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Theodor Icklers Sprachtagebuch

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11.04.2007
 

Aufgelesen
Was mir zu Ostern so unter die Augen kam

In der Liebermann-Villa am Wannsee sind Briefe des Künstlers in Vitrinen ausgestellt. Daneben die Transkription – in Reformschreibung. Man sieht deutlich, daß Liebermann eine Verbindung von langem und kurzem s genau dort gesetzt hat, wo in klassischer Orthographie das ß steht, und zwei lange s für ss, aber die Besserwisser vom Liebermann-Verein haben es im Sinne der Wowereit-Tangermann-Clique geändert.

Kaffee kochen Sie am Energie sparendsten mit der Kaffeemaschine. (Vattenfall-Kalender 2007)

Hape Kerkeling: Ich bin dann mal weg. Malik (Lizenz Piper) 2006.
In Reformschreibung, aber gleich auf der zweiten Seite "heute morgen" (sonst aber Tageszeiten immer groß).
Außerdem: "tut mir sehr Leid"
"jedes Einzelne dieser Bauwerke"
"Couch potato" (mehrmals)
"die Nase schnäuzen"

(Das Buch ist übrigens äußerst öde: K. hakt die Stationen seiner Wanderung ab, die Füße tun ihm weh, er übernachtet lieber in Hotels als in den schmuddeligen Pilger-Herbergen, das Essen ist schlecht und Homosexualität ganz normal, trotzdem stellen ihm die Weiber nach usw. Die TV-Prominenz sichert riesige Verkaufszahlen, mir lag die 26. Auflage innerhalb eines Jahres vor.)

Die Erzählung von Jochen Missfeldt in der SZ-Osterausgabe 2007 ist in Mischorthographie abgedruckt: ss und ß wechseln in bunter Folge.

Die FAS schreibt "einbleuen", offenbar mit Absicht. Dann kann sie sich aber nicht darauf berufen, die in den Schulen vorgeschriebene Rechtschreibung umzusetzen. Das neue Komma nach wörtlicher Rede ist oft weggelassen. In der Spalte "Am Rande der Gesellschaft" wird noch das "alte" ß geschrieben.


"Anschluß für Diebstahlsicherung
Eine Aussparung für ein Sicherheitsschloss auf der linken Seite des Computers ermöglicht Ihnen das Anschließen eines Kensingtonkompatiblen Sicherheitsschlosses für Computer. Binden Sie ein Diebstahlsicherungskabel an ein unbewegliches Objekt wie einen Tisch oder einen Griff einer abgeschlossenen Schublade. Stecken Sie das Schloß in den Anschluß für die Diebstahlsicherung, und schließen Sie dieses ab." (Acer-Handbuch)



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Kommentare zu »Aufgelesen«
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Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.11.2024 um 15.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#54245

Der Aspektbegriff ist so verworren, daß ich mich wundere, wie selbstverständlich er für sprachtypologische Zwecke hergenommen wird. Bei der betroffenen Kollegin geht es auch durcheinander. S. einstweilen hier: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=1440#28522
Diese Lehre, die ich einem Semitisten verdanke, habe ich auch im Griechischunterricht immer angewandt.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 20.11.2024 um 12.11 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#54244

zum Verbalaspekt (#54241):

Das träfe z. B. aufs Russische zu, das keine Artikel hat (weder bestimmt noch unbestimmt), aber den unvollendeten und vollendeten Aspekt. Aber daß beides etwas miteinander zu tun haben könnte, darauf bin ich noch nie gekommen.

Das Ungarische hat ja auch zwei Konjugationsformen, bestimmt und unbestimmt, aber ich habe mich schon oft gefragt und bisher nicht herausgefunden, ob man die auch Aspekte nennt. Das würde mich einmal interessieren.
 
 

Kommentar von Rainer Beckmann, verfaßt am 20.11.2024 um 11.36 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#54243

Zu »Wuthering Heights«: Dieses Stück Weltliteratur habe ich mir nach vielen Jahren der Erstlektüre (in Übersetzung) nochmals in kleinen Happen an vielen Abenden als Lesung einer alten Übersetzung zu Gemüte geführt. Das Ganze ist bis zum 22.07.2025 noch verfügbar und kann auch heruntergeladen werden: <https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendungen/spezial/sturmhoehe-102.html>.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.11.2024 um 06.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#54242

"Ein Goldmensch" gehört übrigens zu den Büchern, die ich nie zu Ende gelesen habe. Ein anderes ist "Wuthering Heights". Ich lese etwa bis zur Mitte, dann kann ich die Düsternis nicht mehr ertragen und lege es erst einmal beiseite. Wenn ich es nach einigen Jahren wieder zur Hand nehme, habe ich den Anfang halb vergessen und fange wieder von vorn an usw. Daß ich schon weiß, wie es ausgeht, spielt keine Rolle, ich lese ja auch andere Bücher immer wieder von der ersten bis zur letzten Seite, und zwar lieber als neue. Meine Frau schüttelt den Kopf, wenn ich Powells zwölfbändigen "Dance to the music of time" mit dem gräßlichen Widmerpool zum zweitenmal durchlese. Könnte ich jetzt eigentlich zum drittenmal lesen, wie J. K. Rowling...
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 20.11.2024 um 05.44 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#54241

Ein deutscher Germanist hat einmal drucken lassen, im Ungarischen gebe es keinen Artikel. Als ich ihn nach "az" fragte, war er recht erstaunt und meinte, darauf habe ihn noch keiner aufmerksam gemacht. Ich staune meinerseits oft, wie zuversichtlich besonders die Sprachtypologen Aussagen über Sprachen machen, die sie nicht kennen. Eine Kollegin schrieb, Sprachen hätten entweder einen Verbalaspekt oder einen bestimmten Artikel. Sie kann kein Griechisch. Aber erst mal dreiste Behauptungen in die Welt setzen, das hilft der Karriere!
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 04.05.2024 um 16.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#53182

Der Wikipedia-Eintrag "Ein Goldmensch" hat mich gerade etwas schmunzeln gemacht, er erinnert mich an einen häufigen Spruch meiner Großeltern:
"Mir und mich verwechsle ich nicht, das kommt bei mich nicht vor."
Damit nahm die aus Ostpreußen stammende Familie gern ihre eigene Schwäche auf die Schippe, und auch dieser Wikipedia-Artikel enthält wenigstens neun Dativ-Akkusativ-Verwechslungen (vor allem ihm statt ihn). Daneben weitere orthographische und unzählige Kommafehler. Eigentlich sehr verwunderlich bei der langen Liste an sprachlichen Korrekturen, die er bereits durchgemacht hat.

Der deutsche Romantitel ist mir ein bißchen verwunderlich, weil "az" im Ungarischen eigentlich der bestimmte Artikel ist.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 04.05.2024 um 07.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#53181

Mor Jokais bekanntester Roman, "Az arany ember", wird heute noch in Ungarn viel gelesen. Daraus ist der Mädchenname Timea bekannt, den heute nicht nur viele Ungarinnen (darunter bekannte Sportlerinnen) tragen, sondern auch unsere deutsch-ungarische Enkelin.
Woher stammt der Titel ("Ein Goldmensch")? Ich weiß nicht, ob jemand schon an Heines Ballade "Der Dichter Firdusi" gedacht hat. Jokai dürfte ebenso wie sein Freund Petöfi Heine gut gekannt haben.
Was die Firdausi-Legende betrifft, so habe ich schon mal Skinners Notiz wiedergegeben: „A singer performs either for the full fee or for nothing (as for charity) but never for a small fee.“
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 24.05.2021 um 06.21 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#46004

Ich habe meinen lieben Nachbarn Albrecht Dürer ein paarmal erwähnt. Zum 550. Geburtstag würdigt die Süddeutsche Zeitung ihn, aber der ganzseitige Beitrag von Kia Vahland hat mich etwas befremdet. Er unterstellt eine Distanzierung der Deutschen von Dürer, von der ich bisher nichts bemerkt habe, und auch die These, daß sie den 550. Geburtstag "eher verhalten" feiern, scheint mir aus der Luft gegriffen. (Wie will sie das denn festgestellt haben? 550 ist auch keine sonderlich runde Zahl, nebenbei bemerkt.) Außerdem kommt in dem Artikel der Gelehrte nicht vor, der Dürer auch war.
Immerhin habe ich daraufhin noch einmal im Internet nachgesehen und dabei erst die beiden Porträts seines Vaters, des ungarischen Goldschmieds gleichen Namens (Dürer = fränkisch ausgesprochener Thürer, also Türmacher, übersetzt aus Ajtosi) kennengelernt.
Besonders das zweite wirkt nach 500 Jahren geradezu erschütternd direkt, viel stärker als eine Fotografie. (Die Kohlezeichnung seiner sterbenskranken Mutter brauche ich nicht zu erwähnen, die kennt ja jeder.) Dürer war der Größte!
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 11.12.2019 um 14.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#42576

Ob nun zu Ostern oder im Advent ...
Da soll einer nicht stutzig werden, wenn er am Ochsenkopf im Fichtelgebirge vor der Weißmainquelle steht, wie die Quelle des Weißen Mains heißt, oder wenn er ein Stück weiter an den Weißmainfelsen vorüber wandert, und wenn er dann im nächsten Gasthof zur Erfrischung plötzlich ein "Weismainer" Bier vorgesetzt bekommt.

Wieder zu Hause, gibt es zum Glück Google, und man erfährt, daß dort, wo sich Weißer Main und Roter Main längst zum gemeinsamen Fluß Main vereinigt haben, tatsächlich auch noch die Weismain dazufließt. Sie entspringt an der Weismainquelle und fließt durch das Städtchen Weismain, wo schließlich das Weismainer gebraut wird. Man lernt doch nie aus.

Zu guter Letzt noch dieser Wikipedia-Satz unter dem Stichwort Weißmainfelsen:
Der Name der Felsengruppe wurde früher „weisen Männern“, den Druiden zugeordnet, weshalb man ihn „Weißmannsfelsen“ nannte.
Jetzt alles klar?
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 02.03.2012 um 12.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#20199

Auf meinen PC lädt sich eine Werbung:

Willkommen bei Schloßgaststätte
Die Schlossgaststätte Kalchreuth aus Kalchreuth ist in dem Gebiet Gastronomie tätig. (...) Mit jedem familiären Generationswechsel weht ein frischer Wind durch die alten Gemäuer ohne Altbewährtes außer Acht zu Lassen.


Das muß man wohl so verstehen, daß die Schlossgaststätte eine Schlossgaststätte ist und wie bisher Schloßgaststätte heißt. Wie ich aus eigener Erfahrung weiß, kann man dort etwas essen, und zwar nicht schlecht. Aber warum so umständlich "in dem Gebiet der Gastronomie tätig"? Es wird halt gekocht und serviert. Die Gaststätte ist auch glücklicherweise in Kalchreuth und nicht aus Kalchreuth, sonst müßte man jedesmal danach suchen. Dabei ist Kalchreuth doch der Ort, der nicht nur so schön gelegen ist, sondern auch von Dürer auf jenem Aquarell vor fast genau 500 Jahren verewigt ist, wo es leuchtet wie am ersten Tag.
Ich habe meinen Studenten, besonders den ausländischen, immer gegen Ende Juni empfohlen, unbedingt zum Kirschenfest am ersten Sonntag im Juli zu fahren, denn die Kalchreuther Kirschen sind die besten der Welt (das sage ich mit einiger Selbstüberwindung, denn ich bin im Kirschenstädtchen Witzenhausen an der Werra aufgewachsen, aber dort hat man fast alle anständigen Kirschbäume durch pflückfreundliche niedrigwüchsige ersetzt, eine Affenschande!). Natürlich ist trotzdem niemand hochgefahren (die Studenten haben ja auch meine Lektüreempfehlungen nicht befolgt, warum sollten sie meinen Kirschenempfehlungen folgen?). Selber schuld, wir radeln jedenfalls jedes Jahr wieder den Berg hinauf und setzen uns genießend und spuckend unter die Hochstämme, von denen die BAuern auf riesigen Leitern unter Lebensgefahr, wie es sich gehört, die wunderbaren Kirschen holen.

Die Großschreibung des Infinitivs nach zu folgt Schrodts universalgrammatischer Regel. Der aufmerksame Wind dort oben sollte auch einmal gelobt werden.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 03.02.2012 um 17.45 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#20001

Auf besagtem Erlanger Schlossplatz findet zur Zeit der Lichtmeßmarkt statt, so steht es auf den Plakaten.
 
 

Kommentar von Christian Dörner, verfaßt am 29.05.2010 um 20.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#16274

Nachdem Herr Prof. Ickler auf entsprechende Anfrage der Erlanger Stadtverwaltung dieser mitgeteilt hatte, daß behördliche Festlegungen nicht von der Reform betroffen wären, hat die Stadt Erlangen tatsächlich alle amtlichen Stadtkarten durchgängig auf Schloss/Schloßplatz/Schlossgarten umgestellt (ersteres und letzteres nicht behördlich festgelegt, daher mit ss). Auch in den letzten mir zur Verfügung stehenden Auflagen ist dies noch so (selbst die an den Bushaltestellen aushängenden Karten verwenden diese uneinheitliche Orthographie, während z. B. Google Maps der Fehler unterlaufen ist, auch den Schloßgarten mit ß zu schreiben).

Dasselbe Vorgehen hat die Stadtverwaltung in meinem kleinen (seit 1972 zu Erlangen gehörenden) Dorf angewandt: Das Tennenloher Schloss liegt in der Schloßgasse, die ihrerseits wieder in die Straße Im Gäßla mündet ...
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 29.05.2010 um 16.56 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#16272

Unser Lokalblatt, die "Erlanger Nachrichten" (die ich nach der Rechtschreibreform abbestellt habe), meldete vor einer Woche, die Fußball-WM sollte in Public viewing auf dem Schlossplatz übertragen werden. Heute liest man in derselben Zeitung wieder und wieder, daß sie nun doch nicht auf dem Schloßplatz zu sehen sein werde:
http://www.nn-online.de/artikel.asp?art=1233385&kat=27
Erstaunlich, daß die Leute nach 11 Jahren immer noch wissen, wie man schreibt.
 
 

Kommentar von RTLMusik.de, verfaßt am 23.04.2007 um 11.49 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8323

Max Buskohl kommentiert seinen Abschied bei DSDS:

Ich danke allen meinen fantastischen Fans und dem Team von DSDS für die geilen letzten Wochen und das riesige Vertrauen, dass sie mir entgegen gebracht haben.

Professor Ickler würde dazu sagen:

Das mit dem s wird nie funktionieren!

http://www.rtl.de/musik/superstar_931377.php?set_id=9366
 
 

Kommentar von B. Eversberg, verfaßt am 13.04.2007 um 12.38 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8241

Sind ss-Fehler in der Schweiz selten? Weiß denn jemand, wie dort die korrekte s/ss-Schreibung vermittelt wird? Greift man dafür etwa auf Adelung-Texte zurück oder gibt es ganz andere, viel bessere Methoden?
 
 

Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 13.04.2007 um 12.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8240

Genau das: die gepriesene "Logik" der neuen s-Schreibung ist eine Hemmschwelle, Herr Eversberg! Sie allein verhindert, daß man das Eszett zur Zeit abschafft. Aber auch darüber könnte sich unsere pseudointellektuelle Bildungselite nach einer Schamfrist ebenfalls hinwegsetzen. Natürlich hoffe ich es nicht, bin aber angesichts der Rücksichtslosigkeiten, mit der man Schöpfung und Tao vergewaltigt, realistisch. Denn, wie Sie richtig feststellen, ist mit der Abschaffung des Eszett die Hauptfehlerquelle nicht beseitigt. Im Moment zehren die Neuschreiber von der alten Regelung, die Reste des Sprachgefühls wirken noch fort. Ich habe einmal die Schweizer Schreibung eine "Schmarotzerschreibung" bezeichnet und bin auch heute noch dieser Meinung: Die das/dass-Schreibung funktioniert dort nur auf dem (unbewußten) Hintergrund des mitlaufenden Adelungschen Wortbild-Bandes.
 
 

Kommentar von Adelung, verfaßt am 13.04.2007 um 12.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8239

@ Klaus Malorny:

>> Vielleicht folgen irgendwann nochmal intelligentere Generationen als
>> die, die uns den Unsinn gebracht haben, auch wenn ich jetzt noch
>> nichts davon sehe.

Unwahrscheinlich. Ich glaube kaum, daß in 40 Jahren die Deutschen, nachdem sie festgestellt haben werden, daß Heyse schwachsinnig ist, eine Schreibung wiedereinführen, die für sie seit uralten Zeiten verschwunden ist: Adelung. Es ist einfach nahe liegender, das ß gänzlich abzuschaffen.

Und, Herr Eversberg, Sie haben völlig recht, daß die Abschaffung des ß die Fehler nicht beseitigen würde, aber seien wir doch mal ehrlich: Sind die Reformer nach Logik vorgegangen? Nein. Warum sollen es ihre Nachfolger dann in einigen Jahrzehnten tun? Da heute sowieso alles auf international ausgerichtet ist, würde wohl in der Zukunft keiner dem "konservativen, deutschtümelnden* ß" eine Träne nachweinen.

* Das habe ich ernstlich lesen müssen. Das ß sei deutschtümelnd. Tja, kuenftig werden wir unsere schreibung selbstverstaendlich entgermanisieren muessen. Wo kaemen wir auch hin, haetten wir unsere eigenen sonderzeichen.
 
 

Kommentar von B. Eversberg, verfaßt am 13.04.2007 um 10.06 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8238

Abschaffung des ß würde nicht alle Fehler beseitigen! Gerade den häufigsten, das falsche dass/das, eben nicht. Eben wieder ein Beispiel im Beitrag der Online-FAZ über Ratzingers neues Buch entdeckt. Auch ss nach Diphtong kam da vor, aber das wäre ja dann richtig.
Abschaffung des ß würde zudem die geliebte Kurz/Lang-Regel gegenstandslos machen, das einzige, was alle rückhaltlos an der Reform preisen und verstanden zu haben glauben. Nur die Ausnahmen blieben übrig, die jetzt nicht wahrgenommen und somit nicht gelernt werden.
Nur Abschaffung des "dass" (oder, logischerweise, des "das"?) würde einen größeren quantitativen Rückgang der Fehler bewirken.
 
 

Kommentar von Kelkin, verfaßt am 13.04.2007 um 09.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8237

Ich muß beruflich oft technische Dokumentationen genau durchsehen, verfaßt von Leuten, denen Rechtschreibung mehr oder minder egal ist (und teilweise von genuinen Reformschreibern); dabei fällt mir folgendes auf:
- Fast alle meinen, das Eszett sei auch nach Diphtong abgeschafft (*schliessen).
- Die meisten vergeben SS und Eszett nach dem Gießkannenprinzip, d.h. unabhängig von der Länge des vorangehenden Vokals (*Abschluß (ref.), *ausserdem).
- Im Zweifelsfalle für die Getrenntschreibung lautet das Motto (*darüber hinaus gehend, das ist nicht mal neuregelkonform).
- Die neuen Großschreibungsregeln sind, vielleicht bis auf Datumsangaben, weitgehend unbekannt (z.B. schreiben die Autoren weiterhin "im wesentlichen").

D.h. daß man auch weiterhin traditionellen Schreibungen auch von genuinen Reformschreibern begegnen wird, einfach deshalb, weil die neuen Regeln eben nicht systematischer sind als die alten. Mit der heyseschen Ausspracheregel sind die Anwender ebenso überfordert wie mit der adelungschen Trennungsregel, und die grammatischen Sophistereien zur Groß- und Getrenntschreibung macht im Fußvolk niemand mit.
 
 

Kommentar von Manfred Riemer, verfaßt am 13.04.2007 um 00.43 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8236

Das Institut für Deutsche Sprache (IDS Mannheim) meldet auf
http://www.ids-mannheim.de/pub/laufend/sprachreport/probeheft.html:

"Die Zeitschrift SPRACHREPORT richtet sich an Sprache interessierte Bürgerinnen und Bürger, ..."
 
 

Kommentar von Klaus Malorny, verfaßt am 12.04.2007 um 22.19 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8235

>> Und wenn die "Altschreiber" weggestorben sind, fallen die letzten
>> Stützen der Logik fort. Wahrscheinlich steht die Abschaffung des
>> Eszett dann an.

> Das ist ein wahres Wort, das die Realität widerspiegelt.
> Das ß wird eher abgeschafft als daß man zu Adelung zurückkehrt.

Als geborener Pessimist befürchte ich das zwar auch, jedoch gab es bei Einführung der Heyse-Schreibung ebensowenig lebende Praktikanten. Vielleicht folgen irgendwann nochmal intelligentere Generationen als die, die uns den Unsinn gebracht haben, auch wenn ich jetzt noch nichts davon sehe.
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 12.04.2007 um 17.28 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8231

Zum Braunschweiger Schloß haben wir eine Entsprechung. Obwohl die Erlanger Straßennamen, soweit ich weiß, amtlich noch nicht geändert worden sind, schrieb alle Welt nun "Schloss" und "Schlossplatz", auch die Universitätsverwaltung. Aber nun findet gerade das Frühlingsfest statt, und zwar laut Plakat auf dem "Schloßplatz". Weiter so! (Interessant daran ist, daß die bisherige Rechtschreibung keineswegs in Vergessenheit geraten zu sein scheint.)
 
 

Kommentar von B. Eversberg, verfaßt am 12.04.2007 um 16.10 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8230

Natürlich hätte man mit der Schloß-Schreibweise verfahren können, wie immer man gewollt hätte. Mir scheint es ein eklatantes Symptom der grassierenden Abstumpfung zu sein, daß sich eben niemand für die tradierte Schreibung eingesetzt hat, trotz des hohen Nostalgiewertes des Objekts an sich in der Bevölkerung und seiner peniblen Rekonstruktion. Vielleicht aus Sorge um die Kinder? Aber wie gesagt, in diesem einen Fall finde ich das ss mal nützlich, weil es die Fälschung vom Original scheidet.
Dieselbe Abstumpfung bewirkt, daß niemand mehr Anstoß nimmt, wenn die Verantwortlichen von Schulbüchereien in einem Nebensatz anmerken, daß man natürlich keine Bücher in alter Schreibung mehr den Kindern zumuten könne. Gerade wieder in einer norddt. Kleinstadt passiert. Dieser Schaden ist ungleich schlimmer.
 
 

Kommentar von Adelung, verfaßt am 12.04.2007 um 16.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8229

@ Karin Pfeiffer-Stolz:

>> Und wenn die "Altschreiber" weggestorben sind, fallen die letzten
>> Stützen der Logik fort. Wahrscheinlich steht die Abschaffung des
>> Eszett dann an.

Das ist ein wahres Wort, das die Realität widerspiegelt. Das ß wird eher abgeschafft als daß man zu Adelung zurückkehrt.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 12.04.2007 um 15.13 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8228

Wenn man wirklich will, kann man alle Verbindungen mit einem bestimmten "Schloß"(-Gebäude) als Eigennamen verteidigen, und Namen fallen nicht unter die Reform. Allerdings fällt ein Schloß als "Verschlußsache" unter die Reform, außer es handelt sich wieder um einen Hersteller-Namen; der kann sogar mit "-Schloß" geschützt werden.
 
 

Kommentar von B. Eversberg, verfaßt am 12.04.2007 um 14.32 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8227

Der OB von Braunschweig (und Schloßbau-Initiator) hatte der Stadtverwaltung vor der ReformReform die Rückkehr zur bewährten Schreibung verordnet, das ist richtig. Voriges Jahr hieß es dann recht schwammig, man werde im Rathaus weiter die alten Schreibungen tolerieren. Mehr hat jedenfalls die Zeitung nicht berichtet, und sie schreibt wie fast alle anderen Zeitungen jetzt eh nichts mehr dazu.
Stünde der OB noch zu seiner damaligen Meinung, hätte er wohl auf den neuen Schildern "Schloß" verlangt. Er wird die Sache also wohl ad acta gelegt haben, wie fast jeder, der irgendwas bewegen könnte.
Anruf bei der Stadtverwaltung ergab vorhin: "nach der Entscheidung der Ministerpräsidenten voriges Jahr hat die Verwaltung für die Einführung der neuen R. entschieden und es werden Seminare zu deren Erlernung angeboten." Das Toleranzedikt ist hinfällig, peinliche Prüfungen finden aber wohl nicht statt. (Aber auf Anhieb wußten die befragten Sekretärinnen das alles nicht, sie mußten erst sonstwo nachfragen.)
 
 

Kommentar von Urs Bärlein, verfaßt am 12.04.2007 um 12.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8226

Irgendwann kommen pfiffige Lehrer darauf, daß Heyse sehr wohl erlernbar ist, nämlich wenn man ihn genauso didaktisiert wie die herkömmliche s-Schreibung, natürlich unter Aussparung der "ss am Schluß bringt Verdruß"-Regel (schließlich verfahren alle "Altschreiber" entsprechend, wo sie gezwungen sind, nach Heyse zu schreiben -- und die können es). Damit wäre das Gerede von der Vokallängen-Logik vom Tisch, zugleich wären die Köpfe wieder frei für eine vernünftige, d.h. leserorientierte Verwendung des "ß". Bis dahin braucht es allerdings viel Zeit, jedenfalls bis die Kultusminister die Verbreitung der Reformideologie nicht mehr für die eigentliche Aufgabe des Rechtschreibunterrichts halten.
 
 

Kommentar von Ballistol, verfaßt am 12.04.2007 um 11.35 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8225

Frau Pfeiffer-Stolz, die Liebe zum ss bei den Jüngeren diagnostizierte nicht Herr Markner, der würde sowas weit von sich weisen. Hier wurde auch schon konstatiert, daß die ganz obercoolen Jugendlichen schon wieder zum ß zurückfinden, weil das anders ist und irgendwie ungesetzlich. Jeder ist doch gern mal ein Punk, nicht wahr? Aber nur mit der Lampe unter der Bettdecke. Ein klares "Hier stehe ich und kann nicht anders!" ist kaum zu erwarten.

Herr Eversberg, den Altbau kann man weder mit ß noch mit ss schreiben. Außerdem meine ich mich zu erinnern, daß Braunschweig die erste Stadt war, die aus der RSR ausgestiegen ist.

Herr Roediger, die Wikipedia ist in orthographischer Hinsicht buchstäblich ein Füllhorn des ewigen Erbrechens. Wie weit die Verbissenheit ihrer durchgeknallten Insassen geht, hat mir Manfred Riebe immer wieder mal mitgeteilt. Mögen Sie von ihm halten, was Sie wollen, eins steht fest: Sein Windmühlenkampf gegen die Wikipedia-Schattengestalten hat (zumindest mir und noch einigen anderen) sehr deutlich gemacht, daß dort Leute am Werk sind, die durchaus auch mal jemandes Existenz vernichten würden oder für ihre Versionsdurchsetzung zur Knarre greifen. Fachliche Kompetenz ist dort dünn gesät (kommt aber natürlich vor). Die Artikel sind in ihrer Hauptmasse in Sachen Syntax, Stringenz, Aufbau und Sprache deutlich unter dem Niveau, das man bisher von einer "Enzyklopädie" erwarten durfte. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß der reine Wahrheitsgehalt der Beiträge meist verläßlich hoch ist.

Daneben habe ich noch einen weiteren sehr wesentlichen Kritikpunkt an diesem Infotainment-Klumpen, nämlich in Bezug auf die Vergütung und Ausbeutung geistiger Arbeit. Wer zur Wikipedia etwas beiträgt, findet die einzige Ergötzlichkeit seines sauren Arbeitsschweißes allenfalls darin, daß der Beitrag nicht allzusehr verändert wird. Millionen andere können den Beitrag daraufhin ausbeuten. Dadurch wird die (auch materielle) Wertschätzung gegenüber geistiger Arbeit untergraben. Wer gewohnt ist, sich aus der Wikipedia gratis zu bedienen, wird sich irgendwann auch bei anderen Quellen nicht zimperlich anstellen. Hinzu kommt, daß es in Berlin einen Verlag gibt, der ganze Wikipedia-Teile aussaugt, als Bücher auf den Markt schmeißt und damit viel Geld verdient. So blöde sollte ein Autor nicht sein, anderen ihre Wannsee-Villen zu finanzieren, ohne selbst jemals aus der Mietwohnung herauszukommen.

Es wurde viel über den Nachdruck geschimpft. Hier haben wir fast das gleiche.
 
 

Kommentar von Tobias Bluhme, verfaßt am 12.04.2007 um 11.22 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8224

Es gibt eine Reihe guter Initiativen, mit denen das "ß" zurückkommt. Seit einiger Zeit z.B. diesen Text aus der Birkenbihl-Schmiede:

http://www.lernen-heute.de/download/fonetix_4_das_warum_des_schriftbilds.pdf

Und auch bei "Deutschland kehrt zurück" tut sich einiges:

Die Stuttgarter Straßenbahnen AG zeigt im Rahmen der Aktion "Lyrik unterwegs" überwiegend klassisch geschriebene Gedichte in ihren Zügen und Bussen; "daß" und "muß" fallen deutlich auf. Daneben wirbt eine Reinigungs-Kette für ein Gerät, das mit Fusseln "kurzen Prozeß" macht. Und auch die Stuttgarter Messe schreibt wieder "Messeschluß" und "Kassenschluß".
 
 

Kommentar von Thomas Hartwig, verfaßt am 12.04.2007 um 11.16 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8223

So schnell werden die "Altschreiber" aber nicht weggestorben sein (hoffe ich), ich bin z. B. erst 35.
 
 

Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 12.04.2007 um 11.08 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8222

Die Jungen lieben Heyse? Aber, lieber Herr Markner, diese Regel funktioniert nicht. Die Jungen lieben vielleicht das Doppel-s und die angebliche Logik, an die sie entgegen aller Realität GLAUBEN, weil man es ihnen jahrelang eingebleut hat. Irgend etwas wird sich ändern MÜSSEN! Heyse wird nicht beherrscht. Und wenn die "Altschreiber" weggestorben sind, fallen die letzten Stützen der Logik fort. Wahrscheinlich steht die Abschaffung des Eszett dann an.
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 12.04.2007 um 11.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8221

@ Mr. 99 %: Eine diesbezügliche Repräsentativumfrage ist noch nie durchgeführt worden. Also sind das keine Fakten. Es ist bloß Gelaber.
 
 

Kommentar von Karin Pfeiffer-Stolz, verfaßt am 12.04.2007 um 11.02 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8220

Thomas Hartwig: "Und mitunter lasse ich auch ein muß o. ä. einfließen. Also eine Art zivilen Ungehorsams, wenn man eigentlich zur Schulschreibung verdonnert ist."
Ich muß schmunzeln: So mache ich es auch – zuweilen sogar in den Büchern ...
 
 

Kommentar von Adelung, verfaßt am 12.04.2007 um 10.54 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8219

@ R. M.:
Es tut mir leid. Sie haben recht, selbstverständlich war Herr Lohse gemeint.

Daß ich aber mit den 99 % falsch liegen soll, kann ich nicht stehenlassen. Mir jedenfalls ist bisher noch niemand entsprechenden Alters unter die Augen gekommen, der "dass" und "Flussschifffahrt" nicht "voll logisch, krass, cool und einfach modern" findet.

Ich sehe das täglich. Deshalb ist der Freudenaufschrei, wenn mal wieder jemand irgendwo ein "Schloß" sieht oder ein "daß", völlig unbegründet, denn das heißt nicht, daß das Volk jetzt zu Adelung zurückkehrt. Das heißt nur, daß jemand, der noch die bewährte Orthographie gelernt hat, mal wieder in diese zurückgefallen ist. Die Jugend aber schreibt eindeutig Heyse, sie liebt Heyse und wird ihn nicht aufgeben. Und die Jugend ist nun mal unsere Zukunft, das Volk von morgen, wenn der Rest, der noch bewährt gelernt hat, weggestorben ist.

Das sind nun mal traurige Fakten.
 
 

Kommentar von Thomas Hartwig, verfaßt am 12.04.2007 um 10.53 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8218

Daß sich ss und ß in einem Text mischen, könnte Absicht sein, vielleicht um das ß durchs Hintertürchen wieder einzuführen.
Ich schreibe z. B. in Übersetzungen für Kunden, die die "neue" RS wünschen, nie drei s, sondern immer ßs. Und mitunter lasse ich auch ein muß o. ä. einfließen. Also eine Art zivilen Ungehorsams, wenn man eigentlich zur Schulschreibung verdonnert ist.
 
 

Kommentar von Kai Lindner, verfaßt am 12.04.2007 um 10.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8217

@Thomas Roediger

der genaue Sinn Ihres Kommentares erschließt sich mir nicht... was wollen Sie uns damit sagen? Pro Wiki, Contra Wiki? Pro NRS, Contra NRS?

Fakt ist jedenfalls, daß "meine" Wikipedia Artikel von irgendwelchen inkompetenten Sprachtrollen innerhalb kürzester Zeit in allerschlimmste NRS übersetzt wurden.
 
 

Kommentar von Thomas Roediger, verfaßt am 12.04.2007 um 10.13 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8216

Was sind das für Ausdrücke:

"Irrenanstalt", "Wikidioten" und "Wiki-Heloten etc."

Was einzelne und diverse Unis treiben (neben Wikipedia zum Beispiel Aspell- und Ispell-Projekte [Sprachkorrekturlisten]), mag dahingestellt sein -- aber: Warum sind in Deutschland so wenige aktiv, die die bewährte Rechtschreibung in Open-Source-Projekte einbringen?!

Jedenfalls bewirken solche Kraftausdrücke eines sicherlich:
Argumente gegen dieses Forum und die richtige Rechtschreibung.
 
 

Kommentar von B. Eversberg, verfaßt am 12.04.2007 um 08.47 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8215

Braunschweig hat nun ein neues Schloss, das neueste wohl in ganz Europa. Es sieht genauso aus wie das alte (1960 abgerissene) und enthält in seiner Fassade zwar einige Originalteile, ist aber eben ganz neu errichtet und enthält ganz andere Dinge. Nicht alle sind begeistert, aber immerhin leistet hier die Reformschreibweise "Schloss" den nützlichen Dienst, zwischen dem originalen Schloß und der Kopie unterscheiden zu können. Auf den neuen Schildern stand zunächst "Schloss-Arkaden", den neuen Inhalt benennend, dies wurde als Schleichwerbung nicht hingenommen - die Firma überklebte daraufhin den zweiten Teil. Weil das nicht gut aussieht, werden neue Schilder kommen, auf denen dann nur noch "Schloss" steht. Die Straßenbahnhaltestelle heißt schon so, der Platz natürlich "Schlossplatz". Vorher war da der "Schloßpark", dessen Name sich mangels Bauwerks dem Besucher nicht erschloß.
Im Ernst interessiert sich für die Schreibweise aber wirklich keiner. Wer irgendwas schreibt, der schreibt auch den Altbau mit ss.
 
 

Kommentar von Tobias Bluhme, verfaßt am 12.04.2007 um 08.29 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8214

Heute ist mir in einem Forum zum erstenmal "etwass" begegnet....
 
 

Kommentar von Ballistol, verfaßt am 12.04.2007 um 07.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8213

Ich persönlich halte mich mit Verbesserungen am Wikipedia-Wrack sehr zurück. Aus zwei Gründen.

Einmal, weil man sich Arbeit machen kann, wie man will, nur damit danach ein blasierter Gymnasiast kommt und alles wieder wegbügelt. Zweitens, weil ich mit jeder Verbesserung die Reputation dieser Irrenanstalt heben würde, was jedoch nicht in meinem Interesse liegt.

N. N., behalten Sie die beiden Stellen ruhig im Auge. Wenn das ss wieder eingefügt wird (von einem aus den "99 %"), dann wissen wir ja, was man von diesem Laden halten kann. Wenn Ihre Korrekturen Bestand haben sollten, wird man sie zu dem rechnen müssen, was die Wiki-Heloten eben übersehen haben. Besserung ist dort nicht in Sicht.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 11.04.2007 um 22.40 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8212

"Schlosshop" klingt nach einem Ort in den Niederlanden oder in Südafrika.
 
 

Kommentar von N.N., verfaßt am 11.04.2007 um 22.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8211

Wikipedia zitiert Elßholtz zum Thema Kaldaunen ...

Damit sich keiner wundert – ich habe das mal abgeändert. Mal sehen, ob es Wikidioten gibt, die das zurückkorrigieren.
 
 

Kommentar von Horst Ludwig, verfaßt am 11.04.2007 um 20.57 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8210

Zu #8202: Was die Ersetzung des ß durch s (in "-nis") betrifft, so folgt sie einem System, das die wenigsten kennen, von dem aber die Wissenschaftler 1901 m. E. eine gute Ahnung hatten: Fürs stimmlose /s/ schreibt man einfach "s", wenn es allein oder Teil eines gebundenen Morphems ist. Gebundene Morpheme sind bedeutungstragende Laute oder Lautgruppen mit bestimmbarer eigener Bedeutung, die aber nur zusammen mit freien Morphemen vorkommen. So sind z. B. das "t" in den Vergangenheitszeiten der schwachen Verben, das Plural-"s" oder das Präfix "ver-" gebundene Morpheme. Auch Wörter, die wir abgetrennt schreiben, wie der definite Artikel oder abgetrennte Präfixe und die Präpositionen, sind gebundene Morpheme.
Die einzige Ausnahme zu diesem System ist die Konjunktion "daß". Warum hier die "s"-Schreibung nicht gleichzeitig nach diesem System in Angriff genommen wurde, weiß ich nicht; ich vermute aber, daß den Leuten damals a. das "gebundene Morphem" nicht ganz so klar war, wie es uns heute ist, und daß ihnen b. manche Unterscheidungsmöglichkeit wünschenswert erschien. Wie sonst erklärte sich auch die Schreibung der "Ihr"-Präsensform von "sein" mit "d"?
 
 

Kommentar von R. M., verfaßt am 11.04.2007 um 20.17 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8209

Wahrscheinlich findet die Mehrheit der Jugendlichen, die mit der Reformschreibung aufgewachsen sind, am Heyseschen ss nichts auszusetzen. Die Behauptung aber, „99 %“ der Jugendlichen fänden die Schreibung Schlossshop „neu, hip, cool und absolut logisch", ist aus der Luft gegriffen, wertlos und langweilig. Darüber hinaus bezieht sie sich auf einen Eintrag von Nikolaus Lohse, ist aber mit „@ Alexander Glück“ überschrieben. Mehr Bemühen um eine sorgfältige Argumentation wäre sehr wünschenswert.
 
 

Kommentar von Adelung, verfaßt am 11.04.2007 um 20.00 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8208

@ Alexander Glück:

>> Aber dann wurde eine der Damen geradezu ungehalten:
>> Schlossshop mit drei s – wie denn das aussähe!
>> Auch noch am Fenster!

Sicherlich hat es sich hier auch um eine Dame gehandelt, deren Schulzeit vor dem Jahre 1996 endete. Liege ich mit dieser Aussage richtig?

Ich jedenfalls bin davon überzeugt. 99 % der Jugendlichen finden "Schlossshop" nämlich gerade neu, hip, cool und absolut logisch.
 
 

Kommentar von A. G., verfaßt am 11.04.2007 um 19.04 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8207

Nachtrag

Wikipedia zitiert Elßholtz zum Thema Kaldaunen:

„Der Magen und die Kaldaunen haben eine harte und kalte Substanz / welche zu verdawen ein starcker Magen erfordert wird: ja wan sie schon verdawet / geben sie doch wenig/ und nicht gut Gebluet. Desswegen sie mit Gewuerz im zurichten verbessert werden muessen.“

Mir liegt die Stelle im Original vor, da steht einwandfrei "Deßwegen". Wie kann man denn barockes Hochdeutsch unter die Reformschreibung von 1996 zwingen wollen?
 
 

Kommentar von Alexander Glück, verfaßt am 11.04.2007 um 18.48 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8206

Wikipedia zitiert Johann Sigismund Elßholtz:

„Diese Wurzeln wachsen von sich selbst in America / und denen nahe daran belegenen Inseln. Diese anmuthige Wurzeln kommen selten zu uns. Alsdan aber uebergehen sie die liebligkeit der Castanien und der gemeinen Zuckerwurz gar weit / und waeren wehrt / dass man sie auch bey uns zu ziehen vermoechte.“

Alles wie Anno Tobak, aber "dass" drücken diese Heloten stets pflichtgetreu hinein.
 
 

Kommentar von Nikolaus Lohse, verfaßt am 11.04.2007 um 18.23 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8205

Ja, lieber Herr Ickler, über die Liebermann-Vitrinen am Wannsee habe ich mich an den Ostertagen auch gebeugt – und exakt dasselbe gesehen wie Sie. Ich hatte allerdings nicht den Eindruck, daß die Organisatoren der Ausstellung sich als besonders militante Reformschreiber profilieren wollten; an etlichen Stellen sind ihnen durchaus unreformierte Schreibweisen hineingerutscht. Aber zum Ausgleich schreibt man dann auch mal "Strasse". Es ist immer das gleiche: Wenn man erst mal die Orientierung verloren hat, stochert man mit der Stange im Nebel.

In Berlin gibt es einen sehr rührigen Förderverein für den Wiederaufbau des Stadtschlosses, der ein Ladenlokal in bester Lage unterhält. An der Fensterscheibe prangt seit einiger Zeit dafür die Bezeichnung "Schlosshop". Ich habe die Betreiber kürzlich mal im Vorbeigehen darauf aufmerksam gemacht und gesagt, wenn sie denn schon meinten, bei der Rechtschreibung die Tradition über Bord werfen zu müssen, dann sollten sie es doch auch konsequent tun. Es dauerte lange bis sie überhaupt begriffen, was ich meinte. Aber dann wurde eine der Damen geradezu ungehalten: Schlossshop mit drei s – wie denn das aussähe! Auch noch am Fenster!
 
 

Kommentar von Theodor Ickler, verfaßt am 11.04.2007 um 17.16 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8204

Was die Verben auf -ieren betrifft, so geht aus dem Protokoll von 1901 nichts hervor, und Diskussionen dazu, soweit es sie gab, sind mir nicht in Erinnerung. Es könnte aber eine Rolle gespielt haben, daß diese Verben ja meistens nicht auf frz. Infinitive auf -ir, sondern gerade auf solche auf -ier zurückgehen, und im Mittelhochdeutschen wurde ie deutlich gesprochen. Es ging um die Entscheidung zwischen zwei verbreiteten Schreibweisen, und man hat sich für die etymologisch begründete entschieden.
Ein frankophober Ton scheint mir damals auch nicht geherrscht zu haben, sondern die allmähliche Ersetzung von c durch k lag durchaus in der natürlichen Entwicklung und wurde auch nicht gewaltsam vorangetrieben.
 
 

Kommentar von Ballistol, verfaßt am 11.04.2007 um 16.58 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8203

Was die Ersetzung des c durch k betrifft, gehe ich von einem frankophoben Impetus aus, der bis 1918 noch kräftig Blüten treiben sollte ("Kognak"). Man liegt nicht ganz falsch, wenn man auch da von reformerischer Willkür ausgeht, denn wir dürfen nicht der Gefahr erliegen, alles an 1901 superprima zu finden.

Es war aber gründlicher durchdacht und besser begründet.
 
 

Kommentar von Germanist, verfaßt am 11.04.2007 um 14.52 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8202

Waren 1901 die Einfügung des "e" in Fremdwort-Infinitiv-Endungen,
die Ersetzung des "ß" durch "s" in Substantiv-Singularen auf "-nis",
die Ersetzung des "c" durch "k" in Fremdwörtern
durch den mehrheitlichen Gebrauch oder bessere Lesbarkeit begründet?
 
 

Kommentar von Hans-Jürgen Martin, verfaßt am 11.04.2007 um 11.16 Uhr   Mail an
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8200

Karin Pfeiffer-Stolz (Stolz-Verlag) machte mich kürzlich auf eine in großen Lettern gesetzte Bildunterschrift in der GEW-Zeitschrift Erziehung und Wissenschaft (Ausgabe 3/2007, Seite 4) aufmerksam: "Schlange stehen fürs Zeugniss schreiben am PC".

Worauf die "nachwachsende Jugend" 'reinfällt, davon legt die GEW eindrucksvoll "Zeugniss" ab.
 
 

Kommentar von Adelung, verfaßt am 11.04.2007 um 10.33 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8199

Herr Ickler, in unserer Regionalzeitung war solches heute auch zu lesen. Da steht zwar "verläßlich", aber dann wieder brav "Schluss".

Zum Haareraufen. Ebenso die Tatsache, daß leider nur noch Leute, die die bewährte Rechtschreibung gelernt haben, überhaupt ab und an in sie zurück verfallen und dann mal wieder ein "Schluß" und ein "Schloß" hinklatschen.
Schüler, die nur reformiert unterrichtet wurden, werden das nie tun. Erst kürzlich mußte ich mich vor einem solchen Zeitgenossen verantworten, weil ich ihm, nachdem er sich darüber lustig gemacht hatte, daß seine Eltern "naß" noch mit ß schreiben, sagte, daß ich dies ebenfalls so schreibe. Ungläubig schüttelte er den Kopf und wollte partout nicht verstehen, weshalb ich "naß" und "daß" schreibe.

Wann immer man also mal wieder einen Fall in die bewährte Rechtschreibung lesen kann, handelt es sich um jemanden, der diese noch gelernt hat. Die nachwachsende Jugend fällt niemals in die Vorreformschreibung zurück, vor allem nicht beim ß. "naß" und "Schluß" wird man von solchen wohl nie zu lesen bekommen.

Und DAS ist das Erschütternde.
 
 

Kommentar von Ballistol, verfaßt am 11.04.2007 um 09.09 Uhr  
Adresse: http://www.sprachforschung.org/ickler/index.php?show=news&id=815#8198

"Es fasziniert durch seine aus gelassene, hemmungslose Sexualität, die Zeit und Ort überdauert."

(Die Zeit, 22.3.2007, Inserat Rhenania Buchversand)
 
 

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