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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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19.04.2009
 

Werner H. Veith
Gedenken

Am 30. März 2009 ist Prof. Werner H. Veith gestorben, ein Reformkritiker der ersten Stunde, dem wir sehr viel verdanken. Er hat die Mühe nicht gescheut, durch eingehendste Untersuchungen das "wahre Gesicht" der Rechtschreibreform zu enthüllen, und damit vielen zur Einsicht in die Revisionsbedürftigkeit des Regelwerks verholfen.
Die Universität Mainz erwähnt sein Engagement in der Todesanzeige, was ich bemerkenswert finde. Neben persönlichen Auftritten, bei denen ich ihn näher kennenlernte, ist er auch mit Veröffentlichungen hervorgetreten, von denen ich einige in Erinnerung rufe:
„Zu einem Fünftel uneindeutig. Unterregeln, Spezifikationen, Kannbestimmungen: Ist eine
Korrektur der Rechtschreibreform möglich?“ In: Die Welt v. 16. 1. 1997.
„Die deutsche Orthographie im Brennpunkt.“ In: Sprachwissenschaft 22 (1997), S.19-44.
„Das wahre Gesicht der Reform.“ In: Hans Werner Eroms/Horst Haider Munske (Hgg.): Die Rechtschreibreform. Pro und Kontra. Berlin 1997, S. 241-249.
„Die sechs Bereiche der Neuregelung. Kritische Zusammenstellung und Argumente gegen die Rechtschreibreform.“ In: Der stille Protest. Widerstand gegen die Rechtschreibreform im Schatten der Öffentlichkeit. Hg. v. Manfred Riebe/Norbert Schäbler/Tobias Loew. St. Goar 1997, S. 165-172.
Herr Veith ist 68 Jahre alt geworden. Die Nachricht von seinem Tod hat mich überrascht und betrübt. Ich mußte wieder daran denken, wie wenige Germanisten mutig genug waren, ihre bessere fachliche Einsicht und ihre wahre Meinung über die Rechtschreibreform öffentlich zu artikulieren. Sie lassen sich an den Fingern einer Hand abzählen. Werner H. Veith gehörte dazu.



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Kommentare zu »Werner H. Veith«
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Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 21.04.2009 um 05.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1143#14335

Ehrlich gesagt, ich verstehe es auch nicht, was daran mutig sein soll, als Sprachwissenschaftler diese Mißgeburt von Reform entschieden abzulehnen und das bei passenden Gelegenheiten auch zu äußern. Für mich wäre es selbstverständlich, Schrott als solchen zu bezeichnen, insbesondere wenn ein Gut der Gemeinschaft bedroht ist und wenn viele Millionen Menschen auf Dauer in ihrem Alltag betroffen sind. Es muß ja nicht gleich bedeuten, daß man sich an Podiumsdiskussionen beteiligt, Stellungnahmen veröffentlicht und dergleichen, wie es Professor Veith getan hat. Aber mit ein paar Konsequenzen wäre eine überzeugte, verantwortungsvolle Haltung schon verbunden. Ein Germanist an der Universität hätte sich darum zu bemühen gehabt, daß in seinem Wirkungsbereich die herkömmliche Rechtschreibung zumindest genauso akzeptiert wird wie die angeblich gültige staatliche "Neuregelung". Vielleicht ab und zu mal ein Leserbrief. Regelmäßig als Unterstützer von Protestaktionen den eigenen Namen zur Verfügung stellen. Wenigstens mal ein, zwei Doppelstunden pro Semester für die Diskussion der Reform mit Studenten reservieren ... Aber selbst für solche Dinge waren sich die Germanisten mit übergroßer Mehrheit zu schade. Da sticht dann
das Beispiel von Professor Veith als leuchtende Ausnahme heraus.

Sollen wir vielleicht annehmen, die Kompliziertheit, die Undurchschaubarkeit des Regelwerks sei ein Grund für die Untätigkeit der Germanisten gewesen? Das hat eine gewisse Plausibilität. Wenn man sich nicht in den Details auskennt, droht manche peinliche Situation. Somit muß es nicht Feigheit sein. Es kommt auch Faulheit in Frage. Denken wir nur an die Kultusminister, die gar nicht erst damit anfingen, das Regelwerk zu studieren. Man hat ja so viel zu tun ...
 
 

Kommentar von Pt, verfaßt am 20.04.2009 um 18.12 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1143#14333

''... Fachleute, für die die Gesellschaft einst mit enormem Aufwand die Studienmöglichkeiten geschaffen hat, ...''

Diese Sichtweise ist etwas zu oberflächlich. Wer ist Ihrer Meinung nach ''die Gesellschaft''? Universitäten gibt es schon ziemlich lange, und sie wurden von konkreten Leuten zu konkreten Zwecken gegründet. Zumeist ging es früher um Juristerei, Medizin oder Mathematik. Ein Studium verlangt auch einen erheblichen zeitlichen wie finanzielllen Aufwand vom Studenten, ob es sich dann für diesen auch auszahlt, steht auf einem anderen Blatt.

''... um dann darauf vertrauen zu können, daß fachlich gediegene Urteile und Entscheidungen auf dem Tisch liegen, wenn man sie benötigt.''

Ein Urteil bekommen Sie vom Gericht, von einem Wissenschaftler können Sie allenfalls ein Gutachten verlangen. Und zu jedem Gutachten kann es ein Gegengutachten geben.

''Dieses Vertrauen ist längst hin.''

Es war noch nie besonders klug, allzu vertrauensselig zu sein!

''Möglicherweise ist es aber auch so, daß die Zurückhaltung fast aller auf schlichter Geringschätzung wie auch professioneller wie politischer Kurzsichtigkeit beruhen.''

Geringschätzung: Warum befleißigen sich dann gerade Linguisten der Reformschreibung?

Kurzsichtigkeit: Sollte man bei Wissenschaftlern allerdings nicht erwarten,
insbesondere, wenn sie Geld kostet und gegen den Willen der Öffentlichkeit durchgesetzt wird.

Im Dritten Reich war die Wissenschaft auch gleichgeschaltet. Wissenschaft benötigt stabile Verhältnisse und finanzielle Mittel. Da ist man schon mal bereit oder gezwungen, nach der Pfeife der Obrigkeit zu tanzen. Umso wertvoller und mutiger ist es, wenn ein Wissenschaftler sich nicht durch diese kaufen läßt.
 
 

Kommentar von K.Bochem, verfaßt am 20.04.2009 um 17.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1143#14332

Man versteht es auch dann nicht, Herr Wrase. Schließlich sind das - sollte man meinen - die Fachleute, für die die Gesellschaft einst mit enormem Aufwand die Studienmöglichkeiten geschaffen hat, um dann darauf vertrauen zu können, daß fachlich gediegene Urteile und Entscheidungen auf dem Tisch liegen, wenn man sie benötigt. Dieses Vertrauen ist längst hin. Möglicherweise ist es aber auch so, daß die Zurückhaltung fast aller auf schlichter Geringschätzung wie auch professioneller wie politischer Kurzsichtigkeit beruhen. Kein gutes Zeichen für unsere junge Demokratie.
 
 

Kommentar von Wolfgang Wrase, verfaßt am 20.04.2009 um 16.50 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1143#14331

Weil Mut dazu gehört, sich anders zu verhalten als die Gruppe, der man zugehört. Zum Beispiel wenn man sich mit einer Meinung exponiert, während Duckmäusertum das Verhalten der Gruppe ist.
 
 

Kommentar von rrbth, verfaßt am 20.04.2009 um 11.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1143#14329

Was ich nicht verstehe (und noch nie verstanden habe):

Weshalb gehört(e) da Mut dazu?
 
 

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