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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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24.02.2008
 

Zwergewerfen
negative connotation

Zwergewerfen steht nicht in den meisten Dudenwörterbüchern, nur im Muret-Sanders D-E (dwarf tossing) und ist als "neg!" gekennzeichnet, was bedeutet:
"kann als beleidigend empfunden werden, negative connotation, can be interpreted as an offensive term". Damit kann nur die Verurteilung des Zwergewerfens selbst gemeint sein, nicht die Bezeichnung. Vor Jahren gab es ja mal einen heftigen Streit, ob man Zwerge (mit deren Einwilligung natürlich) durch die Gegend schmeißen darf. Das war im Land der Kängurus (wie Emus), also weit weg, aber auch hier gingen die Wogen hoch. Ach so, "Zwerge" hätte ich gar nicht sagen dürfen, also: "Kleinwüchsige".



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Kommentare zu »Zwergewerfen«
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Kommentar von Matthias Künzer, verfaßt am 25.02.2008 um 21.25 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=975#11555

"Zwergenwerfen" (mit Fugen-n) ist die häufigere Form.
 
 

Kommentar von Siebenzwerg, verfaßt am 26.02.2008 um 01.41 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=975#11557

Korrekt und – vor allem – kommentarlos übersetzt das Wort übrigens http://odge.de/. (Die häufigere englische Form ist allerdings "midget tossing".) Außerdem scheinen mir zum Werfen doch geeigneter, ähm, Gartenkleinwüchsige.
 
 

Kommentar von Christoph Schatte, verfaßt am 12.03.2008 um 00.44 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=975#11638

Der morphologische Einwurf von Matthias Künzer ("Zwergenwerfen") erinnert uns an bekanntere Komposita wie "Zwergenwuchs" usw. Spätestens aber bei diesem Wort geraten wir dank obligater political correctness and fiction in einen circulus vitiosus, denn auch "Zwergenwuchs" ist eine verdammenswerte Benennung. So bleibt dem unsicher um sich schauenden Sprecher nur "Kleinwüchsigenwuchs" (aber bitte mit Fugen-n!).

Im Cornelius-Verlag wird – so geht die Kunde – eine politisch korrekte Edition der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm (natürlich in Kurzfassungen) inszeniert, in der dann "Klein Schneewitt und die sieben Kleinwüchsigen" auftreten.
 
 

Kommentar von Kelkin, verfaßt am 17.03.2008 um 13.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=975#11694

Kleinwüchsige sind ebenso Zwerge wie Tiere Vögel sind: Es gibt ja auch Lilliputaner. Meines Wissens kennzeichnet sich Zwergenwuchs nicht nur durch verhältnismäßig geringe Körpergröße sondern auch durch andere Proportionen, wogegen Lilliputaner die Propoertionen Normalwüchsiger haben. Vor lauter politischer Korrektheit drückt man sich also mal wieder falsch aus.
Im Hallenbad habe ich übrigens schon meine Kinder im Nichtschwimmerbecken herumgeworfen, ohne daß diese mein Tun als entwürdigend empfanden. Prusten und Lachen deutete ich als Zeichen von Einverständnis.
 
 

Kommentar von Galina Leljanowa, verfaßt am 17.03.2008 um 16.51 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=975#11699

Zuerst einmal kieken!

Ein Liliputaner ist doch die Bezeichnung für einen Menschen von zwergenhaftem Wuchs und wurde dem engl. liliputian entlehnt, eigentlich ein „Bewohner von Liliput“, dem Zwergenland in Jonathan Swifts Roman „Gullivers Reisen“.

Wie aber wird ein Mensch von gegenteiligem Wuchs korrekt genannt? Etwa ein Riese, ein Hüne oder gar ein Gigant? Nicht unbedingt schmeichelhaft für die betreffende Person und durchaus auch eine Diskriminierung!
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 17.03.2008 um 17.15 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=975#11701

Kater Garfield pflegte zu "sagen": Ich bin nicht dick, sondern untergroß.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 06.05.2008 um 17.07 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=975#12078

Unsere "Stille Post" nennt man in England bekanntlich "Chinese whispers". Wie vorauszusehen war, nehmen manche politisch Korrekten an dem "sinophoben Klischee" Anstoß und warnen vor der Benutzung dieser harmlosen Wendung. Das Chinesische bleibt den guten Leuten allerdings so unverständlich wie zuvor. Es ist ja auch viel schwerer, eine Fremdsprache zu lernen, als den moralisch Überlegenen zu spielen.

Man muß auch bedauern, daß die Knappheit und Eleganz, der die englische Sprache ihre Anziehungskraft verdankt, durch feministische Schnörkel in Mitleidenschaft gezogen wird, etwa so: "... the child's construction of his or her own conceptual system ..."
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.06.2008 um 11.42 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=975#12369

In dem Sammelband von Burckhard Garbe ist auch ein Aufsatz des Schweizers E. Studer abgedruckt: "Was für die Großschreibung spricht". Darin berichtet der Verfasser, er habe eine "Gruppe junger Welscher" befragt. In dem Band, den ich aus der UB Erlangen entliehen habe, ist "Welscher" unterstrichen und ein Ausrufezeichen an den Rand gesetzt. Der Leser witterte offenbar eine üble Diskriminierung.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 17.09.2021 um 03.48 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=975#47123

Rumpelstilzchen:

zwergenhafte Gestalt des Volksmärchens, deren erpresserische Macht über ein mit ihrer Hilfe Königin gewordenes Mädchen nur so lange besteht, bis es ihr ihren Namen nennen kann
(Duden)

"zwergenhaft"?

Es gab auch schon Schneewittchen und die sieben Freunde auf der Bühne.

Das Muster ist immer das gleiche: Während ich einen Menschen durch die Bezeichnung Zwerg kränken kann, ist das bei einem wirklichen Zwerg nicht möglich, erst recht nicht bei einem Zwergpudel usw. Irrationalerweise wird die Benennungsscheu (Tabu) auf das bloße Wort unabhängig von seiner Anwendung ausgedehnt. An diesem Atavismus prallt jede Aufklärung ab. Die Wörterbuchmacher winden sich.
 
 

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