kopulaverb zusammen das Prädikat bilden:
Jeder Trost ist niederträchtig.
Nur prädikativ werden gebraucht:
egal, einerlei, feind, gram, plemplem, schnuppe, untertan, leid, pleite, schade, schuld, quitt, uneins, allein u. a.
Die Adjektive hoh-, ander- und besonder- haben prädikative und adverbiale Sonderformen (Stammallomorphe): hoch, anders, besonders.
Ebenso der Superlativ aller komparierbaren Adjektive: Die Treppe ist am steilsten.
Adjektive, die nur prädikativ gebraucht werden, sind weder deklinierbar noch komparierbar und daher untypisch für die Kategorie Adjektiv, aus der manche Grammatiken sie denn auch ausschließen. Sie stehen syntaktisch an einer Stelle, an der man Ausdrücke unterschiedlicher Art antrifft:
Die Tochter war herrschsüchtig, harten Sinns, von frecher Zunge, meinem Rate stets zuwider (Herder).
Die Sprecher überführen solche Prädikativa gern auch in die attributive Verwendung:
ein zuwiderer (österr. zwiderer) Mensch
die zue Tür, der abbe Knopf
So sind bereits Adjektive wie zufrieden, vorhanden, ungefähr entstanden.

3. Attributiv und prädikativ, aber nicht adverbial werden Adjektive gebraucht, die sich auf Eigenschaften von Gegenständen oder Personen beziehen:
rot, dreieckig u. a.

4. Attributiv und adverbial werden gebraucht:
ständig, stündlich, völlig
vermutlich, angeblich, mußmaßlich
Gelegentlich kommt hier auch prädikativer Gebrauch vor:
Vertrautheiten mit der Materie erweisen sich damit schnell als vermeintlich. (Aus Politik und Zeitgeschichte 7.10.94)
Bezugsadjektive werden fast ausschließlich attributiv und adverbial gebraucht:
schulische Betreuung
Sehr geehrter Herr ..., für meine zahnärztliche Bemühung berechne ich Ihnen wie folgt. (Zahnarztrechnung)

Zu Fällen wie alter Freund, starker Raucher siehe Attribut.
Das Partizip I (siehe dort) wird nur unter besonderen Umständen prädikativ gebraucht.

5. Adjektive als Subjekts- und Objektsprädikative
Er kam betrunken nach Hause.
Er trinkt den Kaffee schwarz.
Er findet den Kaffee zu stark.
Die Freunde gingen quitt auseinander.
Wir lassen euch allein.

Die unflektierte prädikative Form liegt auch bei nebensatzwertigen Appositiven vor:
Die Freunde, endlich quitt ...

Anmerkungen:
1. Die Partizipien sind Verbaladjektive und werden hier mitbehandelt.
2. In der Dudengrammatik wird die Substantivierung des Adjektivs als vierte Gebrauchsweise dargestellt.
Bei nur syntaktischer Substantivierung (Transposition) bleibt die attributive Deklination erhalten: ein Alter/der Alte, eine Alte; ein Angestellter/der Angestellte, die Angestellte. Hier sind, soweit die Bedeutung es zuläßt, auch die Genusflektion und die Komparierbarkeit erhalten. Elliptische Deutung ist bei die Linke (= linke Hand), der Rote (= rote Wein) naheliegend, nicht aber bei der Heilige, der Weise (nach Blatz I:355).
Die lexikalische Substantivierung überführt das Adjektiv in ein Substantiv: ein Junge, ein Invalide; umgekehrt: der Gläubiger.
sein Deutsch (nicht Deutsches) ist fehlerhaft, aber: die Fehlerhaftigkeit seines Deutschs/Deutsches
3. Farbadjektive wie lila werden – vor allem umgangssprachlich – auch schon dekliniert, und zwar meist mit eingeschobenem n: ein lilanes Kleid.
4. Die unflektierten Adjektivattribute werden oft mit dem Substantiv zu einem Kompositum zusammengerückt: Preußischblau.
5. In einigen Grammatiken werden Adjektive zu den nur prädikativ verwendbaren gezählt, die durchaus auch attributiv vorkommen, z. B. zugetan, abhold, teilhaftig, gewillt (alle Dudengrammatik 2005:365); auch kaputt, das die Dudengrammatik der Umgangssprache zuweist.
6. In Formeln wie durch dick und dünn handelt es sich um die übliche unflektierte Form bei Aufzählungen (statt durch Dickes und Dünnes). Bei Anzeige gegen Unbekannt oder verzogen nach unbekannt wird das Adjektiv als Stellvertreter für etwas nicht Bekanntes eingesetzt und wäre in Anführungszeichen denkbar, da es sich nicht in Konstruktion befindet.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 02.02.2013 um 07.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22534

Vielen Dank für diesen sehr klaren Text über Adjektive. Er zeigt, daß es nicht nur "prototypische" Adjektive gibt, sondern auch solche mit weniger umfangreichem Gebrauch, insbesondere auch Adjektive mit nur prädikativem Gebrauch (es werden 14 Beispiele angeführt mit dem Zusatz u. a.). Sie sind zwar "untypisch" für die Kategorie Adjektiv, aber es sind nach mehrheitlichem Verständnis Adjektive. Es gibt sie. Allein mit der beschränkten Verwendbarkeit kann man das äußerst seltene Vorkommen von quechua also nicht begründen.

Zu Herrn Achenbach: Sie haben wieder mal einen (vermeintlichen) Unterschied festgestellt, aus dem sich aber nichts gegen meine Idee ableiten läßt. Im Gegenteil: Daß man Sprachen normalerweise mit einem substantivierten Adjektiv bezeichnet (Deutsch, Englisch), legt doch erst recht den Schluß nahe, daß es (auch) ein Adjektiv quechua geben sollte.

Worüber ich mich wundere, habe ich schon gesagt. Hier noch einmal: Es mutet unlogisch an, daß man eine ganz normale Formulierung mit einem Sprachenadjektiv wie englisch bilden kann, aber (laut zwanghafter Großschreibung) nicht mit quechua:
white ist englisch für weiß
yuraq ist Quechua für weiß

Oder:
Für deutsch weiß steht englisch white und Quechua yuraq

Oder:
weiß (deutsch), white (englisch), yuraq (Quechua)

Ist das nicht merkwürdig? Ich wollte diese für mich interessante Beobachtung mitteilen.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 02.02.2013 um 08.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22535

Hierzu separat noch eine weitere Beobachtung. Es gibt eine nahe Verwandtschaft zwischen Adjektiven, die Farben bezeichnen, und solchen, die Sprachen bezeichnen. Normale Adjektive sind z. B. rot und englisch. Das Substantiv Rot bezeichnet die Farbe selbst: ein helles Rot. Das Substantiv Englisch bezeichnet die Sprache selbst: das heutige Englisch. Aus diesem Gebrauch versteht es sich von selbst, daß die übliche Kleinschreibung in den von mir zuvor angeführten Beispielen sinnvoll ist:

white ist englisch für weiß

Nun gibt es heutzutage Farben wie sand, flieder, koralle oder aubergine (ich hätte eigentlich groß schreiben müssen!). Diese Wörter werden meistens – und auf jeden Fall in einer Reihe mit anderen Farbdjektiven – klein geschrieben: Poloshirt (weiß, hellblau, flieder oder sand). Sie werden sogar dann in der Regel klein geschrieben, wenn ein vorangestelltes in eine Substantivierung nahelegt: Poloshirt in sand.

Das sind auch solche untypischen Adjektive, mit denen sich nicht viel mehr Syntax verbinden läßt als Das ist sand. Trotzdem gibt es diese Adjektive. Irgendwie muß man ja ausdrücken, welche Farbe die T-Shirts haben, sei es auch nur stichwortartig in einer Aufzählung.

An den Beispielen sieht man allerdings auch, warum die schriftliche Unterscheidung mittels Groß- und Kleinschreiung sich aufdrängt: Poloshirt in Sand ruft die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Sand störend ins Bewußtsein des Lesers. Um möglichst von Auberginen, Korallen und Sand wegzukommen und die Farbqualität darzustellen, greift der Schreiber zur Kleinschreibung sand usw. Das gilt übrigens auch für gold, silber, bronze und ähnliche von Metallen abgeleitete Farbadjektive. Ein Gegenstand in silber ist etwas anderes als ein Gegenstand in Silber.

Diese Gefahr von Mißverständnissen und störenden Assoziationen gibt es nicht, wenn man auf die Unterscheidung zwischen Quechua und quechua verzichtet, wie es ja offenbar der Fall ist. Dennoch sind Farbadjektive wie silber oder sand aus meiner Sicht ein gutes Argument für die Existenz des verschmähten Adjektivs quechua.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 02.02.2013 um 09.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22536

Zu #22528: "'Ich kann englisch schreiben' sieht seltsam aus." — Ja, das mag sein, und das Problem kommt hier natürlich auch daher, daß "Englisch" eine Sprache ist und ein Schulfach und eine Ausdrucksweise ("sein Englisch / derartiges Englisch ist ...") und somit eben auch klar ein Substantiv ist. Wir haben da schon einige beachtliche Interferenz. Trotzdem herrscht bei mir das Gefühl vor, daß die Produktion der Kommunikation (sprechen, schreiben) auf eine bestimmte *Art und Weise* erfolgt. Ich frage mich deshalb auch nicht, "wie englisches Schreiben klingen mag", sondern in welcher besonderen Weise hier etwas mittels Schrift mitgeteilt wird.

 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 02.02.2013 um 14.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22541

Ich teile Herrn Wrases Meinung. Man kann ohne weiteres schreiben,
yuraq ist quechua für weiß, quechua ist hier prädikativ gebraucht, also Adjektiv.

Bemerkenswert ist in dem Zusammenhang, daß alle Dudenausgaben (vor und nach der Reform) nur das Wort Latein als Synonym für Lateinisch enthalten, nicht latein, als ob es das kleingeschriebene Wort nicht gäbe. Meinte der Duden, es hieße nur auf lateinisch? Der Ickler ist das einzige Wörterbuch, in dem man auch auf latein findet.

Was für ein Wort ist latein? Ich bin wegen der Präposition nicht sicher, ob man es in auf latein ein adverbial gebrauchtes Adjektiv nennen darf. In 'niveus ist latein für weiß' ist es prädikativ gebraucht. Oder darf es hier nur 'ist lateinisch' heißen? Ich denke, latein ist ebenso gültig "adjektiviert" wie quechua.
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 02.02.2013 um 15.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22544

Vielleicht sollte man die Gleichsetzungskonstruktion »X ist A [für Y]« bzw. »X ist A [und bedeutet Y]« einmal genauer unter die Lupe nehmen.

»Furnace ist englisch für Hochofen« (Wikipedia) verstehe ich so: Das Wort Furnace ist englisch (= ein englisches Wort) und steht für Hochofen.

In »"Zeitnah" ist Politikerdeutsch und bedeutet: möglichst flott« (spiegel.de) wird das Wort zeitnah der Politikersprache zugeordnet. Hier soll gesagt werden, daß es Bestandteil dieser Sprache ist, ähnlich wie wenn man bei Lobith auf dem Rheindeich steht, auf zwei Häuser zeigt und sagt: »Das ist noch Deutschland, und das ist schon Holland«.

Politikerdeutsch ist ein Substantiv. Gibt es dazu auch ein Adjektiv politikerdeutsch? Wie steht es mit papierdeutsch? Der Duden kennt kein solches Adjektiv, Wiktionary schon: http://de.wiktionary.org/wiki/papierdeutsch#Adjektiv.

Quechua tanzt nicht nur wegen der Großschreibung aus der Reihe englisch, französisch, spanisch, italienisch. Das ganze Wortbild wirkt exotisch, und wenn man das Wort zum erstenmal hört, wird man schwerlich darauf kommen, daß es sich um eine Sprache handelt. Das gleiche gilt für Hindi, Bengali, Tagalog, Haussa, Esperanto usw. Anders zum Beispiel bei *Prantuanisch oder *Kontesisch. Hier würde man schon eher auf eine Sprache tippen, weil diese Bildungen dem bekannten Muster entsprechen. Nicht umsonst (wenn auch nicht ganz ernsthaft) hat Herr Markner quechuanisch ins Spiel gebracht.

Adjektive wie deutsch und englisch sind uns vertraut, sie tauchen unendlich oft und in allen möglichen Konstruktionen auf, so eben auch in substantivischer Form als Sprachbezeichnung. Bei Quechua, Hindi usw. ist es meines Erachtens genau umgekehrt. Diese Wörter sind zunächst nichts anderes als Sprachbezeichnungen, genauso wie Politikerdeutsch (= das Deutsch der Politiker). Man kann dazu natürlich ein Adjektiv bilden, wenn man möchte, aber ich sehe dazu in den hier besprochenen Fällen keine (grammatische) Notwendigkeit.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 02.02.2013 um 15.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22545

Bosnische Schulkinder (jedenfalls in der Republika Srpska) sagen: "Wir schreiben die eine Woche kyrillisch und die andere Woche lateinisch." Sie meinen natürlich die Schrift, in der sie ihre Sprache schreiben.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 02.02.2013 um 18.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22549

Ist die Unterscheidung nicht Sache des Schreibers?

Warum verstehen die Kinder den Fremden nicht? Er spricht (redet) englisch.

Warum versteht ihn der Lehrer? Der Lehrer spricht (kann) Englisch.


(Läßt sich auf Politikerdeutsch ebenso anwenden.)
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 02.02.2013 um 23.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22551

Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist vielleicht, daß der Merriam-Webster nur ein Substantiv Quechua, dagegen ein Adjektiv und Substantiv Quechuan kennt.

M.-W. kennt auch nur die Substantive Hindi, Urdu und Bengali - ebenso wie der Duden. Hindi und Bengali scheinen allerdings Ableitungen zu sein - womöglich adjektivische oder adjektivisch-substantivische?
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 03.02.2013 um 09.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22553

Zufällig sehe ich, daß der Wikipedia-Artikel über Texas so anfängt:

Texas (englisch Texas, v. cadd. táysha ‚Freunde‘ oder ‚Verbündete‘) ...

Hier hat also jemand die Kleinschreibung caddo gewählt (und den letzten Buchstaben durch einen Abkürzungspunkt ersetzt, was weniger vorteilhaft ist). Das steht seit etwa vier Jahren so da, scheint also zumindest die Leser nicht zu stören. Ich vermute als Hintergrund Gewohnheit, also Kleinschreibung analog zu dem, wie man es sonst an entsprechenden Stellen sieht. Auffällig ist eben, wie selten diese Kleinschreibung ist, wenn es sich um exotische Namen wie Quechua oder Caddo handelt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.05.2013 um 07.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#23151

Aus der Neuregelung:

»§ 58 E1: Superlative mit „am“ gehören zur regulären Flexion des Adjektivs; „am“ ist in diesen Fügungen nicht in „an dem“ auflösbar. Beispiele: Dieser Weg ist steil – steiler – am steilsten. Dieser Stift schreibt fein – feiner – am feinsten. «

Das kann man so nicht sagen. Die reguläre "Flexion" (richtiger: Stammbildung) des Adjektivs ist steilst. Das am tritt erst in bestimmten nicht-attributiven Fügungen auf.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 16.12.2013 um 16.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#24623

Laut Dudengrammatik (§ 229) soll sich zum Beispiel Celsius vom Eigennamen zum Appellativ entwickelt haben, wie Havanna, Diesel usw.
Aber Celsius hat gerade als Maßeinheit keinen Artikel, kein Genus - wieso ist es dann überhaupt ein Substantiv? Das ist doch offenbar mit Havanna und Diesel nicht zu vergleichen.
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 17.12.2013 um 14.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#24630

Erinnert mich an eine Zeitungsüberschrift: "CDU wählt heute Abend Vorstand". Wer ist dieser (diese?) Abend Vorstand und in welches Amt wird er (sie) gewählt?

 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.03.2014 um 05.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#25504

„Deklination ist die Flexion der Nomen und anderer nominaler Kategorien (z. B. Pronomen, Adjektiv, Artikel) nach Genus, Numerus, Kasus und Person.“

Das lehren bekannte Germanisten heute in ihren Seminaren. Es müßte doch jedem auffallen, daß Substantive nicht nach dem Genus flektiert werden.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 29.03.2014 um 14.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#25505

Höchstens bis auf die seltenen Ausnahmen, in denen zwei im Nominativ Singular gleichgeschriebene Substantive mit unterschiedlichen Genera und Bedeutungen existieren.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.03.2014 um 15.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#25506

Das würde man aber nicht "Deklination" nennen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 30.03.2014 um 00.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#25509

Noch mehr als die Nennung des Genus (nach dem sich wenigstens Adjektive beugen) verblüfft mich die Anführung der Person. Die spielt zwar bei der Konjugation von Verben eine Rolle, aber ich habe noch nie gehört, daß irgendein Wort nach der Person dekliniert wird.

Gemeint sein können damit ja wohl nur Personal- und Possessivpronomen? Aber sind Reihen wie z. B. ich-du-er oder unser-euer-ihr usw. Deklinationen, also Beugungen eines Wortes?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.03.2014 um 06.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#25510

Sehr berechtigter Einwand, Herr Riemer! Ich hatte das überlesen, weil ich mich im Augenblick vor allem für Genus interessiere.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 06.04.2014 um 01.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#25551

Die Frau sei mit anderen am Donnerstagmorgen Schwimmen gegangen, ...
(SZ, 4.4.14, S. 10)

Offenbar nach dem Muster "Isch geh Schulhof", Philipp Möller, Bastei Lübbe 2012.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.04.2014 um 14.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#25683

Wir haben vor einiger Zeit über ernst/Ernst machen diskutiert. Ich habe beides für sinnvoll gehalten, je nach Vorbild (schnell machen, Schluß machen). So ist es auch den Texten zu entnehmen.

Bei Pleite machen hatte ich nichts anderes als Großschreibung vorgesehen, aber die Kleinschreibung ist auch nicht ohne Vorbild: schlapp machen zum Beispiel.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 25.04.2014 um 21.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#25690

Ein Substantiv ist durch ein Adjektiv-Attribut erweiterbar, ein Adjektiv nur durch ein Adverb. Diese Aussage ist umkehrbar.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.04.2014 um 06.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#25692

Das Kriterium der Erweiterbarkeit versagt meist bei Phraseologismen.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 27.04.2014 um 23.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#25709

Substantivierte Infinitive (Verbalsubstantive) werden wie Substantive durch Attribut-Adjektive erweitert, substantivierte Adjektive dagegen wie Adjektive durch Adverbien.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.04.2014 um 04.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#25710

In welcher Sprache? Vgl. das sogenannte Böse usw.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 28.04.2014 um 14.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#25711

Danke für die Berichtigung. Substantivierte Adjektive können durch Adjektive oder durch Adverbien erweitert werden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.06.2014 um 04.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26118

Sie hatten genug damit zu tun, ihren steilen Bergfeldern das bisschen Mais, Zuckerrohr und Bohnen abzutrotzen, das sie zum Überleben brauchten. (FAS 21.6.14)
Die Kongruenz spricht dafür, bisschen als Substantiv zu behandeln und groß zu schreiben. Das hätten sich die Reformer nicht entgehen lassen dürfen. Sie schreiben sogar ausdrücklich dieses kleine bisschen ins Wörterverzeichnis.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.07.2014 um 08.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26216

Einige dutzende Flüchtlinge harrten hingegen in der Schule aus. (focus.de 3.7.14)

Meiner Ansicht nach nur substantivisch zu konstruieren.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 03.07.2014 um 21.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26225

Es irritiert mich dagegen oft, wenn ich Dutzende, Hunderte, Tausende lese. Es kommt mir oft im ersten Moment ein wenig wie Neuschrieb vor, obwohl ich weiß, daß diese Wörter vor der Reform (laut Duden) immer groß geschrieben wurden.

Auf mich wirken diese drei Wörter eher etwa wie viele, mehrere, einige, wenige, also wie unbestimmte Zahlwörter, nur daß sie den Spielraum eben ein bißchen genauer beschreiben als nur z. B. viele.
Ich finde, groß sollte man sie nur dann schreiben, wenn man auch Hundert, Tausend groß schreibt, also z. B. bei festen Packungsmengen. (Dutzend ist ein Sonderfall, da es als Zahlwort, etwa *zweidutzend, nicht existiert.)

Damit komme ich in diesem Punkt sogar der Reform näher, die ja dutzende, hunderte, tausende zuläßt. Nur vermisse ich da eine Differenzierung, denn ganz so egal wie den Reformern wäre es mir nicht, ob man nun dutzende oder Dutzende usw. schreibt.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 04.07.2014 um 01.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26226

Zu "Einige dutzende Flüchtlinge harrten hingegen in der Schule aus": Auch substantivisch konstruiert käme m. E. nicht die Pluralform "Dutzende" heraus, sondern "Dutzend". Ich glaube, Focus ist hier der Interferenz vom Adjektivendungssystem erlegen, von "einige arme Flüchtlinge" oder sowas. - Dutzend ist eigentlich kein "Zahlwort", sondern eine Maßeinheit wie Kilogramm, Stunde usw. So kann man sich beim Schlachter zwei Kilo Fleisch einhandeln und an sich selbst aber einige Kilos verlieren wollen. (Oder erliege ich hier der Interferenz vom Englischen, wo im letzteren Falle "kilos" gang und gäbe ist. Ohnehin ist im Englischen jedoch die Pluralform mit s für den Nicht-Singular fast die einzige: So zahle ich auch meine three dollars and fifty cents, wo's sein muß, erinnere mich aber später vielleicht auch, daß ich da was noch lt. Verkäufer zum Preis von three dollar fifty bekam, was dann aber am nächsten Tag schon three dollar ninety-five machte.)
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 06.07.2014 um 14.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26256

Durch das Zitat Einige dutzende Flüchtlinge ... bin ich in Wörterbüchern mit bewährter Rechtschreibung auf folgende Einträge gestoßen:

Duden (1991):
»dutzendmal; ein, ein halbes, einige, viele -, a b e r: viele Dutzend Male;«

»mal: ... ein halbes hundertmal, ein paar dutzendmal«

Ickler (2004): »viele dutzendmal«

Ich verstehe diese Schreibweise nicht. Vor einiger Zeit hatte ich noch im Streit mit Herrn Ludwig (hier http://www.sprachforschung.org/forum/show_comments.php?topic_id=105#10409 und folgende bis #10426) sehr davon überzeugt den Standpunkt vertreten, daß nur Substantive zählbar sein können. Ein Wort, auf das sich ein Zahladjektiv (bestimmt oder unbestimmt) bezieht, könne also nur ein Substantiv sein, kein Adverb.

Nun bezieht sich aber bei ein, zwei, viele dutzendmal das Zahlwort ganz klar aufs Adverb. Ist das nicht ungrammatisch? Da gerät bei mir nicht nur eine lange orthographische, sondern beinahe schon eine philosophische Grundüberzeugung ins Wanken. Wie kann etwas Nichtsubstantielles zählbar sein?

Meiner bisherigen Überzeugung nach muß es heißen:
dutzendmal, vieldutzendmal,
a b e r: viele Dutzend Mal oder viele dutzend Mal oder viele Dutzendmal
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 06.07.2014 um 18.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26257

Warum sollen im 60er- und 12er-System andere Schreibregeln als im 10er-System gelten? Wer "ein Dutzend Male" schreibt, muß konsequentamente auch "ein Kilo Meter, ein Kilo Gramm, ein Kilo Tonnen usw. schreiben.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 06.07.2014 um 18.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26258

Lieber Germanist,
das ist aber nun etwas ganz anderes. Wie wollen Sie denn ein Dutzend Male sonst schreiben? Das ist die bewährte Schreibweise und geht kaum anders, höchstens eindutzend Male, wenn Sie dutzend wie hundert, tausend behandeln.
Kilo- usw. sind keine selbständigen Wörter, sondern Maßeinheitenvorsätze, also etwa wie Präfixe.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 06.07.2014 um 22.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26259

kilo ist ursprünglich ein selbständiges Wort, nämlich das griechische Zahlwort chilioi (m.), chiliai (f.) tausend, chilias das Tausend, chIlioi drachmai tausend Drachmen, hippos chilia tausend Reiter. Es wurde aber auch als Präfix chilio- gebraucht: chilionaus aus tausend Schiffen bestehend, chiliontaetia Zeitraum von tausend Jahren, chiliotalantos tausend Talente schwer.
(Serbisch hiljada, Substantiv das Tausend, Zahlwort tausend)
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 07.07.2014 um 00.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26260

"Köln (dpa) – Mehrere hunderttausend Zuschauer haben in Köln die Christopher-Street-Day-Parade verfolgt. [/] 06.07.2014 20:55". Die Zuschauerzahl ist bis auf vielleicht wenige Milli Meter ziemlich genau wiedergegeben.

 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 07.07.2014 um 01.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26261

Im Deutschen ist das Kilo umgangssprachlich und bedeutet immer Kilogramm.
Was Sie mit "Milli Meter" sagen wollen, lieber Herr Ludwig, verstehe ich nicht, es soll wohl ein Scherz sein.
Mit der Gleichbehandlung verschiedener Zahlensysteme wäre ich ja einverstanden, es war nur laut bewährter RS nicht üblich.

Mit meiner Frage hat das aber alles nichts zu tun. Ich versuche es noch einmal mit anderen Worten.

Man schreibt:
Ich warte tagelang, nicht Tage lang.
Aber:
Ich warte viele Tage lang, nicht viele tagelang.

Warum gilt das nicht auch im folgenden? Man schreibt
Ich treffe dutzendmal, aber auch
Ich treffe viele dutzendmal, nicht viele Dutzend Mal.

Ist viele dutzendmal nicht genauso unsinnig wie viele tagelang? Kann ein Adverb zählbar sein?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.07.2014 um 05.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26263

Ausgangspunkt sollte wohl sein, daß wir die herkömmlichen Schreibweisen einmal, achtmal, jedesmal für richtig halten, nicht wahr? Die Reform hat das Problem ungelöst hinterlassen. jedesmal hat sie ganz beseitigt - angesichts der Häufigkeit dieses bewährten, zuvor nie in Frage gestellten Wortes eine ziemliche Ungeheuerlichkeit. einmal, achtmal, keinmal läßt sie weiterhin zu, stellt aber ein Mal, acht Mal, kein Mal daneben, "bei besonderer Betonung" - eine völlig unklare, auch niemals definierte Bestimmung. Was soll denn damit oder dabei betont werden? Ist das "Betonen" wörtlich gemeint? manchmal bleibt unangetastet. Wer soll daraus klug werden? Kein Wunder, daß die übereifrigen, aber denkfaulen Medien so viel getrennt schreiben wie möglich, und noch ein bißchen mehr.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 07.07.2014 um 08.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26264

Die Regelung im Duden ging davon aus, daß der Plural (die Pluralendung) das Substantiv gewissermaßen wiederaufleben läßt. Gleiches würde auch für das Dativ-e (zum letzten Male) gelten. Es handelt sich eher um eine Faustregel als um eine streng grammatische Vorschrift.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 07.07.2014 um 23.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26270

Die normalen, herkömmlichen Schreibweisen sind mir ja selbstverständlich. Aber es gibt eben auch ein paar Sonderfälle in der herkömmlichen Schreibweise.
Um die Betonung hat auch schon der bewährte Duden keinen Bogen gemacht, z. B. 1991 unter Stichwort mal:
»das eine Mal; ein Mal (beide Wörter sind betont, sonst: einmal);«

M. E. wäre z. B. folgende Schreibweise richtig:
Wage das noch ein (einziges) Mal, dann bekommst du meine Faust zu spüren! Auch ohne das Wort einziges würde ich groß (Mal) schreiben.
Oder:
Diese zwei Mal sei dir noch verziehen.
Hier kann ich mir zweimal gar nicht vorstellen.

Auch in Ihrem Wörterbuch, lieber Prof. Ickler, steht doch:
»ta|ge|lang; aber drei Tage lang«

Warum gilt für dutzendmal nicht das gleiche: drei Dutzend Mal? Der Duden (1991) und Ihr Wörterbuch verlangen viele dutzendmal, m. E. ein Widerspruch.


 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 08.07.2014 um 00.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26271

Ach so, das Plural-e, das ist für mich kein Unterscheidungsgrund.
Nach Zahlwörtern stehen männliche und sächliche Substantive sehr oft in der Einzahl:
dreißig Schuß, zwei Glas, zehn Sack, fünf Stück, ...,
daher ohne weiteres auch diese zwei Mal usw. statt Male.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.07.2014 um 03.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26272

Lieber Herr Riemer, da gibt es noch grammatische Unterschiede, aber ich will nicht darauf eingehen, sondern Sie nur daran erinnern, daß mein Wörterbuch ein anderes Ziel hat als die Reform: Ich stelle die übliche Schreibweise dar und will keineswegs eine neue, wirklich oder vermeintlich konsistentere einführen. Wenn also Zusammenrückungen ungleichartig behandelt werden, dann ist das eben so, aus welchen Gründen auch immer.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 08.07.2014 um 10.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26273

Ja, das sehe ich ein.
Mein Problem war vielleicht falsch formuliert. Wir theoretisieren ja hier auch ein wenig über die von der praktischen Schreibweise unabhängige Frage, was ein Substantiv ist. Dann steckt also in viele dutzendmal ein traditionell klein geschriebenes Substantiv bzw. eine klein geschriebene substantivische Zusammenrückung? Wenn es so wäre, dann könnte ich ja auch wieder Frieden mit meiner These machen, daß Zahlwörter sich nur auf Substantive beziehen können.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.07.2014 um 12.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26274

Wobei noch zu bedenken wäre, daß "Zahlwort" keine grammatisch definierte Wortart ist, sondern eine semantisch definierte Gruppe von Wörtern verschiedener Wortart.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 08.07.2014 um 13.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26275

Ich merk mir das über die Mengenlehre, je nachdem ob ich die Gesamtmenge oder die Elemente meine: Ein Magazin mit dreißig Schuß ermöglicht dreißig Schüsse. Wenn ich in der Baustoffhandlung fünf Sack Zement kaufe, muß ich fünf Säcke Zement transportieren.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 08.07.2014 um 16.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26277

Zu "es soll wohl ein Scherz sein" (#26261): Richtig, es hatte einer sein sollen. Aber wegen seinem Beitrag #26275 zu Sack und Säcken vergebe ich unserm Germanisten seinen Kilo Meter, an den auch nur gedacht zu haben, schon recht - nun ja - eigenartig ist.
Die Diskussion ging mal los wegen "Einige dutzende Flüchtlinge harrten hingegen in der Schule aus" bei focus (#26216). Dazu: "Wage das noch ein (einziges) Mal, dann bekommst du meine Faust zu spüren!" (#26270) nehme ich ernst, *Wage das noch drei Dutzend Mal, dann bekommst du meine Faust zu spüren!, dagegen nicht, einfach, weil man darauf eher mit Lachen reagieren und sich verständnisvoll wohl eher deshalb vom Gespräch zurückziehen würde als wegen der implizierten Drohung. Wenn ich je zur Rechtschreibung von "mal/Mal" überhaupt nachdenken mußte, war's wohl eher so: In klaren "noun phrases" (Subjekt, Objekt, Prädikatsnomen [wo der Duden wohl seine "Betonung" hört, andere wiederum aber auch nicht]) kam "Mal" infrage, war also vielleicht mal richtig; in klaren Satzadverbien wie "einmal/hundertmal/dutzend(e)mal" (sogar bei "viele dutzend[e]mal") war's klar zusammen und deshalb sowieso klein; lediglich bei "eine Million oder mehrere Millionen mal" wär's wohl nicht zusammen gewesen, aber adverbial klein auf jeden Fall; auch hätte ich hier nie ein vielleicht verführerisches "Male" gehabt, selbst wo es diesen Plural vielleicht doch noch natürlich gibt. Aber wie gesagt, mir hatte sich für meine Schreibart dieses Problem einfach nicht gestellt; manchmal geht man ja auch einem Schreibproblem aus dem Wege, indem man schon voraussichtig umformuliert. - Aber "Einige dutzende Flüchtlinge", - wäre das - außer einem bei focus Schreibenden natürlich - wirklich wem, der genau hinschaut und natürlich deutsch spricht, über die Lippen gekommen? Auch für "Diese zwei Mal sei dir noch verziehen" bekäme ich doch wohl eher "Diese zwei Mal seien dir noch verziehen" zu hören, so entsprechend den zwei Sack Zement... Meine Probleme jetzt möchte ich nicht haben, sage ich nach allem hier jetzt mal Tucholsky etwas abgelauscht. Ich freue mich also über den Ickler, der (#26272) "die übliche Schreibweise dar[stellt] und [...] keineswegs eine neue, wirklich oder vermeintlich konsistentere einführen" will oder soll.

 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 08.07.2014 um 18.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26280

Wenn wir noch den partitiven Genitiv benutzen würden, wäre es einfacher.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.07.2014 um 05.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#26281

Erst ein mal trafen die DFB-Elf und Brasilien bei einer Fußball-Weltmeisterschaft aufeinander. (tagesschau.de 9.7.14)

Schon zu Beginn der Rechtschreibreform ist uns als wichtigste Folge aufgefallen, daß Journalisten und andere Schreiber nun offenbar alles für möglich halten (noch Aufsehen erregender usw.). Was unter anderen Umständen als Tippfehler durchgegangen wäre, könnte heute immer Absicht gewesen sein: "Das schreibt man doch jetzt so, oder?"
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 28.12.2014 um 14.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#27625

zu #18665, #18666 (Singular von Eltern):

Selbstbefruchtung, im Fachjargon Autogamie genannt, ist eine Form der geschlechtlichen Fortpflanzung, bei der nur ein Elternteil zur Fortpflanzung beiträgt. Im Pflanzenreich ist sie unter den selbstbestäubenden Arten weit verbreitet, im Tierreich eher selten zu finden.
(FAS, 28.12.2014, Seite 55)

Was macht dann der andere Elternteil? Es gibt ihn gar nicht, d. h. es gibt auch keinen ersteren Elternteil. Das Wort "Teil" paßt hier überhaupt nicht.

Nebenbei, spricht man auch bei Pflanzen von Eltern oder von Elternteilen? Haben zweihäusige Pflanzen wie Sanddorn, Eibe usw. "Eltern"?
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 28.12.2014 um 15.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#27627

Ja, man spricht auch von Parental- und Filialgenerationen.
 
 

Kommentar von Bernhard Strowitzki, verfaßt am 29.12.2014 um 19.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#27644

Strenggenommen ist es sogar die Großelterngeneration. Pflanzen haben immer abwechselnd eine geschlechtliche und eine ungeschlechtliche Generation. Der Baum, egal ob einhäusig oder zweihäusig, ist an sich ungeschlechtlich. Ohne irgendeinen Geschlechtsakt werden Sporen erzeugt, die dann zur nächsten, nunmehr geschlechtlichen Generation auskeimen. (Die Pollenkörner sind im Prinzip Sporen, wie sie auch die Farne erzeugen.) Das ganze Leben der Geschlechtsgeneration findet aber innerhalb der Blüte statt. Die weibliche Pflanze besteht nur noch aus einem mikroskopisch kleinen Zellklumpen, der die elterliche Blüte überhaupt nicht verläßt. Die noch stärker reduzierte männliche Pflanze besteht sogar praktisch nur noch aus dem Pollenschlauch, der durch den Griffel zur Eizelle hinwächst, wo er dann die Spermien entläßt. Erst aus der durch den folgenden Geschlechtsakt entstandenen Zygote wächst dann – als Enkelgeneration – der neue Baum heran. (Auch die vielzitierte Geschichte von den Bienen und den Blumen beruht auf einem großen Irrtum: Die Bienen machen nur den Kuppler, mit dem eigentlichen Geschlechtsakt haben sie nichts tun; der vollzieht sich erst Stunden oder Tage, im Extremfalle sogar erst Wochen später.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.04.2015 um 12.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#28711

Wir hatten hier und anderswo das unflektierte nachgestellte Adjektiv besprochen: Röslein rot, Forelle blau usw. Ich glaube aber nicht, daß es sich um wirkliche Nominalphrasen handelt. Röslein rot ist absichtlich archaisierend, und Forelle blau gehört zu einer Erscheinung, die ich als gesprochene Listen bezeichnen möchte. Es handelt sich um Speisekarten und technische Verzeichnisse, aus denen man gewissermaßen abliest und Bestellungen aufgibt. Man baut solche Gruppen aber kaum in Sätze ein. Zu beachten ist auch die listenspezifische gleichmäßige Betonung beider Teile.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 27.04.2015 um 12.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#28712

Im Schulaufsatz muß man wohl schreiben: ein Päckchen rostfreie Sechskantkopf-M6-Maschinenschrauben. Im wirklichen Leben, d.h. im Baumarkt, findet man schneller: Maschinenschrauben, M6, Sechskantkopf, rostfrei, 1 Päckchen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.04.2015 um 16.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#28733

Auch von sogenannten Singulariatantum gibt es immer wieder Ausnahmen, nämlich Sortenplurale, poetische Plurale und schließlich die fachsprachlichen wie diese:

Die Elefantenrüsselmuschel kann eines der höchsten Alter unter den Tieren erreichen. (SZ 27.3.08)
aufgrund von Aminoäure-Austauschen .... in 29 Austauschen (Wohin führt die Biologie? München 1977:48)
Neubeginne (Ernst Peter Fischer/Klaus Weigandt, Klaus, Hg.: Evolution. Frankfurt 2003:73)

Der Eintrag "nur Sg." in unseren Wörterbüchern ist eigentlich überflüssig.
 
 

Kommentar von Erich Virch, verfaßt am 29.04.2015 um 18.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#28734

In den Fernsehnachrichten sind Unglücke selbstverständlich. Glücke noch nicht, aber Glück ist ja auch selten.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.06.2015 um 06.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#29244

Noch einmal zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#21476

Duden online:

Aids

Wortart: Substantiv ohne Artikel

das Aids; Genitiv: des Aids


Was denn nun?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.06.2015 um 14.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#29251

Auch bei GRAMMIS, der Internetgrammatik des IDS, heißt es:

"Nomina haben im Deutschen ein Genus: Sie sind maskulin (der Löffel), feminin (die Gabel) oder neutrum (das Messer)."

Also auch hier werden die Pluraliatantum übersehen. "Ferien" hat kein Genus, wäre also kein Substantiv. Kann man das im Ernst behaupten?

Weiter geht es so:

"Nomina haben ein inhärentes Genus: Sie sind maskulin, feminin oder neutrum."

Da ist wieder das Mysterium des inhärenten Genus. Dann hätten die Verben wohl inhärente Kasus usw.: "helfen" hat den Kasus Dativ.

In Wirklichkeit regieren Verben die kasusflektierten Glieder, und die Substantive regieren die genusflektierten Artikel und Adjektivattribute.

An einer anderen Stelle desselben Textes heißt es denn auch: "Das Nomen fungiert als Kopf der Nominalphrase. Innerhalb der Nominalphrase regiert es das Genus vom attributiven Adjektiv und Artikel." Das ist zwar sprachlich verkorkst, aber sachlich richtig - nur: wie verträgt es sich mit dem "inhärenten" Genus, mit dem die genusflektierten Wortarten ja dann kongruieren müßten?

Weiter: "Bestimmte Nomina, vor allem solche, die aus Verben abgeleitet sind, können Valenz-Leerstellen eröffnen: das Interesse des Publikums am Vortrag, die Zerstörung der Wälder durch sauren Regen."

Ausgerechnet das erste Beispiel ist im Deutschen nicht von einem Verb abgeleitet, und das allenfalls vergleichbare Verb (sich interessieren) wird anders konstruiert.

"Wenige Nomina haben das Genitivsuffix -ens: des Namens, des Herzens."

Das ist natürlich Unsinn. Es gibt ja keinen Nominativ der Nam, vielmehr ist Namens der Genitiv zur Variante der Namen.

Die Grammis-Seiten werden kaum gepflegt. Wie lange steht wohl schon Schweinereinen dort? Schmeichlereien ist auch ziemlich veraltet.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.06.2015 um 07.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#29261

"Kopf einer Nominalphrase" als Definition von "Substantiv" ist ohne Zirkularität nicht zu haben. Oder man definiert die Nominalphrase ohne Bezug auf Wortarten als "mögliche Ergänzung eines Verbs", aber das trifft auch auf Pronomina und Sententiale zu ("Es betrübt mich, daß du deinen Besuch verschieben mußt."). Substantive sind am besten durch die Determinierbarkeit definiert. Der Artikel substantiviert also, das ist die logische Folge.

Nach Thielmann weist der Artikel dem substantivierten Adjektiv sein Genus zu, aber das stimmt nicht. Wenn ich von einer Schönen rede, dann weist die Schöne dem Artikel sein Genus zu, genau wie sonst bei den Substantiven. Ich kann auch zu meiner Frau sagen du Schöne – da weist ihr doch kein Determinator das Geschlecht zu. Man kann auch Schönes erleben – Neutrum per default, aber kein Determinator weit und breit.

(Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#18617)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 25.06.2015 um 11.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#29264

Wenn man das Adjektiv hoch substantiviert, kommen der/die/das Hohe, die Hohen heraus, aber wenn man den Ausdruck hoch substantiviert, ergeben sich das Hoch, die Hochs. Man kann das delokutionäre Transposition bzw. Konversion nennen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.06.2015 um 08.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#29307

Unter GRAMMIS vom IDS sollte man eine allgemeinverständliche Darstellung grammatischer Grundbegriffe erwarten. Sehen wir unter "Funktionen des Genus" nach, so finden wir folgende erste Hälte des Eintrags (von Elke Donalies):

"Mitunter wird angenommen, das Genus habe die semantische Funktion, das natürliche Geschlecht, den Sexus des Bezeichneten auszudrücken. Wie man sich schnell klar machen kann, ist das wenig plausibel. Siehe Genus und Sexus.
Weber 2001 postuliert ebenfalls eine semantische Funktion. Sie nimmt in Anlehnung an Demetracopouloulee 1942 (zit. bei Weber 2001, 120) an, das Genus akzentuiere den "nominalen Aspekt" der "Partikularisiertheit": Partikularisierend sind in ihrem Sinne alle zählbaren "Individuata mit distributivem Plural", nicht partikularisierend sind alle nicht zähl-, aber teilbaren Abstrakta. Webers Hypothese nach akzentuiert das Maskulinum als nichtmarkiertes Genus tendenziell die nichtmarkierten Individuata, das Femininum als markiertes Genus die markierten Abstrakta. Das Neutrum ist dabei eine Mischklasse; es trägt "Anteile von beiden Oppositionspolen" (ebd., 117). Diese Hypothese hat den Vor- wie Nachteil, relativ allgemein zu sein, denn die Einteilung der Welt in individuelle und abstrakte Entitäten ist natürlich eine eher grobe Einteilung. Auch ist die Funktion der Klasse Neutrum als Zwischenkatgeorie äußerst vage beschrieben."

Das ist kaum verständlich, und außerdem verwundert das Zitieren entlegenster Literatur zu einem so zentralen Thema. Besonders aufschlußreich ist aber das sekundäre Zitieren einer "Demetracopouloulee", wobei doch irgend jemandem am auch kontrastiv engagierten IDS hätte auffallen müssen, daß man selbst im heutigen Griechenland so nicht heißen kann. (Gemeint ist Demetracopoulou-Lee.)

Im weiteren Text und anderswo wird einerseits das Genus richtig als Rektionserscheinung beschrieben, andererseits festgestellt, es sei nicht am Nomen markiert. Aber warum sollte es? Der Kasus wird ja auch nicht am Verb markiert.

Das alles steht seit Jahren dort, und die Tippfehler erwähne ich schon gar nicht mehr.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.01.2016 um 14.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#31444

Es zeigt einen dunkelhaarigen Mann, der auf gebrochenem Deutsch mit vermeintlich leicht schwäbischem Einschlag mit einer Gruppenvergewaltigung prahlt. (sueddeutsche.de 26.1.16)

Das ist konsequent im Sinne Gallmanns und Schrodts.

(Es geht übrigens um ein uraltes Video, das aber den russischen Außenminister dennoch dazu bringt, sich um "unsere Lisa" zu sorgen.)
 
 

Kommentar von Klaus Achenbach, verfaßt am 26.01.2016 um 14.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#31445

Daß "ein uraltes Video den russischen Außenminister dennoch dazu bringt ...", halte ich für zweifelhaft. Jedenfalls kann man das nicht dem zitierten Artikel entnehmen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.01.2016 um 15.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#31446

Lawrow vermutet Vertuschung in Berlin (n-tv.de 26.1.16)
In Wirklichkeit behauptet er nur, daß er es vermute. Die Medien wissen nicht, was er wirklich vermutet bzw. weiß.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.01.2016 um 05.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#31462

Wahrscheinlich schaute der amerikanische Altorientalist Abraham Sachs sie sich in den 1950er oder 1960er Jahren an, fotografierte sie – und legte dann Tafel und Fotos wieder bei Seite. (spiegel.de 29.1.16)

bei Seite wie zu Grunde usw. – Die Reformer haben hier geschwankt und ihre Meinung mehrmals geändert. Das Ergebnis sieht man jetzt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 13.03.2016 um 17.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#31950

Ulrich Engel (Deutsche Grammatik. Heidelberg 1988:17) wendet gegen distributionelle Wortklassifikation ein, daß an derselben Stelle, an der ein Substantiv steht, auch ein Verb stehen könne: Euer Reden stört. Die Großschreibung erklärt er für eine "Schreibkonvention, deren grammatische Relevanz noch zu beweisen wäre und möglicherweise nur durch einen Zirkelschluß bewiesen werden kann." Kein Problem, man braucht bloß darauf hinzuweisen, daß dieses Reden dekliniert werden kann. Gerade beim Infinitiv, der ursprünglich ein Substantiv war, macht die Substantivierung keine Schwierigkeiten. Wie kann man das verkennen? Eine Grammatik, nach der in Euer ... stört ein Verb eingesetzt werden kann, kommt nie auf die Beine.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.03.2016 um 17.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#31959

In der Grammatik von Helbig/Buscha heißt es ganz konventionell:

"Abstrakta dagegen bezeichnen sinnlich nicht wahrnehmbare Erscheinungen wie Vorgänge, Eigenschaften, Beziehungen u. ä." (1985:230)

Wie können es Erscheinungen sein, wenn sie nicht sinnlich wahrnehmbar sind?

Anschließend bezeichnen die Verfasser z. B. Masern als Abstraktum.

Wikipedia schreibt:

"Ein Abstraktum (Pl. Abstrakta; lateinisch nomen abstractum, von abstractus (-a, -um) „abgezogen“) ist in der Grammatik und Sprachwissenschaft ein Substantiv, mit dem etwas Nichtgegenständliches bezeichnet wird, z. B. der Glaube, die Liebe, die Hoffnung. Als Gegenbegriff gilt das Konkretum, etwas Dingliches."

Man glaubt also eine Ontologie voraussetzen zu müssen, um sprachliche Sachverhalte zu erklären.

Wie gesagt, mit Porzig nehme ich an, daß es nicht um Unterschiede in der Wirklichkeit geht, sondern um Bezeichnungstechniken. Hat jemand z. B. gesagt: es gibt Phoneme, dann kann man über die Existenz/Wirklichkeit der Phoneme sprechen. Damit wird grammatisch daß es Phoneme gibt in eine nichtsatzförmige Ausdrucksweise gebracht, mehr nicht. Ob die Wirklichkeit oder Existenz wahrnehmbar ist oder nicht, kann dahingestellt bleiben, ist vielleicht nicht einmal sinnvoll zu diskutieren.

Masern werden sprachlich etwas anders behandelt als Pickel, aber das hat nichts mit Abstraktheit zu tun.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.05.2016 um 11.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#32542

Rolf Bergmann/Claudine Moulin/Nikolaus Ruge: Alt- und Mittelhochdeutsch. 9. Aufl. Göttingen 2016

In diesem sonst guten Buch findet man:

„Die althochdeutschen Substantive werden wie im Neuhochdeutschen nach den drei Kategorien Genus, Kasus und Numerus flektiert.“ (S. 105)

Das ist fast unbegreiflich. Es gibt zwar Entsprechungen zwischen Stämmen und Genus (z. B. sind ô-Stämme Feminina), aber die Substantive werden doch nicht nach dem Genus flektiert!
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 10.05.2016 um 11.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#32543

Vielleicht ist gemeint, daß verschiedene Substantive mit unterschiedlichem Genus bei gleichem Kasus und gleichem Numerus auch unterschiedliche Endungen haben. Aber für ein einzelnes Substantiv ist das Genus natürlich unveränderlich.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.05.2016 um 09.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#32705

Selbst diese Ausdrucksweise ist verfänglich, lieber Herr Riemer. In den Grammatiken steht zwar, die Substantive hätten ein "festes Genus" im Gegensatz zu dem veränderlichen der Artikel und Adjektive, aber da sie das Genus der veränderlichen Wörter regieren, "haben" sie es nicht eigentlich. Höchstens so, wie die Verben einen Kasus "haben": helfen hat unveränderlich den Dativ. Es wäre aber besser, diese irreführende Ausdrucksweise nicht zu verwenden. Genau wie man die "Satzklammer" vermeiden sollte, um nicht die Stellungstypen des finiten Verbs zu verwirren und die Grammatik mit überflüssigen Regeln zu belasten.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 29.05.2016 um 15.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#32708

Ich denke, helfen hat den Dativ ist vor allem deswegen irreführend, weil der Dativ nicht als Flexionsendung direkt am Verb steht, wie etwa eine genusabhängige Numerus-Kasus-Endung direkt am Substantiv, sondern entfernt, man sagt wohl auch, helfen hat eine Dativvalenz.

So regiert also ein Verb, Adjektiv oder eine Präposition einen Kasus, während das Substantiv u. a. das Genus implizit in der Flexionsendung unmittelbar hat. Im Prinzip ist es aber schon das gleiche, das leuchtet mir auch ein.

Man sagt ja auch, das Substantiv steht im Dativ, aber man sagt nicht, helfen stünde im Dativ, sondern es verlangt den Dativ.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 29.05.2016 um 16.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#32709

Ich bemerke gerade, daß mein letzter Satz (#32708) nicht zum Thema paßt, denn ich wollte ja etwas zum Verhältnis von Substantiv zum Genus sagen, nicht zum Kasus.

Also zusammengefaßt, wie ich es laienhaft verstehe, es ist zwar so, daß das Substantiv das Genus eigentlich nicht hat, sondern regiert, man sagt aber "hat", weil es in der Flexionsendung direkt im oder am Substantiv enthalten ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.05.2016 um 17.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#32710

Die Endung des Substantivs (und schon der Stamm) indiziert manchmal das Genus, aber das ist keine Genusflexion. (Z. B. schließt Genitiv-s im allgemeinen das Femininum aus, das von der Wortbildung auf -heit und -ung gerade indiziert wird.) Welches Genus ein Substantiv regiert, zeigt sich an der Form des Artikels usw. (dessen Regiertheit IST das Genus des Substantivs). Die Wortbildung beim Verb ist manchmal ein Hinweis, welchen Kasus es wahrscheinlich regiert, z. B. die be-Verben den Akkusativ; aber sicher ist das nicht.

Nach vielen Grammatiken ist das Genus sozusagen eine okkulte (verborgene) Eigenschaft der Substantive, die dann an "kongruierenden" Artikeln hervorbricht.

Lat. agricola sieht wie ein Femininum aus, griech. parthenos wie ein Maskulinum. Die regierten Adjektive und Pronomina zeigen, welches Genus sie wirklich "haben"; aber dieses Haben besteht in nichts anderem als der Rektion, es zeigt sich nicht nur darin. (In diesen Beispielen vom Sexus gesteuert.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.07.2016 um 16.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#32812

Folgt man dem amtlichen Wörterverzeichnis, darf man zwar der Andere schreiben, aber nicht der Eine, wohl aber wiederum die Einen und die Anderen in dieser festen Verbindung.

Aber im Regelwerk § 58 E4 heißt es:
„Wenn der Schreibende zum Ausdruck bringen will, dass das Zahladjektiv substantivisch gebraucht ist, kann er es nach § 57(1) auch großschreiben, zum Beispiel:
Sie strebte etwas ganz Anderes an. Die Einen sagen dies, die Anderen das.“

Was heißt „zum Ausdruck bringen, daß das Zahladjektiv substantivisch gebraucht ist“? Das ist doch eine grammatische Angelegenheit und hat nichts mit Absichten des Schreibers zu tun – ganz abgesehen davon, daß der normale Schreiber solche linguistischen Absichten gar nicht haben kann.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 24.07.2016 um 15.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#32896

Die Grammatik ist ja auch nicht immer eindeutig. Dieses Beispiel aus dem Regelwerk paßt natürlich nicht, da finde ich auch, daß nur Kleinschreibung vernünftig ist, Substantive sind nicht denkbar.

Aber gerade bei Zahladjektiven kommt oft Mehrdeutigkeit vor, z. B. wie auf tagesschau.de (24.7.16):
Feuer bedroht Hunderte Häuser

Die RSR hat hier die Kleinschreibung abgeschafft, was ich immer sehr unnatürlich finde. Es geht dabei oft einfach um eine unbestimmte Anzahl in der Größenordnung von ungefähr zwischen zweihundert und zweitausend, etwa wie man auch viele, einige sagt, nur ein kleines bißchen konkreter.
Darüber würde man eher tausende sagen, darunter vielleicht dutzende.

Aber wer da, wo es paßt, unbedingt ausdrücken will, daß er ein Substantiv meint, muß diese unbestimmten Zahladjektive auch groß schreiben können, wie z. B. im Filmtitel "Das Leben der Anderen", da finde ich die sonst unübliche Großschreibung vertretbar.


 
 

Kommentar von Georg Hilscher, verfaßt am 24.07.2016 um 19.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#32899

Im Gegenteil, Herr Riemer, die RSR hat die Kleinschreibung von "hunderte", "tausende" und "dutzende" erst erlaubt; der Duden von 1991 kennt bei diesen deklinierten Formen nur die Großschreibung, und "Dutzend" durfte in keiner Form klein geschrieben werden. Darüber hinaus unterscheidet er zwischen "einige Hundert Büroklammern" (= einige Hunderterpackungen Büroklammern) und "einige hundert Menschen" – als ob man im ersten Fall nicht sinnvollerweise einfach "einige Hunderterpackungen Büroklammern" schreiben sollte. Die neuen Regeln erlauben für "hundert", "tausend" und "Dutzend" sowohl Groß- als auch Kleinschreibung, wenn sie sich auf keine exakte Anzahl beziehen. Also "einige dutzend / hundert / tausend Menschen" neben "einige Dutzend / Hundert / Tausend Menschen". Wirklich ärgerlich an der Neuregelung scheint mir nur, daß sie auch die Schreibung "Aberhundert" erlaubt und der Duden deswegen "Hundert und Aberhundert Sterne" anstelle von "hundert und aberhundert Sterne" empfiehlt. Dann müßte man aber doch auch "Hundert Sterne und Aberhundert Sterne" schreiben dürfen, und das ist nun gerade nicht vorgesehen. Außerdem könnte man wohl zu Recht fragen, ob zu "dutzende / hunderte / tausende von Menschen" nicht besser auch "millionen von Menschen" passen würde, aber auch das entspräche nicht den Regeln.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 24.07.2016 um 20.14 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#32900

Ja, richtig, die RSR hat diese Kleinschreibung nicht abgeschafft. Ich bin darauf wohl deshalb gekommen, weil man dutzende, hunderte, tausende auch jetzt, wo es der Duden erlaubt, kaum jemals klein geschrieben sieht.

Andererseits scheint mir Kleinschreibung (nicht in Verbindung mit von) natürlicher,
dutzende, hunderte, tausende Menschen,
deshalb mein Irrtum auch bzgl. herkömmlicher Schreibung.

Mit dem Dutzend und der Million verhält es sich noch etwas anders als mit hundert/tausend, sie sind von vornherein keine Zahladjektive, man sagt bzw. schreibt also nicht
dutzend/Dutzend Menschen,
million/Million Menschen,
sondern nur mit Artikel, und dann groß.

Ich rätsle daher noch über den Widerspruch, warum ich wohl dutzende Menschen schreiben würde, aber nicht millionen Menschen. Habe ich vielleicht das erstere doch manchmal gesehen oder ist es wegen der Endung -end wie bei tausend?



 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 24.07.2016 um 21.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#32901

Schuld ist der Wegfall des früher hier üblichen Genitiv partitiv.
 
 

Kommentar von Georg Hilscher, verfaßt am 24.07.2016 um 23.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#32902

Ebenfalls eine Rolle spielt wohl, daß "Dutzende / Hunderte / Tausende" manchmal wie ein Adjektiv dekliniert wird: der Duden "Richtiges und gutes Deutsch" von 1985 gibt hier die Beispiele "Sie erwarteten die Beteiligung vieler Tausende" (Substantivdeklination) und "Sie erwarteten die Beteiligung Tausender" (Adjektivdeklination). Mit "Million" ist das nicht möglich.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 24.07.2016 um 23.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#32903

Ich glaube, die Kleinschreibung, d.h. das Verständnis als Zahladjektiv von Dutzende, Hunderte, Tausende wird dadurch gefördert bzw. ermöglicht, daß im Flexionsmuster dieser Substantive im Plural alle adjektivischen Pluralendungen (-e und -en) auftreten. Sie können daher problemlos in die Adjektive dutzende, hunderte, tausende überführt werden.

Bei Millionen ist das nicht der Fall. Es gibt nur die Pluralendung -en, d.h. das adjektivische Flexionsmuster wäre unvollständig.

Der folgende Gebrauch ist zum Beispiel nur mit einem Adjektiv möglich:
*Sie mussten an die Dutzenden Schlangen denken
(https://books.google.de/books?isbn=3857875887)
Akkusativ Plural von Dutzend wäre Dutzende. Wenn man trotzdem dutzenden sagt, kann das nur ein Adjektiv sein, denn nur das hat im Akkusativ die Endung -en.


 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 24.07.2016 um 23.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#32904

Danke, Herr Hilscher, ich war noch beim Schreiben und hatte nicht gesehen, daß Sie inzwischen einen ähnlichen Gedanken gebracht haben.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.11.2016 um 06.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#33739

Zu meinem Abschnitt über Adjektive: Wörter, die nur adverbial gebraucht werden, kann man logischerweise nicht zu den Adjektiven rechnen, auch wenn sie aus historischen Gründen oft dort eingeordnet werden. Aber wie steht es z. B. mit hoffentlich? Das ist heute ein typisches Satzadverb, Grimms Wörterbuch führt gerade mal Goethe für den attributiven Gebrauch an, der im Mittelhochdeutschen möglich war. Die Suche ergibt allerdings massenhaft attributiven Gebrauch (so wie auch bei einem von uns: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1403#17793), besonders das hoffentliche Gelingen, den hoffentlichen Erfolg findet man oft. Die Belege wirken großenteils wie "Substandard", aber soll man sie deshalb ignorieren? Der Duden online kennt nur "Adverb" und führt "Adjektiv" nur unter "Herkunft" fürs Mhd. an.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.11.2016 um 15.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#33880

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#24623

Duden online führt Celsius ausdrücklich als Neutrum an: das Celsius – ist das denn realistisch? Ich kann mir keine Verwendung vorstellen.
 
 

Kommentar von Gunther Chmela, verfaßt am 18.11.2016 um 19.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#33883

Ich denke, das geschah in Anlehnung daran, daß sehr viele (nicht alle) physikalische Einheiten Neutra sind (Mol, Ampere, Grad, usw.). Realistisch ist das allerdings nicht, denn Celsius ist gar keine Einheit, sondern auch in der Physik nichts anderes als ein Name. Die Einheit heißt Grad Celsius. (Anders übrigens als bei der anderen Temperatureinheit Kelvin. Dort fällt nach internationaler Konvention der Zusatz Grad weg.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.11.2016 um 05.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#33911

Duden kennt anders nur als Adverb. So auch andere Autoren. Ich habe oben (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22532) für anders, besonders, hoch Adjektivstatus mit Stammallomorphie angesetzt. Sonst müßte man die Kopulaverben zu Vollverben umdeuten: Er ist anders (= auf andere Weise?) usw.

Nach Ludger Hoffmann (Hb. dt. Wortarten 223) können einige Adverbien mit den Kopulaverben bleiben, sein, werden verbunden werden, aber in seiner Aufstellung kommen allenfalls anders und so für werden in Frage, und beide sind fragwürdig. so gehört zu den Prowörtern, für die eigene Verwendungsregeln gelten (vgl. so sagt man - wogegen sagen allein sonst keineswegs mit Adverbialien verbunden werden kann: *Er sagte auf diese Weise.).

Wenn man anders, besonders, hoch nicht als Stammallomorphe von ander-, besonder-, hoh- behandelt, muß man für letztere defektive Paradigmen annehmen; diese Konsequenz scheint neueren Grammatikern nicht klar zu sein. Man vgl. auch die unterschiedliche Darstellung der drei Fälle in Pauls Wörterbuch, das aber in keinem Fall prädikatives Adverb ansetzt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.12.2016 um 09.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#33982

Zum Haupteintrag:

„Substantive oder Nomen sind Wörter mit folgenden grammatischen Eigenschaften:
(i) Substantive bilden den Kern von Nominalphrasen (§ 1215).“ (...)
(Dudengrammatik 2016, § 219)

„Nominalphrasen haben wie alle Phrasen einen Kern. Dieser Kern ist bei Nominalphrasen ein Substantiv, eine Substantivierung oder ein Pronomen.“ (§ 1215)

Damit dreht man sich im Kreis.

Der Hinweis auf das Chinesische sollte zeigen, daß Substantive dort grundsätzlich den nicht-individuativen Charakter haben wie im Deutschen Vieh (im großen und ganzen), also eines individuierenden Determinators bedürfen. Es handelt sich aber nicht um ein partitives Verhältnis, das im Chinesischen anders ausgedrückt wird.

Man könnte zu der Ansicht kommen, daß "Substantiv" nicht universell definierbar ist, "Nominalphrase" dagegen schon.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 01.12.2016 um 12.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#33986

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#22432

Grimm:

sehr häufig in den formeln jung und alt, alt und jung, die unflectiert bleiben: kamen die leute der stadt Sodom, und umbgaben das haus, jung und alt. 1 Mos. 19, 4; wir wollen ziehen mit jung und alt. 2 Mos. 10, 9; da kam weib und man, jung und alt, zu Osia und den eltesten. Jud. 7, 13; da würgt man durch einander jung und alt, man und weib, kinder und jungfrawen. 2 Macc. 5, 13; ziemte bescheidenheit minder jung und alt, jung insonders. Klopstock 12, 76; die nachbarn welche jung und alt in erwartung wie gewöhnlich zusammengekommen waren, machten verdrieszliche gesichter. Göthe 23, 181;
und überall all überall,
auf wegen und auf stegen,
zog alt und jung dem jubelschall
der kommenden entgegen.
Bürger 13a.


Wenn es in einem Text heißt: "Einige gingen noch zur Schule, andere waren schon im Rentenalter, aber Jung und Alt amüsierten sich", würde ich so schreiben, dagegen in der allgemeinen Bedeutung "jedermann" eher klein, aber groß wäre auch nicht abwegig. So habe ich es in meinem Wörterbuch eingetragen.

In solchen Fällen kann man auch durch die scharfsinnigste Logik nicht zu einem wasserdichten Ergebnis kommen, und es ist auch ganz unwichtig.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.12.2016 um 06.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#34074

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#33911

Auch links und rechts werden in den Wörterbüchern nur als Adverbien geführt. Die Erklärung "politisch zur Rechten gehörend" (Duden) für eine bestimmte Anwendung zeigt jedoch, daß auch diese Wörter im Paradigma der Adjektive ihren Platz haben. Wir sagen eben nicht mehr er ist link/recht, wenn er ein Linker oder Rechter ist. Unser Wortbildungswissen sollte nicht darüber hinwegsehen lassen, daß es sich auch um Stammallomorphe des Adjektivs handelt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 18.05.2017 um 06.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#35134

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#32903

Die Dutzenden muslimischen Staats- und Regierungschefs, vor denen Trump am Wochenende dem Islam Respekt bezeugen will, mögen diesen Kotau nach dem muslimfeindlichen Wahlkampf mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen. (FAZ 18.5.17)

Herr Riemer hat das schon geklärt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.05.2017 um 15.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#35166

Wenn man den "Vorbehaltsausdruck" (Hedge) eine Art in den Satz einbaut, herrscht große Unsicherheit hinsichtlich des Kasus. Das Präpositionalattribut mit von klammere ich erst einmal aus. Vgl. Duden Bd.9:97.

Hier sind einige Beispiele:

Nominativ? Oder "Gemeinschaftskasus"?

Unter anderem wurde darüber debattiert, ob der Wertstoffhof zu einer Art Durchfahrtsstraße gemacht werden könne. (Mittelbayerische 17.5.17)

Die SPD wurde so zu einer Art Nachfolgepartei des sozialen Katholizismus, Partei der Sorger und Samariter. (ND 21.5.17)

Eindeutiger Nominativ ist selten:

Eine schmutzige Bombe ist eine Art kleine Atombombe. (Badische Zeitung 13.4.10)

... wie diese ökumenische Einrichtung des Diakonischen Werkes inzwischen für viele Menschen zu einer Art großes Wohnzimmer, einem Ort der Geborgenheit geworden ist. (Badische Zeitung 20.10.12)

Genitiv?:

Wittenberg wird in diesen Wochen zu einer Art kleiner Weltstadt. (Augsburger Allgemeine 23.5.17)

Durchregierter Dativ:

Mit neuen Zubehör-Lösungen kann es sogar zu einer Art multimedialem Alleskönner werden. (n-tv 22.5.17)

Der Comedy Abend im Kulturzentrum hat sich in Herne zu einer Art gesellschaftlichem Ereignis entwickelt. (WAZ 21.5.17)

Er hat seinen Schwiegersohn Jared Kushner zu einer Art Nahost-Bevollmächtigten ernannt. (Tagesspiegel 19.5.17) (schwach flektiert, seltener, vgl. Duden 9:97)

(Monoflexion der Gruppe, aber das Dativmorphem ist unterschiedlich verteilt.)

In den meisten Fällen ist eine regelrechte Analyse mit einem Substantiv Art nicht möglich. Duden Bd. 9 zieht sich auf "Apposition" zurück, wo kein Attribut konstruiert werden kann, aber die Kongruenz oder Nichtkongruenz macht in jedem Fall Probleme.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 23.05.2017 um 17.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#35167

Ich finde, das ähnelt u. a. dem partitiven Genitiv, der ja auch wahlweise ist:
fünf rote Rosen oder
fünf der roten Rosen

Genauso:
eine Art rote Rosen oder
eine Art roter Rosen

Ebenso sieht man bei Appositionen neben der Kasuskongruenz auch immer öfter den Dativ als sog. "universellen Appositionskasus", siehe Beispiele im Diskussionsforum. (Ein solcher Dativ widerstrebt mir aber sehr.)

Der Unterschied bei eine Art ist einfach, daß man für den Folgeausdruck sogar drei Möglichkeiten hat:
(1) durchregierter Kasus (Kongruenz mit Art, kommt in allen 4 Kasus vor)
(2) fester Nominativ, nicht kongruend
(3) fester Genitiv wie beim partitiven, nicht kon.

Ich glaube, daß (1) am häufigsten vorkommt, aber oft ist diese Einteilung nicht eindeutig feststellbar.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.05.2017 um 03.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#35169

Das stimmt, und so war überhaupt in vielen Fällen früher die partitive Konstruktion üblich, verlor dann die Kasusmarkierung und wurde umgedeutet. Jede Menge Belege bei Hermann Paul (Bd. 3 der Grammatik), der diese Verschiebung genau nachzeichnet.
Was man eigentlich nicht mehr konstruieren kann, kommt in den großen Sack der "Appositionen" – ein Begriff, der so unklar ist, daß man schon von "appositionsverdächtigen" Ausdrücken spricht.

Partitive Ausdrucksweisen sind erst durch die Anglizismen wieder häufiger geworden: Alle von ihnen wurden gerettet usw.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.06.2017 um 05.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#35501

Nach einigen Jahren habe ich die Einzelheiten der Neuregelung nicht mehr im Kopf. Das ist gut so, denn es bringt mich wieder näher an die Situation von Otto Normalverbraucher. Nun denn, wie war das mit der Groß-und Kleinschreibung bei jung und alt usw.? Also § 58.

In meinem Kritischen Kommentar hatte ich geschrieben:

"Wenn (3) für „nichtdeklinierte oder deklinierte“ Adjektive gilt, kann die Spezifikation wegfallen, denn etwas Drittes gibt es ja nicht. In Wirklichkeit rafft die Formulierung unterschiedliche Klassen zusammen, die in den Beispielgruppen angedeutet werden. Die erste Klasse ist offen (von fern usw., nichtdekliniert); dabei wäre noch einmal zu unterscheiden zwischen den Typen von fern und von nah und fern, letztere unterliegen als artikellose erschöpfende Aufzählungen (traditionell fälschlicherweise oft auf Paarformeln eingeschränkt) besonderen Gesetzen. Die zweite Klasse ist geschlossen (von neuem, dekliniert), wird aber nicht vollständig aufgelistet, obwohl dies nach Gallmann leicht möglich und auch besser gewesen wäre. Es handelt sich nämlich nach seiner Zählung nur um ein glattes Dutzend:
seit kurzem, binnen kurzem, seit langem, seit längerem, vor längerem, von nahem, von neuem, seit neuestem, von weitem, bei weitem, ohne weiteres, bis auf weiteres
Warum hier allerdings Kleinschreibung vorgeschrieben wird, bleibt angesichts der Fülle neuer Großschreibungen unerfindlich. Auch scheint eine intensionale Definition der Ausnahmen nicht möglich zu sein, denn die naheliegende Bestimmung „flektiertes Adjektiv mit Präposition ohne Artikel“ trifft zum Beispiel auch auf in Folgendem zu, das jedoch nur noch groß geschrieben werden soll. Nirgendwo zeigt sich deutlicher, daß der Unsinn nicht einmal Methode hat.
Im Wörterbuchteil des Duden-Taschenbuchs (Gallmann/Sitta 1996a) heißt es, das Adjektiv werde hier „in Anlehnung an den bisherigen Gebrauch“ klein geschrieben. In Augst et al. (1997, S. 232) wird Gallmann noch etwas deutlicher:
„Die Sonderbehandlung der zweiten Fallgruppe paßt ausgesprochen schlecht in die Systematizität der Neuregelung. Beim Erlernen der Groß- und Kleinschreibung wird man hier auch weiterhin nur mit Auswendiglernen zum Ziel kommen.“
In einer Fußnote macht Gallmann seinem Ärger über den Mitreformer Nerius Luft:
„Daß diese Inkohärenz auch von Ewald/Nerius (in diesem Band) kritisch herausgestrichen wird, erstaunt allerdings doch ein bißchen – gehörte er“ (sc. Nerius; seine Schülerin fällt unter den Tisch) „doch zu denjenigen, die bis zum Schluß hartnäckig an der Kleinschreibung dieser Fallgruppe festgehalten haben, das heißt auch noch zu einem Zeitpunkt, da die Großschreibung anderer Lexikalisierungen (wie etwa im Allgemeinen, im Trüben fischen) bereits beschlossene Sache war.“ (Augst et al. [Hg.] 1997, S. 232)

-
Zurückgeblieben ist eine vergrößerte Unsicherheit. Der Rechtschreibrat könnte weitere sechs Jahre tagen und würde das Problem nicht lösen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.09.2017 um 04.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36117

Der Nationalpark Wattenmeer läßt Informationstafeln anbringen mit einer bis ins Lächerliche getriebenen, jedoch reformgerechten Großschreibung: die Einen – die Anderen.
Duden: "Bei Auffassung als Substantiv ist auch Großschreibung möglich."
Was tut der Ratsuchende, wenn er etwas "als Substantiv auffaßt"? Was weiß er von Wortarten? Es ist nur eine Umschreibung dafür, daß er es eben groß schreiben kann, daher ist die Regel tautologisch und nicht anwendbar.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.09.2017 um 05.46 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36125

Das amtliche Wörterverzeichnis enthält unter „mal“ immer noch die unerklärte Bestimmung „bei besonderer Betonung“:
„einmal, bei besonderer Betonung auch ein Mal, einige Mal[e], das erste Mal (aber erstmals), etliche Mal[e], kein Mal (bei besonderer Betonung, ansonsten keinmal)“
Warum ist hier die Reihenfolge umgekehrt? (Es fehlt ein für alle Mal, wo übrigens Male nicht üblich ist)
Warum nicht auch „vor Allem“? (Der Eintrag „all“ ist bemerkenswert kurz, nämlich leer bis auf das Stichwort selbst.)
Duden kennt viel als „Pronomen und Zahlwort“, genau wie einige und manche, doch soll auch groß geschrieben werden können: die Vielen. „der viele Regen“ - warum wird hier nicht ein Adjektiv („Zahladjektiv“ laut amtl. Wvz.) angesetzt?
„viele, vieles, das viele, die vielen § 58(5), substantivisch auch Viele, Vieles, das Viele, die Vielen § 58 E4“ (amtl. Wvz.)
„Wenn der Schreibende zum Ausdruck bringen will, dass das Zahladjektiv substantivisch gebraucht ist, kann er es nach § 57(1) auch großschreiben, zum Beispiel:
Sie strebte etwas ganz Anderes an. Die Einen sagen dies, die Anderen das. Die Meisten stimmten seiner Meinung zu.“

Der Schreibende will etwas zum Ausdruck bringen, aber keine Wortart oder sonstige linguistische Begriffe.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.09.2017 um 07.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36126

"Wir beobachten zum Beispiel, dass Menschen mit Depressionen nicht oder weniger Gähnen als Gesunde und nach Einnahme von Antidepressiva vermehrt Gähnen".

Diese Großschreibung des Verbs beobachte ich in letzter Zeit immer öfter, besonders auch in Leserzuschriften. Vielleicht ein Schritt zur allgemeinen Großschreibung aller Inhaltswörter. Die Leute könnten auch von der Reform den Eindruck zurückbehalten haben, daß nun mehr groß geschrieben wird, und sich sagen: Man weiß ja nie, also im Zweifel lieber etwas mehr groß schreiben...
 
 

Kommentar von ppc, verfaßt am 04.09.2017 um 10.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36129

gestern gelesen:
„Dies alles ist ihm Untertan”

-> Heinrich Mann?

Allgemein verbreitet die Großschreiberits wie eine Epedemie, keine Wortart ist mehr sicher. Erst waren die Adverbien dran, dann die Adjektive, Demonstrativpronomen, Infinitive, es nimmt kein Ende. Nur substantivierte Verben wie „Kaffee Togo zum Mitnehmen”, die werden genauso häufig falsch klein geschrieben wie „früher”.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 04.09.2017 um 15.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36130

Die herkömmliche Großschreibung sollte ja eigentlich abgeschafft werden, nur hatte diese Neuerung keine Chance auf allgemeine Akzeptanz, sie hätte im Gegenteil das gesamte Reformprojekt gefährdet. Also hat man davon Abstand genommen, um zunächst mit einer unsinnig vermehrten, aber trotzdem unauffälligeren Großschreibung möglichst viel Ablehnung, Chaos und Verwirrung zu stiften. Dann kann man später, wenn der Ärger zu groß geworden sein wird, mit besserer Aussicht auf Erfolg die Einführung einer sogenannten gemäßigten Kleinschreibung betreiben.

Hier gibt es schöne Beispiele (Witze und echte Zitate) dafür, was uns dann blüht:
http://sok.ch/2009/06/warum-nicht-gleich-die-gemssigte-kleinschreibung/
 
 

Kommentar von ppc, verfaßt am 05.09.2017 um 09.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36135

>Hier gibt es schöne Beispiele (Witze und echte Zitate) dafür, was uns dann blüht (...)

Eigentlich ein schöner Text, wenn ich nicht wieder gestolpert wäre über (...), dass es sich im Beispiel um ein Auto handelt und bekommt (...).

Fehlende Komma[s|ta] vor „und” sind leider die Regel geworden, und statt mich daran zu gewöhnen und seelisch darauf vorzubereiten, daß dies demnächst dudisiert wird, habe ich eine Allergie entwickelt. Das ist schade (oder gar Schade?), denn letztlich verdirbt es mir die Lesefreude.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 08.09.2017 um 00.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36147

Mannheimer Morgen, 7.9.17

S. 1:
Jeder Zweite leidet im Job

S. 2:
Jeder Zweite älter als 52 Jahre
Jeder zweite der rund 61,5 Millionen Wahlberechtigten in Deutschland ist älter als 52 Jahre, ...

Das kommt mir immer so vor, als brechen sich die Zeitungen einen dabei ab, Gehorsam zu leisten, die dabei entstehenden Widersprüche sehen sie nicht oder sie sind ihnen egal.
 
 

Kommentar von ppc, verfaßt am 28.09.2017 um 10.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36360

FAZ-onnlein:

„Das idyllische Alpendorf Hallstatt gibt es gleich zweimal: Eines ist in Österreich, ein Zweites steht in China.”
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.10.2017 um 05.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36495

„Das Substantiv dekliniert nicht nach Genus (Geschlecht), sondern für jedes Substantiv liegt das Genus (im Lexikon) fest. Das Genus wird nicht in regelmäßiger Weise am Substantiv, sondern stattdessen an mit einem Substantiv kongruierenden Wortarten, insbesondere Artikeln, Pronomina und Adjektiven, kodiert.“ (Wikipedia)

Das ist nicht nur abstrus formuliert, sondern auch widersprüchlich, denn wenn das Substantiv nicht genusmarkiert ist, kann auch kein Wort mit ihm „kongruieren“.

Das Substantiv regiert das Genus der genusflektierten Artikel usw. Auch der Kasus ist ja nicht am Verb „kodiert“, sondern wird von ihm regiert.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.10.2017 um 07.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36513

In Verbindungen wie (um) acht Uhr hat das Substantiv nicht nur die Pluralendung, sondern alle Substantivmerkmale verloren. Warum schreiben wir es groß? Vielleicht aus alter Anhänglichkeit oder weil die Zeitangabe textsemantisch zu wichtig ist.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 29.10.2017 um 00.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36801

Lieber Prof. Ickler,

Sie hatten in http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=85#34581 bei vor Kurzem von einer Substantivierung gesprochen, die man eigentlich klein schreiben sollte.

Ich finde es immer noch zu umständlich, erst ein kleinzuschreibendes Adjektiv in ein großzuschreibendes Substantiv zu verwandeln und dieses dann wiederum entgegen der sonst üblichen Substantivgroßschreibung klein zu schreiben. Allein diese Umständlichkeit weckt in mir Zweifel. Man muß sich recht verrenken, ehe man zum Ziel kommt.

Auf meine Frage (85#34585), ob das überhaupt zwingend eine Substantivierung sei oder ob man es nicht besser so deuten könnte, daß es das Ursprüngliche geblieben ist, eben ein Adjektiv, hatten Sie eine mich sehr verblüffende Antwort (85#34586):

"So einfach geht es wohl nicht. Adjektive werden attributiv, prädikativ und adverbial gebraucht – was liegt also vor?"

Natürlich keine vierte Gebrauchsweise. Ist es denn nicht selbstverständlich, daß es sich in vor kurzem um attributiven Gebrauch handelt?

Das Substantiv, auf das sich das Adjektiv bezieht, ist unwesentlich, es wird also nicht genannt, läßt sich aber jederzeit zurückdenken: vor kurzem X

(X könnte z. B. Zeitraum oder ähnliches bedeuten.)

Mit den anderen Beispielen hatte ich versucht zu zeigen, wie sich das Attribut sogar über Sätze hinweg vom Bezugsobjekt immer weiter entfernen kann, bis das Substantiv schließlich sozusagen unendlich weit weg ist, also gar nicht mehr genannt wird, aber im Bewußtsein des Sprechers doch noch sinngemäß vorhanden ist. Ich sehe darin einen kontinuierlichen Vorgang, bei dem die Qualität, also das Adjektiv, erhalten bleibt. Da findet kein Sprung, keine Substantivierung statt.

Warum kann man Ausdrücke wie vor kurzem nicht als elliptisches Adverbial betrachten?

Die Vereinfachung läge auf der Hand, und man müßte keine Ausnahme von der Substantivgroßschreibung machen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.10.2017 um 04.18 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36803

Dagegen spricht zweierlei. Erstens bin ich mit der beliebten Ansetzung von Ellipsen sehr vorsichtig und halte sie in diesem Fall auch nicht für richtig. Was machen Sie mit des öfteren, im allgemeinen? Bei vor kurzem/seit langem müßte außer dem Substantiv (welchem?) auch noch der Artikel ausgelassen worden sein. Das ist für mich nicht plausibel.
Zweitens ist meine wirkliche Faustregel gar nicht kompliziert: "Ist von einem Kurzen, Langen, Öfteren die Rede oder nicht?" Mit dieser Testfrage versuche ich die Intuition zu rekonstruieren, die dem Kleinschreiben zugrunde liegt: Warum kommt es einem überhaupt richtiger vor?
Ich erinnere daran, daß ich die GKS nicht wie die Reformer allein auf die Wortart gründe, sondern sie "textsemantisch" überbaue: Der Großbuchstabe als Blickfang für Nominalgruppen, die das bezeichnen, wovon in einem Text die Rede ist. Die Volksschullehrer des 19. Jahrhunderts und die Reformer des 20. Jahrhunderts haben sich dieser Modernisierung entgegengestemmt; ich versuche sie wiederzugewinnen.
(Die andere große "Ausnahme" sind die deiktischen – anaphorischen, verweisenden – Verwendungen substantivierter Adjektive: Beachten Sie folgendes:... = Beachten Sie dies:... Hier ist Ellipse noch unwahrscheinlicher.)
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 29.10.2017 um 10.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36805

Warum durften die Schüler früher "Hauptwort" sagen? Weil es dasjenige Wort ist, von dem der Satz handelt, also das wichtigste Wort des Satzes. Daran sollte man die Großschreibung messen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 29.10.2017 um 11.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36806

Mir leuchtet ein, daß die Ellipse auch nicht immer eine gute Erklärung liefert.
Der Artikel ist aber m. E. nicht ausgelassen, er ist in Form der starken Flexionsendung vorhanden.
(Statt vor der kurzen Zeit, sagt man vor kurzer Zeit.

Andererseits, warum soll man erst ein Adjektiv aus ganz formalen Gründen zum Substantiv erklären, nur um dann zu sagen, von diesem Substantiv sei aber gar nicht die Rede?
Wir benutzen zwar ein Substantiv, reden aber nicht davon?
Meinen Sie nicht, daß auch diese Konstruktion ihre Schwachstellen hat?

Und was wäre eigentlich so schlimm daran, wenn wir tatsächlich für gewisse idiomatische Redewendungen wie vor kurzem, des öfteren usw. eine weitere, "absolute" Gebrauchsweise des Adjektivs definierten? Dann gäbe es eben vier, was macht das?

Für die Entscheidung, ob absoluter Gebrauch (kleingeschriebenes Adjektiv) oder Substantivierung des Adjektivs (Großschreibung) vorliegt, kann man ja genau Ihren Test verwenden, lieber Prof. Ickler: Ist von dem Gegenstand die Rede? Ja, dann Substantivierung, nein, dann absoluter Gebrauch des Adjektivs.

Vorteil des ganzen wäre wieder, daß wir uns dieses seltsame Hin und Her einsparten, siehe oben:
Wir reden damit, aber nicht davon.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 30.10.2017 um 17.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36815

"Absoluter Gebrauch" des Adjektivs geht vielleicht auch nicht, aber es kommt mir nicht auf die Benennung an.

Irgendeine Lösung muß es doch für das Paradoxon geben, daß man in der Rede ein Substantiv, also die Bezeichnung einer Sache, zu verwenden gezwungen ist, von der gar nicht die Rede ist.

Es nützt nichts, das Substantiv klein zu schreiben, denn es bleibt dabei als Substantiv auch dieselbe Sache. Die Kleinschreibung besagt nur, daß von ihr nicht die Rede ist. Wie kann ich »mit« einem Substantiv reden und gleichzeitig sagen, daß »von« diesem Substantiv nicht die Rede ist?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.10.2017 um 17.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36816

Lieber Herr Riemer, ich glaube zwar, daß Ihre Lösungsvorschläge die Sache (wie Sie sie sehen) letzten Endes nicht einfacher machen würden, aber ich will etwas anders herangehen.

Zunächst einmal muß ich nun doch den Wortlaut präzisieren. Auch vorher schon haben Sie von Substantiven gesprochen, von denen im Text nicht die Rede ist. So hatte ich es aber nicht ausgedrückt. Vielmehr ist von den Gegenständen nicht die Rede, auf die sich die Substantive (Substantivierungen) beziehen oder zu beziehen scheinen - wie Sie ja andererseits auch ganz richtig sagen ("Sache"). Ich wollte zuerst nicht pedantisch darauf herumreiten, aber nun scheint mir der Unterschied doch wichtig.

Für mich entsteht nicht das Paradox, daß man etwas zuerst einführt und dann wieder weginterpretiert. Substantivierung ist erst einmal ein grammatisches Verfahren. Daß Substantive sich überhaupt auf "Gegenstände" beziehen, ist ja nicht von vornherein ausgemacht. Die Abstrakta, die man mit Porzig "Namen für Satzinhalte" nennen könnte, bezeichnen keine Gegenstände, sondern allenfalls "Redegegenstände" (= das, wovon die Rede ist). Ich bestreite also Ihre Voraussetzung: "Substantiv, also Bezeichnung einer Sache".

Die Kleinschreibung im allgemeinen, seit langem ist keineswegs zwingend. Sie ist allerdings ein Fortschritt gegenüber der rein formalen Wortart-GKS. Natürlich KANN man in Sonderheit schreiben und auch rechtfertigen. Man könnte auch ins Besondere schreiben – komisch, daß die Reformer daran nicht gedacht haben!
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 30.10.2017 um 17.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36819

Es scheint mit der Reform neben den bisherigen Konkreta und Abstrakta eine zusätzliche Substantiv-Art erfunden worden zu sein, die meist Neutra sind: das Kurze, Lange, Weitere, Öftere, Allgemeine usw. Es fehlt nur noch ein (möglichst lateinischer) Name für diese neue Gruppe. (Abstrakta sind ja meist weiblich.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.10.2017 um 18.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36821

Gute Idee! Semantisch desubstantivierte formale Substantivierungen. Ich suche mal.

Bei den Abstrakta dürfen Sie nicht nur an die Wortbildung mit heit/ung usw. denken. Es gibt auch Diebstahl, Raub, Wurf, Wunsch, Griff (wenn nicht an den Henkel usw. gedacht ist).
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 30.10.2017 um 23.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36822

Eine Desubstantivierung ist aber etwas anderes als ein klein geschriebenes Substantiv.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 31.10.2017 um 13.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36827

Zu welcher Substantiv-Gruppe gehören Nomina agentis, also Handlungen? Sie sind substantivierte Infinitive, d.h. Verbformen: Das Rauben, der Raub usw.
 
 

Kommentar von ppc, verfaßt am 01.11.2017 um 13.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36839

In der Geschäftsbedingungsänderungsbeschreibung des Bezahldienstes PayPal steht die Wortfolge „im Übrigen”, allerdings tatsächlich im Sinne von „im Übrigen” und nicht von "im übrigen".

Ich mußte den Satz dreimal lesen, bis ich mir halbwegs sicher war.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 01.11.2017 um 17.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36842

Das "Übrige" im Sinne von "übriggeblieben" kann es tatsächlich geben. Aber was ist in dem Übrigen drin? Vielleicht der Knochen vom Schweinsbraten oder Schweinshaxen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.11.2017 um 04.34 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36843

In meinem Wörterbuch schlage ich vor:

"im übrigen (außerdem); aber das Übrige (was übrig ist)"

Ich mache also wegen der Benutzerfreundlichkeit keine linguistischen Angaben (etwa "anaphorisch", "relational"), sondern gebe nur Synonyme an, mit denen jeder selbst leicht entscheiden kann.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.11.2017 um 06.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36845

Solche Fälle gehören übrigens als "orthographische Paronyme" zu einer distinktiven Synonymik.
 
 

Kommentar von ppc, verfaßt am 02.11.2017 um 13.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36850

Ja, genau so war es gemeint. Das „Übrige” bezog sich auf den Rest des angesprochenen Kapitels. Gleichermaßen hat mich auch die Schreibweise „im Folgenden” nie gestört, weil ich sie als „im folgenden Text” verstehe, wohingegen ich die anderen Neu-Großschreibungen dumm und häßlich finde.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 02.11.2017 um 14.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36851

O.K. das Übrige und das Folgende bezieht sich auf Sachen, deshalb kann man das Verhältniswort "im" davorsetzen. Aber "seit" und "vor" müssen sich auf Zeitangaben beziehen. Sind das Lange, Öftere, Kurze Zeitangaben?
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 02.11.2017 um 15.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36852

Lieber Prof. Ickler,

mit einem Gegenstand oder einer Sache meine ich in diesem Zusammenhang selbstverständlich nicht nur Konkreta, sondern immer einen "Redegegenstand", das kann auch ein Abstraktum sein. Ich wollte das nur abkürzen und hielt die Bezeichnung "Gegenstand" ("Sache") in diesem Zusammenhang für klar genug.
Genauso klar ist es m. E., wenn ich von einem Substantiv spreche, von dem im Text nicht die Rede ist, daß ich dann meine, daß von dem mit diesem Substantiv bezeichneten Gegenstand im Text nicht die Rede ist.

Im Prinzip sind für mich in diesem Zusammenhang die Ausdrücke Substantiv und (Rede)Gegenstand synonym.
Wenn also z. B. mit dem Ausdruck "vor K/kurzem" nicht von "Kurzem" die Rede ist, dann meine ich, benutzen wir eben nicht das Substantiv "Kurzem" als Bezeichnung für den Gegenstand "Kurzem", sondern das Adjektiv "kurzem".

Ich hoffe, wir sprechen immer von denselben Dingen. Um sicherzugehen, möchte ich einmal meine Grundannahmen nennen. Falls Sie etwas anders sehen, bitte ich um Korrektur:
(1) Es gibt verschiedene Theorien über Wortarten, aber innerhalb einer Theorie gehört jedes Wort mit einer festen Bedeutung immer genau einer Wortart an. Manchmal mag die genaue Wortart noch unentschieden sein. Verschiedene Bedeutung haben z. B. gehen (Verb) und Gehen (Subst.), noch (Partikel) und noch (Konjunktion), daher sind es in diesem Sinne jeweils verschiedene Wörter.
(2) Durch Substantivierung entsteht immer aus einem Nichtsubstantiv ein Substantiv. (analog Pronomisierung usw.)
(3) Durch Desubstantivierung entsteht immer aus einem Substantiv ein Wort einer andereren Wortart (Nichtsubstantiv).
(4) Formale Substantivierung heißt nicht Teilsubstantivierung (was es nicht gibt), sondern Substantivierung vor allem aus formalen Gründen.
(5) Analog zu (4): semantische Desubstantivierung = Desubstantivierung vor allem aus semantischen Gründen.

Ich möchte mich auch auf die Diskussion im Eintrag "Substantivierungen" (http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1180#20848 ff.) beziehen.

Ich hatte Sie immer so verstanden, daß Sie z. B. in bei weitem ein klein geschriebenes Substantiv weitem sehen.

Wenn nicht, wie Sie dort sagen, um was für eine Wortart handelt es sich dann dabei ganz konkret?

Auch wenn Sie die Wortart nicht für entscheidend halten, wie auch immer das zu verstehen ist, Sie werden doch auch dem Wort weitem eine Wortart zuordnen, oder etwa nicht? Welche dann genau?
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 02.11.2017 um 17.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36853

Partizipien oder Mittelwörter können Verbformen oder Adjektive sein. Die Verbform Infinitiv ist aus einem Substantiv entstanden. Die Erfinder der indogermanischen Ursprache hatten nicht vorher Grammatik gelernt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.11.2017 um 17.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36854

Lieber Her Riemer, Sie haben mich sozusagen auf dem falschen Fuß erwischt. Ich sehe mich (noch) nicht imstande, Ihre Fragen umfassend zu beantworten. Ich weiß selbst noch nicht genau, wie ich mit den Wortarten umgehen soll.
Ein Problem hatte ich anderswo schon angesprochen. Soll man von ein und demselben Wort in verschiedenen Umgebungen sprechen, als wäre es ein Gegenstand, etwa wie ein Stab, den man hierhin und dorthin stellen, legen oder einfügen kann? Oder sind gerade die Umgebungen das Einteilungskriterium? Dann wäre der Stock mal ein Sprazierstock, mal ein Wurfholz, mal ein Hebel usw. (Distribution als Einteilungskriterium).

Ich hatte als besonders praktisch angeregt, die Determinierbarkeit durch ein Artikelwort als Kriterium der Substantive anzuwenden. Aber es gibt natürlich Umgebungen, in denen ein solches Wort keinen Artikel haben kann; dann müßte man sagen: Ja, aber anderswo! Aber wieso ist es dann dasselbe Wort (petitio principii).

Dann gibt es die Grenzgänger zwischen den herkömmlichen Wortarten (aber, allein, außer, egal, eingedenk, einschließlich, geschweige, kaum, mitten, rings, umsonst, unterwegs, voller, zuwider), und darum haben manche ja vier, andere rund 200 Wortarten angesetzt.

Die vom Germanisten erwähnten Partizipien haben die typischen Suffixe deklinierter Adjektive, das Partizip I aber auch die Rektion des Verbs, und das Part. II ist Teil des Verbparadigmas...

Zu den Abstrakta: Wenn ich mit Porzig darunter "Namen für Satzinhalte" verstehe, wären das eher Bezeichnungstechniken als Redegegenstände:

sein Alter = daß er alt ist/wie alt er ist
Raub = daß jemand raubt/geraubt hat/wenn jemand raubt
usw.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 02.11.2017 um 21.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36855

Es mutet etwas seltsam an, von einem Substantiv oder Adjektiv Kurzem oder kurzem zu sprechen. Man würde ja auch nicht sagen, Hauses ist ein Substantiv.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 02.11.2017 um 22.53 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36856

Stimmt, aber die Reihenfolge war andersherum. Als Beispiel für ein Substantiv hätte ich natürlich das Kurze gesagt, aber hier ging es darum, was in vor kurzem für ein Wort steckt. Ich hätte "im Dativ" ergänzen können.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 03.11.2017 um 00.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36857

Das Kurze in vor Kurzem und das Lange in seit Langem und das Öftere in des Öfteren müssen neuerfundene Zeitmaße sein. Es wird Zeit, daß die Normenausschüsse sich damit befassen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.11.2017 um 03.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36858

Bevor man sich auf eine vielleicht vergebliche Suche macht, sollte man sich überlegen, was "Wortart" eigentlich bedeutet. Einerseits braucht der Linguist sie als Ordnungsbegriff, um seine Grammatik danach aufzubauen. Es geht auch anders, aber die Einteilung nach Wortarten hat sich wenigstens für das Deutsche immer wieder durchgesetzt. Andererseits behandelt der Sprecher selbst die Wörter verschieden, dekliniert die einen, konjugiert die anderen usw. Das ist also nicht nur von außen übergestülpt. (Wir hatten vielleicht schon mal den Unterschied zwischen natürlichen und künstlichen Systemen der Pflanzen, Tiere, Mineralien besprochen.)
Der Aufsatztitel "When nouns surface as verbs" fällt mir ein, witzigerweise gleich ein Beispiel dessen, was er behandelt. Manche Sprachen wie das Englische haben eine große "Wortartenwendigkeit", wie Hans Eggers es ausdrückte. Kraß ist das altgriechische Adverb deuro ("hierher"), das imperativisch verwendet wird ("komm her!") und dann auch einen Plural bildet: deute, also gewissermaßen "hierhert mal!". Im Deutschen viel besprochen sind die zu Adjektiven umgedeuteten Adverbien auf -weise.
Bei flektierenden Sprache könne man sagen: Derselbe Stamm wird durch verschiedene Kategorien getrieben, so daß er in verschiedene syntaktische "Slots" paßt.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 03.11.2017 um 12.20 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36866

Was solche Zeitmaße wirklich bedeuten, habe ich schon als Kind aus A. A. Milnes wunderschönem Kinderbuch "Pu der Bär" gelernt: "Es war einmal vor einiger Zeit, und diese Zeit ist schon lange, lange her, etwa letzten Freitag, als ..."
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.11.2017 um 17.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36872

Die Abstrakta als "Namen für Satzinhalte" werfen auch noch einmal ein Licht auf das Paradox von Mozart und dem Requiem:

http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1440#20728
und
http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1440#32781

Mozart starb, bevor er sein Requiem vollenden konnte.

Es ist nicht nötig, hier ein besonderes nicht-faktives „bevor“ anzunehmen (Krifka). "bevor" hat immer dieselbe Bedeutung, erst das Ganze kann bedeuten - etwas künstlich umschrieben:

1. vor: daß es vollendet wurde
2. vor: wenn es vollendet wird

beides = vor der Vollendung

Auch der Nebensatz nennt bloß den Satzinhalt, ohne ihn zu behaupten (er hat keine eigene "Illokution"); er hat also in dieser Hinsicht die gleiche Funktion wie das Abstraktum.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 05.11.2017 um 23.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36887

Außer von Desubstantivierung wird auch oft von "Verblassen" des Substantivs gesprochen. Ich glaube, es geht z. B. bei Horst H. Munske (http://www.sprachforschung.org/index.php?show=news&id=750) tatsächlich um einen etwas anderen Sachverhalt als bei der Kleinschreibung in Adverbialen (vor kurzem usw.):

"Durch Substantivierung (das Wandern, das Hoch, das Für und Wider) versetzen wir Verben, Adjektive, Präpositionen in eine substantivische Rolle und schreiben sie groß."

Ich finde das unklar ausgedrückt. Ist das Wandern ein Verb in einer substantivischen Rolle oder ist es ein Substantiv? M. E. sollte man es Substantiv nennen.

"Umgekehrt können Substantive verblassen, wie dies schon die allerersten Dudenregeln beschrieben (mir ist angst, er geht pleite), und verlieren ihre Großschreibung."

Schön, aber warum sagt er nicht deutlich, ob angst jetzt ein blasses (verblaßtes) Substantiv ist oder ob die Verblassung doch schon so weit fortgeschritten ist, daß ein qualitativer Wandel zum Adjektiv stattgefunden hat?

Ist es zum Adjektiv verblaßt oder ist es immer noch ein – zwar blasses und deshalb klein geschriebenes – Substantiv?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.11.2017 um 05.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36905

Hinter allem Möglichen wittert Trump Verschwörungen, die er mit einem einzigen Anruf nachprüfen könnte. Vor Kurzem fragte er allen Ernstes, warum man sich seine Skandale so viel genauer anschaue als die einer Frührentnerin aus dem Hudson Valley. (ZEIT 7.11.17)

Hier sieht man die Folgen der übertriebenen Großschreibung. Grammatisch nicht zu beanstanden, aber textsemantisch rückständig. Es geht nicht um Mögliches und Kurzes.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.11.2017 um 04.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#37022

Scholem fand zweifellos großen Gefallen an dem bahnbrechenden Abenteuer der Entdeckung eines unbekannten Kontinents. (Die Religionen der Welt. Frankfurt 2007:280)

Das Gefallen und der Gefallen werden oft verwechselt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.02.2018 um 05.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#37720

Die FAS ärgert uns mit der großen, dicken Überschrift

Ich weiß, was du morgen Nacht getan hast

Noch nie hat sie ihren Leser erklärt, wieso an dieser Stelle ein Substantiv stehen kann. Gallmann würde sagen: "weil es ein gleichlautendes Substantiv gibt". Man wird ja bescheiden.

Dagegen kritisiert in derselben Ausgabe die kluge Friederike Haupt den ausufernden Gebrauch des Begriffs "Staatsversagen".
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 04.02.2018 um 13.55 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#37722

Dem ging wohl Marktversagen voraus, verwendet von Menschen ohne ökonomische Grundkenntnisse.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.02.2018 um 18.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#37724

Haupt erwähnt diese Entsprechung selbst.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.02.2018 um 17.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#37786

In Goethes "Auf dem See" schwankt die GKS bei:

Goldne Träume kommt ihr wieder?
Weg, du Traum! so Gold du bist...


Die neueren Ausgaben haben meistens so gold, reparieren also den Verstoß gegen die Wortart, werten gold dafür als Adjektiv.

In Grimms Wörterbuch und bei Hermann Paul zum Beispiel wird ein Adjektiv gold = golden anerkannt, zumindest als Übergangserscheinung.

"Die adjektivische Natur kann sich durch Beifügung eines eigentlich nur dem Adj. zukommenden Adverbiums bekunden; vgl. weg du Traum, so Gold du bist (Goe.)" (Paul Pr. § 250)

Ich möchte noch Kempowskis Titel hinzufügen: Uns geht’s ja noch gold.
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 16.02.2018 um 00.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#37837

»Wie ihr das Erste Deutsche Fernsehprogramm mit einem Trick auch von Unterwegs online verfolgt, erklären wir in diesem Artikel.«

(https://www.netzwelt.de/laendersperren-umgehen/156275-ard-stream-ausland-laendersperre-umgehen–erste-livestream-sehen.html)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.03.2018 um 07.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#38077

Wenn man für die GKS das Substantiv rein formal abgrenzt, kann man die Flexion, die Artikelfähigkeit oder die Möglichkeit, Kern einer Nominalphrase zu sein, heranziehen. Aber all dies ist verhältnismäßig naiv und rückwärtsgewandt; es entspricht dem Standpunkt der Volksschullehrer des 19. Jahrhunderts, die sich ausdrücklich für solche handfesten Kriterien ausgesprochen haben. Man übergeht die leserfreundliche Überbauung dieser Bedingungen durch das textsemantische Kriterium, ob ein Ausdruck tatsächlich etwas bezeichnet, wovon die Rede ist (einen Redegegenstand). Diese moderne Weiterentwicklung ist in den Regelwerken (Duden) nur angedeutet oder umschrieben, aber nie klar formuliert worden. Nach dem primitiveren Kriterium ist es gerechtfertigt, im Allgemeinen, fürs Erste usw. zu schreiben, wie es die Reform wiederbelebt hat, aber einen Leser, der Besseres gewohnt ist, stört so etwas. Noch mehr stört natürlich, daß die Reformer die überholte Schreibweise alternativlos verordnet haben, sicher nicht ohne den Hintergedanken, die offensichtlich bessere Option gar nicht erst zur Wahl zu stellen, weil die Leser und Schreiber sonst die Weisheit der ganzen Reform in Zweifel ziehen könnten. (Dasselbe bei den Augstschen Etymogeleien.)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 08.03.2018 um 11.39 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#38091

Gerade weil mehrere Kriterien in Betracht kommen, sollte man mit der eigentlich überholten Großschreibung von indefiniten Pronomina, die in älteren Gammatiken nicht von ungefähr "substantivische" genannt werden, auch wieder nicht zu streng ins Gericht gehen. Ein Buch für Alle und Keinen ist nicht gänzlich absurd.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 08.03.2018 um 16.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#38093

Das ist vielleicht ähnlich wie der Filmtitel Das Leben der Anderen. Überhaupt kann man in Titeln bzgl. Großschreibung vielleicht manches gelten lassen, was sonst nicht so durchginge. Hätte ich hier "Manches" geschrieben, fände ich das schon sehr schief.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.03.2018 um 19.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#38125

Unter "Fahrlässigkeit" schreibt Wikipedia dreimal außer acht und zweimal außer Acht.
 
 

Kommentar von D. P., verfaßt am 06.04.2018 um 01.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#38418

Auf der Webseite der Welt gibt es ein typisches Dudenquiz, darin bei Frage 4 zu im Einzelnen: „Die Großschreibung gilt nur für den adverbiellen Gebrauch.“ Das ist anscheinend aus Wiktionary abgeschrieben, wo es für im Einzelnen und im Übrigen seit 2010 unverändert so steht; die Artikel haben auch keine Diskussionsseite. Ob es der Duden schon so formuliert, weiß ich nicht.
Gemeint ist: im Gegensatz zum attributiven Gebrauch des einzelnen Wortes (im einzelnen Fall, meines Wissens insgesamt auch adverbial). Dabei ist der neuen Rechtschreibung ja ganz egal, dass die Wendung adverbial ist, § 57 (1) spricht nur vom substantivierten Adjektiv.
Wer kommt eigentlich darauf, dass jemand auf im Einzelnen Fall schließen könnte, und dass so jemand für die Formulierung von Rechtschreibregeln relevant sein sollte?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.06.2018 um 03.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#38915

Morphologisch werden Abstrakta als eine bestimmte Wortbildung aufgefaßt, also etwa Substantive auf -heit, -ung usw.

Das setzt aber eine semantische Abgrenzung voraus, denn Zeitung zum Beispiel ist ja (wieder) konkret.

Nun denn:

Abstrakta werden auf zwei grundsätzlich verschiedene Weisen gedeutet: metaphysisch als besondere Art von Gegenständen und semiotisch als besondere Bezeichnungstechnik.

Alle mir bekannten Behandlungen des Themas lassen sich diesen beiden Gruppen zuweisen. Ich halte nur die zweite für wissenschaftlich haltbar. Sie ist die sprachanalytisch aufgeklärte und eine gute Grundlage der sprachwissenschaftlichen Arbeit, wie von Porzig vorgeführt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.09.2018 um 16.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#39523

mehrere Hundert Meter schreibt die Stiftung Nationalpark Wattenmeer auf schön gestaltete Tafeln. Aber ich kann mich nicht daran gewöhnen, darin den Plural von das Hundert zu sehen, wie das Dutzend.

Übrigens soll man man soviel Abstand von Kegelrobben halten, die am Strand liegen. Aber wenn der Strand nur 50 Meter breit ist und die ganze Insel 500 Meter, ist das ein bißchen schwierig. Die Fluchtdistanz der Robben ist auch viel geringer, und die werden es wohl am besten wissen.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 25.09.2018 um 11.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#39650

Aus dem gestrigen MM (Seiten 1 und 8):
In Deutschland fehlen viele Tausend Pflegekräfte und Ärzte.
Sie mussten sich mehrere Hundert Wörter, Bilder und Ziffern in nur wenigen Minuten einprägen

Man schreibt:
ausländische Pflegekräfte -> viele ausländische Pflegekräfte
deutsche Wörter -> viele deutsche Wörter

Warum dann bei Zahladjektiven plötzlich Großschreibung?
tausend Pflegekräfte -> viele Tausend Pflegekräfte
hundert Wörter -> viele Hundert Wörter
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.11.2018 um 06.30 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#40055

Vor Jahren fragte jemand bei korrekturen de an:

Schreibt man: Alles in einem oder Alles in Einem?

Julian von Heyl bemühte sich redlich:

"Gute Frage. Die neue Rechtschreibung besagt, bei Auffassung als Substantiv ist auch Großschreibung möglich, aber das bezieht sich auf die Funktion von ein als unbestimmtes Pronomen, hier würde ich ein hingegen als Zahlwort auffassen. Meiner Meinung ist hier also nur Kleinschreibung richtig und möglich."

Das war 2005 und mag schlüssig sein oder nicht, es ist inzwischen überholt, denn 2017 heißt es im amtlichen Wörterverzeichnis:

"ein (unbestimmtes Zahladjektiv); die einen und die anderen § 58(5), substantivisch auch die Einen und die Anderen § 58 E4"

Die Reformer wissen eben selbst nicht, was aus ihren Regeln folgt.

Seither hat sich der Rechtschreibrat nicht mehr um die Klärung dieser und vieler anderer Fragen gekümmert.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.01.2019 um 09.01 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#40715

In einem gelehrten Buch wie Rexroths „Fröhliche Scholastik“ stört die schülerhafte Reformschreibung besonders: vor Kurzem, Letzterer, doch meinen Manche (!)

Die Großschreibung Manche ist zwar nicht ausdrücklich vorgesehen, folgt aber dem Eintrag zu viel im amtlichen Verzeichnis:

"substantivisch auch Viele, Vieles, das Viele, die Vielen § 58 E4"

– wobei "substantivisch" nichts anderes heißt als eben Großschreibung, rein zirkulär, denn ein anderes Kriterium geben die Reformer nicht an, nicht einmal den Artikel.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.02.2019 um 05.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#40762

Wenn man im Duden unter „ohne weiteres/Weiteres“ nachschlägt, findet man erwartungsgemäß als Empfehlung „ohne Weiteres“. Diese Rückkehr zur übertriebenen Schulmeister-Großschreibung des 19. Jahrhunderts ist für mich der Inbegriff der Duden-Dummheit. Nur damit sich etwas ändert, verleugnet man den leserfreundlichen, freilich für Dummköpfe etwas schwerer zu erklärenden Fortschritt. Seither sind die Texte übersät mit nichtexistierenden Gegenständen wie dem Kurzen, dem Langen, dem Öfteren und dem Weiteren. Die Dudenredaktion hätte es in der Hand, diesen optionalen Schwachsinn nicht mitzumachen, aber sie tut das Gegenteil, um sich bei den Kultusministern einzuschleimen.
Das Ganze wird als „Sprachwandel“ verkauft, dem man sich doch wohl nicht entgegenstellen wird...
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.02.2019 um 05.59 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#40763

Wenn wenig „Pronomen und Zahlwort“ ist (Duden; zweiter Eintrag „Adverb“), wieso ist dann optional Großschreibung vorgesehen: er hat von dem Vortrag nur Weniges verstanden?

Leider fehlt auch die Wendung ein klein wenig (angeblich über 2 Mill. Belege bei Google); man wüßte doch gern, ob hier nach Dudenlogik Großschreibung eintritt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.02.2019 um 06.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#40779

Warum nur Wenige Grundrente bekommen könnten (t-online 5.2.19)

Laut amtlichem Wörterverzeichnis kann dies "substantivisch" auch groß geschrieben werden, was offenbar darauf hinausläuft, daß es bei Großschreibung groß geschrieben werden kann. Der Schreiber braucht nur geltend zu machen, daß er es substantivisch meint.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.02.2019 um 14.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#40782

Noch eins, weil es so schön ist:

Nur Wenige können einschätzen, ob dieser gemessene Wert ein echtes Risiko bedeutet. Auch die Ursachen sind für Viele rätselhaft und die Enttäuschung ist groß, wenn trotz einer cholesterinarmen Diät der Messwert nur wenig sinkt.
(http://gutepillen-schlechtepillen.de/cholesterin-spiegel-behandlung-und-risiken-erhoehter-werte/)
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.05.2019 um 06.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#41610

Ein Substantiv wie Ort kann – vielleicht wider Erwarten – als Abstraktum gebraucht werden, nämlich in jenem Sinn, den Walter Porzig gefunden hat: Abstrakta als Namen für Satzinhalte.

Ob eine Sendung am nächsten Tag zugestellt wird, hängt vom Ort ab (= "davon, wo der Empfänger wohnt"). Falsch wäre: ...hängt von Spardorf ab.
Dagegen ist Ortschaft konkret, obwohl die Wortbildung etwas anderes vermuten läßt.

Diese doppelte Verwendung gibt es auch bei Zeit, Zahl und vielen anderen Wörtern.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.07.2019 um 04.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#41804

Wenn man bei Wendungen wie im voraus zu der archaisierenden Großschreibung zurückkehrt, weil hier formal eine Substantivierung vorliege, stellt sich zwangsläufig die Frage nach dem Genus. Die Neuregelung sagt nichts darüber. Duden entscheidet sich für das Maskulinum, identifiziert das Wort also mit dem alten juristischen Fachausdruck. Substantivierte Adverbien müßten jedoch neutral sein: das Vorher, das Hin und Her. (So auch, wenigstens implizit, https://www.duden.de/sprachwissen/sprachratgeber/Substantivierte-Adverbien-Prapositionen-u)

Lange Diskussion über GKS hier:https://www.korrekturen.de/forum.pl/md/read/id/38664/sbj/danke-im-voraus-oder-voraus/
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.09.2019 um 17.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#42169

Gerhard Augst: Der Bildungswortschatz. Hildesheim (Olms) 2019

Wie hält es Augst mit der Großschreibung von Substantiven in fremdsprachlichen Ausdrücken?

Anscheinend würfelt er:

Standing ovations
Happy End
Clash of culture (!)
Common Sense
Elder statesman
Everybody’s Darling
Point of no return
Scientific Community


usw., ebenso im Französischen und anderen Sprachen.

Homme de lettres
Tour d’Horizon
Ultima Ratio
Corpus delicti
Alter Ego
Lapsus linguae
Casus Belli
Experimentum crucis

 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.10.2019 um 06.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#42215

Onfray irrlichtert in seinem Text gegen so Einiges. (FAZ 12.8.19)

Recht so! Warum sollte man es nicht großschreiben wie Einzelne? Mitte des 19. Jahrhunderts war man auch schon mal so weit gewesen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.11.2019 um 05.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#42508

Noch einmal zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#36125

E4: Wenn der Schreibende zum Ausdruck bringen will, dass das Zahladjektiv substantivisch gebraucht ist, kann er es nach § 57(1) auch großschreiben, zum Beispiel:
Sie strebte etwas ganz Anderes an. Die Einen sagen dies, die Anderen das. Die Meisten stimmten seiner Meinung zu.


Der Sprecher weiß nichts von Wortarten. Wenn er die Absicht haben sollte, ein Adjektiv substantivisch zu gebrauchen (wie immer er sich die Sache vorstellt), dann muß er dafür einen Grund haben, und diesen sollte man identifizieren und als Kriterium in die Regelformulierung aufnehmen. Die jetzige Fassung ist ein regeltechnischer Fehler.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.11.2019 um 06.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#42509

Ein Leserbriefschreiber tadelt wieder mal Tausende Bauern (FAZ 30.11.19). Er vermißt den partitiven Genitiv, argumentiert auch mit dem Englischen und Französischen (thousands peasants?) usw.

Aber warum sollten Deutsche sich nach der englischen Grammatik richten? Hat der Mann bedacht, daß auch zehn Bauern eigentlich falsch ist? Früher mußte man zehn der Bauern sagen. Genau wie ein Faß Bier auch falsch ist. Das unbeliebte partitive Verhältnis wird überall abgelöst (ein Stück Brot). Das ist eben der Sprachverfall, der uns bald in ein tierisches Grunzen führen wird.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 30.11.2019 um 06.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#42510

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#41610

Wenn man dagegen sagt das hängt von Berlin ab, dann ist der Ortsname erstens metonymisch und zweitens zugleich abstrakt gebraucht; es kann also z. B. bedeuten: das hängt davon ab, wie der Bundestag entscheidet.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.12.2019 um 09.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#42620

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#42509

Die Leserdiskussion geht immer weiter. Heute meint ein Studiendirektor aus Siegen, in Tausende Bauern sei Bauern Genitiv, nur leider nicht erkennbar. Tausende von Bauern sei "stilistisch völlig daneben, weil das von völlig überflüssig ist."

Der sehr selbstbewußte Verfasser schüttelt sozusagen ständig den Kopf über die blöden anderen, die über solche Selbstverständlichkeiten eine "skurrile" Debatte führen können.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 23.01.2020 um 05.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#42809

im Allgemeinen, beim Alten bleiben, für Einige – das war einmal sinnvoll und "richtig", ebenso wie ein kint im Mittelhochdeutschen. Die weitere Entwicklung kann als Fortschritt bezeichnet werden, und zwar nach dem Maßstab der Leserfreundlichkeit, man könnte auch sagen: im Sinne einer möglichst augenfälligen Bedeutungserfassung.

Die Reform machte diesen Fortschritt teilweise rückgängig, weil sie nicht den Leser, sondern den Schreiber und besonders den Schreiblerner, den Grundschüler im Auge hatte.

Nach dem Ausscheiden der meisten Reformer aus den Gremien wurde es möglich, diese einseitige und uneinsichtige Orientierung (die auch noch das schlecht beratene Bundesverfassungsgericht beherrschte) stückweise aufzugeben und ein wenig zum fortschrttlichen Kurs der mehrhundertjährigen Sprachentwicklung zurückzufinden.

Im Rechtschreibrat sitzt allerdings niemand, der hinreichend durchschaut, worum es eigentlich bei der deutschen Orthographie geht. Daher diese quälende Herumtappen und -stümpern, und auch noch alles unter dem lähmenden Gebot der KMK, nichts zu ändern.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.01.2020 um 07.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#42824

Zu http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#42620

Wenn man Latein gelernt hat und die Entwicklung zu den romanischen Sprachen nach alter Vätersitte für eine Verfallsgeschichte hält, könnte man auch den partitiven Genitiv für eine ewige Wahrheit halten. Die großen Latinisten sehen das nicht so, aber die liest ja keiner.

Das attische Griechisch, das wir unserem Unterricht zugrunde legen, scheint mir nicht in gleichem Maße kanonisiert worden zu sein, vielleicht weil die bedeutendste Literatur durchaus auch in anderen Dialekten verfaßt ist und bis in spätere Zeiten nachgeahmt wurde.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.06.2020 um 07.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#43760

Zu ernst sagt das amtliche Wörterverzeichnis:

ernst [meinen, nehmen ... § 34 (2.3); gemeint, ernstgemeint ... § 36 (2.1); sein § 35]

Ernst [machen § 55 (4)]; es ist mir [völliger] Ernst damit; aus dem Spiel wurde Ernst

-
Das ist unzureichend. völliger Ernst oder vollkommener Ernst (Duden) sind viel seltener als sehr/völlig/vollkommen ernst mit der gebotenen Kleinschreibung.

Die Reformer haben es in 24 Jahren nicht geschafft, diesen Fall zu klären. Was die angeblich so vielbeschäftigte neue Geschäftsführung treibt, ist nicht bekannt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 26.06.2020 um 06.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#43792

Bevor er wieder abfuhr, verabschiedete er sich von jedem Einzelnen von uns (Hans Rosling: Wie ich lernte, die Welt zu verstehen. Berlin 2017:39)

Das ist unbefriedigend. Hieße es von jedem einzelnen der Studenten, würde man wegen der „elliptischen“ Konstruktion klein schreiben. Das partitive Verhältnis ist jedoch das gleiche, wenn man die Nominalphrase pronominal realisiert (jeder einzelne von ihnen). Darauf kommt es an und nicht auf die Möglichkeit einer „elliptischen“ Deutung.

Die Reform hat hier wegen der exzessiven Großschreibung eine Unsicherheit erzeugt, die es vorher nicht gab. Die Zeitungen verfahren nach dem Grundsatz „im Zweifel groß“, der aber weder der alten noch der neuen Regelung entspricht, sondern dem Wunsch, auf der sicheren Seite zu sein (dort, wo man die Kultusminister vermutet).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 10.07.2020 um 06.03 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#43895

In den 90er Jahren gingen zahllose Unternehmen, die Trump gegründet oder gekauft hatte, Pleite, darunter eine Fluggesellschaft und die Spielcasino in Atlantic City. (Stern 9.7.20)

Die Großschreibung in Pleite gehen entspricht zwar nicht mehr der revidierten Reform, aber 10 Jahre lang war sie vorgeschrieben und hat sich in den Köpfen festgesetzt. Man könnte sich wundern, was Journalisten alles für möglich halten, aber schließlich haben das die professionellen Germanisten ja auch getan, und die Dudenredaktion und andere haben mitgemacht und die neue Herrlichkeit sogar angepriesen.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 07.10.2020 um 17.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#44449

Abstrakta sind "Namen für Satzinhalte" (Porzig), d. h. Substantivierungen von daß- oder ob-Sätzen nach diesem Muster: Länge = "daß/ob etwas (so) lang ist".

Eine sonderbare Lücke hatten wir schon erwähnt; sie wird hier deutlich:


Trump hat regelmäßig die Sinnhaftigkeit der Maske in Frage gestellt. (SZ 8.10.20)

Sinnhaftigkeit steht anstelle von unüblichem oder bedeutungsverschiedenem Sinnvollheit/Sinnfülle, entspricht aber auch nicht genau sinnhaft.

 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 27.10.2020 um 04.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#44566

Nur eine von fünf Leuten, die das Virus erklären, ist eine Frau. (SZ 26.10.20)

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als sei Leute als Femininum behandelt, aber das trifft nicht zu, es ist als Pluraletantum ohne Genus. Nach Thielmann (s. u.) wäre Leute kein Substantiv, denn diese definiert er durch das feste Genus. Das erledigt sich von selbst.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 20.11.2020 um 23.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#44730

Während des Pleistozäns, über Zehntausende von Generationen hinweg, taten sich unsere Vorfahren zu Gruppen zusammen, die ihren Lebensunterhalt durch Jagen und Sammeln sicherten.
(Brian Greene, Bis zum Ende der Zeit, S. 22)

Ist wirklich jeder Infinitiv, vor dem eine Präposition steht, eine Substantivierung?

Adjektive, Adverbien, Partizipien, Pronomen werden jedenfalls von Präpositionen nicht automatisch substantiviert (nach oben, von früh bis spät, mit mir, ...). Ist es dann bei Verben gerechtfertigt, und wenn ja, warum?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 21.11.2020 um 05.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#44731

Sehr berechtigte Frage. Ich würde die Wortarten auch nicht "universalgrammatisch" definieren, sondern einzelsprachspezifisch, allerdings mit hoher Vergleichbarkeit in typologisch verwandten Sprachen.

(Vgl. schon http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1474#37013 und meine Antwort dazu.)

Wie wäre es im vorliegenden Fall mit durch das Jagen, durch fleißiges Sammeln?

Die Kleinschreibung der Pronomina ist einfach Konvention; manche schreiben Wir (von Gottes Gnaden) ja auch groß. Es sind "Shifters" (Jakobson) ohne vollen semantischen Wert, nicht artikelfähig, vielleicht scheint uns darum die Kleinschreibung sinnvoller.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 17.03.2021 um 11.05 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#45449

Freie Presse, 17.3.2021, Seite 4:

Taten tun Not, Worte auch

... Eine erneute Fernsehansprache der Regierungschefin täte Not, die Orientierung geben und Tatkraft ausstrahlen müsste. ... Es ist Zeit für Taten - und für Worte - Worte der Erklärung, der Aufmunterung, der Einigkeit. ...

Es gäbe gar nicht soviel Not in der Welt, wenn manche sie nicht auch noch extra tun würden.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 19.03.2021 um 00.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#45458

Das ist ja wirklich irre, ich hatte es schon ganz vergessen, aber jetzt sehe ich gerade, daß laut RSR tatsächlich eine Zeitlang (von der 21. bis 23. Duden-Auflage, d.h. von 1996 bis 2006)

Not tun, Not sein, Not werden

geschrieben werden sollte.
In der 24. Auflage (ab 2006) stand dann

nottun (tut not), Not sein, Not werden

Mit der 25. Auflage des Duden (2009 bis heute) wurde die bewährte Schreibung von vor 1996 fast wiederhergestellt:

nottun (tut not), not sein, not werden

Kein Wunder, wenn die Zeitungen das nicht verstehen. Es nahm also eine ähnliche Entwicklung wie

leid tun -> Leid tun -> leidtun (tut leid).
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 19.03.2021 um 04.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#45459

Die Duden-Chefin barmt zum Steinerweichen, was für Angriffen sie ausgesetzt ist. Mein Mitgefühl hält sich in Grenzen. Die Redaktion hat nicht nur jeden Unsinn mitgemacht und ihre Ergebenheitsbekundungen mit ihren "Empfehlungen" noch auf die Spitze getrieben, sondern nie ein Wort des Bedauerns gefunden. Daß im stillen mancher Mitarbeiter das Fäustchen geballt haben mag, macht die Sache nicht besser. Soviel zu den Hütern der deutschen Sprache.

Leider wird das noch überboten durch Professoren, die nicht an die Weisungen eines kommerziellen Unternehmens gebunden sind und trotzdem wie die Schafe hinterhergetrottet sind oder sich sogar als Leithammel an die Spitze gesetzt haben.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 23.03.2021 um 11.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#45483

Auch der Mannheimer Morgen (23.3.21, S. 11) hat seine Not:

"Es tut Not, unsere Demokratie zu schützen", fordert er.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 05.05.2021 um 06.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#45838

Viele Menschen kennen die modernere Rechtschreibung wirklich nicht mehr. Die Großschreibung wie in der Mitte des 19. Jahrhunderts hat ja auf Grundschulniveau auch durchaus etwas Einleuchtendes. Auch früher schon ist die intuitiv eingeführte und beispielweise von Konrad Duden begründete Kleinschreibung nie richtig erklärt worden (textsemantisch). Da steht man heute erst recht auf verlorenem Posten. Geschichte ist eben nicht nur Fortschritt.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 09.07.2021 um 18.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#46429

Bewirkt die Zahngesundheit im Alter Demenzerkrankungen? (Google News)

= Wirkt es sich auf das Demenzrisiko aus, ob die Zähne gesund sind/wie gesund die Zähne sind?

Was stört, ist erstens die Zweideutigkeit des Abstraktums, zweitens das „bewirken“ im Zusammenhang damit. Aber gerade darum lehrreich für die Deutung der Abstrakta („Namen für Satzinhalte“ nach Walter Porzigs klassischer Abhandlung).
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 28.09.2021 um 20.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#47209

Wikipedia, "Bundestagswahl 2021":

Der aus dieser Wahl resultierende Bundestag ist der am stärksten Fragmentierte seit Bestehen des Bundestags.

Ich krieg immer die Krise, wenn ich sowas lese. Was ist ein Fragmentierter?
Gemeint ist doch der am stärksten fragmentierte (Bundestag)!

Ist dieser häufige Fehler eigentlich wirklich Bestandteil der RSR, oder zeigen sich darin nur Unverständnis, Beflissenheit und Chaos aufgrund einer vermeintlichen neuen Regel der RSR? Ich bin nicht sicher.
 
 

Kommentar von Wolfram Metz, verfaßt am 09.11.2021 um 23.24 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#47542

Wir boostern viel zu langsam – und zu Wenige (spiegel.de, 9.11.21)

Bei Großschreibung kommt es mir so vor, als sei jeder einzelne zu »wenig«, also als ob jeder einzelne Mensch es mit der Eigenschaft »wenig« übertriebe.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 11.11.2021 um 03.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#47559

Das ging mir hier ebenso (Freie Presse, 10.11.21, S. 11):

Es gibt nur einige Wenige, die meinten, keine Maske tragen zu müssen.

Ich frage mich dann auch immer, was eigentlich ein Weniger ist.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 14.04.2022 um 07.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#48923

Renten steigen deutlich
Größte Erhöhung seit Langem

[...]
Im Osten ist es der stärkste Anstieg seit 1994, im Westen gab es seit 1983 keine solche Erhöhung mehr.
(MM, 14.4.22, Seite 4)

Der oder das Lange war also 1994 im Osten und 1983 im Westen.
 
 

Kommentar von Ivan Panchenko, verfaßt am 15.04.2022 um 15.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#48937

„Der oder das Lange war also 1994 im Westen und 1983 im Osten.“ – Na ja, man sagt doch auch seit langer Zeit.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 16.04.2022 um 01.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#48939

Stimmt. Also ist mein Versuch, die reformierte Großschreibung auf diese Art zu widerlegen, wohl falsch.
Der erste reformierte Duden, Auflage 21 von 1996, ließ allerdings auch nur seit langem zu. Spätestens ab Auflage 23 von 2004 erlaubt Duden hier Groß- und Kleinschreibung (zu Aufl. 22 kann ich nichts sagen). Mein Eindruck ist, daß bis heute immer noch die frühere Kleinschreibung überwiegt.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 30.07.2022 um 18.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#49504

Briketts aus Kohle oder auch aus Holz sind sehr gefragt, aber zumindest Erstere rar.
(Freie Presse, 30.7.22, S. 9)

Der Duden bezeichnet es als Adjektiv, für mich ist es in dieser Verwendung eher ein Demonstrativpronomen (wie diese, jene). Aber was auch immer, daß es weder ein Substantiv ist noch hier substantiviert, ist doch selbstverständlich. Die Rechtschreibreform hat das ganze Grammatikwissen durcheinandergebracht bzw. ins Belieben gestellt und für unwichtig erklärt. Man gerät beim Lesen ins Stocken, so als ob hier noch ein Drittes gemeint wäre, das rar ist.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 25.02.2023 um 21.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#50562

Mannheimer Morgen, 25.2.2023:

Seite 10:
"Ohne Sprache können wir die Natur nicht schützen"

Waldmärchen für wundersame Wege, Geschichten über Pflanzen, die gern Purzelbäume schlagen, oder einen Baum, der reißaus nimmt - sowie jede Menge Lesungen rund um das Thema Klima: [...]

Seite 18:
Motorrad zurecht sichergestellt

[...] Die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts wies seine Klage nun mit der Begründung ab, dass das Motorrad zu Recht sichergestellt wurde. [...]

Die Sprache selbst könnte wohl auch etwas Schutz gebrauchen. Seit der Rechtschreibreform geht es in der GKS drunter und drüber.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 31.03.2023 um 06.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#50801

„benommener, taumeliger Zustand mit dem Gefühl, als drehe sich alles um einen, als schwanke der Boden o. Ä.“ (Duden „Schwindel“)

Man sieht hier, welche Funktion die Abstraktbildung hat: „daß alles sich zu drehen scheint“ wird durch ein nicht ganz logisches Substantiv thematisiert. Genau genommen ist ja nicht der Zustand benommen oder taumelig, sondern es ist ein Zustand der Benommenheit, und der ist die Benommenheit selbst – eben „daß man benommen ist“.

(Das Zitat zeigt wieder die reaktionäre Großschreibung o. Ä., die wir der Truppe um Augst verdanken. Ich kann es immer noch nicht fassen, daß so etwas gegen Ende des 20. Jahrhunderts möglich war.)

Zur Bedeutungsbeschreibung wäre auch noch etwas zu sagen. Zwar sind dei beiden Hauptbedeutungen klar getrennt, aber im ersten Fall könnte deutlicher auf die Störung des Gleichgewichtssinnes Bezug genommen werden. "Taumel" ist schon besser als "Benommenheit".
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 14.06.2023 um 12.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1448#51241

Widersprüchliche Ansichten sowohl bezüglich GKS als auch bezüglich der Artikelzuordnung in ein und demselben Satz (MM, 14.6.23, S. 21):

Der MM zitiert im Sportteil den Kölner Professor Christoph Breuer. Es geht um die Vorbereitung der Fußball-EM 2024, verglichen mit dem "Sommermärchen" 2006:

"Wissenschaftlich gesprochen ist der Stimulus nicht der gleiche und auch der Organismus beziehungsweise die Gesellschaft, auf den der Stimulus trifft, nicht der/die Gleiche, sodass kaum gleiche Effekte erwartet werden können."
 
 

nach oben


Ihr Kommentar: Sie können diesen Beitrag kommentieren. Füllen Sie dazu die mit * versehenen Felder aus und klicken Sie auf „Kommentar eintragen“.

Sie können in Ihrem Kommentar fett und/oder kursiv schreiben: [b]Kommentar[/b] ergibt Kommentar, [i]Kommentar[/i] ergibt Kommentar. Mit der Eingabetaste („Enter“) erzwingen Sie einen Zeilenumbruch. Ein doppelter Bindestrich (- -) wird in einen Gedankenstrich (–), ein doppeltes Komma (,,) bzw. ein doppelter Akut (´´) werden in typographische Anführungszeichen („ bzw. “) umgewandelt, ferner werden >> bzw. << durch die entsprechenden französischen Anführungszeichen » bzw. « ersetzt.

Bitte beziehen Sie sich nach Möglichkeit auf die Ausgangsmeldung.
Für sonstige Diskussionen steht Ihnen unser Diskussionsforum zur Verfügung.
* Ihr Name:
E-Mail:
(Wenn Sie eine E-Mail-Adresse angeben, wird diese angezeigt, damit andere mit Ihnen Kontakt aufnehmen können.)
* Kommentar:
* Spamschutz: refresh Image CAPTCHA Image
  Bitte tragen Sie die Zeichenfolge in das Feld rechts ein. Falls Sie Schwierigkeiten haben, sie zu erkennen, können Sie sich mit einem Klick auf die grünen Pfeile eine andere Zeichenfolge vorgeben lassen.
  TESTBETRIEB; das funktioniert noch nicht! Bitte wählen Sie zur Kommentareingabe wieder die neuesten Kommentare zuoberst aus.


Zurück zur vorherigen Seite | zur Tagebuchübersicht


© 2004–2018: Forschungsgruppe Deutsche Sprache e.V.

Vorstand: Reinhard Markner, Walter Lachenmann, Jan-Martin Wagner
Mitglieder des Beirats: Herbert E. Brekle, Dieter Borchmeyer, Friedrich Forssman, Theodor Ickler, Michael Klett, Werner von Koppenfels, Hans Krieger, Burkhart Kroeber, Reiner Kunze, Horst H. Munske, Adolf Muschg, Sten Nadolny, Bernd Rüthers, Albert von Schirnding, Christian Stetter.

Webhosting: ALL-INKL.COM