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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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13.06.2007
 

Schwindsüchtig
Der Rechtschreibrat verdämmert allmählich

Wie viele Mitglieder werden wohl zur zehnten Sitzung anreisen? Bei der neunten Sitzung (Oktoberfest 2006) fehlten nicht weniger als 15 Mitglieder, also fast die Hälfte.
Nur wenige hatten wenigstens ihr Stimmrecht übertragen. Daß Herr Zilk fehlte, der noch an keiner einzigen Arbeitssitzung teilgenommen hatte, überrascht niemanden. Das alles zeigt, mit welcher Geringschätzung die Mitglieder auf diese ganze Veranstaltung herabblicken. Nur die Vermarkter fehlen verständlicherweise nie, sie sind nun fast unter sich. Sie wachen zuverlässig darüber, „daß uns allen nichts Unangenehmes passiert“. Unangenehm wäre eine weitere Revision der verkorksten Regeln, deshalb unterbleibt sie.



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Kommentare zu »Schwindsüchtig«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 28.12.2019 um 14.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=853#42658

Unter meinen Papieren finde ich die Mitteilung eines Ratsmitgliedes über den Verlauf der zehnten Sitzung:

Die Ratssitzung am 22. Juni 2007 war gut besucht und verlief weithin in Harmonie. Blüml fehlte, weil er in Wien Matura-Aufsicht hatte. Der Rechtschreib-Rasputin Stillemunkes saß wieder schweigend in seinem grauen Anzüglein im Eck. Herr Dové verlas eine Stellungsnahme der NZZ zur SOK: Man wolle sich nicht pauschal von der SOK vereinnahmen lassen. Damit war das Schweizer Protestpotential stillgelegt.

Dem Vorsitzenden ist gutzuschreiben, dass er einen von Wahrig (Krome) – nun schon das zweite Mal – gestarteten Versuch vereitelte, die Weiterarbeit des Rats auf einen Inneren und Äußeren Kreis aufzuteilen – konkret: hie Wörterbuchbastler, dort andere Interessenvertreter. Die zur laufenden Beobachtung nötigen Corpusuntersuchungen sollen nicht bei den Wörterbuchverlagen, sondern im IDS verankert werden.
Zum Schluss überraschte Eisenberg mit der Mitteilung, er habe das ganze Regelwerk 2006 umtextiert und bei Wahrig als Broschüre herausgebracht.

Der Vorschlag von Krome (nebst Organigramm, hier nicht wiedergegeben) sieht so aus:


Sprachbeobachtung: Rat für deutsche Rechtschreibung

Modell: äußerer Kreis, innerer Kreis

Motivation

Der Gesamtrat ist zu groß und zu heterogen zusammengesetzt, um langfristig differenzierte und pragmatische Arbeit bei der Sprachbeobachtung leisten zu können


Äußerer Kreis

Der Rat bleibt in der gegenwärtigen Zusammensetzung bestehen (rd. 2 Sitzungen pro Jahr, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen)

Aufgaben

a) Diskussion und Entscheidung über Arbeit und Vorschläge des inneren Kreises
b) Einbringen eigener Vorschläge, z. B. Akzeptanz von Schreibungen bei dpa, Journalistenverband etc.
c) Auswertungen von Ergebnissen ratsinterner und externer Sprachberatungen, z. B. der GfdS oder von Universitäten wie beispielsweise der TU Chemnitz
d) Vorträge von Ratsexternen zu anderen Textkorpora (z. B. das Projekt „Deutscher Wortschatz“ der Uni Leipzig) oder weiteren Themen der Sprachbeobachtung, wie
z. B. Fremdwörtern


Innerer Kreis (vgl. Organigramm)

Kriterien für Zusammensetzung

 Im Mittelpunkt stehen die Institutionen, die umfassende (digitale) Korpora zur Verfügung haben und die in der Lage sind, einen Abgleich großer Wortschatzmengen der deutschen Gegenwartssprache vorzunehmen. Daneben:

 Hochschul-Forschung, die sprachwissenschaftliche Untersuchungen zur langfristigen Weiterentwicklung des amtlichen Regelwerks erarbeiten kann

 Vertreter des Bereichs Schule (abgedeckt durch VdS Bildungsmedien und ÖWB mit Anbindung an schulischen Bereich und entsprechende Schweizer Institution), da Umsetzung der Regeln und Schreibungen primär durch die Schulbuchverlage didaktisch aufbereitet wird

 Internationale Besetzung in zahlenmäßiger Ausgewogenheit der Länder

 Übergreifende Perspektive des Vorsitzenden, der nicht aus dem sprachwissenschaftlichen Umfeld stammt


Aufgaben

 Bestandsaufnahme von verzeichneten Schreibungen mit Begründungen (im amtlichen Regelwerk, in Wörterbüchern, in aufbereiteten Listen)

 Variantenanalyse mit dem Ziel einer Typologie von Varianten, z. B. nach den Bereichen und Regeln des amtlichen Regelwerks

 Variantenbeobachtung anhand von Zahlen, ermittelt jahrgangsweise durch Textkorpora, vor allem in den Bereichen
a) Fremdwörter
b) Getrennt- und Zusammenschreibung
c) Groß- und Kleinschreibung

mit dem langfristigen Ziel einer Variantenreduzierung oder Variantengewichtung

 wissenschaftliche Untersuchungen zur langfristigen Weiterentwicklung des amtlichen Regelwerks, z. B. zum Begriff der Idiomatisierung oder zum Schreibgebrauch bei idiomatisierten Verbverbindungen nach § 34, E5 bei flektierten Formen (Typ: ...bis du schwarz wirst / schwarzwirst)

 Ermittlung von paradigmatischen Neologismen für das amtliche Regelwerk

 Sprachbeobachtung und Klärung von Zweifelsfällen in Übergangsbereichen, z. B. der Schreibung flektierter Formen von Anglizismen

Sitzungszyklus

2-3 Mal pro Jahr je nach zu erarbeitenden Themen


Dr. Sabine Krome
WAHRIG-Redaktion
19.09.2006, aktualisiert:
22.05.2007

 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 01.07.2007 um 11.51 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=853#9269

@Rütlischwur

Ist auch die Schweiz schwindsüchtig?
Wenn in der Schweiz nur zwei Millionen (deutschsprachige) Menschen leben, ergibt sich die Frage, warum es für den Rest so schwer ist, dort (deutschsprachiger) Mensch zu werden. Oder liegt es wieder einmal an überbordender Schweizer Bescheidenheit?
 
 

Kommentar von GL, verfaßt am 14.06.2007 um 22.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=853#9093

Natürlich untertreibt Rütlischwur! Trotzdem wünsche ich ihm ein friedliches Fest am ersten August auf dem Rütli.
 
 

Kommentar von Rütlischwur, verfaßt am 14.06.2007 um 20.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=853#9090

In der Bundesrepublik leben 80 Mio. Menschen, in der Schweiz 2 Mio. Es müßte also leicht zu schaffen sein.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 14.06.2007 um 15.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=853#9084

Die SOK hat als Mitglieder eine stattliche Anzahl sehr guter, angesehener, einflußreicher und aktiver Fachleute. Für eine DOK müßte man ein entsprechendes Gremium erst einmal zusammenbringen.
 
 

Kommentar von Ballistol, verfaßt am 14.06.2007 um 14.27 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=853#9083

Die Seite www.rechtschreibpirat.de ist übrigens noch frei...
 
 

Kommentar von T.P., verfaßt am 14.06.2007 um 12.58 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=853#9079

Es ist keine Piraterie. Die Adresse www.rechtschreibrat.de gehörte schon der Deutschen Sprachwelt, als es weder den einen noch den anderen Rat für deutsche Rechtschreibung gab. Der KMK-Rat wich dann auf www.rechtschreibrat.com aus. Unter gewissen Voraussetzungen wäre die DSW sicher bereit, auf die Adresse zu verzichten ...
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 14.06.2007 um 12.37 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=853#9077

Nach Eingabe von www.rechtschreibrat.de erscheint die Seite www.deutsche-sprachwelt.de
Ist das genehmigt oder Piraterie? Ist rechtschreibrat.de verkauft worden?
 
 

Kommentar von Ballistol, verfaßt am 14.06.2007 um 09.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=853#9075

Vielleicht können Sie als Mitglied der SOK dort vorschlagen, zum Termin passende Aktionen zu setzen? Wahrscheinlich wird daran sowieso schon gearbeitet. Eine Ausweitung der Zuständigkeit wäre aber sehr zu wünschen.

Ein offener Brief an die Verursacher des Desasters wäre zum Terminzeitpunkt ohnehin nicht schlecht. Wir können auch die Deutsche Sprachwelt fragen, ob sie diesen Vorstoß unterstützt und vielleicht über ihren schlagkräftigen Verteiler laufen läßt.
 
 

Kommentar von T.P., verfaßt am 14.06.2007 um 09.25 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=853#9074

Im Augenblick erscheint es sinnvoller, die SOK zu fördern und bekannter zu machen und vielleicht eines Tages aus ihr eine Allgemeine Orthographische Konferenz (huch, AOK geht wohl nicht ... oder lieber III. Orthographische Konferenz?) zu machen, wenn deren Gründungsmitglieder dem zustimmen.

Wichtig ist es zunächst, weitere Verleger, Zeitungsleute, Nachrichtenagenturen zu gewinnen.

Was ist eigentlich aus dem (Gegen-)Rat für deutsche Rechtschreibung e.V. geworden? Die Anschrift www.rechtschreibrat.de ist übrigens immer noch in unserer Hand und kann genutzt werden.

Im übrigen sollten wir Länder wie Österreich oder Liechtenstein ermutigen, sich der kolonialen Bevormundung durch die deutsche KMK zu widersetzen.
 
 

Kommentar von B. Eversberg, verfaßt am 14.06.2007 um 08.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=853#9073

Eine DOK wäre gut, aber wenn man das macht, müßte man sicher sein, den damit verbundenen Aufwand auch eine Weile leisten und substantielle Resultate erzielen zu können, wie die SOK. Etwas wie eine "Mannheimer Erklärung" müßte am Anfang stehen, in der die bestehenden Probleme aufgelistet und die Fragen formuliert werden, denen eigentlich der Rat sich stellen müßte - und im Vergleich daneben dessen weltfremde Tagesordnung.
So eine Erklärung könnte aber auch ohne Gründung einer DOK vorgelegt werden. Nur - wer würde sie zur Kenntnis nehmen?
Natürlich werden die Kultusminister, verehrter Herr Jochems, jede Kritik entweder ignorieren oder mit billigen Ausreden vom Tisch wischen. Das heißt aber doch nicht, daß man sie mit den Problemen nicht konfrontieren und mit den Fragen nicht behelligen sollte - sie sind immerhin die Verursacher des Durcheinanders. Und wir wissen doch, daß sie eine Friedhofsruhe als Frieden deuten.
 
 

Kommentar von Ballistol, verfaßt am 14.06.2007 um 08.26 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=853#9072

Wäre das Datum der nächsten schütteren Sitzung nicht eine exzellente Gelegenheit, gleich in Mannheim eine "Deutsche Orthographische Konferenz" nach Schweizer Vorbild zu gründen? Das hätte auch für Zeitungen einigen Neuigkeitswert.

Ich würde das als Gründungsmitglied unterstützen und bitte um Vorschläge.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 14.06.2007 um 04.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=853#9070

Aus der Einladung zur zehnten Sitzung geht hervor, daß der Rat (der nun auch ein Logo im Briefkopf besitzt) sich noch einmal fotografieren lassen will. Da die Tagesordnung nur folgenloses Palaver vorsieht, werden sich wohl diesmal auch nicht mehr Mitglieder zur Reise nach Mannheim aufraffen, und das Gruppenbild dürfte ziemlich schütter ausfallen.
Die Entschlossenheit, nichts mehr zu ändern und sich dennoch satzungsgemäß zweimal im Jahr zu treffen, dürfte geradewegs zur Selbstauflösung des Rechtschriebrates führen. Warum auch nicht? Er hat seine Schuldigkeit getan.
Daß ab 1. August Allerweltswörter wie "jedesmal" in der Schule als Fehler geahndet werden müssen, scheint den Vorsitzenden nicht weiter zu beunruhigen. Er hat ja auch 1996 zahllose Getrenntschreibungen wie "lahm legen" angeordnet, die nun ab 1. August ebenfalls notenrelevant angestrichen werden müssen, nachdem sie den Schülern zehn Jahre lang "eingebläut" worden sind. Leider ist keine Zeitung bereit, ihn dieserhalb noch einmal zu befragen.
 
 

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